Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier – der fünfte Turniertag

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Lynia
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BeitragThema: Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier – der fünfte Turniertag   Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier – der fünfte Turniertag EmptyDo Okt 16, 2014 9:23 pm

„Siehe den Zorn! Er leert den Becher, wenn Löwe und Einhorn nicht vereint!“
Sie waren weg.
Alle.
Auch Grauschnauz.
Ich schwankte zwischen Erleichterung und Enttäuschung.
Einerseits war ich Erleichtert, insbesondere in Bezug auf Ghor und Grauschnauz, dass ich mich nicht unmittelbar mit den beiden und dem was gestern Nacht vorgefallen war auseinandersetzen musste. Ich hatte länger als sonst heute Morgen wach im Bett gelegen, nicht weil ich mich nicht aus dem Bett getraut hatte, sondern weil ich intensiv darüber nachgedacht hatte, wie ich auf welche Sprüche reagieren sollte. Schließlich hatte ich erkannt, dass zögern das unvermeidliche nur hinauszog und so dachte ich mir das ein Ende mit Schrecken allemal besser war als Schrecken ohne Ende.
Nun, als ich von einer der Bediensteten hören musste, dass meine Freunde schon aus dem Haus waren war ich trotzdem auch ein wenig Enttäuscht. Irgendwie hatte ich mich auch auf ein gemeinsames Frühstück gefreut, auf ein wenig Zeit zusammen mit den anderen. Aber die waren wohl schon ziemlich früh aus dem Haus, lange bevor ich mich das erste mal hatte sehen lassen. Hinweise über ein mögliches Ziel hatte aber nur Hakim gegeben, der sich schon mal auf die Arena einstimmen wollte. Vermutlich hatte er mit Arena die Rennstrecke gemeint auf welcher heute die Disziplin Wagenrennen auf dem Programm stand. Genau hatte ich es nicht im Kopf aber soweit ich mich zu erinnern vermochte gab es wohl mehrere Vorläufe und einen Finalen Hauptlauf mit einem gestaffelten Punktesystem, welches bei einem Frühzeitigen Ausscheiden von Hakim und dem Schwarzen Ritter durchaus einen dritten oder gar auch vierten Kandidaten auf den Gesamtsieg in Aussicht stellte. Heute Abend würde man mehr wissen. Im Moment wusste ich das ich hungrig war und da heute, soweit ich mich erinnern konnte, keine Termine anstanden, natürlich wollte ich später irgendwann mal ebenfalls bei der Rennbahn vorbeischauen und Hakim anfeuern, wollte ich es bis dahin heute mal ruhig angehen lassen. Ich hatte einen beschaulichen Besuch im Borontempel vor Augen, Ruhe, Stille, Frieden. Und vielleicht, auch wenn mir diese Gedanken selber ein wenig peinlich waren, war Selindian Hal ebenfalls zu einem stillen Gebet vor Ort.

Ruhe, Stille und Frieden. Es war mir unbegreiflich, dass die Borontempel so wenig Zulauf fanden. Boron war doch weit mehr als nur der Gott des Todes. Ich für meinen Teil genoss meine Zeit in den Tempeln des Stillen Gottes immer, so auch jetzt. Selindian Hal war zwar leider nicht hier, aber man konnte nun mal nicht immer alles haben. Ich verdrängte meine Gedanken an den Prinzen und verscheuchte auch die Bilder der Menschenmassen auf den Straßen Gareths aus meinem Gedächtnis, denen ich zum Glück ja heil entkommen war und versuchte mich wieder in stiller Einkehr.
Es blieb bei dem Versuch.
Es dauerte auch eine ganze Weile, bis ich mir darüber im Klaren war, dass sich die erhoffte Innere Ruhe nicht einstellen wollte und noch viel länger bis ich mir sicher war, dass es nicht an mir lag. Aber bis zu dieser Erkenntnis hatte es eben geraume Zeit gebraucht. Es war keine Schuld, die ich fühlte. Es war keine Angst die ich hatte. Es war kein schlechtes Gewissen, welches mich plagte. Eigentlich alles im Gegenteil. Es war immer noch ruhig, still und friedlich in den Räumen des Borontempel und noch immer gelang es mir, diese Umstände voll und ganz zu genießen. Einzig, es fehlte einfach etwas. Ich konnte es nicht wirklich fassen, es nicht greifen, aber es war irgendwie da und doch nicht da.
Irgendetwas war heute oder hier anders als bei meinen bisherigen Besuchen in einem Borontempel, auch in diesem, welchen ich in den letzten Wochen und Monaten äußert regelmäßig besucht hatte. Aber nie war es wie heute gewesen. Heute fühlte es sich eben einfach anders an.
Desto länger ich darüber nachdachte, desto unruhiger wurde ich, desto mehr suchte ich nach der Ursache für dieses Gefühl, oder besser gesagt, nach dem was zu fehlen schien, denn genau das war es ja eigentlich auch, das Fehlen von etwas.
Die ruhige Ausstrahlung der Geweihten.
Nun, da mir plötzlich klar geworden war was mir irgendwie die ganze Zeit gefehlt hatte erschien es mir, wie wenn es schon immer da gewesen wäre und ich es eigentlich von Anfang an hätte erkennen müssen. Es war jetzt ja nicht so, dass die Geweihten Borons laut schreiend durch die Räume rannten, sie schritten immer noch stumm und ruhig durch die Hallen, sie tanzten auch nicht wild oder gebärdeten sich sonst wie unangebracht. Eigentlich sah es auf den ersten Blick und für einen Unbedarften aus wie immer. Aber ich war eben nicht unbedarft. Ich hatte auch nicht über Nacht ein nie gekanntes Maß an Menschenkenntnis erlangt. Ich war einfach schon so oft hier gewesen und hatte mich an die Umgebung und die Ausstrahlung dieses Ortes so sehr gewöhnt, dass ich es schlicht gespürt hatte, dass etwas nicht stimmt. Es waren nur Kleinigkeiten. Eine zitternde Hand, die eine Kerze entzündete, zwei Borongeweihte, die sich mit stummen Gesten miteinander verständigten, aber mehr als ich es je bisher gesehen hatte, ein Novize, der sich leicht mit dem Ärmel über die Stirn fuhr. Einzel gab es diese Bilder immer wieder, auch Borongeweihte waren letztlich nur Menschen, aber so viele dieser für Borongeweihte eher ungewöhnlichen Begebenheiten in so kurzer Zeit innerhalb eines Tempels. Für einen kurzen Moment spielte ich mit dem Gedanken, einen der Geweihten auf meine Beobachtungen anzusprechen, sah dann aber davon wieder ab. Was immer die Geweihten beschäftigte, ich wollte nicht auch noch zu verstehen geben, dass dies schon nach außen hin sichtbar war. Andererseits, unruhige Borongeweihte? Was konnte Borongeweihte beunruhigen? Vielleicht hatte ihnen Bishdariel ja im Namen ihres Herren Bilder gesandt. Diese Erklärung wäre noch mit die verständlichste und sinnigste gewesen, Borongeweihte beschäftigten sich ja allgemein viel mit Traumbildern und ihrer Bedeutung. Zwar hatten die sogenannten Deuter Bishdariels, ich musste dabei unwillkürlich an euer Gnaden Viridian denken, die Traumdeutung zu ihrer Hauptaufgabe gemacht, aber Traumdeutung an sich war, meines Wissens nach, auch sonst in der Kirche des Boron weit verbreitet. Was wiederum die Frage aufwarf, welche Traumbilder die Borongeweihten so aufgewühlt hatten?
