Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier - Der erste Turniertag

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Lynia
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BeitragThema: Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier - Der erste Turniertag   Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier - Der erste Turniertag EmptyMo Sep 15, 2014 5:36 pm

„Siehe die Gier! Sie fällt den Becher, wenn Steine schreien und Vögel weichen!“
Der Weihegottesdienst war fürwahr der Herrin Rondra und ihrer Elf Geschwister würdig gewesen. Kraftvoll, bestimmt und sicher hatte die Rondrageweihte durch diesen geführt und die Menge hatte in ehrfürchtigem Schweigen gelauscht. Fast war ich versucht gewesen, die Ruhe ein wenig mehr zu genießen als den Gottesdienst, so laut war es unmittelbar davor und nun auch direkt wieder danach gewesen. Aber gut, wo mehrere tausend Menschen, ich war mir sicher, dass wir diese Zahl erreichten, auf solch engem Raum beieinander waren musste solch eine Lautstärke entstehen, wenn man nicht über die Disziplin und Vernunft einer Gildenmagierin verfügte, welche gelernt hatte, dass die Stimme auch wenn sie leise klang, ihren Gegenüber, wenn er den nahe genug vor einem Stand, erreichte ohne das die Worte an Kraft verloren. Im Anschluss wurde das Turnier offiziell eröffnet, was ebenfalls für ruhe in der Raulsarena geführt hatte. Aber nun, als nach und nach die Streiter, welche an der ersten Disziplin, der Tjoste, teilnehmen würden in die Arena geritten kamen war die Menge nicht mehr zu beruhigen. Fast hatte ich den Eindruck, jemand hätte einen Braggu oder schlimmeres beschwört, so schienen sich manche aufzuführen.
Ghor war nicht unter den Teilnehmern. Er hatte sich, wohl nicht nur zu meiner, sondern auch zu Telas Überraschung nicht für alle Disziplinen eintragen lassen. Ich war mir zwar ursprünglich sicher gewesen, zumindest von dem was ich von Ghors Erzählungen herausgehört hatte, dass er an allen Disziplinen teilnehmen wollte, immerhin musste ja mal ein aufrechter Al´Anfaner den verweichlichten Mittelreichern zeigen wie man es richtig macht, aber scheinbar hatte er sich dabei wohl doch nicht auf alle Disziplinen bezogen sondern nur auf ein paar ausgewählte, wie er sich ausgedrückt hatte. Er wollte ja, wie seinen genauen Worte waren, nur ungern bei öffentlichen Spielen zeigen wie er kämpfe und was für Fähigkeiten er hatte, aber da hatten auch schon die Fanfaren zur Ruhe für den Einmarsch der Streiter gerufen. Ein Aufruf, der wenig Anklang und noch weniger Gehör gefunden hatte.
Da, in einer Reihe mit vielen Großen des Reiches und Rittern in polierter Rüstung ritt Hakim. Die morgendliche Sonne spiegelte sich auf Helmen, ziselierten Panzern und zum Gruß erhobenen Schwertern, aber ich erkannte meinen Freund trotzdem beinahe direkt. Vielleicht hatte auch geholfen, dass ich ihn ein, zweimal während des Trainings besucht hatte und daher wusste, welche Rüstung er tragen würde. Fast glaubte ich, dass die Menge tatsächlich auch ein paarmal Hakims Namen rief, aber sicher war ich mir nicht. Die Fanfarenspieler in den Farben des Kaiserhauses mit Fanfaren, an denen das Wappen des Kaiserhauses hing ertönten vielfach und beständig, als die Streiter nach und nach in die Arena einritten. Aber es vermischte sich nur mit dem jubeln und schreien der Menge zu einer einzigen lauten Ansammlung von Tönen und Geräuschen. Die Zuschauer schienen nun endgültig von Hesinde verlassen. Ich sah erst ein paar wenige und dann rasend schnell immer mehr von ihnen aufspringen und Tücher oder Hütte hin und her schwingen. Vermutlich hatten die meisten von ihnen vergessen, dass sie auf einer Holzkonstruktion saßen, beziehungsweise nun standen. Aber sowohl Phex als auch sein göttlicher Bruder Ingerimm hatten ein Einsehen mit den Narren und diese hielt der Belastung stand. Zumindest in der Kaiserlichen Loge war es andächtig ruhig und sittsam geblieben, wie mir ein schneller Blick zeigte. Bezüglich des weiteren Verfahrens in Hinsicht auf die toten Vögel war von Seiten des Kaiserhauses keine neue Weisung ergangen.
