Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Das Jahr des Feuers - Schlacht in den Wolken - Wenn die Federn golden fallen IV

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Lynia
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BeitragThema: Das Jahr des Feuers - Schlacht in den Wolken - Wenn die Federn golden fallen IV   Das Jahr des Feuers - Schlacht in den Wolken - Wenn die Federn golden fallen IV EmptyMo Dez 08, 2014 6:53 pm

Aus dem Morgendunst erhob sich das Bergpanorama mit dem Gehörnten Kaiser, einem der höchsten Berge der Schwarzen Sichel. Er bildet die Grenze zu den Schwarzen Landen. Der halbe Berg mit seinen drei kronenartigen Gipfeln war noch von weißem Frühjahrsschnee bedeckt. Im Tal unter dem Bergmassiv war ein schäumender Wildbach, ein kleines Dorf und eine kahle Ritterburg zu erkennen.
„Gryffenstein.“ Ich weiß nicht wer von uns das Wort aussprach und wer nur dachte, aber es war, so die Götter uns und unserer Queste wohlgesonnen waren, das Ziel und Ende unserer Suche.
Die Bewohner des Dorfes, welches wir am Tag zuvor vor dieser Horde Söldner aus den Schwarzen Landen gerettet hatten, ich ließ meine Hand unbewusst an einen meiner Rippenböge gleiten, hatten uns erklärt, dass Holgrir, der Ucuriat in dieses Dorf wollte und das er sich ziemlich sicher war dass das was er suchte in diesem oder zumindest in der Nähe von diesem zu finden sein müsste. Für uns bedeutete das, dass er entweder noch hier in diesem Dorf war, er hatte nur noch weniger als einen Tag Vorsprung, oder aber irgendwo in der Umgebung etwas suchte, was aber die Hoffnung ließ, dass er dieses Dorf als Basis für diese Suche nutzte und spätestens am Abend zurückkommen würde.
Ob die Götter uns nicht länger quälen wollten oder ob sie uns dieses Zeichen schickten um uns zu zeigen, dass unsere Queste dringender wurde statt ihrem Ende entgegenzustreben, wer von uns Sterblichen vermochte es zu sagen, aber die Zeichen waren da und sie waren nicht das, was wir uns erhofft hatten, zumindest ich nicht.
Auf dem Weg ins Tal waren wir auf einen gesattelten Schimmel ohne Reiter getroffen. Das Pferd trug eine gold-weiße Schabracke mit einem Falken, das Zeichen der Ucuriaten. Es wirkte verstört und ließ sich nur von Hakim mehr oder weniger beruhigen. Beunruhigend war hingegen das, was uns das Pferd nach ein paar Minuten, als es unter Hakims kundiger Hand sichtlich entspannte und ruhiger wurde, zeigte in dem es uns hin führte.
An einer Stelle am Weg, nur wenige Schritt weiter Richtung Dorf  lagen ein Heroldstab, ein geflügelter Helm und die Weißgoldene Kleidung eines Ucuriaten im Dreck.
„Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen, der hat hier gerade den Busch bewässert als ihn sein Gott direkt und komplett, natürlich ohne das Zeug das so ein Gott nicht braucht, zu sich gerufen hat.“
Ich schaute Ghor böse an. Was er hier so lapidar als Gott abgetan und wen er sicherlich gemeint hatte war immerhin Praios, der Götterfürst, der Herr des Zwölfgöttlichen Pantheons, Gott der Sonne, des Rechts, der Wahrheit und der Ordnung. Aber, uh, dass würde im nächsten Praiostempel bitter werden, spontan gab ich ihm und seiner Vermutung Recht. Es sah wirklich so aus, wie wenn der Ucuriat sich einfach aufgelöst hätte. An einen Visibili glaubte ich nicht. Dafür musste man sich zwar auch entkleiden, aber dann würde ein Ucuriat seine Sachen sicherlich nicht einfach so fallen lassen sondern sicher sauber in den Packtaschen seines Pferdes verstauen und zum anderen, warum sollte sich ein Ucuriat Unsichtbar machen. Das wäre ja, wie wenn Ghor plötzlich Geld verschenken würde.
Eine Verwandlung schied auch aus. Ein Ucuriat war ein Diener Praios und verfügte als solcher nicht nur über seine natürliche Resistenz gegen Magie sondern auch noch zusätzlich den Schutz seines Gottes gegen solche Beeinflussung von Körper und Geist. Was in dieser Gegend sollte in der Lage sein, einen Ucuriaten gegen seinen Willen zu verwandeln? Nein, was immer auch mit unserem Gesuchten passiert war, hier würden wir die Antwort auf diese Frage nicht finden, also packten wir die Sachen von Holgrir in die Packtaschen seines Pferdes und machten uns, nachdem meine Freunde im Umkreis von mehreren Metern keine brauchbare Spuren fanden wieder auf, weiter Richtung Gryffenstein. Wenn es wo weitere Spuren geben könnte, dann dort. Hoffte ich, denn ein Angriff auf einen Ucuriaten kam einem Angriff auf die Praioskirche gleich und nachdem was uns gestern passiert war kamen mir bezüglich der Größe unserer Aufgabe langsam Zweifel.

Zweifel, die mich beschäftigten.
Truppen der Schwarzen Lande in einer Stärke und Tiefe auf Reichsgebiet wie noch nie, auch wenn man natürlich noch lange nicht von einer ausgewachsenen Invasion sprechen konnte. Aber das Verschwinden der Greifen, ich versuchte in diesem Zusammenhang den Begriff Sterben aus meinen Gedanken zu halten, und damit die Schwächung der Verteidigung des Reichsgebietes schien auf der anderen Seite der Schwarzen Sichel nicht unbemerkt geblieben zu sein.
Ein Ucuriat, ein Diener Praios, der im Mittelreich beinahe Sakrosankt war, war wenn wohl auch nicht direkt angegriffen, so doch auf irgendeine Art und Weise in der Ausübung seiner Pflicht behindert oder vielleicht sogar komplett an dieser gehindert worden.
Zumindest passte dass, was wir im Dorf Gryffenstein erfuhren, gut dazu. Der Ucuriat Holgrir war nie bis in dieses Dorf gekommen.