Ich wurde mir wieder meines Aufenthaltsortes und meiner Gedanken bewusst und entschuldigte mich sofort mit einem stillen Gebet bei Boron. Seine Hallen waren sicherlich nicht der geeignete Platz für irgendwelche Vermutungen und Spekulationen über das Verhalten anderer Menschen, auch wenn diese seine Diener in seinem Haus waren.
Erfreulicherweise schien mein Gebet erhört und meine Entschuldigung angenommen worden zu sein, denn es gelang mir die Bilder und Gedanken bezüglich des Verhaltens der Borongeweihten aus meinem Geist zu bannen und wieder zurück zu innerer Einkehr zu finden, auch wenn sich die erhoffte innere Ruhe auch weiterhin nicht in erwartetem Maße einstellen wollte. Aber ein kurzer Gedanke an das, was mich vor dem Tempel wieder erwarten würde zeigte mir auch, wie angenehm und erträglich es trotz allem hier war und so erlaubte ich mir ein leichtes lächeln, bevor ich mich wieder im Gebet an Boron und sein Elf Geschwister wandte. Für mich war es Selbstverständlich, dass ich im Haus des Stillen Gottes auch seiner Geschwister gedachte, immerhin stellten die Zwölfe in ihrer Gesamtheit Einigkeit dar und auch wenn dieses Haus Boron geweiht war so war er doch auch Teil der Zwölfeinigen Gesamtheit und daher war auch ein Teil seiner Elf Geschwister mit in diesen Räumen und ich war mir ziemlich sicher, dass ich es heute in keinen anderen Tempel mehr schaffen würde, also nutzte ich eben diese Gelegenheit.

Bei Hesinde und Rondra. Ich hatte schon mehrgehörnte Dämonen beschworen, wenn auch unter klar kontrollierten Bedingungen im Rahmen meiner Ausbildung, aber die Anspannung welche ich vor diesen Unterrichtsstunden verspürt hatte waren nichts im Gegensatz zu dem was ich spürte, als ich vor dem neuen Hippodrom, dem Ort an dem die Wagenrennen stattfanden, stand. Irgendwo hatte ich erfahren dass gut über Fünfundzwanzigtausend Menschen in seinen Rängen Platz finden sollten und dem Lärm aus dem Hippodrom nach zu urteilen waren sie auch alle gekommen. Auf dem Weg hierher hatte ich ja noch, auf Grund der Menge an Menschen und vereinzelt auch Zwerge die ich passiert hatte die Hoffnung gehabt, dass die meisten von ihnen wohl erst zum Abschlussrennen kommen wollten, wohingegen ich ja schon zu einem der Vorläufe ankommen wollte um eben genau diesem Ansturm zuvor zu kommen. Offenbar gab es keinen Ansturm mehr, weil schon alle, welche die Rennen anschauen wollten schon vor Ort waren. Aber vielleicht hatte ich Glück und es wären keine Plätz mehr frei, dann könnte ich ja auch wieder gehen, aber andererseits war ich inzwischen ja leider schon als Begleitperson von Hakim bekannt und daher waren für Tela, Ghor und mich Plätze reserviert worden. Zumindest hatte es Hakim so erzählt. Aber vielleicht würde ich ja genau an einen hier eingeteilten Arbeiter treten der von dieser Reservierung nichts wusste und drei leere Plätze zwischen tausenden Menschen zu sehen oder zu finden wenn man nicht wusste wo man suchen musste erschien mir dann erfreulich aussichtslos. Aber vielleicht würde sich auch Sumus Leib öffnen und mich verschlingen.
„Lynia. Bei Praios.“ Murmelte ich leise vor mich hin. Ich war keine gesuchte Schwarzmagierin, da drin war keine Armee von Orks oder Andergastern und, soweit ich gehört hatte, waren schon mehrere Wagenrennen in diesem, zugegebenermaßen durchaus beeindruckendem Bau durchgeführt worden, die alle äußerst gut besucht gewesen waren und bisher waren wohl alle Besucher auch wieder Gesund und Wohlbehalten raus gekommen. Es gab also keinen Grund anzunehmen, dass ich die erste Ausnahme sein würde. Aber trotzdem, alleine die Tatsache, dass ich mich zusammen mit tausenden Wahnsinnigen, unwillkürlich musste ich an meine bisherigen Erlebnisse mit den Besuchern des Turniers denken, auf so engem Raum, auch das war Relativ, dessen war ich mir durchaus bewusst, zusammenfinden sollte ließ es kalt meinen Rücken hinablaufen. Da half es auch nicht, dass heute wieder Praios wohlwollend auf Gareth blickte und seine Strahlen eine angenehme Wärme verbreiteten. Ich atmete nochmal tief durch und machte selbstbewusst einen Schritt nach vorne. Lautes Schreien und sonstige Geräusche, die alle zusammen eine Kakophonie aus Lärm bildeten brandeten über die Mauern des Hippodroms hinweg und ließen mich erschrocken zwei Schritte zurücktreten. Hm, so würde ich nie ans Ziel kommen. Einen Schritt vor, zwei zurück. Ich festigte meinen Griff um meinen Zauberstab, atmete nochmal tief durch und machte diesmal sicherheitshalber gleich zwei Schritte nach vorne. Nun war ich nur noch ungefähr hundert Schritt vom Hippodrom entfernt, ich konnte also mir und meinem Gewissen gegenüber zumindest einreden, dass es voran ging.