Ein weiterer Fanfarenhall brachte, wohl ob seiner Andersartigkeit in der Tonfolge, die Menge tatsächlich zum Verstummen und ich dankte den Zwölfen, dass ich wohl mein Gehör, entgegen meinen Befürchtungen, doch nicht verloren hatte.
Da sah ich ihn.
Ein Mann, gekleidet in goldenem Prunk stieg auf ein Podest. Seine Haut war tiefdunkel, seine Locken schwarz wie die Nacht. Sein Gewand schimmerte weiß-golden und auf seinem Haupt thronte eine Heroldshaube und exotische Fadenketten. Das musste er sein, der Greif. Der oberste Herold des Neuen Reiches. Und ich war mir sicher, er lächelte, bevor er mit tiefer, aber klarer Stimme, die ohne Müh die ganze Arena zu erreichen schien, zu sprechen anfing. „Seid willkommen, Ihr Streiter von Ross, Rüstung und Ruhm, die Ihr gekommen seid, um teilzuhaben am Großen Frühlingsturnier der Kaiserstadt Gareth im Jahre 1027 nach dem Fall der Hunderttürmigen. Verneigt Euch vor der Herrin der Turnei: Ihre Kaiserliche Hoheit, Emer ni Bennain von Gareth!“
Unter Hochrufen des Volkes, zu welchem ich mich nun auch zählte, auch wenn ich ja eigentlich Nostrierin war, aber als Magierin der Kaiserlichen Garethischen Informationsagentur ebenso auch eine Dienerin des Reiches, erhob sich Emer, eine majestätische Frau mit hoher Krone, weit fließenden Goldhaaren und dem purpurfarbenen Thronmantel. Sie blickte stolz auf die Reihe der Kämpfer. In ihrer Nähe erkannte ich Königin Rohaja sowie Reichsgeheimrat Euer Hochwohlgeboren Graf Nemrod, der aber eher gelangweilt seinen Gehstock zu polieren schien. Als mein Blick jedoch die Gestalt zur andern Seite der Kaiserlichen Hoheit Emer sah verspürte ich einen tiefen Schmerz in meiner Brust, den ich so schon lange nicht mehr gespürt hatte. Selindian Hal, der Sohn ihrer Kaiserlichen Hoheit, schien extra aus Punin angereist zu sein um ebenfalls am Turnier teilzunehmen. Unvermeidlich kamen Bilder und Erinnerungen in meine Gedanken hoch, teils angenehm, viele davon aber auch nicht. Erfreulicherweise bahnte sich die feste Stimme ihrer Kaiserlichen Hoheit Emer einen Weg durch diese Bilder und holte mich zurück in das hier und jetzt.
„Das Wesen eines Streitenden ist der Kampf. Ihr seid alle große Kämpfer, die um Ruhm, Würde und das Reich gekämpft haben. Bald werdet Ihr wieder kämpfen: in einer Baronie, auf einer Festung, einem Tempel oder einem rauen Gebirgspass. Doch heute denken wir nicht an Vergangenes oder Zukünftiges. Heut kämpft Ihr nur um eines, meine Ritter: um den Sieg! Heute ist ein guter Tag zum Kämpfen!“
Der frenetische Jubel der Ritter mischte sich mit dem der Zuschauer, nur das diese, aus wohlweislichen Gründen keine Schwerter in den Himmel streckten, obwohl ich mich dabei ertappt hatte, wie ich um ein Haar meinen Magierstab ebenfalls in die Höhe gerissen hätte. Aber ich konnte mich gerade noch zurückhalten. Unglaublich, welche Wirkung die Menge auf einen haben konnte.