Aber auch hier war das Verschwinden der Greifen, es wurde auch hier Greifensterben genannt, sehr wohl bemerkt worden, einschließlich des Unglücks, welches diese mit sich brachte. Vor einer Woche war die Herrin Adilgunde, die Frau des Ritters Geromar, des hiesigen Vertreter des Reiches, wohl im Range eines Baron, verstorben. Sie war wohl unglücklich aus einem Fenster der Burg gefallen.
Bezüglich Keranvor waren die Informationen dafür endlich einmal erfreulicherer Natur, wenn auch nicht direkt hilfreich. Aber besser als vieles, was wir bisher wussten. Keranvor war wohl der Name einer Höhle im Kaiser, aber niemand kannte ihre genaue Lage. Der Kaiser stellte sich als der Gehörnte Kaiser heraus, ein schwer zu bezwingender Berg, in dem es viele Höhlen geben soll. Die Dorfbewohner kannten wohl eine Unmenge an Legend über böse Zauberer, Ungeheuer im Berg und Sagen darüber, wie er nachts leuchtete, regelmäßig erzitterte oder gar Sternenschweife in den Himmel schoss. Hätten wie es zugelassen wären wir wohl die nächsten Tage im Dorf gesessen und hätten uns diese Sagen und Legenden anhören können.
Tela fragte, vermutlich aus einer Eingebung heraus, ob es auch einen Gelehrten hier im Dorf oder auf der Burg gab, aber dies verneinten die Dorfbewohner. Aber Tela hatte, wieder einmal, bei irgendjemand eine Reaktion gesehen, denn sie verschwand für geraume Zeit und als sie lächelnd zurück kam konnte sie uns erzählen, dass erst heute Morgen ein komischer Kerl am Weiher des Dorfes zu schaffen gemacht hatte. Es hatte so ausgesehen, wie wenn er Kaulquappen gefangen hätte. Bei dieser Information wurde mir Schlagartig ganz anders. Kaulquappen. Die Vorstufe zum Frosch. Ein Tier, das sich langsam in ein anderes verwandelte. Ein wirksames Paraphernalia für angewandte Magie der  Verwandlung. Der Gelehrte wurde als groß und dunkelhaarig beschrieben. Er hatte wohl einen Umhang getragen, aber unter diesem war ein feines, rotschwarzes Gewand zu erkennen gewesen. Er sei mit seine Beute dann in Richtung des Kaisers, also des Berges, gegangen.

Mein Kopf war noch nicht frei genug, für das Nachtgebet, also stand ich zwischen den Häusern des Dorfes, vor dem Gasthaus, in welchem wir untergebracht waren und versuchte meine Erinnerungen, Gedanken und Gefühle zu klären um mich meinem Nachtgebet widmen zu können, wie es den Göttern würdig war.
Der Burgherr Geromar war ein in die Jahre gekommener Mann, aber über den plötzlichen Tod seiner Frau nicht sonderlich betrübt. Im Gegenteil. Er hatte eine Serania an seiner Seite vorgestellt. Eine Frau, etliche Götterläufe jünger als der Burgherr, aber wohl das neue Burgfräulein an seiner Seite. Sicher, ich war auch in einem Waldweiler in den Wäldern Nostrias aufgewachsen, zumindest meine ersten Jahre über und wusste daher, dass das Leben in solchen Gegenden oft schneller einen geliebten Menschen von einem nahm als man es für gerecht empfand. Ich wusste es viel zu gut, auch wenn ich ihre Seele in einem der heiligen Paradise der Zwölfe hoffte, ihre wie die aller anderen. Aber selbst in solch einer Gegend, wo es durchaus nach einem solchen Verlust üblich war selber nicht auch alle Lebensfreude hinwegzugeben und, so die Götter es fügten, vielleicht auch mit neuem Partner an der Seite einen neuen Anfang zu wagen, war die Trauerzeit von noch nicht einmal Einer Woche ein wenig dürftig. Aber wenn die Götter zusammenfügten, wer war der Mensch, dies zu beurteilen. Der Burgherr schien auf alle Fälle glücklich und Fräulein Serania war das ganze vermutlich eben ein wenig peinlich, musste sie doch bestimmt auch wissen, dass ihr Geliebter doch erst vor wenigen Tagen seine geliebte Frau verloren hatte. Aber er gab ganz den alten, treuen Ritter, der sich von solchen Schicksalsschlägen nicht entmutigen ließ und erzählte ausschweifend und lebhaft von seinen Vorfahren und der Greifenjagd, welche diese noch veranstaltet hatten. Ich selber war diesbezüglich ein wenig zurückhaltend mit Äußerungen, aber die Äußerung des Edlen, dass diese ja inzwischen durch die Praioskirche verboten sei half mit dabei. Aber er konnte trotz allem auf eine glorreiche und ehrenvolle Ahnenreihe blicken und gab sich auch Staatsmännisch recht versiert. Schließlich gebot er uns, in seinem Dorf zu verweilen, solange wir in der Gegend im Namen des Reiches tätig seien, war es doch mit die Beste Basis für Erkundungen im Bereich des gehörnten Kaisers und der umliegenden Täler.
Meine Freunde waren vom Edlen Geromar weniger angetan und auch seine Gefährtin Serania kam bei ihnen nicht sonderlich gut weg, was mich ein wenig verwunderte. Sicher, ich kannte mich in solchen Belangen nun eher weniger aus, aber selbst mir war aufgefallen, dass Serania durchaus eine ansprechende Figur hatte und auch ihr Gesicht als Schön bezeichnet werden konnte. Aber welche Frau konnte schon von sich behaupten, Männer zu verstehen.