„Und das liegt nicht daran, dass Pferdefleisch teurer ist. Eine Pferdesalami ist geschmacklich eine Offenbarung, die jeden Heller wert ist, denn sie kostet.“
Ich konnte gerade noch einer Gestalt ausweichen, die einen großen Heuballen vor sich hertrug und bei der ich mir unweigerlich die Frage stellte, wie diese überhaupt wusste wohin sie laufen musste.
„Bei Ingerimm. Ein Blinder kann doch sehen, dass diese Rad nicht mehr zu reparieren ist. Los, holt ein neues aus dem Lager.“
Trotz meiner Bemühungen, nur so flach wie möglich zu atmen, drang der Gestank unweigerlich und immer intensiver in meine Nase.
„Na ja, ganz so sehr hat er nun nicht nach den Wachen und der Garde geschrien.“ Das war meines Empfindens nach Telas Stimme gewesen, aber sicher war ich mir nicht.
„Wein, bei Rahja! Was glaubt ihr Bauerntrottel den was ich nach so einem Rennen sonst trinken will. Kuhpisse?“
Ich hörte von irgendwo her ein plätscherndes Geräusch, versuchte aber, nicht allzu sehr darüber nachzudenken. Die Möglichkeiten welche dieses Geräusch verursacht haben könnten waren zu mannigfaltig und die wenigsten behagten mir.
„Was heißt hier wir haben keine Ersatzpferde mehr? Haben sich die faulen Mähren vom ersten Rennen noch nicht erholt?“
Ich sah im Hintergrund einen Knecht zwei Pferde durch die Ställe führen, beide waren mit prächtigen Pferdedecken, welche beide das gleiche, mir aber trotzdem Unbekannte Wappen stolz auf ihre Seite aufgestickt zur Schau stellten.
„Sanfter. Bitte sanfter reiben. Sie haben wirklich ihr Bestes gegeben und ich brauche ihre Kraft und Schnelligkeit noch für ein Rennen, da haben sie ebenfalls die Beste Behandlung verdient.“ Hakim? Ich glaube schon.
„Das ist mir egal ob eine Eisenschiene stabiler ist! Wisst ihr was das Teil wiegt? Bei so einem Rennen kommt es auf jedes Stein Gewicht an! Da kann ich mir ja auch gleich einen Mühlstein anhängen!“
Den Schwarzen Rittern hingegen sah ich ebenso wenig wie seine Diener oder seine Pferde.
„Was, der von Mühlingen kommt durch! Verflucht! Ich meine, Boron sei Dank, dass ihm ein Besuch von Golgari noch verwehrt ist.“
Zwei Perainegeweihte blieben kurz stehen, gingen dann aber kopfschüttelnd weiter.
„Wo bleiben den die Hufeisen? Glaubt bloß nicht dass ich die selber hole, oder denkt ihr vielleicht ich mache alles allein. Was glaubt ihr den, warum ihr mit dabei seid? Um den Männern hinterher zu klotzen?“
Eine große, ziemlich breitschultrige Frau humpelte vorbei. Meine Gedanken an eine Thorwalerin verwarf ich jedoch auf Grund ihrer Eindeutig Mittelreichischen Garderobe sofort wieder, wobei ein gewisser Zweifel blieb.
„Wie, für das Königshaus? Und plötzlich hörte das fette Schwein auf zu quicken. Ich hoffte in diesem Moment innig, dass er das gleiche mit dem atmen nicht auch tat, dass hätte wirklich eine Erklärung nötig gemacht.“ Ghors Stimme war nicht ganz so eindeutig zu erkennen, sein folgendes Lachen dagegen schon.
„Glaub mir, nichts geht über eine frische Eselsalami. Und am besten ist sie, wenn man glaubt den Esel noch schreien zu hören, wenn man sich eine Scheibe abschneidet.“
Ich nickte meinen Freunden kurz zu und begab mich an den Rand der Stallanlage. Dort verschmolzen die Geräusche und Stimmen zusammen mit der Kulisse des bis auf den letzten Platz gefüllten Hippodroms zu einem völlig unverständlichen Wirrwarr, aber zumindest die Luft war ein wenig besser, was ich zum Anlass nahm erst einmal ein paarmal tief durchzuatmen.
„Alles in Ordnung?“ Tela. Die Gute war wie immer besorgt um mich.
„Alles in Ordnung.“ Ich nickte Tela aufmunternd zu und konnte mir trotz der mehr als widrigen Umstände ein Lächeln nicht verkneifen. Ob Zufall oder Fügung, ich war in das Hippodrom gekommen, als gerade zwischen zwei Läufen eine Pause war um die Rennstrecke wieder frei zu räumen und den nun antretenden Rennteilnehmern die Möglichkeit zu geben, sich am Start ordentlich aufzustellen. Da ich aber nach Hakim gefragt hatte, war ich direkt in die Stallungen geschickt worden, da Hakim schon während des zweiten Vorlaufes gefahren war und der dritte Vorlauf unmittelbar bevorstand. Dort hatte ich neben Hakim auch Tela und Ghor vorgefunden, ebenso wie diese beinahe unerträgliche Kulisse aus Lärm, Gestank, Tieren und Menschen auf, für meine Begriffe, engstem Raum. Und zusammen mit diesen Neuigkeiten welche sich äußert gut angehört hatten, auch wenn ich sie, auch auf Grund der Umgebung, nur zu teilen verstanden hatte und mir einen Teil einfach daraus geschlussfolgert hatte.
Tela und Ghor hatten wohl die Räuber der Waffen des Turniers und der Lanze Finsterfang gefunden, gestellt und der Garde übergeben und die Waffen weitestgehend ebenso, außer natürlich den Waffen, die meinen Freunden gestohlen worden waren und Finsterfang, welche sie direkt an Laurom, Sohn des Arom übergeben hatten, welcher mit dieser nun endlich offiziell auf dem Turniergelände eingezogen war, wo er sie inzwischen wohl schon Hochkönig Albrax übergeben hatte.