Das „Das Turnier ist eröffnet!“ des Greifen trug trotzdem überraschend klar und verständlich durch die Arena.
Knappen und Bedienstete stellten die Wappenschilder auf das Schildregal und junge Herren und Edeldamen erwählten sich die Ritter ihrer Gunst mit einer Blume oder einem Tuch. Ich bemerkte, dass der ein oder andere Ritter klare Zeichen in Richtung Königin Rohaja wagte, aber diese ignorierte all diese Zeichen und vergab ihrerseits keines davon. Auch Hakim hatte sich in dieser Hinsicht zurückgehalten, wie ich bemerkte.
Da war plötzlich, erfreulicherweise hatte sich die Zuschauermenge wieder beruhigt und der Lautstärkepegel auf ein vernünftiges Maß gesenkt, dumpfer Hufschlag zu hören. Ein schwarzes Ross mit einem schwarzen Reiter ritt in die Arena, wo er es vor der kaiserlichen Tribüne zum stehen brachte und noch einmal aufsteigen ließ. Beider Schatten lasteten groß und mächtig auf dem Turnierboden. Pechfinster ist die Ritterrüstung des Reiters, der einen Helm trägt, der einer Wolfsschnauze ähnelt. Die Menge hielt schlagartig, so schien es, den Atem an. Ich sah dass sich ein Herold von der kaiserlichen Tribüne, bei welcher sich auch die Turnierleitung befand, löste und zögerlich auf den Neuankömmling zuschritt.
„Wie ist euer Name, Ritter?“ fragte er mit überraschend sicherer Stimme, die nicht wirklich zu seinen schlotternden Knien passte, während er eine Rolle in seinen Händen aufrollte.
„Nennt mich Alrik von Dunkelschlund, so Ihr Namen braucht.“ Dröhnte ein tiefer Bass hinter dem Visier hervor. „Ich brauch nur Gegner, die ich bezwingen kann.“
Der Herold blickte nervös zurück zur Tribüne auf der, nach kurzem Zögern, ein älterer, aber festlich gekleideter Mann langsam nickte. Auf dieses Zeichen hin trugen zwei Turniergehilfen einen schwarzen Wappenschild zum Schildregal.
„An welcher Disziplin nehmt ihr teil?“ erklang wieder die Stimme des Herolds vor dem Neuankömmling.
„Ich werde alle gewinnen!“ dröhnte es hinter dem Wolfskopfvisier hervor, was erwartungsgemäß ein Raunen durch die Mengen gleiten ließ, dem ich mich diesmal aber nicht anschloss.
„Ein wirklich theatralischer Auftritt.“ Vernahm ich Ghors klare Stimme an meiner Seite. „ABER…“ er betonte dieses Wort sehr deutlich. „durchaus gelungen. Die Damen, ihr entschuldigt mich für einen kurzen Moment.“
„Mich bitte ebenfalls.“ Schloss sich Tela Ghor an und bevor ich richtig reagieren konnte waren mein linker und rechter Schild plötzlich weg und ich mehr oder weniger von ein paar hundert Wahnsinnigen, zumindest hatte ich inzwischen den Eindruck, dass der Großteil der Zuschauer dieser geistigen Verfassung ziemlich nahe war, umzingelt.
Ihr Zwölfe, steht mir bei.

