Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier – der sechste und letzte Turniertag I

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Lynia
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BeitragThema: Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier – der sechste und letzte Turniertag I   Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier – der sechste und letzte Turniertag I EmptyDi Okt 21, 2014 8:16 pm

Ein paar "Zitate" aus dem Originalabenteuer, ein paar Abschnitte eurer Geschichten mit berücksichtigt und ein wenig freier Geist und plötzlich hat man trotz Schriftgröße Zehn zwanzig Seiten in Word. Aber auch bei Schriftgröße Acht wäre es zu viel für einen Eintrag.
Wie auch immer, jetzt sind es halt Zwei Einträge geworden, aber bleibt eine Geschichte,
in diesem Sinne, "Habt Spaß und die Zwölfe mit Euch!"


„Siehe den Goldenen Altar! Er vergeht in Flammen, wenn …“
Nun war es also soweit.
Die Abschlussprüfung.
Nun ja, dieser Begriff war vielleicht eher unglücklich gewählt, immerhin hatte Hakim keine göttergefällige Zwölf Jahre Studium hinter sich sondern nur in etwa sechs Monate Ausbildung, aber ich wollte mir bezüglich der Qualität dieser Ausbildung kein Urteil erlauben. Das was ich bisher gesehen und gehört hatte hinterließ jedoch den Eindruck, dass die Zeit nicht verschwendet gewesen war. Natürlich hatten die Ausbilder und Lehrmeister all das nicht innerhalb von solch vergleichsweise kurzer Zeit aus Nichts geformt, grundlegendes Potential und vor allem Talent und Begabung mussten schon dagewesen sein.
Wie auch immer, heute und hier würde sich all dies in einer großen Abschlussvorführung wiederfinden. Wobei man aber auch durchaus nicht vergessen durfte das Hakim sich in vielerlei Hinsicht schon mehr hervorgetan hatte als mancher alte Kämpe, der nicht nur wenige Monde sondern schon Jahre seines Lebens mit nichts anderem als mit der Vorbereitung und dem Üben auf und für solche Turniere verbracht hatte. Aber vielleicht war genau das auch einer der großen Vorteile Hakims gewesen? Er war sträflich unterschätzt worden. Man hatte ihn nicht als die Gefahr gesehen, die er darstellte. Ein Zant war auch von der Einordnung her nur ein Niederer Dämon, aber bei Hesinde, es gab nur wenig was dümmer war als die Beschwörung eines Zant als einfach zu betrachten. Natürlich gab es genügend Niedere Dämonen die sich tatsächlich vergleichsweise einfach beschwören ließen und im Anschluss ebenso einfach auch beherrschen ließen und die, selbst wenn letzteres nicht wie erhofft funktionierte trotzdem keine allzu große Gefahr darstellten. So hatte es dann auch sicherlich genügend, vornehmlich jüngere und ungestümer auftretende Kämpen und Kämpferinnen gegeben, welche dieses Bild vom einfachen Sieg verfestigten. Aber Hakim war ein Zant, kein Gotongi. Er mochte nicht zur Gruppe der Gehörnten gehören, aber, wie es das bisherige Turnier gezeigt hatte, man machte auch nur einmal den Fehler ihn zu unterschätzen, genau wie bei einem Zant.
Das aufbrandende Jubeln, Kreischen, Schreien  und sonstige Töne der hunderten von Zuschauern um uns herum machten mir wieder bewusst wo wir waren und ebenso auch klar, dass meine Gedanken und Vergleiche hier vielleicht nicht unbedingt angebracht waren. Ich wusste zum einen nicht, in wie weit die Magier, welche für die Überwachung der Einhaltung der rondrianischen Tugenden eingesetzt waren den Blick in die Gedanken beherrschten und zum anderen ob sie diesen auch auf die Zuschauer wirkten. Wobei, eine offensichtliche Collega war mit Sicherheit eine Person, die man im Auge behalten sollte. Aber ob man auch gleich ihre Gedanken lesen würde? Ich beschloss kein Risiko einzugehen und verzichtete auf weitere Vergleiche in diese Richtung, auch wenn sie eine angenehme Abwechslung und vor allem Ablenkung dargestellt hatten.
Ich ließ meinen Blick wieder umherschweifen, in der Hoffnung auf ein wenig Ablenkung. Ich saß zusammen mit Tela und Ghor auf einer etwas geräumigeren Tribüne und durch Bedienstete des Kaiserhauses, erkennbar an den Farben die sie trugen, wurden Getränke und Speisen verkauft und sie schienen ein gutes Geschäft zu machen. Der Himmel strahlte in herrlichem Blau und die Praiosscheibe strahlte hell und kräftig, wärmte angenehm und war doch nicht so brennend, dass man schwitzen musste. Ich sah die zum Buhurt angetretenen Streiter an unserer Tribüne vorbeischreiten. Eigentlich saßen sie ja auf ihren Pferden und ließen diese an uns vorbeireiten, aber sie taten dies langsam, fast wie gehen. Es gab dafür einen speziellen Begriff, aber der wollte mir im Moment nicht einfallen, aber das war auch nicht weiter tragisch, ich erkannte, ebenso wie meine Freunde und wohl auch die Menge um uns herum Hakim und jubelte ihm freudig zu. Er strahlte wie wenn wir einen Tag leichten Reitens vor uns hätten und wirkte nicht im geringsten so wie ich es von einem Krieger erwartet hätte, der kurz vor einem der vielleicht wichtigsten Kämpfe seines Lebens stand. Aber er war nun mal kein Krieger sondern ein Zahori und die sahen manche Dinge einfach anders als andere.
Bezüglich andere kam eine Frage zurück in mein Gedächtnis, die dort schon geraume Zeit ihr Dasein gefristet hatte, mir aber immer wieder entglitten war, aber nun, unter diesen Umständen wieder klar und deutlich auf meiner Zunge lag. „Und warum bist du nochmal nicht mit dabei, Ghor?“
„Lynia, so ein großartiger Streiter wie ich, darf nicht bei jeder Gelegenheit zeigen was er kann und solch ein großes Turnier dominieren. Das würde viel zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen und die Leute würden anfangen Fragen zu stellen.“ Ghor hatte sich mir nur leicht zugewandt. Sein Blick ruhte weiterhin auf den angetretenen Teilnehmern des Buhurts. Er sprach auch leise aber fest, was es mir trotz des um uns herum herrschenden Lärms einfacher machte, ihn zu verstehen. Zumindest das was er sagte, wenn auch nicht den Sinn dessen, was er erzählte.