Hakim hingegen hatte seinen Vorlauf, wohl ebenso wie der Schwarze Ritter, der wohl durch das Los einem anderen Vorlauf wie Hakim zugeteilt worden war gewonnen. Es gab Stimmen, die erzählten, dass es ja keine Kunst gewesen sei, immerhin waren so Merkwürdigkeiten wie von Sträußen gezogene Streitwagen ebenso dabei gewesen wie Kamele als Zugtiere. Und außerdem gab es in jeder Zuteilung mindestens ein Paar, welches sich so abgrundtief verachtete, dass die beiden Fahrer ihr Hauptaugenmerk auf das abdrängen des jeweilig anderen und weniger auf das gewinnen legten, so dass man ja eigentlich nur noch gegen drei Fahrer fahren musste und da zudem auch der Zweiplatzierte in die Endrunde kam war es bei den wirklich erfahrenen Fahrern eh so, dass diese im ersten Rennen gar nicht bis zum bitteren Ende auf Sieg fuhren um sich und ihre Kräfte für das entscheidende Finalrennen zu schonen. Es war immer wieder faszinierend wieviel Aufmerksamkeit und Beliebtheit selbst solche Banalitäten wie ein Wagenrennen erzeugen konnten und mit welcher Hingabe die Menschen hier sich all dieses Wissen darüber aneigneten. Meines Erachtens nach wäre diese Hingabe ja im Lernen von lesen und schreiben besser eingebracht, immerhin eröffnete dies einem die Großartige Welt der Bücher und Schriften, aber ich verwarf diese Gedanken ebenso schnell wieder wie sie gekommen waren, was unter anderem auch am plötzlich einsetzenden Jubel der ungezählten Tausend Zuschauer lag, welcher unmittelbar nach der Verkündung, dass die Finalisten ihre Wagen zum Start auffahren sollten einsetzte, welcher jeden klaren Gedanken eigentlich unmöglich machte. Freundlicherweise nahm Tela mich sanft bei der Hand und führte mich mit sich, denn ich wusste ja immer noch nicht wo unsere Plätze nun waren und hier, unmittelbar vor den Ställen durften wir wohl nicht stehenbleiben, wobei man von hier aus, verständlicherweise, einen wirklich guten Blick direkt auf einen Teil der Rennbahn hatte.

Es war sicherlich ein guter Platz, ganz in der Nähe eines Scheitelpunktes einer der beiden Wenden, welche uns damit einen guten Blick auf beide langen Geraden erlaubte. Aber auch so war das ganze treiben eine interessante Erfahrung. Anfänglicher, frenetischer Jubel verstummte schlagartig, als signalisiert worden war, dass die Fahrer startbereit waren, setzte ebenso schlagartig wieder ein als die Fahrer auf ein Flaggensignal hin losfuhren und legte nun regelmäßig zu oder nahm ab. Manchmal war es so Still dass man meinen konnte, man könnte das hecheln der Pferde, alle Sechs Wagen des Finalen Rennens wurden von Pferden gezogen, hören. Das Rennen selber war eine äußert Gewalttätige Angelegenheit, so wie ich es empfand. Es gab wohl drei Paare, die mehr oder weniger gegeneinander fuhren. Was mich ein wenig verwunderte war die Tatsache, dass der Schwarze Ritter nicht, wie eigentlich erwartet, seine Energie und sein Bestreben auf Hakim ausrichtete, der ja momentan von der Wertung her sein engster Verfolger und Konkurrent um den Gesamtsieg darstellte, sondern sich vielmehr einen harten und sehr direkten Kampf mit dem Edlen Ludalf von Wertlingen führte, der, wie ich aus den Stimmen um mich herum entnahm, in dieser Disziplin wohl als direkter Vertreter des Kaiserhauses angetreten war. Aber auch zwei andere Fahrer, beziehungsweise ein Fahrer und eine Fahrerin, deren Wappen ich aber nicht kannte, schienen wohl einander nicht sonderlich zugetan. Hakim hingegen lieferte sich mit Graf Rondrigan von Paligan ein Duell, sein Wappen kannte ich durch meine vielen Aufenthalte in der Neuen Residenz, wo der Graf zum einen fast ständig verweilte und zum anderen wohl auch eine gehobene Position einnahm. Aber wo die beiden anderen Paarungen sich direkt bis hin zu Kontakten der Fuhrwerke bekämpften ließen sich sowohl Hakim als auch der Graf genug Platz um keine Gefahr für den jeweiligen anderen darzustellen. Ob das mit der Grund war, warum sie hinter dem Schwarzen Ritter und dem Edlen von Wertlingen zurücklagen konnte ich aber nicht beurteilen. Lautes Geschrei, ich war mir nicht ganz sicher, aber ich glaubte eher wenig Enttäuschung und dafür mehr Jubel zu vernehmen ließ meine Gedanken wieder auf die Bahn gleiten, wo sich das mir unbekannte Paar gegenseitig die Fuhrwerke soweit zerstört hatte, dass eines wohl einfach zerbrochen war, während die Frau ihr Fuhrwerk noch an den Rand lenkte, was eines ihrer Räder nicht daran hinderte ohne den Rest des Fuhrwerks weiterzurollen. Ein wenig überrascht war ich jedoch dann darüber, dass die Frau eiligst von den Überresten ihres Gefährts weg nach hinten auf die Strecke rannte um ihren Konkurrenten, der dazu wohl aus eigener Kraft nicht mehr in der Lage war, von der Bahn zu zerren. Ich schaute noch eine geraume Zeit auf diese Szene, aber ich sah keine Signale oder sonstige Bewegung die mir aufzeigte, dass die anderen Rennteilnehmer irgendwie auf diese doch gefährliche Situation auf der Rennstrecke hingewiesen wurden. Da waren die Zuschauer zu Recht aufgebracht und buhten laut, als die anderen vier Wagen beinahe ungebremst und ungezügelt an den Überresten ihrer Konkurrenten vorbeirasten. Den Zwölfen sei Dank war jedoch nichts weiter passiert, aber wenn ich richtig mitgezählt hatte würden die anderen vier Gespanne diese Stelle noch dreimal passieren müssen. Bei Rondra, dass da niemand was unternahm? Aber schon eine halbe Runde später entspannte sich die Gefahr für diese Stelle ein wenig, während eine andere sich auftat. Das von sechs Pferden gezogene Gefährt des Edlen von Wertlingen hielt den beständigen Stößen des Gefährts des Schwarzen Ritters nicht mehr stand und ein Rad löste sich schlingernd von der Achse. Durch das schlingernde Rad verlor der Edle wohl auch die Kontrolle über sein Gefährt und noch während dieser sich mit einem wahren Hechtsprung von seinem Gefährt weg in Richtung Bahn katapultierte krachte dieses auch schon an die Innenwand der Rennbahn und zersplitterte in einer großen Wolke aus Holzteilen, was aber, trotz der Gefahr für das Leben des Edlen keinen Aufschrei verursachte sondern fast schlagartig eine beinahe schon Borongefällige Stille über das Hippodrom legte, die ebenso schlagartig von lauten Buhrufen und anderen Schmährufen wieder zerrissen wurde. Das verstand ich auch wieder nicht. Der Edle von Wertlingen hatte nachdem er mehrere male über den Boden gerollt war zwar ein paar Sekunden gebraucht war aber schließlich aus eigener Kraft aufgestanden und hatte mit erhobenen Armen angedeutet, dass es ihm wohl den Umständen entsprechend gut ging.