Ich kam nicht umhin Ghor einen Vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen, als dieser mit einem deutlich übertriebenen „Huiuiui“ den Sturz eines gewissen Alrik von Blautann kommentierte, den Hakim gerade eben aus dem Sattel gehoben hatte. Sicher, es hatte spektakulär ausgesehen und mein Freund verstand es, durch sein strahlendes Auftreten und gefährlich aussehende Manöver sowie theatralische Einlagen das Publikum in seinen Bann zu ziehen. Auch die Tatsache, dass Königin Rohaja ihm ihre Aufwartung gemacht und seine Lanze mit ihrem Zeichen versehen hatte, hatte ihn in der Gunst der Menge steigen lassen. Aber allzu viel hatte ich die letzte Zeit nicht mitbekommen. Die Menge war wie das Meer, zumindest den Teil des Meeres, den ich bisher kennen gelernt hatte. Sie wogte ständig hin und her, nahm an Lautstärke zu und ab, johlte, kreischte, lachte und schrie, je nachdem was sich auf dem Tjostengelände für Szenen abspielten. Am Merkwürdigsten fand ich, wie gut sich die Menschen um mich herum mit dem Tjostenreiten auszukennen schienen. Nach jedem Tjostengang setzten um mich herum überall Diskussionen darüber ein, was welcher der beiden Reiter hätte besser machen können. Das reichte vom Pferd, wo der eine ein stärkeres, der andere ein schnelleres genommen hätte, über die Lanze, die für den einen klar zu kurz für den anderen eindeutig zu unausgewogen gewesen war bis hin zur Körperhaltung der Ritter. Ich hatte gar nicht gewusst, dass Tjostenreiten so ein großangelegter Massensport war. Ich war bisher immer der Meinung gewesen, dass alleine der Unterhalt für ein angemessenes Pferd schon für den Großteil der Bevölkerung unerschwinglich war, von der Anschaffung einer passenden Rüstung oder gar den ganzen Lanzen ganz zu schweigen. Hakim konnte auch nur an der Tjoste teilnehmen, weil ihm das alles vom Kaiserhaus gestellt wurde, wie ich gehört hatte. Aber offensichtlich hielt sich die Großzügigkeit des Kaiserhauses dann wohl doch in Grenzen und in Punin und anderswo waren die Preise für Pferde und Rüstungen einfach nur viel höher als hier in Gareth, sonst würden ja all die Leute um mich herum nicht ebenfalls ständig an Tjosten teilnehmen können. Aber, wie ich schon aus meiner Zeit in Punin wusste, man lernte nie aus.
Ghor hingegen hatte sich schon wieder davon gemacht, wie ich erkennen musste, als mein Blick den seinigen suchte. Zumindest war dieses mal Tela bei mir geblieben, so war zumindest eine Seite geschützt. Ich bewunderte sie sowieso. Ich hatte immer geglaubt Hexen würden Menschenmengen eher meiden, schon allein auf Grund der Tatsache, dass sie eben Hexen waren. Aber Tela schien sich an ihrer Umgebung und der johlenden Menschenmenge um sie herum nicht zu stören. Vielleicht sollte ich sie zu dieser Gegebenheit einmal befragen. Vielleicht lag es auch daran, dass niemand wusste, dass sie eine Hexe war? Ich machte mir gedanklich einen Vermerk, einen von vielen in letzter Zeit, wie ich mir eingestehen musste, aber so war das nun mal, wenn man so viele Möglichkeiten zur Bildung hatte wie hier in Gareth. Ein weiteres johlen der Menge ließ meine Gedanken wieder zurück gleiten. Nein, hier und unter diesen Umständen war an vernünftige, sinnvolle Geistesarbeit nicht zu denken, aber diese Disziplin des Turniers näherte sich dem Ende zu und daher wurden die Abstände zwischen Hakims Auftritten kürzer, folglich würde sich meine Leidenszeit dieses mal in Grenzen halten, was auch ganz gut so war, denn desto näher wir dem Finalen Kampf kamen desto aufgeregter schien die Menge um mich herum zu werden. Völlig unverständlich. Wenn man nach Tagen hingebungsvoller Arbeit auf das Ergebnis seiner Alchemistischen Bemühungen gespannt war, oder wenn man Monate lang auf eine bestimmte Sternenkonstellation gewartet hatte um ein ganz bestimmtes Ritual durchzuführen, ja, da durfte man dann aufgeregt sein, aber hier, man konnte meinen die Leute um einen herum saßen auf den Pferden und stießen sich Gegenseitig mit Lanzen aus dem Sattel.

