Das Schwarze Auge
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
StartseiteNeueste BilderAnmeldenLogin

 

 Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 3: Ent- und Bedeckungen - 11. Ingerimm 1027 BF

Nach unten 
AutorNachricht
Tela Reisigritt
Erzmagus
Tela Reisigritt


Anzahl der Beiträge : 456
Anmeldedatum : 03.10.12
Alter : 45
Ort : Nordaventurien

Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 3: Ent- und Bedeckungen - 11. Ingerimm 1027 BF Empty
BeitragThema: Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 3: Ent- und Bedeckungen - 11. Ingerimm 1027 BF   Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 3: Ent- und Bedeckungen - 11. Ingerimm 1027 BF EmptyMi Nov 19, 2014 8:35 pm

Lynia legte die Robe und ihre Unterkleidung ab und stand nackt mit geschlossenen Augen vor Tela. Das mittägliche Sonnenlicht fiel durch das geöffnete Zeltdach auf die Rundungen ihrer kleinen Pobacken und ließ die feinen Härchen ihres Haaransatzes golden schimmern. Auf der ansonsten glatten Haut zeichneten sich die Tela gut bekannten Brandmale ab, die von einer fehlgeschlagenen Beschwörung vor einigen Jahren herrührten.

Ein Lächeln umspielte Telas Lippen – wenn Lynia auch nur den Hauch eines Talents dafür besäße, sich durch die Augen anderer zu sehen, würde sie vielleicht in vielen Bereichen des täglichen Lebens ihre Scheu verlieren. Einen solchen Körper wünschten sich viele, und doch wusste ihre Gefährtin praktisch nichts damit anzufangen. „Magie ist ein Geschenk der Götter…“, sagte sie häufig, aber was war dann ihr Leib anderes? Na ja, irgendwann würde sie selbst dahinterkommen. Vielleicht ergibt sich ja demnächst eine Gelegenheit, sie ein wenig in die Richtung zu stupsen, jetzt, wo sich wieder in zivilisierten Landen aufhielten und nicht auf der Flucht oder der Reise waren.

Zögerlich fuhr sie die feinen Narben nach, die trotz des Einsatzes des Balsam-Cantus‘ an einigen Stellen fast unsichtbar zurückgeblieben waren. Magie war mächtig, aber nicht allmächtig. Die Harpyenkrallen. Der Werlöwe. Die Brandmale Balphemors. Kaum sichtbar, aber nicht völlig verschwunden, wenn man wusste, wo man suchen musste.

Sie ging um ihre Patientin herum und begutachtete jeden Flecken, unter den Achseln, hinter den Ohren, unter den Brüsten und zwischen den Schenkeln und Pobacken. Dann bedeutete sie ihr mit einer leichten Berührung an den Schultern, sich hinzulegen. Ein kühler Windhauch fuhr ins Zelt und ließ Lynia erschaudern, so dass sich Felder von Gänsehaut von ihren Armen an ihren aufgerichteten Brustwarzen bis zum schwarzen Dreieck ihrer Scham ausbreiteten.

Tela legte zwei Decken über die Beine und ihren Schulterbereich, so dass nur noch ihr Torso im Licht des Tages lag. Als sie ihre eigenen hellhäutigen Hände auf Lynias Bauch legte, zeichneten sie sich dunkel gegen die fast weiße Haut der Magierin ab. Dies war keine natürliche Blässe, das war klar. Aber was war es dann?

Sie atmete einmal tief ein, schloss die Augen und ließ die Kräfte Sumus durch ihre Hände fließen. Ihr Geist senkte sich in den Körper Lynias, spürte ihren Puls, ihre Atmung, die Regungen ihres Darms und die latente Anspannung ihrer Muskeln. Dann löste sich das Bild in eine Synästhesie aus Gerüchen, Geschmäcken und Farben auf.

Schweißgebadet nahm sie ihre Hände eine Viertelstunde später von der Magierin. Selten war ihr dieser Zauber so gut gelungen. Alles war klar und offenbar: nichts war anormal, alles war bestens. Nicht einmal ein Muskelkater. Vielleicht ein wenig Anspannung, die von den ungewohnten Menschenmassen herrühren mochten, doch alles weit davon entfernt, mit irgendeiner Krankheit verbunden zu werden.

„Lynia, du bist vollkommen gesund.“ Tela erwartete ein erleichtertes Ausatmen, doch anstattdessen verkrampfte sich der Körper der Magierin weiter. „Na, was ist? Das ist doch eine gute Nachricht?“, fragte Tela sanft. Aus ihren großen dunklen Augen schaute Lynia sie von der Liege aus an. „Ich… ich weiß nicht. Magie ist eine Gabe der Götter… aber vielleicht auch eine Strafe? Zu viel… zu viel… “

Tränen brachen ihren Weg durch die schwarzen Wimpern, und der kleine Körper wurde von Schluchzern geschüttelt. Tela nahm ihren Kopf zwischen die Hände und barg ihn in an ihrer Schulter, bis der Weinkrampf langsam verebbte. Dann setzte sie sich neben ihre Freundin und schaute sie erneut an, während sie ihr sanft über den Kopf strich.