Natürlich gab es Wissen und Tatsachen, die hielt man besser vor der Allgemeinheit verborgen und hielt sie darüber im Unklaren, aber den Leuten zu verbieten Fragen allgemein zu stellen? Manche Dinge musste man doch Hinterfragen und nicht immer alles einfach nur als gegeben hinnehmen. Sicher, es gab die zwölfgöttliche Ordnung, an der gab es nichts zu Hinterfragen und Gesetze und Anordnungen von Oberen hinterfragte man auch nicht, aber nur wer fragte konnte doch auch Lücken in seinem Wissen schließen. „Und das ist schlimm wenn die Leute fragen?“
„Ein Mann braucht Geheimnisse, Lynia, das macht ihn mysteriös.“
Das wiederrum verstand ich jetzt nicht. Warum brauchte ein Mann Geheimnisse? Männer waren für uns Frauen eh schon ein Geheimnis und es gab mit Sicherheit mehr als genug Sachen die ein Mann einer Frau, wahrscheinlich auch nicht einer mit der er einen Traviabund eingegangen war, erzählen würde. Aber Geheimnisse machten einen nicht unbedingt mysteriös. Zumal mysteriös eher einen schlechten Beiklang hatte und auch allgemein nicht unbedingt mit positiven Aspekten in Verbindung gebracht wurde. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Ghor das gemeint haben könnte. In dieser Hinsicht musste er sich ein wenig deutlicher Ausdrücken. Ich setzte gerade zu meiner Frage an, als die Fanfaren den kurz bevorstehenden Beginn des Buhurts ankündigten. Als ich mich wieder auf Ghor konzentrierte hatte dieser jedoch einen Zeigefinger auf den Mund gelegt und gab mir mit einem vernehmlichen „Schhhhht!“ zu verstehen, dass ich meine Frage verschieben musste. Für einen kurzen Moment war ich versucht ihm zu erklären, dass wir durchaus noch Zeit hätten, aber das einsetzende Lärmen um uns herum ließ mich erkennen, dass man für manche Dinge mehr als nur Zeit brauchte und für einen kurzen Moment sah ich vor meinem Geistigen Auge Ghor wie er einem Phexgeweihten einen gefüllten Beutel überreichte und dieser im Gegenzug eine große Prise Glück über Ghor ausleerte, was beide für ein gutes Geschäft hielten. Manchmal fragte ich mich, ob er nicht heimlich ein Geweihter des Grauen Gottes war. Es gab ja Geschichten darüber, dass sich nicht alle Geweihten des Listigen offen zu erkennen gaben, immerhin war er ja auch der Gott der Diebe und der Nacht. Ein weiterer Fanfarenstoß kündigte den Beginn des Buhurts an und ich hatte etwas, worauf ich mich konzentrieren konnte.

Es waren etliche Streiter auf beiden Seiten. Die Regeln des Buhurts besagten, dass sich zwei gleich große Mannschaften bilden mussten, erkennbar an der Farbe ihres Helmzimiers, in diesem Fall Grün und Gelb. Es durften gute zwanzig Streiter auf jeder Seite sein. Hakim und der Schwarze Ritter waren in getrennten Mannschaften, daher hatte er die Möglichkeit auf den Gesamtsieg, natürlich mit Unterstützung seiner Mitstreiter, selber in der Hand. Man schied aus der Disziplin aus, wenn man vom Pferd fiel oder Freiwillig oder aus welchen Gründen auch immer von diesem abstieg oder wenn einem die Helmzimier verlustig ging, warum auch immer. In den meisten Fällen schied man aus, weil einem ein Gegner das Helmzimier abgeschlagen hatte und auch hier war genau das der Fall. Insbesondere Hakim und der Schwarze Ritter wurden stark bedrängt, da beiden Mannschaften inzwischen klar war, wer der Favorit auf der Gegenseite war. Aber da wo der Schwarze Ritter sich seine Angreifer selber vom Leib hielt und im Gegenzug etliche Zimiere von Helmen schlug oder auch einfach nur den dazugehörigen Reiter auf den Boden beförderte, da lenkte Hakim sein Pferd geschickt hin und her, wich Schlägen aus und täuschte wilde oder schnelle und gefährlich scheinende Schläge aus, was die Gegner und vor allem ihre Aufmerksamkeit auf diesen lenkten so das Hakims Gefährten in dieser Disziplin die ein oder andere Zimier abschlagen konnten, ohne das ihr Träger auch nur geahnt hatte, dass er in Gefahr gewesen war. Aber es war Regelkonform und brachte Hakim keine Nachteile. Es gab keine Sonderpunkte für abgeschlagene Zimiere. Die Mannschaft, welche gewonnen hatte bekam zehn Punkte für jeden Streiter dieser Mannschaft. Die Streiter der Mannschaft die verloren hatten bekamen keine Punkte. Zudem bekamen die Mitglieder der Siegreichen Mannschaft, welche noch ihre Helmzimier trugen zusätzlich einhundert Punkte, aber diese mussten sie unter sich aufteilen, so das bei zwei übrig gebliebenen jeder von ihnen fünfzig Punkte bekam, bei vier jeder fünfundzwanzig und so fort. Sollten sich die hundert Punkte nicht aufteilen lassen, wie bei drei Siegern, verfielen überzählige Punkte. Zusätzlich zu den beiden Fixpunkten Hakim und Schwarzer Ritter gab es noch weitere Duelle und umkämpfte Parteien auf dem Feld und wenn es mir gelungen wäre das ganze Stimmenwirrwarr um mich herum ein wenig zu trennen hätte ich vermutlich durchaus meine Kenntnisse im Bereich der Wappenkunde ein wenig verbessern