„Äh…“ Ich deutete Hilflos auf den Edlen, der sich gerade im Laufschritt auf eine nahe Mannpforte zubewegte. Graf Paligan und Hakim hatten ihn schon passiert, sogar schon lange, eigentlich sogar noch bevor er überhaupt zum Stillstand gekommen war, so groß war der Vorsprung des Schwarzen Ritters nämlich gar nicht. Bisher hatte ich eigentlich auch den Eindruck gehabt das der Edle von Wertlingen sich ziemlicher Beliebtheit erfreute, daher wusste ich mit der momentanen Stimmung hier im Hippodrom jetzt irgendwie auch gar nicht richtig umzugehen.
„Hast du erkannt, wann es plötzlich so Still wurde?“ Tela musste ihren Mund ganz nahe an mein Ohr bringen damit ich ihre Worte soweit verstand, dass ich nicht nur erkannte dass sie mir etwas sagen wollte sondern auch was.
Ich überlegte ein paar Sekunden und versuchte mir die Bilder wieder ins Gedächtnis zu rufen, was gar nicht so einfach war, bei der Enge und dem Druck der um mich herum herrschte. Es gab diesen Zwischenfall, wobei ich mich bezüglich der Tatsache dass es ein Unfall oder ein Angriff war nicht festlegen wollte. Der Streitwagen des Schwarzen Ritters war, zum wiederholten mal dem des Edlen in die Seite gefahren. Ob der Streitwagen des Schwarzen Ritters so viel stabiler war als der des Edlen von Wertlingen, was er ja eigentlich sein musste, immerhin fuhr der Schwarze Ritter, als einziger Fahrer aller Teilnehmer, zumindest gemäß der Aussagen der Leute um uns herum, in seiner vollen Rüstung inklusive Helm und selbst ich wusste inzwischen von Rüstungen so viel, dass diese sicherlich mehr als nur ein paar Stein wog und wie hatte es doch noch vorher im Stall geheißen, jedes Stein Gewicht zählte, oder ob es einfach Pech gewesen war, das Rad des Streitwagens des Edlen, welches vom Streitwagen des Schwarzen Ritters getroffen worden war hatte sich gelöst. Dadurch war der Wagen des Edlen von Wertlingen ins Schlingern gekommen und vermutlich hatte der Edle von Wertlingen erkannt wohin das führen würde und hatte das sinkende Schiff verlassen. Gut, das war eine eher unpassende Metapher, hier mitten in Gareth, aber unter den gegebenen Umständen kam ich auf keinen besseren Vergleich. Wo war jetzt der entscheidende Hinweis? Geschickter weise fuhren die drei übrig gebliebenen Wagen gerade eben wieder genau an der Stelle vorbei wo nur noch die Überreste des Wagens des Edlen von Wertlingen davon zeugten, was eine Runde zuvor passiert war. Im Moment fuhren alle drei Wagen beinahe direkt nebeneinander, aber der Schwarze Ritter hatte einen Vorteil, da er beinahe direkt an der Inneren Grenze fuhr, was den Radius des Halbkreises am Ende der langen Geraden, der beinahe unmittelbar vor ihnen lag minimalisierte und ihm damit für die Gegengerade einen Vorteil einbrachte. Noch während ich mir über diesen Teil des Rennens Gedanken machte wurde mir klar, an welchem Zeitpunkt das Hippodrom für ein paar Herzschläge lang aufgehört hatte laut und monströs zu sein. Es war fast genau zu dem Zeitpunkt gewesen als der Schwarze Ritter das eine Rund am Ende der Bahn hinter sich gebracht hatte, da er dabei ebenfalls die schnelle Innenbahn gehabt hatte. Es war aber ziemlich genau der Zeitpunkt gewesen an dem der Graf von Paligan und Hakim ebenfalls das Halbrund passiert hatten und damit auch auf der Gegenseite der Geraden den Zuschauern klar geworden war das der Edle von Wertlingen entweder weit abgeschlagen oder, was ja wohl auf Grund der bisherigen Rennen wahrscheinlicher und schließlich auch Realität war, dass der Edle von Wertlingen aus dem Rennen ausgeschieden war.
„Und warum haben die Leute ebenso plötzlich so laut gebuht und geschrien?“
Na ja, warum die Leute hier Schreien, denn sie taten es ja immer noch mit Begeisterung und aus vollem Halse, dass wäre wohl ein Forschungsthema für sich, wenn auch vielleicht nicht gerade für eine gelehrte Analysemagierin, vermutlich nicht einmal für irgendeinen Magier, höchsten vielleicht für diesen Druiden, wie hieß er doch gleich nochmal? Archon Megalon. Genau. Dieser Archon Megalon, der könnte sich vielleicht für das hier begeistern, er hatte ja schon eine Abhandlung über die menschliche Angst verfasst. Das war mir deshalb bekannt, weil es in Punin hierzu in einer Vorlesungsreihe eine Reihe von Diskussionen dazu gegeben hatte. Nicht zu der Abhandlung sondern zu der Tatsache das ein Druide tatsächlich etwas schriftlich niedergelegt hatte. Aber trotzdem wusste ich von daher, dass dieser Druide sich für solche Begebenheiten interessierte. Aber sonst wäre das vielleicht eher etwas für den Nichtmagischen Teil der Universität von Al´Anfa. Aber warum hatten die Leute nun plötzlich angefangen zu buhen. Die Lauten Hakim und Paligan Rufe um mich herum machten es für mich nicht einfacher. Außerdem war der von Paligan Graf, dass sollte doch eigentlich in Gareth bekannt sein und ich war über den Mangel an Respekt und Anstand gegenüber einem Hochgeborenen kurz ein wenig erstaunt und erschrocken. Der Schwarze Ritter hatte, wie ich erkennen konnte, seine gute Ausgangssituation nicht wirklich nutzen können, vielleicht hätte er tatsächlich auf die schwere Rüstung verzichten sollen, wie ich ein paar Kommentaren aus meiner Umgebung, welche die gleiche Idee aufgriffen, gedanklich zustimmen musste. Die drei Wagen fuhren wieder beinahe direkt nebeneinander her und als sich der Wagen des Grafen von Paligan für ein paar Sekunden nach vorne schob war der Jubel auf der Seite des Hippodroms, welche dies sehen konnten tatsächlich nochmals angeschwollen, obwohl ich eigentlich den Eindruck hatte dass es bedeutend mehr Hakim als Paligan Rufe gab. Waren die Zuschauer tatsächlich so Wankelmütig, dass sie einfach den bejubelten der halt gerade vorne lag? Aber das erklärte nicht die ganzen Hakim Rufe. Außerdem hatten viele ja schon Hakim gerufen, als sogar der Edle von Wertlingen noch vor diesem gefahren war. Außerdem hatte noch niemand den Schwarzen Ritter bejubelt, der ja eigentlich seit Beginn des Rennens dieses anführte, auch wenn diese Führung nicht im Geringsten unangefochten war. Vielmehr war nur gejubelt worden, wenn der Edle, und sei es nur eine Pferdekopflänge vorne gewesen war und der Jubel war auch sogleich wieder verstummt, wie der Schwarze Ritter wieder führte. Weil der Schwarze Ritter ein Synonym für das Unbekannte, das Bedrohliche war und der Edle von Wertlingen nicht nur vom Rang, Titel und Amts wegen für das Kaiserhaus gefahren war sondern die Menschen ihn mit dem Kaiserhaus gleichgesetzt hatten. So wie Borbarad Gleichgesetzt wurde mit einem Collega der linken Hand und Rohal für die Collega der rechten Hand stand, wobei letzteres Grundlagen für ungezählte Philosophiestunden und noch ganz andere Gesprächsrunden geliefert hatte und vermutlich in ungezählten Jahren immer noch tun würde. Die Besucher hier im Hippodrom hatten erkannt das ihr Kaiserreich geschlagen und das Bedrohliche im Ansturm auf den Sieg war. So zumindest mussten es die Leute hier gesehen haben, auch wenn ich nicht im geringsten erkennen konnte, wie von einer Einzelnen Gestalt in Rüstung eine Bedrohung für eine ganze Stadt, geschweige denn für ein Kaiserreich ausgehen sollte.