„Nach dem Fall Kholak-Kais…“ setzte Lynia an, „all das Leid, all die Schmerzen. Und all die freie Magie…“. Jetzt war es an Tela, sich zu versteifen, als sie begriff, was Lynia getan haben musste. Mit der Erinnerung kam auch der falsche Geschmack wieder auf ihre Zunge, und sie musste sich zusammennehmen, nicht zu spucken. Ein Tropfen war es nur bei ihr, doch so wie sie Lynia kannte, gab es bei ihr wohl kein Halten mehr, und sie hatte die agrimothdurchsetzten magischen Adern schier eingeatmet. Deswegen war sie immer so wacklig auf den Beinen, als sie sich in Gareth getroffen hatten!

Sie konnte sehr gut nachvollziehen, wie nah der Magierin all das Leid gegangen sein musste, war es bei ihr doch ähnlich gewesen. Aber ihre Abscheu gegenüber dem dämonischen Anteil war größer als ihr Drang, zu helfen, denn sie wusste, dass nichts aus der siebten Sphäre ohne einen Preis kam, ein Preis, der sich immer als zu hoch herausstellen würde. Und sie hatte Angst gehabt, dass die dämonische Komponente die Wirkung ihrer Magie beeinflussen und ins Gegenteil verkehren würde. Nun sah sie, dass es wohl nicht der Fall war, sondern im Gegenteil, dass all der Schmutz herausgefiltert und im Astralkörper ihrer Freundin hängengeblieben war. „Erzähl, was ist passiert…“ fasste sie nach, und Lynia erzählte.

Lynias Bericht ging ihr immer noch durch den Kopf, als sie den unsympathischen Jast Gorsam vom Großen Fluss besuchten. Flankiert von den Mitgliedern seiner Familie ließ sich die Audienz bei ihm in einem einzigen Satz zusammenfassen: „Schön, dass Ihr Euch um Galotta und Rhazazzor gekümmert habt, aber haltet Euch ab jetzt raus.“ Ghors gekonnte Provokation, ihn als König, der er nicht war, zu bezeichnen, hatte gegen Ende zu einem merklichen Temperaturabfall des Gesprächsklimas geführt. Als Tela ihren Freund dazu beglückwünschte, seine ehrliche Abneigung auf eine so diplomatisch gekonnte Weise ausgedrückt zu haben, schaute er sie nur aus blitzenden Augen an. Da versteh‘ einer die Männer, dachte sie, als sie sich in ihre schlechtesten Alltagsklamotten warf, um dem Hafenviertel noch einen Besuch abzustatten.

Die Kundschaft im „Flussritter“ schien dem Namen der Kneipe Hohn sprechen zu wollen – die meisten waren Rittern so wenig ähnlich wie es eben ging, und die wenigsten schienen in letzter Zeit mit fließendem Wasser in Berührung gekommen zu sein. Es gab Momente, da freute sich Tela, keine Elfe zu sein, sondern eine ganz normale, belastbare menschliche Nase zu haben. Auch mit Alkohol wurde es nicht besser – aber in der „fetten Hartwine“, der Wirtin des „Flussritters“, hatte sie eine derart dankbare Abnehmerin ihrer erfundenen Geschichten, dass sie in den frühen Morgenstunden mit einem Haufen nützlicher Informationen zum Alltagsleben auf der Burg in Richtung der Zeltstadt schlenderte – und dort brüsk von der Wache abgewiesen wurde.

Erst auf den zweiten Blick erkannte der Soldat die junge, schlecht gekleidete und nach billigem Alkohol stinkende junge Frau, die er am Nachmittag noch in ihren besten Kleidern zum Herzog vom Großen Fluss eskortiert hatte, und fragte besorgt nach, ob etwas Schlimmes passiert sei. Sonst um keine Ausrede verlegen, winkte Tela ab: „Das sieht schlimmer aus als es ist, im Gegenteil, es ist alles bestens! Aber ich schlafe wohl heute Nacht besser draußen neben dem Zelt, es sei denn, ihr treibt noch einen Zuber warmes Wasser auf…“ Der Gardist zuckte mitleidig mit den Schultern: „Damit kann ich nicht dienen - ich befürchte, dass Ihr tatsächlich bis morgen warten müsst. Aber legt Euch nur dort hinten hin, sollte es regnen, wecke ich Euch schon.“ Sie schenkte ihm ein Lächeln und bedankte sich, bevor sie ihre Decken aus dem Zelt holte und sich in den Schatten verkroch, wo Grauschnauz sie sicher ungesehen finden würde.
Nach oben Nach unten
 
Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 3: Ent- und Bedeckungen - 11. Ingerimm 1027 BF
Nach oben 
Seite 1 von 1
 Ähnliche Themen
-
» Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 4: Blutrausch - 12. Ingerimm 1027 BF
» Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 5: Bekenntnisse - 13. Und 14. Ingerimm 1027 BF
» Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 1: Der erste Tag des Reichskongresses - 10. Ingerimm 1027 BF
» Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 6: Der Turm der Vergangenheit - 15. Ingerimm 1027 BF
» Aus der Asche - Die neue Ordnung – Teil 2: Auf den Straßen Elenvinas - 11. Ingerimm 1027 BF

Befugnisse in diesem ForumSie können in diesem Forum nicht antworten
Das Schwarze Auge :: Die Abenteuer der Heldengruppe :: Telas Zeit in der Gruppe-
Gehe zu: