Die Angriffe auf den Keil des Lichts wurden von Minute zu Minute heftiger. Von allen Seiten drängten unzählige Tote und jene, die weder tot noch lebendig waren, herbei um der Elite des Reiches Einhalt zu gebieten, doch nichts konnte den Keil aufhalten... noch nicht.
Wieder und wieder schnitten meine beiden Enduriumklingen durch fauliges Fleisch und Knochen, schlitzten dem jungen Infanteristen, welcher noch vor wenigen Minuten an unserer Seite gekämpft hatte, die Kehle auf und dem Untoten, der ihn zuvor gebissen hatte, den Kopf von den Schultern... als sich plötzlich die Menge vor uns teilte.
Ein übermannshohes Skelett, in einen Umhang gehüllt, trat aus der Masse der Toten und Untoten hervor. Die Knochen und Schädel der Gefallenen splitterten unter dem Gewicht seiner stampfenden Schritte mit einem markerschütternden Geräusch, während sein Umhang unnatürlich im Wind flatterte. In seinen Händen hielt er einen mächtigen, angsteinflößenden Zweihänder aus tief dunklem Metall, eine Waffe die direkt in die Seele zu schneiden schien. Sein Brustkorb war durch einen mächtigen Spiegelpanzer geschützt und eine unheimliche Krone auf seinem Kopf schimmerte in niederhöllischem Glanz. „Ich bin der König der Toten. Hier endet Euer Weg, Sterbliche! Ihr könnt nicht vorbei!“ Seine Worte ließen die Luft erzittern, und ich sah wie viele Krieger unwillkürlich ihre Waffen senkten, so mächtig war der Klang seiner Stimme.
Für einen Moment wich jegliche Hoffnung aus den Reihen der Kaiserlichen. Für einen Moment schien es, als ob der Weg hier wirklich endete. Für einen Moment stand die Zeit still. Für einen Moment.
Dann trat aus den Reihen des Reiches Rondrasil Löwenbrand, der Heermeister der Rondrakirche. Mit erhobenem Haupt und seinem glänzenden Rondrakamm auf der Schultern ruhend, trat er dem König der Toten entgegen. Ich sah keine Angst in seinen Augen, ich sah Entschlossenheit und die Gewissheit, dass die Löwin ihren Blick auf ihn gerichtet hatte. Ich blickte für einen Augenblick gen Himmel und ich war mir alles andere als sicher ob die Blicke der Leuin diese niederhöllische, wabernde Suppe durchdringen würden, als auch schon der erste Schlag auf den Heermeister niederging.
Die Luft zischte als der mächtige Zweihänder des Untoten wieder und wieder die Luft zerschnitt und den Rondrageweihten nur knapp verfehlte. Dieser ließ seinen Gegner geschickt immer und immer wieder ins Leere laufen und ich erkannte sein geschultes Kämpferauge, welches bis auf eine Fingerbreite genau die Reichweite seines Feindes einzuschätzen wusste. Er analysierte dessen Kampfstiel, wie auch ich es immer tat, um nach einigen Minuten selbst zum Angriff überzugehen. Was der untote König jedoch durch Schnelligkeit nicht ausgleichen konnte, schien an seinem Spiegelpanzer abzugleiten oder ihn schlichtweg nicht verletzen zu können. Geschickt täuschte Rondrasil einen tiefen Angriff an, lenkte die Waffe seines Gegners ins Leere, brachte sich mit einer kurzen Körperdrehung in eine günstige Seitposition und trieb den Rondrakamm krächzend tiefer und tiefer durch den Spiegelpanzer seines Feindes bis zur Parierstange in dessen untoten Körper. Für einen kurzen Moment herrschte Stille, als die beiden Kämpfer, ineinander verkeilt, sich direkt ins Gesicht, bzw. der Heermeister in leeren Augenhöhlen blickte... Für einen kurzen Moment stand die Zeit still... Für einen kurzen Moment herrschte die Gewissheit, dass dieser Treffer jedes sterbliche Wesen sofort an die Tore des Totenreiches seines Gottes schicken würde.
Meine Nackenhaare stellten sich auf als der markerschütternde Schrei des Geweihten die Stille zerriss und alles um uns herum einfror. Die Welt schien sich zu verdunkeln. Ich vernahm plötzlich jedes noch so leise Geräusch, hörte Ewigkeiten lang die rostigen Bewegungen und sah den Schrecken in den Gesichtern der Kaiserlichen wie aus nur 5 Fingern Entfernung.
Rondrasil hatte die Augen in blankem Entsetzen weit aufgerissen und blickte auf die Knochenhand die sich geradewegs in seinen Leib getrieben hatte. Kalt hielt sie sein Herz umklammert und die knochige Fratze schien ihm ins Gesicht zu lachen, als sie ihm mit einem Ruck das Herz aus dem Leib riss. Tief rotes Blut spritze über den schneeweißen Knochenschädel und tropfte in sterbenden Fäden zu Boden als der untote König es in seiner schalen Hand zerdrückte.
„Ghor!“, die Zeit zu handeln war gekommen und ich nickte dem jungen Zahori bestätigend zu. Mit einem mächtigen Schrei schmiss sich Hakim, dem ihn weit mehr als nur einen Kopf überragenden Gegner, entgegen. Ich hingegen tauchte unter seinen konternden Schlägen ab und bahnte mir eine Weg in seinen Rücken. Ich wünschte Lynia wäre bei mir, denn es schien mir eine äußerst wage Vermutung zu sein, dass die bei einem Treffer aufblitzende Krone etwas mit der Rüstung dieses Gegners zu tun haben könnte. Wobei... bis ich verstehen würde, was Lynia mit ihrer ausschweifenden Antwort, halb in Bosparano halb in Garthi, meinte... wäre es für uns wahrscheinlich schon zu spät gewesen. Bei Phex... ich gab einen feuchten Dreck auf irgendwelche Analysen... Ghors legendäres Bauchgefühl, wie ich es gerne bei meinen Erzählungen vor jungen Frauen nannte, hatte mich noch nie getäuscht... zumindest nicht bei diesen Erzählungen. Ich täuschte kurz an.. sprang... trennte mit einem gezielten Schlag die Krone vom kahlen Haupt des Königs und grinste.
Das Grinsen verging mir jedoch als der Untote mit blankem Hass in meine Richtung blickte und mich völlig unerwartet mit mächtigen Hieben niederschlug. Es schien, mein Bauchgefühl hatte mich nicht getäuscht... es schien aber auch, dass der Schmerz unglaublich real war. „Hier liegst du nun Ghor... der Feind über dir, zu seinem und deinem letzten Schlag ausholend... so geht es also nun zu Ende“, sagte ich zu mir, als ich Hakims Säbel in die Seite des Feindes fahren sah. „Bei Boron... er ist jetzt verwundbar.!“, hörte ich eine Stimme... und nur wenige Augenblicke später ergoss sich eine Flut an Zwergen über den untoten König und zerfetzte ihn förmlich in seine widerlichen Bestandteile. Der König der Toten war besiegt.
Mit Hakims helfender Hand und unter Schmerzen erhob ich mich und wischte mir grob den Schmutz von der Rüstung, als ich einen jungen Rondrageweihten neben mir flüstern hörte: „von hinten... dieses feige Söldnerpack!“. Ich drehte mich langsam zu ihm um worauf er erschrocken zurückwich... ich deutete auf den toten Heermeister uns sagte: „Er hat mit Ehre gekämpft“.