können, aber so hörte ich immer nur Namen, Titel und Ränge und sah irgendwelche Wappen auf Rüstungen oder Schabracken der Pferde, aber konnte diese nicht zuordnen. Enttäuscht über eine verpasste Gelegenheit richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder Hakim zu. Dieser war inzwischen ein wenig in Bedrängnis geraten, wie ich erkennen konnte und schon kurz darauf schien sein Ausscheiden unvermeidbar. Während er von vorne zwei Streiter abwehrte hatte sich hinter ihm ein dritter gegnerischer Kämpfer gelöst und näherte sich im in hartem Ritt. Ganz offensichtlich wollte dieser erst gar nicht Hakims Helmzimier sondern ihn gleich ganz aus dem Sattel befördern. Als das Pferd des mir unbekannten Angreifers nur noch wenige Schritt von Hakims Schimmel entfernt war, dieser hatte inzwischen, vermutlich durch Warnrufe seiner Mitstreiter die Gefahr erkannt konnte aber nur wenig tun, da seine beiden Gegner diese wohl ebenfalls gesehen hatten und ihre Mühen erhöhten Hakims Aufmerksamkeit bei sich und sein Pferd möglichst an Ort und Stelle zu halten, näherte sich von der Seite her plötzlich eine Reiterin in hellem Weiß und Gold und rammte seitlich in das Pferd des Angreifers, kurz bevor dieser an Hakim heran war. Noch während der Angreifer und dessen Pferd zusammen mit der Reiterin und ihrem Pferd, ihr Helmzimier hatte Hakims Farbe getragen, in einem wilden Knäul zu Boden gingen war es einem von Hakims Gefährten gelungen sich diesem ungleichen Kampf ebenfalls zu nähern und einem von Hakims direkten Gegnern den Zimier vom Helm zu schlagen. Der zweite war davon so verblüfft und überrascht, dass er für Hakims schnellen Arm nun, da er sich nicht mehr nur aufs Verteidigen konzentrieren musste, keine Herausforderung mehr darstellte. Kaum war Hakim aus der unmittelbaren Gefahr heraus drehte er sein Pferd so auf der Stelle, dass er schützend vor der Kriegerin stand, welche sich gerade, wenn auch leider zu Fuß und damit ausgeschieden, von ihrem Pferd löste. Da nutzte es auch nichts, dass ihr Helmzimier unversehrt war. Ich sah das Wappen der Bannstrahler auf ihrem Wappenrock, welchen sie über einer massig aussehenden Plattenrüstung trug. Hakim nickte seiner Retterin kurz zu, welchem ihm mit einem kurzen nicken und einer deutlichen Geste und vermutlich auch ein paar Worten, anders konnte ich mir Hakims kurzes auflachen nicht erklären, zu verstehen gab, dass die Disziplin und damit der Gesamtsieg noch nicht sein war. Anschließend half die Bannstrahlerin ihrem Konkurrenten auf die Füße, dieser kam in seiner eigenen Rüstung von alleine wohl nicht mehr hoch und anschließend verließen sie gemeinsam das Feld, welches sich aber inzwischen schon so weit gelichtet hatte, ausgeschiedene Kämpfer hatten das Feld so schnell wie möglich zu räumen um ihren Kameraden in keiner Weise, zum Beispiel als Deckung oder als Behinderung für Gegner helfen zu können, dass sie sich damit Zeit lassen konnten, was ich jedem, der sich in so einem Ungetüm aus Metall zu Fuß fortbewegen musste nur gönnte. Ich selber könnte mir nicht mal in meinen Alpträumen vorstellen, mich freiwillig in so etwas einschließen zu lassen, aber ich war ja auch keine Ritterin, zumindest nicht im eigentlichen Sinne des Wortes oder sonst wie als Kämpferin zu bezeichnen. Ich ließ meinen Blick wieder in Richtung Kaisertribüne gleiten und fühlte mich tatsächlich ein wenig erleichtert, als ich die unverkennbare Gestalt des Greifen auf dieser stehen sah und war auch ein wenig erfreut als ich Magister Stoerrebrandt erkannte. Der Arme hatte die letzten Wochen seine eh schon spärliche frei Zeit gänzlich an seine Aufgaben verloren, aber wenn der Allaventurische Konvent schon in der Kaiserstadt und damit ein wenig auch unter der Hand des Kaiserhauses des Neuen Reiches stattfand, dann musste ein Hofmagier nun mal seinen Teil dazu beitragen. Aber dafür konnte man auch ausgehen dass es während des Konvents nur wenige, und dann auch tatsächlich rein Private Versammlungen und Treffen gab, zu denen er nicht geladen war und die Themen die bei solchen nicht gänzlich privaten Versammlungen angesprochen wurden konnten einen in manchen Gebieten Wochen oder gar Monate voran bringen. Ihre Spektabilität Garlischgrötz hatte mir ebenfalls die eine oder andere Einladung zugesichert und ich konnte mir eine gewisse Vorfreude darauf nicht verleugnen.
Ob sich Hakim wohl auch ein wenig auf einen möglichen Sieg heute gefreut hatte? Ich ließ meinen Blick wieder auf das Feld vor mir gleiten um zu schauen, wie seine Chancen standen als ich sah, dass Hakim dem Schwarzen Ritter gerade die Zimier vom Helm schlug, während seine eigene einen bedrohlichen Knick aufwies, aber noch auf dem Helm saß. Ich nutzte die Sekunden der schlagartig herrschenden Stille die wohl nur eines bedeuten konnte um, in Erwartung des kommenden, meine Hände auf meine Ohren zu pressen.