„Was, bei Boron!“ Ghors Aufruf ließ mich ebenfalls wieder auf die Rennbahn schauen, wo der Schwarze Ritter gerade eben den Wagen des Grafen von Paligan gerammt hatte, was diesen ins Schlingern gebracht hatte. Aber im Gegensatz zum Edlen von Wertlingen hatte der Graf von Paligan mehr Glück und sein Rad blieb dran. Aber dadurch fiel er um beinahe eine halbe Wagenlänge hinter den Schwarzen Ritter zurück. Hakim hingegen hatte das unvermeidliche wohl kommen sehen und ein wenig Abstand zwischen sich und den Wagen des Grafen gebracht. Eine gute Idee, ein schneller Blick zeigte mir, dass das Rennen auf den letzten Metern war und nun hatte Hakim frei Bahn um, um einen Schlenker zu fahren? Sicher, es war ein Stück von einem der verunglückten Wägen auf der Bahn gelegen, die lagen teilweise Meterweit verstreut herum, aber das machte den Rädern der Wägen vermutlich eher weniger aus, bisher hatte es auch keinen gestört. Der Schlenker war auch keine Meterweite Ausweichaktion gewesen, eher eine Sache von ein paar Fingern, aber sie hatte Hakim die Chance genommen seinen Pferden voll die Zügel zu geben und so zog er nicht am Schwarzen Ritter vorbei sondern kam nur auf Augenhöhe mit dem Grafen, welcher mit einem letzten Schwung der Zügel aber nochmal alles aus seinen Pferden holen konnte und damit zwar immer noch eine gute Pferdelänge nach dem Schwarzen Ritter, aber wohl knapp vor Hakim über die Ziellinie preschte.
Was folgte war ein Alptraum. Die Menge war hin und hergerissen zwischen Buhrufen und Jubel, aber ein Begriff, ein Name, übertönte alles.
„HAKIM!“
Plötzlich hielt mich Ghor fest im Arm, umarmte mich, erdrückte mich, hob mich hoch, lachte, drückte mich wieder und rief dabei die ganze Zeit den Namen unseres Freundes. Als er mich wieder abgesetzt hatte sah ich ähnliche Szenen überall um uns herum. Es war jetzt nicht so, dass jeder jedem um den Hals fiel, aber es war doch deutlich zu erkennen, dass eine überraschend große Zahl an Leuten diesem Gefühlsausbruch ebenfalls nachkamen.
Für einen kurzen Moment war ich verblüfft. Hatten die Besucher hier ebenfalls, so wie ich, schon ausgerechnet, dass bei diesem Stand der Siegespunkte der Schwarze Ritter unangefochten führte und nur noch Hakim eine Ausreichende Punktzahl hatte um in der Finalen Disziplin zumindest eine theoretische Chance auf einen Gesamtsieg zu haben. Unglaublich. Ich wollte ja nicht schlecht über die Garether Bürger denken, aber das überraschte mich doch ein wenig.
„Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich würde mal einfach raten dass du mit deinen ersten Gedanken richtig und mit deinen zweiten Gedanken eher weniger richtig liegst.“ Rief Tela mir ins Ohr, als sie mich ebenfalls fest umarmte. Sie musste rufen, anders hätte ich sie vermutlich gar nicht verstanden. Aber bevor ich Tela Fragen konnte wie sie das meinte hatte sie sich schon wieder von mir gelöst und lag nun in Ghors Armen, woraufhin beide wild auf und ab zu hüpfen begannen, so wie viele andere Paare auch. Nun ja, die einen freuten sich eben wenn sie nach Wochenlanger Analyse die Kernthesis eines Artefaktes entschlüsselt hatten, die anderen, wenn sie nach deutlich weniger als einer Stunde damit fertig waren, anderen dabei zuzusehen, wie diese mit ihren Wägen im Oval herumfuhren, auch wenn Oval nicht der richtige Geometrische Begriff für die Rennbahn innerhalb des Hippodroms war.