Tela hingegen hatte mich sogar gebeten, Serania mittels magischer Hellsicht zu untersuchen. Ein Gefühl hatte sie es genannt und auch wenn ich eigentlich solche Untersuchungen vermied, vor allem wenn die untersuchte Person gar nichts davon wusste, so setzte ich Telas Wort schließlich doch höher als meine Ideale und tat, worum sie mich gebeten hatte. Aber da meine Untersuchung heimlich stattfinden sollte, ohne dass es weder Serania noch der Edle bemerkten, fiel diese natürlich nur äußerst ungenau aus und das hatte ich Tela dann auch erklärt. Aber ich musste Telas Vermutung auch ein wenig stützen, auch wenn ich nichts Konkretes Vorzutragen hatte. Etwas in der Aura Seranias war merkwürdig gewesen, aber ob es eine latente, nie ausgebildete Kraft zum Formen von Madas Kraft war oder die Reste eines auf Serania gewirkten Zauber konnte ich beim Besten Willen nicht ergründen und das erläuterte ich Tela auch so.
Was ich auch nicht verstand war die Ruhe, mit welcher der Edle Geromar das Verschwinden der Greifen abtat. Nun, da er sie ja eh nicht jagen durfte war es ganz gut dass sie von alleine verschwanden, immerhin lebte so ein Greif ja auch nicht von Luft und der Hingabe an seinen Gott alleine und ihr verschwinden bedeutete mehr Jagdbares Wild in seinen Wäldern für ihn und seine von ihm selber ordentlich bestellten Jäger.
Hinzu kam, dass wir die Spur des Ucuriaten verloren hatten. Auch der Edle Geromar hatte nichts von diesem gesehen oder auch nur gehört. Dann war da noch dieser Gelehrte, der im Umkreis Paraphernalia für Verwandlungsmagie gesammelt hatte.
Und alle Spuren führten zum gehörnten Kaiser, der sich vom bewölkten Nachthimmel abhob und unheilvoll auf das Dorf zu blicken schien. An diesem Abend schoss er natürlich keine Sternschnuppe in den Himmel. Vielleicht hätte dieser Gedanke mich ein wenig aufgeheitert.
Aber mir blieb ja immer noch das Wissen, dass meine Freund die nächsten Tage vorerst mal ohne mich die Berge nach der Grotte Keranvor absuchen wollten, während ich die Erlaubnis hatte, in den Archiven und der Bibliothek der Burg nach Hinweisen zu suchen. Von da her konnte ich ja eigentlich beruhigt sein. Es hätte ja auch schlimmer kommen können.
Schließlich atmete ich noch ein paarmal tief durch und ging dann zurück in meine Stube, die ich mir mit Tela teilte um es zu genießen, wieder in einem Bett zu liegen und keine Wache schieben zu müssen. Der Schlaf würde mir gut tun, hoffte ich. Körperlich war ich zwar schon etwas besser unterwegs, auch dank Telas Hilfe, aber noch weit davon entfernt, wirklich wieder fit zu sein und auch mein Reserven an Madas Kraft füllten sich langsam wieder, was gut so war, schließlich wollte ich die Matrixen in meinem Stab so bald wie möglich wieder damit füllen um diese Einsatzbereit zu haben, wenn es das nächste mal soweit sein sollte. Ich hatte ja nun gesehen, wie schnell das gehen konnte.

Langer Schlaf, kleines Frühstück, irgendetwas zum Mittagessen, und eine Bibliothek…
Fast erschien es mir als ein Zeichen, dass Holgrir schon vor Erreichen der Burg verschwunden war. Hätte er als ein Diener des Gottes der Ordnung das hier gesehen, ihn hätte vermutlich der Schlag getroffen.
Eine Art Kassenbuch, gedacht für die Buchführung der Burg, hatte immer wieder Seitenweise als Tagebuch des Kämmerers gedient, der darin über seine unerwiderte Liebe klagte. Aber den Burgherren, den er erwähnte war ein so entfernter Ahne des Edlen Geromar, dass ich in einer Ahnenliste weit zurückgehen musste, um seinen Namen zu finden. Also weder aktuell noch hilfreich. Neben dem Kassenbuch stand eine Sammlung Märchen aus dem Land von Tausend und einem Traum. Es sah so abgegriffen und verwittert aus, dass ich es erst für wer weiß was hielt. Zudem war die Schrift in Tulamidya. Ein Diener konnte mir sagen, dass es ein Jäger vor ein paar Wintern bei den Leichen einer Reisegruppe gefunden und mitgebracht hatte. Aber da niemand diese Schrift hatte lesen können hatte der Edle es einfach in die Bibliothek stellen lassen. Buch war schließlich Buch und da es weder nach einem schnappte noch nach Schwefel stank würde es ja auch nicht gefährlich sein.
Es lagen lose Pergamente neben versiegelten Hüllen. Bücher standen neben anderem Gerät, meist Krüge und Töpfe, was immer die in der Bibliothek zu suchen hatten, ein paar ausgestopfte Tiere standen ebenso herum, wie die Überreste von Kräutern herumlagen, die vermutlich jemand hergelegt hatte um der Luft im Raum ein wenig einen anderen Geruch zu geben.
Aber, wohl auch auf Grund mangelnder Alternativen, in fast jedem zweiten Schriftstück fanden sich Erzählungen über den gehörnten Kaiser und die Umgebung und ich wollte nicht den entscheidenden Hinweis überlesen, nur weil ich schlampig arbeiten würde.
Also, gelesenes Pergament, eine Auflistung gejagter und erlegter Tiere aus dem Jahre Drei Perval sauber in den Bereich für geprüfte Unterlagen und das nächste Pergament hervorgeholt.
Schließlich, ich hatte gar nicht mitbekommen, dass draußen die Sonne tatsächlich schon so weit gewandert war, kam ein Diener und informierte mich, auf eigenen Wunsch, dass in der Burg gerade das Abendessen serviert wurde. Für mich bedeutete dass, Schriften Schriften sein zu lassen und mich zurück ins Dorf zu begeben. Wir hatten uns am gestrigen Abend darauf geeinigt, dass wir uns zum Abendessen immer in unserer Herberge treffen würden und uns Gegenseitig darüber aufklären würden, was man herausgefunden hatte, was in meinem Fall für heute ja leider bescheiden wenig war.
Auf dem Weg aus den Kammern der Burg hinaus dachte ich für einen Moment, dass ich Telas Stimme gehört hatte, aber es war nur flüchtig und undeutlich gewesen, also wollte ich keine Unnötige Zeit verlieren um einem Gespenst nachzujagen, außerdem würde ich es ja spätestens im Dorf erfahren, wenn Tela wirklich nochmals in die Burg gekommen war.