Galotta, heute selbsternannter Dämonenkaiser und einer der gefürchteten Heptarchen, damals erster Hofmagus unter seiner Allergöttlichsten Magnifizienz Kaiser Hal und ein hochgeachteter Collega unter seinesgleichen, war als Strafe für die direkte Gefährdung von sowohl Leib und Leben als auch Seelenheil seiner Allergöttlichsten Magnifizienz der Scharlachkappentanz auferlegt worden. Wie ich von meinen Gefährten erfahren hatte war das Verbrechen der jungen Frau und der beiden Männern, welchen man gerade die gleiche Bestrafung angediehen ließ der Raub von Finsterfang, obwohl davon eigentlich fast niemand etwas wusste, immerhin hatten wir ja Laurom, Sohn des Arom versprochen diesen Zwischenfall nicht kund zu tun um seine Ehre nicht noch mehr zu beschmutzen. Also hatte man ihnen von offizieller Seite aus eigentlich nur den Diebstahl der restlichen Waffen vom Turniergelände anhängen können. Einerseits sah die Rechtsprechung des Neuen Reiches für Diebstahl durchaus drastische Strafen vor, auch wenn man hierzulande von solchen Grausamkeiten wie dem abhaken Einer Hand absah, andererseits war der Scharlachkappentanz für Diebstahl ein ungewöhnlich hohes Strafmaß. Vielleicht lag es aber auch tatsächlich an dem was ich an Gesprächen auf den Straßen so gehört hatte. Dort war von den Dieben gesprochen worden wie wenn sie die Reichsregentin in einem dämonischen Ritual geopfert hätten und von der Garde wie wenn diese die Schwarzen Lande befriedet hätte. Es hatte eine Weile gedauert bis ich die Zusammenhänge verstanden hatte, aber im Nachhinein konnte man sie fast ein wenig nachvollziehen. Es war nicht nur das kaiserliche Turnier, ausgerichtet vom Kaiserhaus des Neuen Reiches, es war auch eine Garether Veranstaltung und Edle, Adlige und hohe Würdenträger aus dem ganzen Reich und darüber hinaus waren hierfür angereist. Zudem würde sich die Spitze der magischen Welt ganz Aventuriens die nächsten Tage hier in Gareth zusammenfinden. Alles in allem hatte die Stadt damit innerhalb weniger Wochen die Gelegenheit sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Da war natürlich so ein Diebstahl, zumal es ja eben nicht nur bei Finsterfang geblieben war sondern sich durch das halbe Lager der Turnierteilnehmer und damit auch durch alle Provinzen des Reiches gezogen hatte ein denkbar schlechtes Zeichen für die Sicherheit in der Stadt. Und wenn es schon in Gareth, dem Sitz des Kaiserhauses so zuging und noch nicht einmal dort der Schutz der Gäste aus den Provinzen möglich zu sein schien, wie wollte das Kaiserhaus dann seine Provinzen selber schützen? Da man die Diebstähle nun im Nachhinein natürlich nicht mehr ungeschehen machen konnte, der Schaden also schon angerichtet war, wollte man nun zumindest ein Zeichen setzen, dass zum einen keiner der dem Kaiserhaus oder der Stadt Gareth übles wollte oder angetan hatte damit davon kam und zum anderen, dass diese Vergehen auch entsprechend vergolten wurden. Daher war die Bestrafung der drei Diebe mit dem Scharlachkappentanz eher ein Zeichen nach außen, im Sinne von, schaut her was wir denen antun, die euch übles angetan haben, als ein Zeichen nach innen im Sinne von, Diebstahl lohnt sich nicht. Entsprechend setzte sich die Zuschauermenge daher wohl auch eher aus Gästen aus anderen Provinzen und Ländern denn aus Einheimischen zusammen. Dies vermutete ich zum einen durch die sehr geringe Anzahl an Jugendlichen und Kindern bei den Erwachsenen, für welche diese Bestrafung mit Sicherheit auch kein passender Anblick war, vor allem aber durch die unterschiedlichsten Dialekte, mit welchen sich die Menschen hier untereinander unterhielten. Ich konnte mir auch gut vorstellen dass viele Garether dies gar nicht sehen wollten um damit keine Erinnerungen an den ehemaligen Hofmagier Galotta zu wecken, der ja erst vor ein paar Monaten der Stadt wieder Eindrucksvoll aufgezeigt hatte, dass er seinen Racheschwur gegenüber dem Kaiserhaus, dem Neuen Reich aber auch der Stadt Gareth gegenüber noch nicht vergessen oder diesen gar vergeben hatte. Telas ziehen an meiner Robe riss mich aus meinen Gedanken und den Weg weiter. Eine vernünftige Idee. Zum einen war einer der Männer schon Ohnmächtig geworden, was ein baldiges Ende der Bestrafung ankündigte und zum anderen mussten wir ja auch noch zum Bankett in die Neue Residenz und dort zu spät ankommen war vielleicht nicht ganz so dumm wie die Idee mit den Waffendiebstählen bei den Edlen des Reiches, aber mit Sicherheit auch nicht sonderlich Klug. Während die Schmerzensschreie der beiden übrigen Diebe zusammen mit dem Stimmenwirrwarr hinter uns verschmolz und leiser wurde überlegte ich noch, ob ich Ghor darauf ansprechen sollte, ob er mehr über diesen Scharlachkappentanz wusste. Diese Form der Bestrafung war erst vor gut zwanzig Jahren im Neuen Reich in die Rechtsprechung mit aufgenommen worden, es hieß Alara Paligan, die Witwe von Kaiser Hal hätte sie aus Al´Anfa mitgebracht. Ob das stimmte war mir nicht bekannt, bekannt war nur, dass diese Form der Bestrafung ursprünglich aus Südaventurien kam. Aber Ghor hatte Südaventurien ja da facto für Al´Anfa erkundet, erobert und erforscht, wobei die Eroberungen aus politischen Gründen wieder aufgegeben worden waren, so wie er erzählt hatte, also konnte er mir mit Sicherheit auch bezüglich des Scharlachkappentanzes mehr erzählen. Alleine schon die Idee den Kopf eines Menschen mit einem Farbstoff einzufärben, der diesen tatsächlich bis ans Lebensende rot einfärbte und einen damit auch bis ans Lebensende zeichnete, ganz davon abgesehen so einen Farbstoff zu erforschen und herzustellen. Es gab ja Vermutungen, dass dieser Farbstoff seinen Ursprung bei den Echsenmenschen haben sollte, welche in Südaventurien ja noch recht verbreitet waren, aber auch dazu würde Ghor mir mit Sicherheit mehr erzählen können.
Leider musste ich all meine wohlüberlegten Fragen und die erhofften Antworten jedoch verschieben, da Ghor sich plötzlich galant aber bestimmt von Tela und mir verabschiedete, er hätte noch etwas zu erledigen. Tela signalisierte mit einer Handbewegung was sie sich vorstellte, was Ghor noch tun wollte, aber diese winkte nur lachend ab und verschwand. Vielleicht würde sich heute Abend während des Banketts noch die Gelegenheit ergeben mit Ghor bezüglich dieses Themas ins Gespräch zu kommen und wenn nicht, die nächsten Tage würden ja ein weniger ruhiger sein, dann würde sich schon noch Zeit finden.