Plötzlich stand ich. Es ging nicht anders.
Hakim lag auf dem Boden. Unmittelbar nachdem ihn die Lanze des Schwarzen Ritters aus dem Sattel gestoßen hatte. Ich glaubte sogar ein lautes keuchen war über meine Lippen gekommen, aber sicher war ich mir nicht. Zumindest hatte ich gerade noch einen lauten Ausruf verhindern können. Ich Närrin, wie hatte ich tatsächlich glauben können, dass Hakim gegen so ein Ungetüm wie den Schwarzen Ritter eine Chance hätte. Das wäre wie wenn ich einem Paktierer die Kontrolle über einen Arjunoor entrissen hätte. Der Theorie nach möglich.
Doch in diesem Augenblick bewegte sich mein Freund und es war kein hilfloses zucken und rollen sondern ein fließendes, soweit solch eine Rüstung solche Bewegungen zuließ, aufstehen. Das Publikum, welches, wie ich jetzt erst feststellte, so wie ich die Luft angehalten zu haben schien, brach in lautes jubeln und schreien aus, als Hakim seinen Helm abnahm und breit in die Runde grinste, bevor er sich in alle Vier Himmelsrichtungen einmal tief und in Richtung Kaisertribüne ganz besonders tief verbeugte. Plötzlich verstummte aller Jubel und wurde schlagartig durch Pfiffe und Beschimpfungen ersetzt. Der Schwarze Ritter hatte sich ebenfalls der Kaisertribüne genähert, wo er, den Regularien entsprechend, zum Sieger der Disziplin Tjoste ausgerufen wurde. Aber dies ging beinahe völlig im Lärm der Menge unter. Das wiederrum verstand ich jetzt nicht. Alrik von Dunkelschlund hatte im ehrlichen Zweikampf gegen Hakim gewonnen. Sicher, ich hätte es meinem Freund auch mehr gegönnt, aber Alrik war nun mal der bessere gewesen, es erschien mir daher ein wenig unverständlich, dass die Anwesenden Rondrageweihten, die auch als Schiedsrichter fungierten, nicht stärker versuchten die Menge zur Ruhe zu bringen. Sicher, es gab immer ein paar schlechte Verlierer, aber gleich hunderte davon. Ein klein wenig war ich über die Garether entsetzt.

Das größte Zelt im Zeltlager hatte den Platz in der Mitte, zumindest fast. Der Platz in der Mitte des Zeltplatzes gebührte einem großen Lagerfeuer an dessen Rand das Zelt mit der Öffnung zum Feuer hin aufgebaut war. Bei dem Zelt handelte es sich um das Festzelt, es stand jedem Bewohner des Zeltlagers, ob Ritter oder Knappe, ob Graf oder Jäger offen. Es diente dem Ausschank wie der Bewirtung mit Speisen oder, so das Wetter es nötig machen sollte, als trockener Platz für ein Zusammensein. An diesem Abend meinte es Efferd gut mit uns und wir konnten uns am Lagerfeuer versammeln, wo Hakim gefeiert wurde, wie wenn er die Tjoste gewonnen hätte und nicht Alrik von Dunkelschlund. Dieser hatte sich wortlos in sein Zelt, dieses war, wenig verwunderlich, ebenfalls schwarz, zurückgezogen und hatte alle Einladungen zu einer geselligen Runde kommentarlos ignoriert. Aber das trübte die Stimmung am Lagerfeuer nur gering und auch ich hatte meinen Schmerz, die gewünschte Einsicht in ein spezielles Buch auf einen anderen Tag verschieben zu müssen schon überwunden. Selbst Hakim war überraschend guter Laune und das obwohl wir festgestellt hatten, dass jemand seinen elfischen Bogen gestohlen hatte, während er in den Tjosten gekämpft hatte. Aber er war wohl nicht der einzige, dem eine Waffe oder anderes fehlte, daher musste man sich darüber keine großen Gedanken machen. Bei einem Diebstahl von dieser Größe und dieser Rangordnung, immerhin waren auch viele Adlige des Reiches und Gäste aus anderen Reichen anwesend, ich hatte Gerüchte gehört, dass einer der Zwerge, die hier im Zeltlager waren, sogar Hochkönig Albrax, Sohn des Agam sein sollte, aber das hielt ich dann doch eher für ein Gerücht, daher befasste sich die Stadtgarde vordringlich mit diesem Fall, immerhin hatte die Stadt Gareth einen Ruf zu verlieren, vom Kaiserhaus als Gastgeber ganz zu schweigen.