Vielleicht wollte sie mich auch holen?
Aber eigentlich hatte ich der Dienerschaft erklärt, wie lange ich in der Bibliothek verweilen wollte und von daher sollten diese ja eigentlich wissen, dass ich dort jetzt wohl nicht mehr sein würde. Na ja, sie würden es herausfinden und von der Burg zur Herberge waren es ja nur ein paar hundert Schritt, also wäre selbst das nicht weiter schlimm.
Schlimm hingegen war der Gesichtsausdruck von Tela, als diese bedeutend später als ich tatsächlich von der Burg zurückkam. Ich konnte ihn nicht richtig deuten, war mir aber sicher, solch einen Ausdruck schon einmal gesehen zu haben. Oder zumindest einen ähnlichen. Hatten so, vor allem während der letzten zwei Jahre meiner Ausbildung, meine Mitscholarinnen nicht den einen oder anderen, vor allem jungen und gutaussehenden Gastdozenten angeschaut? Nun ja, vielleicht nicht ganz so intensiv wie Tela gerade schaute, aber doch in diese Richtung. Nun ja, jüngere Dozenten konnten bei ihrer Ausbildung ja nicht auf die Reife und Erfahrung von älteren Dozenten zurückgreifen und mussten daher viele ihrer Ausführungen allgemeiner halten oder mehr Ausschmücken und Umschreiben um Auszusagen, was sie einem vermitteln wollten, da war es natürlich schon hilfreich, diesen besonders konzentriert zu lauschen um die eigentlichen Fakten herauszufiltern, aber wer auf der Burg, bei Hesinde, hätte Tela etwas Interessantes in so viel Beiwerk verpackt erzählen können? Ich merkte, dass Tela meinen Blick bemerkte und schaute betroffen weg, während ich merkte, wie die röte in mein Gesicht schoss. Ich hatte vor lauter Überlegen gar nicht mehr bemerkt, dass ich sie so offen betrachtet hatte.
Beim Abendessen hatte sich die Situation zum Glück ein wenig entspannt, auch wenn Tela immer noch diesen Blick hatte, aber den hatten meine Mitscholarinnen auch immer für längere Zeit gezeigt. Leider erzählte Tela nichts darüber, welche Informationen so toll gewesen waren sondern eher im Gegenteil, dass in der Burg alles in Ordnung war und sie nichts von Belang erfahren hätte.
Leider musste ich mich Telas Aussage anschließen, auch wenn ich den Teil mit der Ordnung weg ließ.
Meine Gefährten erzählten zwar ausgiebig von ihrer Wanderung und der Kletterei durch die Ausläufer des Gehörnten Kaisers, aber brauchbare Spuren bezüglich der Höhle Keranvor hatten sie noch keine gefunden. Aber von Betrübt sein war keine Spur zu erkennen. Vielmehr bedeutete das, dass der Bereich, in welchem diese Höhle sein konnte nun ein gutes Stück kleiner war und sich damit ihre Chancen, die Höhle zu finden für morgen schon ein gutes Stück gebessert hatte.
Da meine Freunde erschöpft und ich, dank vieler Stunden gewohnter Tätigkeit gedanklich etwas ausgeglichener und ruhiger war beschlossen wir, früh zu Bett zu gehen, was vor allem meinen Reserven an Madas Kraft und auch meinem Körper gut tun würden.
In der Stube hatte ich noch, als ich mich zum Schlafen meiner Robe und Unterkleidung entledigte kurz das Gefühl, dass Tela mich anders betrachtete, als sonst. Sie hatte mich doch schon nackt gesehen, was war jetzt anders? Ich ließ meinen Blick kurz über meinen Körper gleiten, vor allem über meine Rippen, ob dort ein besonders großer blauer Fleck oder ähnliches zeigte, dass es mir immer noch nicht gänzlich gut ging und über meinen Hintern, ob ich dort beim Sitzen vielleicht einen Abdruck übrig behalten hatte, wie damals an der Akademie, als ich als Strafe dafür, dass ich nicht ruhig auf meinem Stuhl sitzen geblieben war einmal einen ganzen Tag lang nicht auf dem Stuhl sondern an dessen Kante hatte sitzen müssen. Ich konnte danach einen Tag lang nicht richtig sitzen und den Abdruck der Kante hatte ich sogar noch zwei Tage später gesehen. Aber mein Hintern sah aus wie immer, zumindest das was ich sehen konnte. Ich blickte zurück zu Tela, aber die hatte mir schon den Rücken zugedreht und die Decke über sich gezogen. Wenn ich es nicht besser gewusst hätte, dann hätte ich gedacht, Tela hatte diesen Blick gehabt, denn sich meine Älteren Mitscholarinnen manchmal gegenseitig zugeworfen hatten, vor allem dann, wenn ein neuer junger Gastdozent erst seit wenigen Tagen an der Akademie war. Aber sicher war ich mir nicht. Ich hatte damals schon wenig dafür übrig andere zu sehr zu beobachten, dass war für mich ein zu großer Eingriff in deren Privatsphäre. Außerdem war ich nie Ziel solcher Blicke geworden. Vielmehr waren diese Tage die, an denen meine Mitscholarinnen besonders gerne und viel über mich gelacht hatten.
Ich stand im Raum und überlegte kurz, ob ich zu Tela gehen sollte um ihr zu danken, dass sie mich nicht auslachte, aber zum einen wusste ich gar nicht so richtig, warum sie mich hätte auslachen sollen und zum anderen wollte ich dadurch nicht eine Wunde aufreißen, die so gut wie verheilt war. Tela würde nachfragen, wie ich darauf gekommen wäre, dass sie mich auslachen könnte, so war Tela und ich würde ausweichen, was Tela verstehen würde, aber sie würde es nicht vergessen und eines Tages würde sie erneut damit anfangen, solange bis ich es ihr erzählen würde.
Oh Hesinde, warum wurde man in der Akademie nicht auf so etwas vorbereitet?