Überlebt und, so wie es denn Anschein hatte auch noch gesund an Körper und. Nun ja, bezüglich des und war ich mir noch ein wenig unschlüssig. Zumindest wusste ich nun dass es durchaus möglich war ganze Bücher mit dem Thema menschliches Verhalten zu füllen. Wenn das lesen und schreiben unter den Menschen mehr verbreitet wäre und Papier und Druckwerk einfacher herzustellen wären, ich könnte mir gut vorstellen dass es viele Menschen beschäftigen könnte nur über das Verhalten anderer Menschen zu schreiben. Wobei, ich konnte mir auch vorstellen dass es dann auch tatsächlich Menschen gab, die über Wettkämpfe schreiben würden. Bisher hatte ich darüber im Schwerpunkt nur in entsprechenden rondrianischen Schriftstücken darüber gelesen und ein wenig im Aventurischen Boten. Aber unterhalten konnten sich die Menschen über das erlebte. Als sich die erste Euphorie nach dem Ende des finalen Laufes gelegt hatte gingen die Diskussionen los. Innerhalb weniger Minuten erfuhr ich von einen halben Dutzend Gründen warum Hakim nicht gewonnen hatte, von drei verschiedenen Regelverstößen die der Schwarze Ritter begannen und die nicht geahndet worden waren und von unzähligen anderen Begebenheiten aller Rennen und wie sie die ganzen Rennen so beeinflusst haben das der Schwarze Ritter gewinnen musste, was scheinbar jeder schon gewusst hatte, aber aus Nationalstolz und Ehrgefühl hatte natürlich niemand auf einen Sieg des Schwarzen Ritters gesetzt. Das wiederrum fand ich sehr löblich. Ein klein wenig durfte man auf seine Herkunft schon Stolz sein und auch wenn der Schwarze Ritter jetzt vielleicht nicht offensichtlich für einen Feind stand, er stellte auf alle Fälle nicht die Farben von Gareth oder gar dem Neuen Reich dar. Was mich hingegen ein wenig verwunderte war die offensichtliche Bereitschaft tatsächlich und ernsthaft Geld auf so etwas zu setzen. Das man Geld auf etwas so unvorhersehbares wie den Ausgang eines Wettkampfes setzen konnte, dass erschien mir doch eher fragwürdig und auch nicht sonderlich intelligent. Sicher, Ghor und Hakim setzten auch regelmäßig Geld bei Kartenspielen ein, aber Ghor hatte mir ja einmal erklärt, dass er dies beruhigt tun konnte, da er zum einen ein, er hatte es Händchen genannt für Karten hätte, zum anderen würde er regelmäßig ausreichend Geld in den Phextempel bringen um sich beständig das Wohlwollen des Grauen Gottes, welcher ja auch das Glück zu seinen Aspekten zählte zu erbitten und außerdem wäre ja Kartenspielen das gleiche wie der bewaffnete Kampf. Konnte man mit einer Waffe kämpfen konnte man in den Grundlagen mit allen Waffen kämpfen, kämpfte man beständig nur mit einer Waffe wurde man auch im Kampf mit dieser immer besser. Konnte man ein Kartenspiel konnte man alle irgendwie, spielte man aber immer nur Boltan musste man ja darin zwangsläufig besser werden und wenn die anderen nun mal so gut wie nie Boltan spielten, obwohl das doch so ein großartiges Spiel war, konnten sie auch nicht besser werden und deshalb gewann er auch so oft. Aber Boltan war ein Kartenspiel, es brauchte keinen besonderen Platz, zeitlich hielt es sich auch in Grenzen und die Anforderungen waren ein möglichst kompletter Satz Imrah-Karten. Das konnte wirklich fast jedermann fast überall spielen und damit üben und besser werden. Aber ein Buhurt wie er morgen stattfand brauchte Pferde, gerüstete Reiter, einen entsprechend großen Platz und Zeit. Außerdem konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen dass auch nur einer der Zuschauer von heute, zumindest nicht die in meiner unmittelbaren Umgebung Morgen selber am Buhurt teilnehmen würde. Also konnte auch keiner von ihnen tatsächlich den Ausgang der Disziplin morgen beeinflussen und damit würde ihr gesamtes Verhalten bezüglich dem wetten auf den Ausgang des Buhurt auf reinem Glück und Hoffen basieren. Da nutzte es auch wenig das viele wohl einen Tipp von jemanden hatten der es bestimmt wusste, oder ein gutes Gefühl hatten, oder jemanden kannten der sich mit jemanden unterhalten hatte der. Einzig die Aussage, man setze sein Geld natürlich auf einen Garether oder zumindest einen der in den Farben des Neuen Reiches antritt machte, wenn auch wenig, Sinn. Aber vieles von dem was ich so am Rande des Turnieres zu sehen bekommen und erlebt hatte machte wenig Sinn, insbesondere bezüglich des Verhaltens der meisten Menschen um mich herum, daher versuchte ich mich auch nicht allzu sehr mit dem ganzen zu befassen und konzentrierte mich mehr darauf nicht von den nach draußen strömenden Menschenmengen mitgerissen zu werden und vielleicht auf Nimmerwiedersehen darin zu verschwinden. Es schien als sei plötzlich allen eingefallen das sie Zuhause noch etwas ganz dringendes zu erledigen hätten, so sehr wollte irgendwie jeder aus dem Hippodrom. Wir, Tela, Ghor und ich hatten eigentlich zu Hakim gewollt, hatten dieses Unterfang dann aber nach geraumer Zeit wegen Undurchführbarkeit schließlich aufgegeben, worüber ich nicht Böse gewesen war, schien sich doch eine zweite große Gruppe von Menschen daran erinnert zu haben das sie vor dem Weg nach Hause noch in den Ställen etwas zu erledigen hatten. Schließlich hatte Tela die rettende Idee. Ich für meinen Teil stand kurz nur noch kurz davor keine Ahnung was zu tun, ich war zu keinem richtigen klaren Gedanken mehr fähig. Auf Telas Drängen hin suchten wir uns schließlich eine durch eine Säule geschützte Stelle an einer Wand und warteten dort darauf, bis der Großteil der Massen das Hippodrom verlassen hatte um es dann ebenfalls zu verlassen und erst nach einem gemütlichen Schluck in einer nahen Herberge wieder dorthin zurückzukehren um Hakim aufzusuchen. In diese Herberge hatte ich dann auch endlich wieder die Ruhe um mich selber zu überprüfen und zu schauen ob überhaupt noch alles an mir dran war. Nun ja, bezüglich meines Geistes erlaubte ich mir noch keine abschließende Aussage, dass erlebte wollte erst mal noch überwunden werden. Etwas, womit Ghor wohl keine Probleme hatte, erzählte er doch gerade davon, dass es ja ein recht beschauliches Rennen gewesen war, aber natürlich kein Vergleich zur Arena in Al´Anfa, wo die Gefühle und die Stimmung einen wirklich mitreißen konnte. Ein Gedanke der nicht wirklich dazu beitrug, dass ich mich besser fühlte, musste ich mir doch unwillkürlich vorstellen dass das, was hinter mir lag, tatsächlich noch zu steigern wäre. Was für ein Glück das ich damals nicht mit den anderen zusammen in der Arena gewesen war.
