Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 __Telas Anfänge - Gutenachtgeschichten für Telas Nichte - Teil 1: Aufbruch im Kosch

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Tela Reisigritt
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BeitragThema: __Telas Anfänge - Gutenachtgeschichten für Telas Nichte - Teil 1: Aufbruch im Kosch   __Telas Anfänge - Gutenachtgeschichten für Telas Nichte - Teil 1: Aufbruch im Kosch EmptyFr Jul 11, 2014 11:37 pm

Ja, liebe Alena, wie soll ich anfangen? Es war Frühjahr, ein milder Perainemorgen, als ich von Hannis Hütte aufgebrochen bin. In der Nacht war viel Regen niedergegangen, was nicht nur die Bauern gefreut hat, sondern auch mich, weil die Luft nun erfrischend klar und kühl war.

Nein, ich wollte wirklich auf diese Reise gehen. Nicht, weil ich von Hanni weggehen wollte, sondern weil es für eine Hexe irgendwann einfach an der Zeit ist, ein Vertrautentier zu finden. Grauschnauz habe ich ja erst viel später kennengelernt, und selbst dann hat es noch eine halbe Weltreise gedauert, bis wir so zu uns gefunden haben, wie du uns heute kennst.

Es war wohl auch für Hanni nicht ganz einfach, den Zirkel von dieser Reise zu überzeugen. Einige wollten mich nicht gehenlassen, und Hanni musste für mich versprechen, dass ich der Schwesternschaft etwas Wertvolles mitbringen würde, von wo auch immer es mich hinverschlagen würde. Sonst bräuchte ich nicht zurückzukommen, ob mit Vertrautentier oder ohne. Bis heute weiß ich nicht, ob das eine leere Drohung war oder ob sie mich tatsächlich wieder weggeschickt hätten, wenn ich mit leeren Händen wiedergekommen wäre. Ich will es auch garnicht wissen, doch was ich weiß ist, dass es mich meine Reise ein ganzes Stück ernster hat nehmen lassen als ohne diese Aufgabe.

Einen Rest Hexensalbe hatte Hanni mir insgeheim für meinen Besen reserviert, obwohl das streng genommen nicht erlaubt ist, oder zumindest nicht gern gesehen – nur echte Schwestern fliegen, Schülerinnen wie ich damals eine war, werden allerhöchstens zu ihrem ersten Hexenfest mitgenommen. Aber Hanni hatte wohl ein wenig zu viel Angst um mich, um sich an solche Vorschriften zu halten, und so bin ich zu dem Stecken gekommen, den ich heute immer noch trage. Mich wundert es auch ein wenig, dass er all das mitgemacht hat und immer noch ganz, ohne Bruch, Riss und Brandstellen ist, nach all dem, was er und ich so erlebt haben.

Nutzen wollte ich den Stecken aber nur im allerschlimmsten Notfall, da ich mir keinen Ärger mit den Leuten oder einer älteren Schwester einhandeln wollte. Wenn überhaupt fliegen, dann nur nachts, und fernab der Menschen. Dass ich schon in der ersten Woche beinahe darauf zurückgreifen musste, hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Am Ende waren es Hakim, Lynia und Ghor, die dafür gesorgt hatten, dass ich nicht schon so früh etwas Verbotenes tun musste.

Ich war vielleicht auch ein wenig zu selbst sicher und übermütig. Eine große Handelsstraße wie die über den Kosch ist ja für einen Wanderer zwar nicht der allersicherste Ort, aber sicherer als die freie Wildnis allemal. Die Tiere scheuen den Geruch der Menschen, selbst die Wölfe queren die Straße möglichst schnell, ohne dort länger zu verweilen. Aber just Wölfe waren es, die mich in der Nähe einer der vielen Rastplätze überraschten. Warum musste ich auch allein gehen, und nicht wie alle anderen, denen ich begegnet bin, in Gruppen mit mindestens einem Bewaffeneten. Ich hatte keine Chance – wäre ich geflogen, hätte mich höchstwahrscheinlich jemand gesehen, so dass mir nichts anderes blieb, als mich auf diesen Baum zu retten.

Das Wolfpack war rasend. Es war nicht so, als ob ich ihre Beute wäre, denn da haben die Zottel Geduld. Nein, es war, als ob ich ihnen die Jungtiere wegnehmen wollen würde. Eines der Tiere habe ich nach dem Kampf noch lebend gefunden, und ein Blick in seine Gedanken – ja, das lernst du sicher auch noch, wenn die Zeit reif ist – haben mir gezeigt, dass die Tiere diesem Trugbild, oder besser, dieser Vorstellung aufgesessen sind.

Ja ja, der Kampf und die drei Reisenden, die meine besten Freunde wurden. Sie waren nicht alleine unterwegs, und das war vielleicht auch mein Glück, da die Zwerge, die ihren Tresor auf dem Fuhrwerk über den Kosch brachten, sich ebenfalls den Wölfen entgegengeworfen haben. Na ja, nicht in der ersten Reihe, aber sie haben sich zumindest nicht in ihrem Panzerschrank versteckt. Ghor und Hakim waren damals auch schon ganz ordentliche Kämpfer, aber kein Vergleich zu heute, und ich weiß nicht, ob sie es allein geschafft hätten.

War ich froh, von diesem Baum runterzukönnen. Aber ich war auch ein wenig unglücklich, dass meine Zeit allein in der Wildnis nun vorbei war, denn der Gruppe musste ich mich dann wohl oder übel anschließen, da wir die gleiche Richtung hatten. Zumindest war kein Geweihter dabei, oder kein großkotziger Adliger. Trotzdem im ersten Moment eine seltsame Truppe.