Die versammelten Kämpfer versorgten ihre Prellungen, tranken Met, Bier und Wein aus Krügen, Bechern und Hörnern, ließen Bratschweine schmoren und parlierten über Pferde, Waffen und Burgen. Es war unglaublich worüber manche Menschen sich so angeregt unterhalten konnten, aber gut, jedem das seine.
Aber am meisten faszinierte mich die Anwesenheit des Greifen, der zwar mitten im Rund des Lagerfeuers, aber doch irgendwie abseits zu sitzen schien und überraschend traurige Weisen auf einer Flöte spielte. Anbetracht meines geringen Wertes als Gesprächspartner für Themen wie Pferde, Waffen und Burgen setzte ich mich irgendwann einfach direkt zu dem Praiosdiener, vielleicht mochte sich ein Gespräch über Praios oder die Zwölfe allgemein ergeben, darin konnte ich zumindest ein wenig zum Gespräch beitragen. Aber auch andere hatten diesen merkwürdigen Gast erspäht und hatten weniger Zurückhaltung und Ehrerbietung seiner Stellung gegenüber und so wurde er das ein oder andere mal mehr oder weniger direkt in seinem Flötenspiel unterbrochen und mit Fragen überhäuft. Der Greif reagierte jedoch ein jedes mal überraschend leise und ruhig, nie böse und fast immer mit einer Antwort, wobei er seine Unwissenheit in manchen belangen unumwunden eingestand. Vieles von dem was er erzählte klang fast schon zu unglaublich um wahr zu sein, aber ein Diener des Götterfürsten, der offen zugab, wenn er etwas nicht wusste würde in anderen Bereichen nicht anfangen zu lügen nur um etwas zu erzählen zu haben. So blieb mir nichts anders übrig als die Berichte über Länder wie Kerrisch-Yih, Shulm, Marhynia oder Peranthis zu glauben, zumal sich seine Berichte über Al´Anfa, Khunchom oder die Länder der Thorwaler ebenfalls mit dem deckten was ich gelesen und auch selber gesehen hatte. Außerdem wusste ich selber ja ebenfalls ganz gut dass es für viele Menschen viele Dinge gab, von denen sie aus vielen Gründen nichts wussten. Das einzig schlimme war, ich hatte meine Umhängetasche mit Pergament und Stift Zuhause liegen lassen, aus Angst, in den dichtgedrängten Straßen der Stadt das Opfer von Taschendieben zu werden.
„Es ist schon spät, Gäste des Kaiserhauses.“ Ließ der Greif erklingen. Tatsächlich, ein schneller Blick in den Sternenhimmel auf den Stand des Storches zeigte mir, dass wir nur noch wenige Stunden vom Sonnenaufgang entfernt waren. Schade, der Abend war wirklich rasch vorbei gegangen. Ich wollte mich gerade erheben, ich sah jetzt erst, dass außer mir und meinen Freunden nur noch eine Handvoll anderer Gäste anwesend waren, als der Greif mir mit einer Handbewegung zu verstehen gab, dass ich mich wieder setzen sollte.