Es ist der Tag der Thalionmel, der Rondra-Heiligen gegen übermächtige Feinde. Thalionmel verteidigte einst alleine eine Brücke gegen ein anstürmendes Novadi-Heer, welches sie schließlich nur durch den überwältigenden Einsatz von Bögen niederzustrecken vermochten. Als die Novadis anschließend die Brücke stürmten um das auf der anderen Seite liegende Neetha zu überfallen ließen sie sich zusätzlich noch dazu herab den Leib der Gefallenen zu schänden. Da sandte die göttliche Löwin mit Unterstützung ihres aufbrausenden Bruders Efferd eine gewaltige Flutwelle den Fluss hinab welche die Ungläubigen in solchen Massen davon riss das der Rest eiligst die Flucht antrat. Seither war der vierte Tag der Peraine für kämpfendes Volk und der Rondra nahestehende der Tag der Thalionmel. Ich gehörte weder zum kämpfenden Volk, auch wenn ich mir die letzten beiden Jahre öfters meines Leibs und Lebens hatte wehren müssen als sich vermutlich die meisten meiner Collega aus Punin auch nur vorstellen konnten, noch stand ich Rondra näher als den meisten ihrer elf Geschwister, aber in diesem Moment musste ich an diese Heilige der Rondrakirche denken. Ich musste auf dieses Bankett, es war unvermeidbar und auch wenn sich mir keine Horden von Ungläubigen Novadis entgegenstellen würden und ich hoffentlich auch nicht den Tod im Pfeilhagel erleiden würde, irgendwie fühlte ich mich alleine. Daran änderte auch Telas, Ghors und Hakims Anwesenheit nichts, welche zusammen mit mir unterwegs zur Neuen Residenz waren. Alle waren, so wie ich, extra für diesen Anlass mit neuer Garderobe ausgestattet worden und bei Ingerimm und Rahja, die machte wirklich etwas her.
Insbesondere Hakim schien förmlich zu strahlen, was vielleicht auch an dem goldenen Siegeskranz auf seinem Haupt lag, welchen er als Gesamtsieger des Turniers tragen durfte und wohl auch musste, zumindest am heutigen Tage noch. Ich musste an unser kurzes Gespräch denken, dass wir führen konnten, bevor wir Hakim in der Alten Residenz zurücklassen mussten um uns selber für das Bankett zu richten. Ich hatte Hakim aufrichtig, offen und herzlich zu seinem Sieg gratuliert und mich dabei aber doch ein wenig verwundert darüber geäußert, dass Rondra so auf seiner Seite gestanden hatte. Ich wusste von vielen Erzählungen von Hakim über das Leben der Zahori, das die streitende Göttin eher weniger Aufmerksamkeit bei diesem Volk genoss als ihr Stolz und ihre manchmal aufbrausende Art den Eindruck machte. Hakim hatte nur sein hintergründiges lächeln gezeigt und mir ins Ohr geflüstert gehabt, dass nicht alle Siege mit Rondras Gunst alleine zu erringen seien sondern das immer auch ein wenig Phexens Hand die eigene führen müsse, mal mehr, mal weniger. Wie immer beließ es Hakim bei dieser Aussage und Erläuterte sie auch nicht näher, aber ich wusste dass er sich diesen Siegeskranz offen und ehrlich erstritten hatte und natürlich, ein wenig Glück mochte zur rechten Zeit an einer entscheidenden Stelle die gesuchte Erkenntnis offenbaren oder einen in einem Buch die richtige Passage finden lassen, aber man musste trotzdem von sich aus die Erkenntnis suchen und das Buch lesen. Hakim hatte sich diesen Siegeskranz durch seine eigenen Fähigkeiten erworben und durfte zurecht und mit Stolz sein Haupt hoch erhoben tragen, auch wenn er es, im Gegensatz zu vielen anderen, die ich schon in ähnlicher Situation gesehen hatte, schaffte dabei weder überheblich noch Eitel zu erscheinen. Er hatte sich diesen Siegeskranz verdient, dass strahlte er aus und zeigte es, aber er war immer noch Hakim genug geblieben um seinem Lächeln diese Einzigartigkeit zu verleihen, die ihn mit zu dem machte, was er war und wohl auch zum Liebling der Massen, wie die ganzen Menschen an denen wir vorbeikamen zu zeigen schienen.

Wir hatten Alt-Gareth durch das Angbarer Tor verlassen. Noch immer wurde Hakim von den Leuten erkannt und sein Erscheinen mit lauten Hochrufen gewürdigt, was natürlich weitere Menschen anlockte was zu weiteren Hochrufen führte. Ich hatte schon Angst das sich irgendwann ganz Gareth hier versammeln würde aber die sinkende Sonne ließ den ein oder anderen wohl seine Neugier zügeln und lieber noch sein Tageswerk unter dem Auge Praios verrichten, bevor dieses gänzlich hinter dem Horizont verschwinden mochte. Da die Hakim zujubelnden Menschen für mich von bedeutend weniger Interesse als für Tela und Ghor waren, wobei ich bei letzterem nicht sicher war ob er nach einer möglichen Bedrohung oder einem besonders tiefen Ausschnitt schaute ließ ich meinen Blick statt dessen über die Ziergärten, Marmorfassaden, bunte Glasfenster, ein deutliches Zeichen des Wohlstandes der Bewohner dieses Viertels und Schmuckdächer des Prachtviertels Neu-Gareth wandern. Jedes Patrizierhaus wetteiferte mit allen Nachbarn in Bezug auf Prunk und Erscheinung und auch wenn ich diesen Weg schon oft vorbeigeritten oder gegangen war, immerhin führte er ja zur Neuen Residenz, so war ich doch immer wieder von dem hier zur Schau gestellten Reichtum überrascht. Außerdem war es das erste mal, dass ich diese Kulisse unter diesen Lichtverhältnissen bewundern durfte, was allem einen zusätzlichen Glanz verlieh. Aber die über die breiten Promenaden und mit Statuen geschmückten Plätze marschierenden Löwengardisten signalisierten auch, dass dieses Viertel durchaus geschützt und überwacht wurde, was eventuelle Phexensjünger abschrecken sollte. In wie weit diese sich jedoch davon beeindrucken ließen war mir nicht bekannt.
