Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 __Telas Anfänge - Gutenachtgeschichten für Telas Nichte - Teil 5: Der Albe

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Tela Reisigritt
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BeitragThema: __Telas Anfänge - Gutenachtgeschichten für Telas Nichte - Teil 5: Der Albe   __Telas Anfänge - Gutenachtgeschichten für Telas Nichte - Teil 5: Der Albe EmptyDi Nov 25, 2014 6:30 pm

Na, meine Kleine. Heute erzähle ich Dir etwas von einem Alben. So heißen die Elfen aus grauer Vorzeit in den Sagen der Thorwaler. Und wir haben tatsächlich einen von ihnen zu Gesicht bekommen. Nein, keine Angst, du kannst auch von ihm träumen – Alpträume sind etwas anderes. Obwohl – gruselig war es schon.

Der Alb, den wir kennengelernt hatten, hatte den Namen „Wilan“. Wer weiß, ob es sein richtiger Name war, ob er überhaupt einen richtigen Namen hatte, aber uns hat er sich so vorgestellt, und wir haben ihm geglaubt. Leider dauerte unser Gespräch nicht sehr lange, denn wir wurden gestört… Doch bis wir dorthin gekommen waren, hatten wir einen langen Weg zurückzulegen.

Wir begannen unsere Reise ins Landesinnere Ende Efferd – noch war der Himmel klar und die Schneefälle hatten noch nicht eingesetzt. Wir wussten nicht, ob wir erfolgreich sein würden, denn wir folgten nur den Hinweisen um eine Thorwalerin, die ein Geschenk des Alben angenommen hatte. Ja, Alena, der Albe hatte viele tausend Jahre überlebt, nachdem sein Volk bereits vergangen war, und wie du dir vorstellen kannst, muss er wohl sehr einsam gewesen sein. Doch Einsamkeit ist für Elfen schwer auszuhalten, es macht sie bitter und böse – zumindest manche, und Wilan war einer davon.

Wilans war ein Meisterschmied. Seine „Geschenke“ waren erfüllt mit seiner Zauberkraft, und sie erfüllten das, was sich die Menschen, die sie empfingen, wünschten. Ein Ring der Kraft, eine Axt, die immer trifft – für solche Wünsche hatte sich schon vor uns verzweifelte Menschen aus dem Volk der Thorwaler auf den Weg zu Wilan gemacht. Doch vielleicht war er verbittert, dass die Menschen immer nur zu ihm kamen, um etwas von ihm zu erhalten, nie um seinetwillen. Oder er war enttäuscht, dass es nun die Menschen waren, die die Erde regierten, und nicht mehr die hohen Elfen. Auf jeden Fall hatten Wilans „Geschenke“ immer eine dunkle Seite – machten sie den Empfänger stärker, machten sie ihn auch wilder, machten sie ihn geschickter, so verhornten nach und nach die Finger. Nichts Gutes gab Wilan den Menschen, und wir können nur raten, warum…

Der Weg zu Wilan war weit und beschwerlich, denn er ging über Bergkämme und Täler durch Gegenden, in denen nur die Tiere lebten, und auch derer nur die widerstandsfähigsten. Auch die letzten Jägerpfade verloren sich bald, und wir mussten uns unsere Wege selbst bahnen. Wenn die Sonne schien, war es warm, doch in den Schatten lauerte bereits die Winterkälte, bereit, des nachts herauszuspringen und einen täglich festeren frostigen Mantel über die Erde zu legen.

Wir hatten uns gut eingekleidet, wie die Thorwaler es uns geraten hatten, doch für Ghor reichte auch der dicke Karenfellmantel nicht. Er ist ein Südländer durch und durch, in der Kälte hoffnungslos verloren. Ich glaube, er hat sich auf unserer Reise zum Alben kein einziges Mal gewaschen… Aber uns anderen ging es auch nicht viel besser. Die Vorräte waren streng rationiert, und wir wussten, dass es einen Tag gab, an dem wir würden umkehren müssen, wenn wir den Alben nicht vorher fanden. Du weißt, dass ich mit Hanni hier im Kosch aufgewachsen bin, und dass wir bereits viele Nächte im Freien verbracht hatten. Doch fang einmal Fisch, wenn die Bäche zugefroren sind… Und wenn es für mich schon schwierig war, so war es für die anderen noch viel schwerer. Lynia ist ja heute noch schwach, doch damals war sie nichts als Haut und Knochen – die Männer trugen ihr Gepäck, und trotzdem blieb sie häufig, auf ihren Stab gestützt, zurück. Und das Gelände wurde immer unwirtlicher.

Hier, das ist Messergras. Fühl mal, aber nur auf der flachen Seite. Die Ränder - heute noch so scharf wie damals. Ganze Hänge waren damit überwuchert, unmöglich zu durchqueren, so dass wir weite Umwege machen mussten, bis wir schließlich Höhen erreichten, wo kein Halm mehr gedieh. Noch heute schaut mich Onkel Ghor böse an, wenn er sich daran erinnert – denn auf meinem Stab hätte ich uns sicher einige Umwege erspart. Doch ich durfte ja nicht fliegen, meine Zugehörigkeit zur Schwesternschaft preisgeben, auch nicht vor meinen Reisegefährten.

Als wir die Tage schon rückwärts zählten, die unser Proviant noch reichen würde, begegneten wir zum ersten Mal in unserem Leben Wesen, die wir alle nur aus Mythen und Legenden (und Lynia vielleicht aus Büchern) kannten. Nein, nicht den Alben, die kannten nur die Thorwaler in ihren Geschichten. Nein, vielleicht schlimmer als der Alb, bösartiger: Harpyen! Stell dir eine wütende, schreiende Tante Kessi vor, in ein federstiebendes Rabengewand gehüllt, mit Rabenfüßen… Wehe! Wehe, du erzählst Kessi davon, ich warne dich!

Ja, sie essen Menschenfleisch, sie essen alles, was ihnen essbar vorkommt. Sie können fliegen, und sie schreien und spotten mit der Stimme alter Weiber. Wir konnten sie mit Schwertschlägen und Steinwürfen vertreiben, aber sie sind auf unseren Fersen geblieben, denn sie sind eitel und rachsüchtig, die Harpyen! Wir sollten ihnen ein zweites Mal begegnen, und das wäre beinahe unser Ende gewesen.

Doch der Reihe nach. Der Kampf mit den Harpyen hatte uns trotz aller Widrigkeiten nicht entmutigt, so dass wir mit einem bartstoppeligen Hakim, einer bleichen Lynia und einem blaugesichtigen Ghor auch die nächsten beiden Pässe überquerten, um an das Ende des Tals zu gelangen, in dem der Albe wohnen sollte. Und tatsächlich! Schon von weitem sah man, wie sich auf einem Felsabsatz eine Oase aus dampfendem Wasser und grünen Bäumen hielt. Wir hatten es geschafft!

Wir waren alles so erschöpft, dass wir uns in diesen letzten Tagen nur auf den Weg vor uns konzentrierten und wenig Vorsicht walten ließen. Und so sahen wir nicht, was hinter uns geschah… Wir erreichten den Garten des Alben, und sahen, dass sein Haus kunstvoll in den Fels gearbeitet war, auf einer Art kunstvoll, die heute weder den Elfen noch den Zwergen zu eigen ist. Es war klar ein Haus, und doch war es wie aus dem Fels herausgewachsen anstatt hineingearbeitet. Vielleicht nehmen dich die anderen Schwestern einmal mit, wenn du größer bist. Ja, das Haus steht noch, und ist nun eine der Zufluchten der Schwesternschaft, von der nur wenige wissen.

Der große Elf hatte uns bereits von Weitem gesehen, und begrüßte uns in einem altertümlichen Garethi. Er war eine Erscheinung, wie man sie bei den heutigen Elfen nicht mehr sieht – groß, muskulös, mit schrägen Augen und langem blonden Haar. Die Zeit schien keine Spuren an ihm hinterlassen zu haben, nur seine Augen waren wie zwei Brunnen, in denen sich der Blick unseres jungen Lebens einem Kiesel gleich verlor. Die Männer schwiegen, Lynia suchte nach Worten, und so übernahm ich es, auf ihn zuzugehen. Er geleitet uns zu einem Sitzplatz – in seinem Garten war es so warm, dass wir die Mäntel ablegten – und sprach langsam mit uns. Nun war es Lynia, die auf seine Fragen antwortete, denn sie wusste am meisten über aventurische Geschichte. Sprach sie von jahrtausendealten Ereignissen, lächelte der Albe, als wäre er dabeigewesen, und viele Dinge, die sich vor Jahrhunderten ereignet hatten, auch wichtige Dinge wie die zweite Dämonenschlacht, schienen ihm gänzlich neu. Völlig entspannt saß der große Mann vor uns, und vielleicht bilde ich es mir nur ein, doch ich sah soetwas wie freundliche Neugier in seinem Blick. Wir erzählten, er hörte zu und kommentierte uns ab und an mit wenigen Sätzen, und nach und nach wähnten wir uns angekommen, in einem kleinen Paradies am Ziel unserer beschwerlichen Reise.

Doch der Frieden war von allzu kurzer Dauer, denn, wie ich schon sagte, wurden wir gestört. Die Faust Wilanskam aus dem Nichts, verfehlte mich nur um Haaresbreite und hätte mich sicher schwer verletzt – dann sprang er auf und lief ins Haus, aus dessen oberen Fenstern plötzlich Rauch und eine Explosion zu vernehmen war. Wir wussten nicht, war passiert war, und wagten nicht, ihm zu folgen. Kurz darauf hörten wir Schreie, neben der dunklen, zornigen Stimme Wilans den wütenden Kampfruf eines Thorwalers. Das war das letzte, was wir von Wilan vernahmen, denn im nächsten Moment stürzten zwei brennende, ineinander verkeilte Gestalten aus dem obersten Fenster und schlugen dreißig Schritt tiefer auf dem blanken Fels auf.

Beide Kontrahenten waren sofort tot, zerschmettert von der Wucht des Aufpralls, jenseits weltlicher und magischer Heilung. Wir trennten die beiden, bevor uns klar wurde, was hier passiert war. Wilans eigene Bosheit schien ihn eingeholt zu haben, in der Person Eriks, des Bruders der walwütigen Jurga, die uns auf die Spur des Alben geführt hatte. Sie war es, die ein Albengeschenk erhalten hatte, und sie war es, der es letztendlich den Tod brachte – einen Tod, den Erik nie verwunden hatte. Doch wie kam Erik hierher? Und dann fiel es uns wie Schuppen von den Augen: Er war uns gefolgt! Die ganze Zeit über hatte er sich auf unseren Spuren bewegt, nur, um uns am letzten Tag, nein, in der letzten Nacht zu überholen. Dies war der kleine schwarze Punkt, den wir weit vor uns gesehen hatten. Sobald er sich sicher war – vielleicht kannte er die Erzählungen seiner Schwester besser als wir – welchen Weg er einzuschlagen hatte, war er an uns vorbeigeschlichen und hatte sich auf die Lauer gelegt, um sich an dem Unglücksbringer seiner Schwester zu rächen. Und unsere Ankunft hatte er genutzt, um das Innere des Hauses in Brand zu stecken!

Wir schichteten für beide Grabhügel aus schweren Felsbrocken auf, damit ihre Leiber in Frieden ruhen konnten. Erst dann machten wir uns an die Untersuchung des Hauses. Ich hatte soetwas noch nie gesehen, und Lynia, die in ihrem Leben bis dato nichts anderes getan hatte als gelehrte Bücher zu lesen, auch nicht. Überall Magie, und in jeglicher Spielart. Vor allem Levitation und elementare Magie wirkten in dem Haus und im Garten, doch überall waren Spuren anderer Aspekte zu finden. So zumindest hat es mir Lynia erzählt, die sich garnicht satt sehen konnte.

Nachdem der Schreck verwunden war, beschlossen wir, ein paar Tage zu bleiben, bis wir wieder frisch erholt wären. Immertragende Bäume, heiße Quellen und so viele Dinge zu entdecken würden uns körperlich wie geistig mit mehr als dem Nötigsten versorgen. Und wieder machten wir den gleichen Fehler und schauten nicht auf den Weg zurück.

Im ehemaligen Schlafraum Wilans fühlten wir uns nachts so sicher, dass wir nicht einmal daran dachten, eine Wache aufzustellen. Doch die Harpyen hatten uns nicht vergessen, und uns nicht aus den scharfen Augen gelassen. Der Albe, den sie fürchteten, war nicht mehr, nur noch die Menschen, denen sie unter freien Himmel nicht beikommen konnten – und so überraschten sie uns nachts. Es hätte nicht viel gefehlt, und Lynia hätte es nicht überlebt. Auch ich hatte Mühe, mich meiner Haut zu erwehren, denn Harpyen sind nicht schwächer als Menschen und haben fürchterliche Greifklauen. Letztlich waren wir siegreich, doch es dauerte noch ein paar weitere Tage, bis wir wieder imstande waren, zu reisen. Von diesem Zeitpunkt waren wir vorsichtiger, und dort kam mir der Gedanke, dass es lieber die Schwestern als die Harpyen sein sollten, die diesen Ort in Zukunft bewachen sollten.

Der Rückweg verlief ohne Probleme, bis auf das kleine Malheur Hakims, der sich in einem Moment der geistigen Umnachtung eitrigen Krötenschemel auf eine kleine, schlecht verheilte Wunde schmierte und daraufhin beinahe sein Bein verloren hätte. Unsere vereinten Kräfte reichten gerade so, die Entzündung zu stoppen und zu verhindern, dass wir das Bein amputieren mussten. Zum Glück passierte dies zu einem späten Zeitpunkt auf unserer Reise – ich weiß nicht ob wir es mit einem lahmen Hakim durch die Messergrashänge und über die Pässe zurück geschafft hätten.

Auch wenn du noch nicht alt genug bist, um zu fliegen – vielleicht nehme ich dich einmal zu Fuß mit dorthin. Ich war schon Jahre nicht mehr so hoch im Norden, und sich den grandiosen Himmel dort mit jedem Kilometer Weg erarbeiten zu müssen war eine Erfahrung, die man auch als Hexe einmal gemacht haben sollte.
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