Der eine Schwertkämpfer, der für diesen milden Tag viel zu dick angezogen war, war Ghor. Wie heute hat er damals schon mit zwei Schwertern gekämpft, was im Norden nicht alltäglich ist. Unter der Fellkapuze, die er zum Kampf zurückgeschlagen hatte, kam ein dichter Schopf krauser schwarzer Haare zum Vorschein, mit einem Band lose zusammengebunden. Die grünen Augen hatten schon damals den Ausdruck, den sie heute haben, wenn Ghor seine Arbeit macht. Hart, präzise und ohne nur einen Moment zu zögern.

Du kannst Dir vorstellen, dass ich nach dem Kampf erstmal ein wenig skeptisch war. Ich weiß noch, er hat mich danach angeschaut und gefragt, was er denn nun für die Rettung von mir erwarten könne. In dem Moment hätte ich ihn am liebsten wieder zu den Wölfen geschickt, aber die waren ja bereits alle tot. Ich meine, was bildete er sich eigentlich ein. Vielleicht war es da, wo er herkam ja so, dass ihm dafür die Frauen wild und willenlos um den Hals gefallen sind, aber hier, in halbwegs zivilisierten Norden sollte ein einfaches Danke und das fachmännische Versorgen seiner Wunden wohl fürs erste reichen. Nicht im Traum wäre ich in diesem Moment darauf gekommen, dass er dem, was ich ihm unterstellt habe, vielleicht nicht ganz abgeneigt war, es ihm aber wohl in erster Linie um Geld ging.

Ja, du hast richtig gehört – schließlich war er zu der Zeit als bezahlter Leibwächter für Lynia unterwegs, und hat keine Gelegenheit ausgelassen, die Reisekasse aufzubessern. Selbst die Zwerge hat er versucht beim Spielen zu erleichtern, aber die goldgierigen Gesellen hatten keinen Spaß an hohen Einsätzen. Ich bin fast froh, dass ich ihn missverstanden habe, denn meine Reisekasse war damals auch nicht groß, und die Kräuter in der Kiepe hätte ich ungern so früh hergegeben. Ghor war also zuerst trotz seines Kampfesmuts bei mir untendurch – ja, lach nur, der lustige Onkel Ghor kam mir so finster und anmaßend vor, dass ich am Anfang der Reise einen Bogen um ihn gemacht habe, wo ich nur konnte.

Bei Hakim war es anders. Ich meine, du kennst ihn ja auch, und schon damals ließ er keine Bühne aus. Nach dem Kampf habe ich mich daran erinnert, wie er zwischen zwei Gegnern im Spiegelbild seines Säbels den Sitz seiner Haare kontrolliert hat. In diesem Moment hatte ich tatsächlich einen Augenblick lang gehofft, dass der anstürmende Wolf ihn nicht am Kopf trifft, damit seine Frisur den Kampf heil übersteht. Das ist Hakim, er hatte schon immer etwas Einnehmendes, egal in welcher Situation. Ein bronzefarbener Schlacks, damals noch ohne jede Tätowierung. Man vergisst dabei manchmal, wie gut er mit dem Säbel ist. Für mich war er sofort wie der kleine Bruder, den ich nie hatte – ein hilfloser junger heimwehkranker Zahori auf seiner Reise durch den Kosch.

Der Inbegriff der Hilflosigkeit war allerdings Lynia. Heute ist sie vielleicht manchmal noch ungeschickt, aber damals, der großen Mutter seis verziehen, war sie zu garnichts in der Lage. Am zweiten Tag unserer Reise hatte sie sich durch falsch geschnürtes Schuhwerk eine taubeneigroße Blase gelaufen, so dass die Zwerge sie doch wieder auf ihren Wagen lassen mussten, was sie nur sehr ungern taten. Außer ahs und ohs, wenn ich ihr etwas über die Tiere und Pflanzen des Kosch erzählt habe, ist ihr kaum ein Satz über die Lippen gekommen. Zunächst war ich ja noch etwas besorgt, dass sie Verdacht schöpft und irgendwelche gildenmagischen Hellsichtzauber wirkt, aber zusätzlich zu ihren körperlichen Unzulänglichkeiten war sie so naiv, dass man ihr alles hätte erzählen können, was nichts mit Magietheorie zu tun hatte. Und selbst da hätte man sie wohl noch an der Nase herumführen können.

Lynia war es dann auch schließlich, die mich indirekt wieder mit Ghor versöhnt hat. Er hat ihr war einen Bären nach dem anderen aufgebunden, sich aber wenn es drauf ankam völlig selbstverständlich um sie gekümmert und nicht nur einmal ihre Nachtwache oder ihr Gepäck übernommen, um ihr die Wanderung zu erleichtern. Ehe ich mich versah, ertappte ich mich bei dem Gedanken, dass er selten etwas falsch machte bei ihr. Und obwohl er ihr manchmal verstohlen hinterhersah, war es doch nie das latent gewalttätige Begehren, was die ein- oder anderen meist waffentragenden Männer an eine Schönheit wie Lynia herantragen. Auch da konnten wir wohl froh sein, dass wir mit Zwergen unterwegs waren, die ja ein anderes Schönheitsideal haben und Lynias abendliche Nacktgymnastik mit nicht mehr als einem Schulterzucken kommentierten.

Am Ende unserer gemeinsamen Etappe waren mir die drei schon so ans Herz gewachsen, dass ich, da ich ja kein bestimmtes Ziel hatte, außer irgendwann mein Seelentier zu finden, mir gesagt habe, dass jeder Weg mit den dreien zumindest kurzweiliger ist als ohne sie. Und so kam es, dass wir noch eine Etappe zusammen zurücklegten, und dann noch eine, bis wir uns gar nicht mehr vorstellen konnten, ohne die anderen zu reisen. Aber davon erzähle ich Dir morgen, denn jetzt wird geschlafen.
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