Aber etwas anderes, für mich viel Bedeutsameres nahm meine Aufmerksamkeit gefangen. Wir passierten nun die Stadt des Lichts, ließen unsere Pferde an ihren schimmernden weißen Mauern vorbeischreiten, hinter denen die Dächer der Hochburg der Inquisition und die der Kastelle der Sonnenlegion erkennbar waren. Aber es war die goldglänzende Kuppel des Praios-Tempels, die im wahrsten Sinne des Wortes alles überstrahlte. Wie ein zweites Auge Praios blendete sie mich und doch konnte ich meinen Blick erst von dieser lösen als ich eine Bewegung am Portal der Stadt des Lichtes bemerkte, die sich direkt auf uns zubewegte. Es dauerte ein paar Momente bis sich meine Augen an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt und vom blendenden Glanz der Kuppel des Praios-Tempels erholt hatten, aber dafür fand ich dann die Erkenntnis, wer sich uns da näherte umso angenehmer. Auf einem Glanzrappen, in strahlend weiße Gewänder gekleidet und mit Gold geschmückt ritt uns der Greif entgegen. Und am meisten freuten mich seine weißen Zähne, welche dank seiner schwarzen Haut besonders hell zu strahlen schienen und damit noch besser zeigten, dass er lächelte. Zusammen mit der Erinnerung daran, dass ich, wie schon lange, überhaupt nichts geträumt hatte, meine Freunde auch von keinen schlechten Traumbilder erzählt hatten und ich heute auch keine Geweihten gesehen oder gehört hatte, und auch von sonst keiner Stimme überhaupt etwas gehört hatte, was in die Richtung ging, die Stadt verlassen zu müssen weil ein großes Unglück droht schien mir das mehr als nur ein Zeichen dafür zu sein, dass, zusammen mit dem Ende des Turniers und auch dem Ende des Banketts, welches leider noch vor uns lag, ein paar ruhige Tage auf uns warteten.

Erst begrüßte uns der Greif alle einzeln, wobei er sich Hakim als letztem zuwandte. Diesem gratulierte er auch überraschend herzlich und offen für seinen Gesamtsieg des Turnieres. Er erwähnte nur beiläufig die unabsehbaren Folgen, welche ein Sieg des Schwarzen Ritters, über dessen Identität immer noch Zweifel herrschten, mit sich gebracht hätte. Ob es daran lag oder an Telas Frage nach seinem Befinden, offensichtlich sah er ja wieder gesund und wohlauf aus, plötzlich blickte er wieder ein wenig ernster.
"Es sind jedoch auch noch schwerwiegende Dinge, die mich in den Palast treiben. Ich muss Ihrer Kaiserlichen Hoheit etwas berichten, dass im Grenzgebirge der Schwarzen Sichel vor sich zu gehen scheint. All meine Sinne sagen mir, dass ..." Plötzlich riss der Greif die Augen auf. Sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht, was bei seiner schwarzen Haut ziemlich interessant aussah. Zitternd sackte er zusammen und glitt vom Pferd, nur noch an den Steigbügeln und Ghors und Hakims Armen, welche sogleich reagiert hatten hängend. Der Greif zitterte am ganzen Leib und schien seine Umgebung kaum noch wahrzunehmen, zumindest reagierte er nicht im Geringsten, als Ghor und Hakim ihn aus dem Sattel hoben und sanft auf den Boden legten. Seine Augen zuckten unkontrolliert, seine Haut, soweit sie sichtbar war bedeckte sich mit kaltem Schweiß. Er reagiert kaum auf Tela, die so wie ich neben ihm kniete und sanft auf ihn einsprach und nach seinem Befinden fragte. „Den Tempel, bringt mich in den Tempel.“ War alles, was er, wenn auch leise und kaum verständlich von sich gab.
Ich legte meine Hand vorsichtig auf seine Brust und begann leise einen Balsam zu wirken. Zwar sah ich keine Verletzung an seinem Körper, aber irgendetwas schien ihm zu schaden und der Balsam war das erste und einzige was mir auf die Stelle einfiel. Nur, ich fand keinen Ansatzpunkt. Normalerweise verankerte sich der Balsam zuerst am Astralkörper eines Wesens, also dem Abbild des Wesens im magischen Geflecht Deres. Jedes Wesen und jeder Gegenstand oder jedes Material hatte so einen Astralkörper, sonst könnten magische Kräfte egal welcher Art gar nicht auf diesem Wirken. Bei manchen war er ziemlich stark, bei manchen außergewöhnlich schwach, was das verzaubern einfacher oder schwerer machte, manche Materialen waren der Magie zugänglicher, so zum Beispiel die magischen Metalle, manche weniger bis fast gar nicht, so wie bearbeitetes Eisen oder der berüchtigte Koschbasalt. Aber selbst an diesen spürte man, wie sich die Magie an ihnen festsetze, auch wenn sie ihre Wirkung nur eingeschränkt bis gar nicht entfaltete. Hier aber, beim Körper des Greif spürte ich gar nichts. Ich ließ den Balsam fallen und wirkte einen Odem, noch bevor ich richtig realisierte was ich tat. Nichts. Dort wo der Körper des Greif in der normalen Welt vor mir lag sah ich im magischen Geflecht einen leeren Fleck, in der Form des Körpers des Greif. Ich kannte dieses Phänomen, ich hatte es schon untersucht, und im Anschluss dafür, selbst auferlegt, ausgiebig gebüßt, aber die Frage hatte zu sehr in mir gebrannt. Wie sah ein Praiostempel im Astralen Geflecht Deres aus? So wie der Körper des Greif vor mir. Er war im Astralen Geflecht schlicht nicht vorhanden und damit auch gegen jegliche magische Beeinflussung, ob zum schlechten, oder aber wie hier eigentlich von mir beabsichtigt gewesen im Guten absolut Immun.