„Eine letzte Geschichte habe ich noch. Ich habe diese Geschichte weit gen Richtung Praios vernommen und möchte sie mit euch teilen, bevor auch ich mich zur Ruhe begeben werde.“
Der Greif, merkwürdigerweise hatte ihn niemand an diesem Abend nach seinem Namen gefragt und auch mir kam die Idee zu dieser Frage nur für einen Augenblick, bevor sie sich wieder verflüchtigte, wartete, bis auch die letzten Gäste entweder den Schein des Lagerfeuers verlassen oder sich in unmittelbare Nähe zu ihm gesetzt hatten, bevor er mit seiner angenehmen Stimme anfing zu erzählen.

„Es war einmal vor vielen Jahren der Goldschopf Ranabo, der voller Mut und Zuversicht war und auf Windstreif und Sonnenstrahlen reiten konnte. Eines Tages sprach die fröhliche Morgensonne zu ihm: `Schau Ranabo, dort unten liegt das Land Ombango. Seine Menschen sind soeben erwacht. Sie wissen nicht viel von der Welt und ihren Dingen. Willst du nicht gehen und sie belehren, bevor es böse Wesen tun?´ Ranabo nahm die leichte Aufgabe an und sprang freudig von Stern auf Berg, auf Palme und auf die Hütten der Menschen. Er lehrte sie, die Sonne, das Licht und die Zeit zu achten und alles lief wohl unter seiner Hand. Doch eines Tages erblickte er Lutu, die schönste der Menschen des sonnigen Ombangos, und sie erkannten einander. Über seine Liebe zu Lutu vergaß Ranabo jedoch all seine Aufgaben. Die Menschen begannen, unordentliche Dinge zu tun, Zauberei zu wirken und Ranabo als ihren Gott anzubeten und seine Kinder mit Lutu als Könige. Dies konnte sich die Schwarze Tochter, Herrin des kalten Meeres, zunutze machen und die Menschen verführen. Sie lockte die Sorglosen in ihr kaltes Reich, bis kein Mensch mehr in Ombango lebte. Da verbrannte die zornige Mittagssonne Ranabo fast und Lutu ganz und zeigte ihm, was er getan hatte. Sie verwandelte Ranabo in einen einfachen Menschen. Er solle erst wieder ein Goldschopf sein, wenn er alles wieder gut gemacht hätte. Ranabo stieg hinab ins Reich der Schwarzen Tochter, tötete Dämonen und wies den Menschen mit einer Trommel den Weg aus der Tiefe. Doch sie fanden nicht mehr nach Ombango zurück und siedelten stattdessen auf den bewachsenen Schädeldecken von toten Riesen, die aus dem Meer ragten. Fortan hatten sie große Scheu vor der See, obwohl sie sich zurück in ihre alte Heimat sehnten. Ranabo aber wurde nicht wieder zurückverwandelt, denn die Sonnte glaubte, er habe noch nicht genug gebüßt. So zieht Ranabo auch heut noch umher, bis ihm irgendwann die milde Abendsonne wieder verzeiht.“
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BeitragThema: Re: Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier - Der erste Turniertag   Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier - Der erste Turniertag EmptyMo Sep 15, 2014 7:33 pm

"Ich Närrin, wie hatte ich tatsächlich glauben können, dass Hakim gegen so ein Ungetüm wie den Schwarzen Ritter eine Chance hätte. Das wäre wie wenn ich einem Paktierer die Kontrolle über einen Arjunoor entrissen hätte. Der Theorie nach möglich." Das ist Lynia, wie ich sie mir vorstelle. Von geradezu leidenschaftlicher Sachlichkeit.
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