Weil die Akademie nicht davon ausging, dass eine Abgängerin der Academia Arcomagica Scholaque Arcania Puniniensis nach Vollendung ihrer Ausbildung etwas anderes tat als das gelernte zu vertiefen, sich ein Spezialthema oder Forschungsgebiet zu suchen und sich in dieses zu vertiefen.

Frühstück.
Blickkontakt mit Tela meiden.
Die Liste der Paraphernalia für Verwandlungsmagie half dabei, zumal die Wurst vor mir glänzte wie Speckstein und dabei hart zu sein schien wie Elektrum.
Schwarz und Rot. Die Farben des Sphärenschänders. Die Farben Kors. Uh, was für Blasphemische Gedanken, also setze ich einen Rondratempel auf meine gedankliche Liste der Tempel, in denen ich Busse würde leisten müssen. Es war ja nun wirklich noch viel ausgeschlossener das ein Korgeweihter sich als Gelehrter verkleiden würde, inklusive Haupthaar als die Tatsache, dass ein Diener der Schwarzen Lande hier so frei herumlaufen konnte. Hatte uns diese Söldnergruppe nicht das Gegenteil bewiesen?
„Lynia!“
Hakim? Ich blickte verunsichert auf und zu meinem Freund, zumal dieser seinem Ausruf mit einem Schlag seiner flachen Hand auf den Tisch Nachdruck verliehen hatte.
„Lynia. Ich brauche deine Hilfe.“
Pfhuu. Weiteratmen, auch wenn es mir nicht half, die aufkommende Schamesröte zurück zu halten.
„Du musst für mich im Schweinestall ein Schwein magisch untersuchen. Darin bist du doch Expertin.“
Schnell und mit einem Lächeln auf den Lippen sprang ich auf. Eine magische Analyse, mein Spezialgebiet, etwas das ich verstand und konnte auch wenn ich noch nie ein Schwein untersucht hatte. Aber ich wäre vor meiner Zeit in der Akademie auch nie auf die Idee gekommen, einen Ring, eine Waffe, Federn, Felle, Häute oder Pflanzen zu untersuchen. Also warum nicht auch ein Schwein?
Hakim führte mich in den Stall und zeigte mir das betroffene Tier, welches etwas abseits der anderen Schweine in dem Pferch stand und mich merkwürdig anschaute. Ich konnte diesen Blick nicht richtig deuten, aber er war anders als der Blick den die anderen Schweine, wenn überhaupt auf mich warfen.
„Odem Arcanum.“ Klein Anfangen und erst mal die Grundlagen erörtern. Wie zum Beispiel die Erkenntnis, dass Magie auf dem Schwein lag, also eine weitere Untersuchung angebracht war.
Kurz darauf war vieles geklärt aber nicht gelöst.
Das Schwein war Holgrir, der Ucuriat, der mittels Magie in ein solches verwandelt worden war. Das erklärte auch den Fund seiner Ausrüstung in der Form, in der wir sie entdeckt hatten. Es erklärte aber nicht die Paraphernalia. Der Fremde Gelehrte hatte die Kaulquappen erst nach der Verwandlung des Ucuriaten gesammelt, also brauchte er sie wohl noch für etwas anderes, was mir Angst machte.
Beides.
Der Gelehrte war vermutlich ein Magier und ein mächtiger dazu, sonst wäre es ihm wohl nicht gelungen einen Ucuriaten ohne dessen große Gegenwehr zu verwandeln. Und dafür hatte er wohl noch nicht einmal Hilfsmittel benötigt. Aber was plante ein Magier dieser Macht für einen Zauber, wenn er zusätzlich die Unterstützung von Paraphernalia suchte?
Dem Ucuriaten selber konnte ich leider nicht helfen, meine Kenntnisse in diesem Bereich der Magie waren dafür leider zu geringe und auch Tela, die ich diesbezüglich fragte musste leider ebenfalls gestehen, dass ihr diese Art der Magie eher ungeläufig war. So brachten mir meine ganzen Erkenntnisse und Entdeckungen nur so viel, dass wir den Gesuchten nun zwar gefunden hatten, aber das uns wohl nicht wirklich weiterhalf. Bei Praios und Hesinde, ein Diener der Götter in dieser doch eher unwürdigen Form gefangen zu lassen war etwas, dass ich nicht so leicht wegsteckte. Zurück in Gareth würde ich mir in einer der dortigen Akademien mal ein paar Bücher anschauen müssen, die ich bisher eher ignoriert hatte.
Bücher und Pergamente bestimmten auch heute meinen Tag und brachten mich doch keinen Schritt näher an eine Lösung für irgendetwas. Erwartungsgemäß keine überraschenden versteckten magische Werke über Verwandlungsmagie. Keine Wegbeschreibung zur Grotte Keranvor. Keine Erklärung, was diese Grotte nun genau sein sollte.
Dafür erst eine Magd, die mich fragte, ob ich Fräulein Serania gesehen hätte.
Hatte ich nicht. Das Interesse dieser an Schriftgut schien nicht sonderlich ausgeprägt. Oder aber sie hatte sich schon die Interessantesten Werke auf ihre Stube bringen lassen, wo sie diese nun in Ruhe und Frieden lesen konnte.
Ein Diener, der mich fragte, ob ich Fräulein Serania gesehen hätte.
Ob die Magd meine Antwort nicht verstanden hatte? Oder hatte sie diese gar nicht weitergegeben? Oder suchte der Diener sie nun aus einem anderen Grund?
Ich verneinte seine Frage und weg war er wieder.
Zwei Pergamente später stand eine der Wachen Unsicher in der Türe und zitterte, wie wenn ihm Kalt wäre.
Ich formulierte gedanklich gerade eine ablehnende Antwort als er auch schon fragte, ob ich das Fräulein Serania gesehen hätte. Hatte ich nicht und ich ließ es ihn auch wissen, was sein zittern erhöhte. Dabei war es doch gar nicht kälter geworden und ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich beim Sprechen bedrohlicher aussah als wenn ich nur dasaß. Ohne weiteres Wort war er wieder weg und da er die Türe gleich aufließ nahm ich zwar mein Schriftstück, das ich gerade überlesen wollte wieder in die Hand, aber ich begann gar nicht erst damit es auch nur genauer zu betrachten. Die polternden Schritte, die sich näherten gaben meiner Eingebung Recht.