„An ihm ist keine Wunde festzustellen.“ Äußerte sich Tela ziemlich besorgt, als sie den Körper des Greif einmal von oben bis unten und auf allen vier Seiten Oberflächlich begutachtet hatte, was mich aus meinen Überlegungen riss. „Die Schnelligkeit des Zusammenbruchs lässt eher ein Gift vermuten, aber dafür finden sich keine weiteren Anzeichen. Mir fällt nichts Besseres ein als seinem letzten Wunsch zu entsprechen. Bringen wir ihn in den Tempel.“
Für einen kurzen Moment schienen alle Geräusche schlagartig verstummt zu sein und es war eine Stille wie unter einem Silentium. Keiner von uns musste sich umschauen, es reichte uns Gegenseitig anzuschauen und wir wussten alle, welchen Tempel der Greif und wohl auch Tela gemeint hatte. Zudem gab es in unserer Nähe nur einen Tempel, den Sonnentempel des Praios in der Stadt des Lichts. Der scheinbare Silentium brach zusammen, als ein jeder von uns, nun wieder gut hörbar, schluckte, bevor wir, wie auf ein geheimes Zeichen hin uns, wir Frauen jeweils eine Schulter und den passenden Oberarm, die Männer die Beine des Greifen sicher griffen und auf Telas Kommando hin den Körper anhoben. Er war überraschend schwer für seine Größe und Gestalt, aber das mochte auch an seiner Gewandung liegen. Zum Glück würde es bis zum nächsten Tor zur Stadt des Lichtes nicht weit sein, dort würden wir ihn eh übergeben müssen, dass würde ich schon schaffen. Hakim hieß mit einem Pfiff und kurzem Zungenschnalzen unseren Pferden uns zu folgen während wir uns schon in Bewegung gesetzt hatten. Ich konzentrierte mich darauf den Körper sicher zu halten und nicht zu stolpern, was für mich schon anstrengend genug war. Dass die Pferde uns folgten, daran zweifelte ich ebenso wenig wie daran, dass Tela wusste wohin wir gehen mussten, auch wenn ich mich nicht daran erinnern konnte, dass sie mich sonderlich oft auf diesem Weg zur Neuen Residenz begleitet hatte und ich zweifelte auch nicht daran dass Ghor, der an meiner Seite die Beine des Greif trug, sich auf seinen Schritt konzentrieren würde um mich nicht ausversehen zu treten oder auch nur auf meinen Mantel zu treten. Das waren meine Freunde und es war plötzlich wieder wie in der alten Zeit, wie in den Tagen vor Gareth. Auch wenn die Situation sicherlich gänzlich unpassend war, ich konnte nicht verhindern, dass ein kurzes Lächeln über meine Züge zog. Aber, Phex sei Dank, auch wenn ich die Anrufung ausgerechnet dieses Gottes auf dem Weg zum Praiostempel ein wenig unglücklich fand, es hatte keiner gemerkt.

Sie hielten uns nicht nur erst gar nicht auf, sie öffneten uns sogar das Tor, als die Sonnenlegionäre sahen, wenn wir in ihre Richtung trugen. Noch bevor ich es richtig realisiert hatte war das eingetreten, worauf ich sechs Monate lang vergeblich gehofft und gewartet hatte. Ich war innerhalb der Stadt des Lichtes. Wie wenn er es spüren würde, zusammen mit den Tatsachen dass ich eine Magierin und er ein Diener Praios war begann der Leib des Greif heftiger zu zucken und ich musste mich zum einen auf ihn konzentrieren um ihn nicht plötzlich aus den Armen zu verlieren, angesichts der Tatsache dass ich eine Schulter und einen Arm festhielt eher unglücklich, zumal Tela auf der anderen Seite ebenfalls sichtlich Mühe hatte den Körper zumindest fest, an ruhig war gar nicht mehr zu denken zu halten und zum anderen um mit eben dieser Tela Schritt zu halten, die nur kurz ihren Kopf hob um sich zu orientieren und ihn dann wieder direkt auf den Weg vor sich und den Körper des Greifen in ihren Armen zu richten. Ich sah mehrere male mehrere Sonnenlegionäre auf uns zueilen, aber statt wie erhofft ihre Waffen zu senken und uns den Greifen abzunehmen senkten sie nur ihre Waffen und gaben uns den Weg frei.
Ob es letztlich ein reflektierter Sonnenstrahl war, der mich kurz blendete, ein unbestimmtes Gefühl im Bauch, Vorahnung, sein direkter Wille oder was auch immer, irgendetwas veranlasste mich nach oben und in die Richtung zu schauen in die wir uns bewegten und ich erkannte, dass wir nicht nur direkt vor dem Tempel der Sonne standen sondern im Begriff waren diesen zu betreten!
„Was der Zwölfgötterwillen tust du da?“ Ghor beließ es bei einem verbalen Ausdruck und schaute mir nicht hinterher sondern hatte Reaktionsschnell, so wie ich es mir erhofft hatte, meinen Platz eingenommen, während Hakim ebenso schnell reagiert hatte und das zweite Bein des Greif übernommen hatte.