Der Edle Geromar gab der eh schon offenen Türe noch einen Stoß, so dass diese geräuschvoll gegen die Türe krachte, obwohl ich doch eigentlich schon in seine Richtung schaute.
„Wo ist sie? Wo ist meine Frau?“
Uh, das war jetzt schwerer als ich gedacht hätte und statt dem `Nicht hier´, das schon auf meiner Zunge gelegen hatte wäre mir beinahe `Tot, hoffentlich Borongefällig begraben und ebenso hoffentlich eingegangen in eines der Zwölfgöttlichen Paradiese´ herausgerutscht, aber ich schluckte es gerade noch hinunter. Serania konnte er ja nicht meinen, die beiden hatten ja noch keinen Traviabund geschlossen. Zum einen wusste man im Dorf noch nichts davon und ein Traviapriester aus einem anderen Dorf war auch schon seit ein paar Wochen nicht mehr im Dorf gewesen, und zum anderen war seine verstorbene Frau ja erst seit ein paar Tagen tot, er hatte also mit Sicherheit nicht schon wieder geheiratet.
„Wo hältst du und deine Kumpanen sie versteckt?“
Der Edle Geromar war zwei stapfende Schritte auf mich zugekommen und ich hielt ihm meine rechte Handfläche mit dem  Gildensiegel entgegen, während ich Unbewusst die Schriftrolle in meiner anderen Hand an meinen Körper presste.
„Bei Rahja, was tue ich hier eigentlich? Du wüsstest mit meiner Frau ja vermutlich noch nicht einmal etwas anzufangen, wenn man sie dir nackt auf den Bauch binden würde, und mit mir vermutlich auch nicht, so wie du dieses Pergament da schmust““ Warf die Arme hoch, während er es ausschrie, drehte sich um, stürmte aus dem Raum und stapfte davon.
Ich wartete sicherheitshalber noch ein bisschen, er hatte die Türe nicht zugeschlagen, aber als ich geraume Zeit lang keine weiteren Schritte hörte, die sich der Kammer näherten, löste ich das Pergament wieder von meinem Körper, Glück gehabt, keine Knicke und Falten. Zum Glück war der Edle schon wieder davon, auch wenn ich seine Worte nicht recht verstanden hatte. Natürlich hätte ich mit seiner Frau etwas anfangen können, auch wenn sie schon verstorben war, wissenschaftliche Untersuchungen an Leichen waren zwar nicht Hauptfach gewesen aber doch ab und an Teil eines Unterrichts gewesen. Außerdem brauchte man für solch eine Untersuchung den Dispens der Boronkirche und die erteilte diesen nur spärlich verteilt und dann meist auch nur für Leichen von Gotteslästerern, Ungläubigen und Nichtmenschen. Aber der Gedanke an eine auf meinen Bauch gebundene Leiche, Boron behüte, das war schon mehr als Boronungefällig. Und ja, was ich mit dem auf meinen Bauch gebundenen Edlen hätte anfangen sollen, dass wusste ich auch nicht. Aber ich beschloss, diesen Punkt und vermutlich diese ganze Sache mit seiner Frau, heute Abend lieber nicht zu erwähnen. So sehr Ghor auch Praios gering achtete, Boron stand hoch in seiner Gunst und ich wollte nicht herausfinden wie weit er bereit war zu gehen um für die Ideale seines Gottes einzutreten. Das von mir beschützte Pergament war mit einem Rezept für einen Rehbraten mit Pilzen beschriftet, welches sich ganz interessant las. Ich würde später beim Kämmerer fragen, ob ich es erwerben könnte. Der Staubschicht und der Form nach, wie manche Worte geschrieben worden waren war dieses Rezept vor gut hundert Jahren niedergeschrieben und seit her hier gelagert worden. Es würde der Augenblicklichen Köchin also eher nicht abgehen.
Der Köchin nicht, aber dem Edlen, der Erlassen hatte, dass nichts mehr seine Burg verlassen durfte, ohne dass er es nicht ausdrücklich erlaubte. Schlimm genug das seine eigene Geliebte, so hieß es von den Bediensteten, weg war. Das klang schon viel plausibler. Leider änderte das nichts daran, dass der Edle tobte und schrie und er nicht noch mehr von dem wenigen was er hatte wegschleudern oder gehen lassen würde, ich das Rezept also nicht mitnehmen durfte. Dann würde ich es mir halt am nächsten Tag abschreiben, es waren ja nur ein paar Dutzend Zeilen.
Immerhin konnte sein Kämmerer ihn darauf aufmerksam machen, dass ich nicht zu seinen Bediensteten und auch nicht zu seinem Haushalt gehörte und immer noch den Wunsch hatte, die Burg zu verlassen, woraufhin er diesen zusammenschrie, warum ich denn noch hier sei und er gefälligst dafür sorgen solle, dass ich hier raus komme, bevor demnächst nicht nur ein Pergament, dass er gerade mit seiner Hand zerknüllte und meine Gedanken bezüglicher einer Abschrift zerplatzen ließen, sondern seine ganze Bibliothek weg seien. Seinen Hinweis, dass ich morgen gar nicht mehr erst kommen sollte hätte ich vermutlich auch noch im Dorf gehört, aber so würde ich es mir zumindest später ersparen können meinen Freunden davon zu erzählen. Selbst wenn diese noch in den Bergen unterwegs wären, sie hätten es sicherlich auch dort gehört.
Oder auch nicht. Aber ich kam nicht in die Verlegenheit Großartig erklären zu müssen, warum ich am nächsten Tag nicht mehr in die Burg ging, es gab wohl andere Ereignisse, die Interessanter als meine nicht Vorhanden Hinweise waren.
Wie ich später erfuhr war Ghor an diesem Tag wohl nicht mit in die Berge gestiegen und hatte sich dann zusätzlich bei der Rückkehr meiner Freunde einen kleinen Spaß erlaubt.
Die Geschichte wurde beim Abendessen zwar mehrmals berichtet und erfreulicherweise lachten nun auch alle wieder darüber, aber ich bekam sie kaum mit, es ging wohl um ein Schwein und einen Braten, aber dem Ucuriaten ging es gut, soviel hatte ich auch schon gehört, also beließ ich es dabei. Meine Gedanken waren in der Schriftensammlung der Burg und der Tatsache, dass sich nichts hatte finden lassen, dass von Wert gewesen wäre.
Ghor konnte erzählen, dass es dem Schwein, also dem Ucuriaten, wie er auf meinen Blick hin korrigierte, gut ging.
Tela und Hakim berichteten davon, dass ihre Führerin, die sie seit zwei Tagen durch die Berge führte für morgen nur noch eine Handvoll aussichtsreiche Kandidaten für die gesuchte Höhle zu bieten hätte, wenn diese denn wirklich für einen Mann wie unseren Gelehrten zu Fuß erreichbar sein sollte. Diese Überlegung war den beiden wohl den Tag über gekommen, dass unser Unbekannter Gelehrter, der ja vermutlich mit der Verwandlung Holgrirs in Verbindung gebracht werden musste, durchaus auch etwas mit dieser Grotte Keranvor im Sinn hatte, wenn ihn sein Schritt von Gryffenstein in Richtung des Berges geführt hatte.
Ich entschuldigte mich früh und bat Tela mir eine gute Stunde Zeit zu lassen. Ich spürte genug von Madas Kraft in mir um zumindest einen der Balsam in meinem Stab wieder mit dieser zu füllen und diesen damit wieder bereit zu haben, wenn wir ihn brauchen sollten. Zumindest etwas, mit dem ich helfen konnte. Sie nickte mir kurz verstehend zu und lächelte mich auch kurz an. Bei Travia, wie gut mir dieses kurze lächeln tat.

Aufstehen, frühstücken, spannungsvolle Erwartung.
Die Grotte Keranvor musste so liegen, dass sie für einen Gelehrten zu Fuß erreichbar war, also auch für jemanden wie mich. Meine Ausführungen über Akademien, die sogar mehrtägige Exkursionen in die Wildnis im Lehrplan stehen hatten, Punin gehörte nicht dazu, verhallten ungehört.
Also, leichtes Gepäck vorbereitet, von Tela noch mal überprüfen lassen, welche über die Hälfte, darunter beide Bücher wieder auspackte, dafür etwas zu Essen einpackte und dann ging es los. Eine mir unbekannte Frau war für einen kurzen Moment offen erstaunt, als sie mich erblickte, schüttelte aber dann nur den Kopf und ging voraus. Das schlimmste war, sie hatten mit ihren Vorurteilen bezüglich Magierinnen Recht, zumindest was es mich betraf. Die Tatsache, dass ich am gestrigen Abend einen Teil von Madas Kraft aus meinem Körper in meinen Stab hatte fließen lassen machte es nicht besser. Aber die drei Nächte Schlaf hatten trotzdem mir und meinen Rippen gut getan und so ging es erstaunlicherweise besser als erwartet, was auch meine Gefährten anerkennend zur Kenntnis nahmen. Wahrscheinlich half auch, dass unsere Führerin schon einen ungefähren Plan über unseren Weg hatte, denn auch meine Freunde waren erstaunt darüber, dass es heute so viel einfacher war. Aber gut, wenn man wusste in welche Richtung man gehen wollte und nicht bei jeder möglichen Grotte oder Höhle zu dieser stieg nur um kurz darauf wieder zurück auf den eigentlich Pfad zu gehen, dann machte das so eine Suche sicherlich einfacher. Auf alle Fälle kamen wir überraschen gut voran und die Stimmung blieb gut, woran auch mehrere Fehlschläge nichts änderten. Eher im Gegenteil. Selbst ich bemerkte, dass uns unsere Suche immer näher zurück zum Dorf Gryffenstein brachte, wenn auch nicht in Höhenmetern.
Dann plötzlich, war es vor uns.
Im Eis der Gipfel, welche Praios Strahlen noch nicht oder vielleicht in dieser Höhe auch noch nie geschmolzen hatte standen wir vor drei übereinander gelegte Felsen an einer Wand, welche das Bildnis eines verwitterten Greifen, oder Irrhalken, zierte. Das Bildnis war nur noch mehr zu erahnen,  als klar zu erkennen, daher erlaubte ich mir diese Blasphemischen Gedanken. Leider waren viele Schriftzeichen auf der Wand ebenfalls verwittert, diese aber schon so stark, dass sie nicht mehr lesbar waren. Es war noch nicht einmal zu erahnen, welche Schrift gebraucht worden war.
Zudem war ein Großteil der verwitterten Schriftzeichen durch eine Inschrift zerstört worden, die über diese gehämmert worden war.
„Was ist das?“ fragte mich Hakim von hinter mir. Erfreulicherweise hatten meine Freunde mir an der Wand den Vortritt gelassen.
„Eine Inschrift.“ Ich fuhr mit den Fingern die Furchen der Buchstaben ab, erstaunt darüber, was ich sah und erbost darüber was dafür zerstört worden war, aber angesichts des Ursprungs nicht weiter verwunderlich.
„Was für eine Schrift?“ Tela, die ebenfalls ihre Finger über den Stein gleiten ließ.
„Imperiale Zeichen. Die Schrift des Aurelian. Ich vermute aus der Zeit von Fran-Horas. Also in etwas Eintausendfünfhundert Jahre. Seine Diener waren nicht wirklich bekannt für ihren pfleglichen Umgang mit den Hinterlassenschaften anderer Völker.“ Ich ließ meine Finger wieder über die Überreste der Inschriften gleiten, welche durch diese unweigerlich gänzlich zerstört waren, auch wenn die anderen es alleine durch Satinavs Wirken ebenfalls waren.
„Was besagt die Inschrift? Was steht da?“ Tela deutete mit ihren Fingern die eingehämmerten Buchstaben entlang. Sie klang drängend. War ihr inzwischen auch so kalt wie Ghor, der trotz Hakims Decke frierend hinter mir stand?
„Sprich das Wort für diesen Hort.“
„Scheißkälte!“ Schrie Ghor von hinten hervor, aber wenig verwunderlich passierte nichts.
„Keranvor!“ sagte ich mit fester Stimme, aber es tat sich ebenfalls nichts. „Hm. Vorschläge?“ Ich blickte in die Gesichter meiner Freunde und auch dem von unserer Führerin, aber alle blieben Stumm. „Dann finde ich vielleicht hier einen Hinweis.“ Mit einem Lächeln fing ich an Staub und Steinpulver von der Wand zu wischen. Vielleicht waren ein paar der Schriftzeichen doch noch zu gebrauchen und vielleicht würde sich...
„Ich glaube nicht.“ Tela legte mir eine Hand auf die Schulter, fester als ich es eigentlich von ihr gewohnt war und auch ihr Blick war ein anderer als sonst.
Erschrocken blickte ich erst meine Freundin an und dann hilfesuchend zu meinen Freunden. Aber Hakim und unsere Führerin standen schon halb am Weg zurück nach unten und blickten in Richtung Praiosscheibe, die sich schon ein gutes Stück dem Horizont genähert hatte, während Ghor zitternd auf der Stelle trat.
„Oh, Entschuldige. Du hast Recht.“ Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir diesen Ort so lange gesucht hatten und auch nicht, dass es Ghor trotz der Decke von Hakim so schlecht ging. Ich löste mich von der Wand, nicht ohne nochmals einen letzten Blick auf diese zu werfen und folgte dann meinen Freunden zurück ins Dorf…
… wo ein warmes Abendessen genau das war, was Ghor gebraucht hatte, während ich mir beständig Gedanken über ein Kennwort für die Grotte Keranvor machte. Hatte ich irgendwo etwas übersehen? Ein Zeichen. Ein Schriftstück. Bei einem Gespräch etwas überhört. Hatte der Greif in einer seiner Geschichten die er erzählt hatte das Wort versteckt gehabt? In welcher Sprache war das Wort. War es Aurelian? Neues Bosparano, welches aus dem Aurelian hervorgegangen war. Richtete sich das Wort nach der zeitlichen Umgangssprache und war nun in Garethi?
Irgendwann waren wir in Ghors und Hakims Zimmer und versorgten Holgrir, während ich immer noch über das Wort nachdachte.
„Ich verstehe nicht, warum Scheißkälte nicht funktioniert hat. Kann es für ein Tor im Eis ein besseres Wort geben um es zu öffnen?“ Ghor betrachtete Interessiert Holgrir, fuhr sich dann leckend mit der Zunge über die Lippen und schaute sich um. Vermutlich suchte er Tela, aber die war noch mal vor die Türe gegangen, wie sie es genannt hatte.
„Weil Scheißkälte ein schlechtes Wort für einen Reim wie sprich das Wort für diesen Hort ist? Oder weil ein Ort wie Keranvor sich von einem Fluch nicht beeindrucken lässt?“ Hakim blickte von Holgrir auf und lachte Richtung Ghor. „Oder würdest du so ein Wort als Losung verwenden, wenn du so einen Ort verschließen müsstest?“
„Nein, ich würde eher etwas wie das Schwein.“
„Das Schwein?“ Hakim versuchte sichtlich bemüht ein Lachen zu Unterdrücken.
„Nein. Nicht als Losung für meinen Hort, ich meine ihn hier.“ Ghor zeigte auf Holgrir, der plötzlich wild mit einem Fuß auf dem Boden herum kratzte. Das gleiche immer und immer wieder.
„Versuchs damit.“ Hakim leerte den Rest von Holgrirs Essen, die Soße, mehr war nicht mehr in der Schüssel auf den Boden und verteilte sie so Großflächig wie es noch ging.
„Verkanor.“ Las ich das Wort vor, welches Holgrir in die Soße geschrieben hatte. „Das Losungswort für die Grotte Keranvor?“ Holgrir nickte und quickte zufrieden.
„Na dann, wenn wir jetzt haben was wir brauchen…“ Ghor griff unter seine Jacke und Holgrir suchte quickend Schutz hinter Hakims Beinen. „… können wir diese Schweinerei ja wieder wegputzen, bevor noch einer drauf ausrutscht und sich weh tut, oder?“ Ghor hatte seine leere Hand wieder unter seiner Jacke hervorgezogen. „Hat jemand anderes zufällig ein Putztuch in der Tasche?“
Ich schrieb das Wort sicherheitshalber auch gleich auf, ging noch mal auf den Abtritt, von Tela nichts zu sehen und ging dann in meine Stube für ein langes Gebet.
Wir standen unmittelbar vor der Entscheidung und Lösung unserer Queste und da war ein wenig Dank für das bisherige und Bitte um Beistand bei dem Kommenden sicherlich nicht unangebracht, zumal meine Gefährten es in dieser Hinsicht ja nicht so hatten. Aber gut, es war ihr Weg, ihr Leben, ihr Glaube und es stand mir nicht zu und war auch nicht meine Intention, ihnen in dieser Hinsicht Ratschläge oder gar Anweisungen zu erteilen.
Irgendwann mitten in der Nacht glaubte ich, dass Tela gekommen war. Und ich glaubte zu hören, dass sie leise weinte. „Tela?“
„Ja, bin nur ich. Schlaf weiter… …Bitte.“
Ich hatte das Gefühl etwas sagen, etwas tun zu müssen, aber ich wusste nicht was.
Also drehte ich mich mit dem Gesicht Richtung Wand und versuchte das, worum sie mich gebeten hatte. Es war ja irgendwie auch das einzige, was ich tun konnte.
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Tela Reisigritt
Erzmagus
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BeitragThema: Re: Das Jahr des Feuers - Schlacht in den Wolken - Wenn die Federn golden fallen IV   Das Jahr des Feuers - Schlacht in den Wolken - Wenn die Federn golden fallen IV EmptyMo Dez 08, 2014 7:36 pm

"Natürlich hätte ich mit seiner Frau etwas anfangen können, auch wenn sie schon verstorben war..." Lü-Ni-Ah, Lü-Ni-Ah, Lü-Ni-Ah *anfeuer*
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