Tela hatte von all dem entweder nichts mitbekommen oder es interessierte sie nicht, sie hielt unbeirrt auf den gewaltigen Bau des Tempels der Sonne zu und verschwand zusammen mit Ghor, Hakim und dem immer noch zitternden Körper des Greifen zwischen den gewaltigen Säulen, welche den eigentlichen Tempelbau umgaben. Ich blieb weniger als eine Handvoll Schritte vor dieser, wenn auch nicht direkt sichtbaren Grenze stehen und schaute ihnen teils bedauernd, teils dankbar hinterher. Dreimal waren Sonnenlegionäre auf uns eingedrungen, dreimal hatten sie ihre Waffen gesenkt und uns passieren lassen und ich war mir sicher, dreimal hatten sie meine Magierrobe erkannt. Auch jetzt sah ich die teils fragenden, teils drohenden Blicke sowohl der Sonnenlegionäre als auch anderer Diener des Praios Ein Diener des Praios versteckte sich nicht und auch seine Gedanken unterdrückte er oder zeigte sie, aber er verstellte sich nicht. Aber außer den Sonnenlegionären, welche wohl zum Schutz des Tempels eingeteilt waren gingen alle anderen nach einem kurzen Moment des erstaunen weiter und ihren Pflichten nach, Ordnungsgemäß, wie es Praios wohlgefällig war. Innerlich erwartete ich ja zumindest einen Inquisitor in meine Richtung eilen, aber noch tat sich nichts und ich erkannte, dass ich eigentlich schon viel zu viel kostbare Zeit dieses vielleicht einmaligen Augenblickes hatte verstreichen lassen und betrachtete jede Einzelheit des Tempels der Sonne, so gut es das Dämmerlicht des hereinbrechenden Abends noch erlaubte. Er war beeindrucken, absolut und ich war mir sicher, auch wenn ich das Gegenteil nicht beweisen konnte, dass es sich um den größten Tempel Aventuriens handeln musste, auch wenn mir mein Mangel an Glaube und Zuversicht, der mir irgendwie innerlich schlicht untersagte vom größten Tempels Deres zu denken einen deutlichen Stich verpasste. Ich überlegte, ob ich ehrfürchtig auf die Knie sinken sollte, für ein stilles Gebet an Praios, immerhin sollte ja die ganze Stadt des Lichts sein Tempel sein, oder ob ich es vielleicht doch wagen konnte ein paar Schritte in eine Richtung zu machen um mehr vom Tempel der Sonne sehen zu können. Näher heran würde ich aber auf keinen Fall gehen. Vielleicht hätte ich tatsächlich mit den anderen zusammen nicht nur die Stadt des Lichts sondern tatsächlich auch den Tempel der Sonne betreten können, aber selbst zu den würdigsten Anlässen war es Magiebegabten verboten, diesen Tempel zu betreten. Ein Magier durfte, wie jeder andere Gläubige auch, einen jeden Praiostempel Aventuriens betreten, so ihm nicht direkt aus welchen Gründen auch immer der Zutritt verwehrt wurde, einzig der Tempel der Sonne war davon ausgenommen und der Zutritt für Magiebegabte strengstens verboten. Sicher, man hatte uns Platz gemacht, uns förmlich eingeladen den Körper des Greif selber in den Tempel der Sonne zu tragen, aber es war nun mal ein offizieller Erlass der Kirche des Götterfürsten und damit nicht nur Rechtens wie ein Gesetz sondern vielmehr noch ein Edikt, ein heiliger Befehl, den zu brechen mir schlicht nicht einfallen würde. Außerdem, wer wusste schon ob ich, nachdem ich einmal drin auch wieder raus gekommen wäre? Sofort erblasste ich ob meiner sündigen Gedanken, fiel auf die Knie und bat Praios reumütig um Verzeihung. Hätten mich seine Diener nicht in seinem Haus gewollt, hätten sie mich aufgehalten. Solch eine Falle wäre ihnen sicherlich nie in den Sinn gekommen. Wenn es der Wille Praios wäre, dass keine Magiebegabten seinen Tempel betreten hätte er sicherlich genug Möglichkeiten dies zu verhindern oder die Frevler zu strafen, dessen war ich mir sicher.
Tela!
Sofort stand ich wieder auf den Beinen und ertappte mich dabei, wie ich beinahe einen Fuß gehoben hätte um doch noch zumindest direkt an den Rand des Tempels der Sonne zu stürmen. Tela war zusammen mit den Männern in den Tempel der Sonne gegangen. Und Tela war eine Magiebegabte, auch wenn sie als Hexe nicht den Regel des Codex Albyricus folgen und sich entsprechend kleiden musste. Im Gegenteil. So wie sie heute gekleidet und hergerichtet war hätte vermutlich sogar ein Großinquisitor in ihr alles, aber keine Hexe gesehen. Aber Praios war kein Großinquisitor und seinen Blick täuschten weder Kleidung noch Frisur, noch Worte, noch Gebaren. Vor ihm konnte Tela nicht verbergen, dass sie Madas Kraft in sich trug und diese auch nutzen konnte, was sie eben zu einer Magiebegabten machte, welchen der Zutritt zu diesem Tempel verboten war. Ein geschickter Advokat, so er sich solcher Worte gegenüber einem Praiosgeweihten denn überhaupt ermutigen konnte, könnte vielleicht argumentieren, dass Tela von diesem Verbot nichts gewusst hatte, obwohl ich mir sicher war, dass sie mit dabei gewesen war als ich erzählt hatte, dass ich gerne mal die Stadt des Lichts sehen würde und wie enttäuscht ich bin, dass es mir aber trotzdem nie erlaubt sein würde den Tempel der Sonne von innen zu sehen und warum das so war. Da diese Aussage also hinfällig war hätte er sich auf die zur Geltung gebrachte Einladung in Form des frei machen des Weges hinweisen können, aber es wäre dann sicherlich dazu gekommen darauf hinzuweisen das ich doch auch erkannt hätte, dass damit der Weg für den Körper des Greif freigemacht worden war und für das letzte kurze Stück des Weges die beiden Männer kräftig genug erschienen waren um ihn auch alleine zu tragen. Ich ließ dieses Gedankenspiel fallen, ein brauchbares Ende würde ich eh nicht erreichen. Statt dessen richtete ich alle Sinne auf den Durchgang zwischen den Säulen, durch welchen meine Freunde mit dem Greif verschwunden waren und achtete auf einen hellen Schrei oder Lichtzeichen, dass mir signalisierte, dass Praios mit Telas Verfehlung, Unverfrorenheit, Wagemut, Dreistigkeit, Frechheit, Hilfsbereitschaft, obwohl ich diesen Punkt gleich wieder gedanklich strich, Aufdringlichkeit, Neugier, was auch immer nicht einverstanden war und sie entsprechend bestraft hatte. Ganz plötzlich hatte ich das Gefühl das Satinav an seinem Schiff der Zeit ein Segel hatte einholen lassen um diese Momente zu verlängern, auch wenn mir nicht ganz klar war, was er damit bezwecken wollte. Jedes flackernde Licht drohte mich zu erschrecken, jede Lichtreflektion ließ meinen Blick in diese Richtung gleiten, sofern sie sich auf der Außenseite des Tempels der Sonne zeigte. Ich wollte mir eigentlich noch die anderen Gebäude der Stadt des Lichtes genauer anschauen, zumindest diese, welche ich von meiner momentanen Position aus sehen konnte, aber ich wagte es nicht meine Blick von dem Durchgang zu lösen, durch welchen Tela verschwunden war. Für einen kurzen Moment dachte ich auch an Ghor und Hakim, aber solange keiner von beiden auf die Idee kam, so viel Gold hier überall, da fällt doch keinem auf, wenn dieser kleine Kerzenständer, diese Opfermünze, diese kleine Statuette… .
Und ganz plötzlich war mir noch viel Elender zumute.
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Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier – der sechste und letzte Turniertag I
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