Als wir geraume Zeit später schließlich wieder im Hippodrom ankamen fanden wir Hakim in bester Stimmung vor. Es schien ihn nicht im Geringsten zu stören, dass der Schwarze Ritter gewonnen hatte und er nur Dritter geworden war. Er hatte inzwischen wohl auch schon alles soweit erledigt was er noch zu tun gehabt hatte und konnte unmittelbar mit uns zusammen zurück zur Alten Residenz gehen wo der Tag, wie die Tage zuvor, in großer geselliger Runde an einem noch größeren Lagerfeuer ausklang. Da es heute nicht geregnet hatte war es auch wieder möglich im Freien direkt am Feuer zu sitzen und auch wenn sich hier die meisten Themen um das Turnier als Ganzes und das vergangene Rennen insbesondere drehten, alleine die Anzahl an Menschen um mich herum war gering genug um es angenehm zu halten. Leider sah ich den Greifen nirgends, einen seiner Geschichten hätte mir jetzt gut getan, aber man konnte eben nicht alles haben und so begnügte ich mich mit den lachenden Gesichtern meiner Freunde, die sich zwar auch über das Rennen unterhielten aber Hakim tat es auf so faszinierende Weise das es sogar für mich wieder Interessant klang.
Schließlich war das Feuer soweit heruntergebrannt das ersichtlich war, dass man sich langsam Richtung Bettstatt begeben sollte und während Tela und Ghor nochmal zu einem speziellen Bereich des Lagers gegangen waren nutzte ich die Gunst um Hakim im Stillen und für mich allein eine Frage zu stellen, die mir schon seit dem Schluss des Rennens im Kopf herumgegangen war und von der ich lange überlegt hatte ob ich sie überhaupt stellen sollte oder ob sie vielleicht nicht doch ein wenig zu privat war. Aber letztlich war ich mir sicher, dass Hakim sie nicht beantworten würde wenn sie ihm unangenehm war und da sich dann eben auch noch so eine günstige Gelegenheit ergeben hatte nutzte ich diese auch und fragte Hakim einfach.

Ich war mir sicher nicht mehr aufs Abort zu müssen, ich hatte keine quälenden Fragen mehr die ich Tela oder Ghor stellen wollte, mein Nachtgebet hatte ich beendet, unter meiner Decke wurde es langsam warm, im Zimmer war es Dunkel und außer den üblichen Geräuschen die eine Stadt von der Größe Gareths irgendwie immer zu machen schien war es angenehm Still und trotzdem wollte es mit dem Einschlafen noch nicht so recht klappen.
Meine Gedanken waren immer noch bei den Borongeweihten und ihrem Verhalten. Welche Gesichter hatte Bishdariel ihnen wohl gesandt, welche Bilder hatten sie gesehen? Oder hatte ihr Verhalten einen anderen Grund. Lag es vielleicht an dem Zwischenfall mit Selindian Hal? Es sollte ja eine enge Bindung zwischen dem jungen Prinzen und der Boronkirche geben. Gab die Boronkirche sich die Schuld an dem Zwischenfall mit ihm? Aber warum sollte so etwas einen jungen Novizen beeinflussen, wenn er überhaupt davon etwas mitbekommen hatte. Mir wurde bewusst dass meine Überlegungen in diese Richtung keine Ergebnisse bringen würden und ich versuchte daher meine Gedanken in eine andere, dem Schlaf wohlgefälligere Richtung zu lenken.
Hakim. Ich musste unweigerlich an meinen Freund denken und ob er jetzt wohl schlafen konnte, immerhin stand morgen vielleicht einer der wichtigsten Tage seines bisher noch recht jungen Lebens an: die letzte Disziplin des Turniers und der Gesamtsieg in Griffweite. Aber vielleicht interessierte es ihn auch überhaupt nicht. Er war ein Zahori, er sah, wie er immer wieder selber erzählte, die meisten Dinge anders als andere Menschen sie wahrnahmen.
Ich musste ihm in dieser Hinsicht Recht geben, als mir seine Antwort auf meine Frage wieder ins Gedächtnis kam. Hakim der Zahori sah wirklich viele Dinge anders als andere.
Ich hatte ihn gefragt, ob es sein könnte, dass er absichtlich nur Dritter geworden war und dem Grafen von Paligan Freiwillig den zweiten Platz im Rennen überlassen hatte.
„Weißt du, Lynia.“ Hatte er geantwortet, mich sanft in den Arm genommen und mir tief in die Augen geschaut. „Nur Männer können erkennen, wann ein Mann etwas wirklich liebt und mit diesem zweiten Platz habe ich dem Grafen mehr gegeben als er sich zu erträumen gewagt hatte. Seine Augen, als er realisierte, dass er zweiter geworden war und sein Blick zu ihr, im Anschluss an diese Erkenntnis, glaube mir, Lynia, selbst in meiner Sippe sah ich so etwas selten und wir Zahori sind in diesen Dingen sehr bewandert.“
Die Frage bezüglich wenn Hakim mit ihr gemeint hatte war mir auf der Zunge gelegen, aber ich hatte sie dann doch nicht gestellt. Hakim war mit seiner Entscheidung glücklich und sich sicher, dass richtige getan zu haben, daher hatte ich auch nicht auf eine weitergehende Erläuterung seiner Aussage gedrängt sondern mich einfach daran erfreut, dass er mit seinem dritten Platz und seinem Geschenk an den Grafen glücklich war.
Besorgnis auf der einen Seite, stilles Glück auf der anderen.
Morgen würde das Turnier zu Ende gehen, so oder so und am Abend stand der große Abschlussball an, an welchem wir, meine Freunde und ich nochmals offiziell, diesmal vor großem Hofstaat, wie es geheißen hatte, zu Edlen des Reiches ernannt werden sollten. Nochmals ein Tag voller verschiedener Termine, teils ungezwungen, teils mit strickt vorgegebenen Regeln, teils Erwartungsvoll und unvorhersehbar, teils schon besprochen und genauestens geplant.
Einen Tag noch, dann, so hatte man es mir erklärt, würde man mich und meinen Freunde ein paar Tage nicht benötigen, hätten wir Zeit für uns und miteinander. Vielleicht könnte ich die anderen zu einem Ausflug in die Umlande überreden, einfach irgendwo hin reiten, ohne festes Ziel, nur für einen oder zwei Tage, nur wir, so wie es vor einem halben Jahr noch war.
Ob Hakim morgen gewinnen würde? Ob seine Mannschaft gewinnen würde und er genug Punkte bekommen würde um den Schwarzen Ritter im Gesamtturnier zu schlagen? Hakim schien diese Frage weniger zu belasten als die meisten, mich vermutlich eingeschlossen. Hakim lebte und er genoss es und wenn er andere dabei glücklich machen oder ihnen zumindest helfen konnte, dann war es für ihn noch besser, auch wenn es grundsätzlich schon nicht schlecht war.
Vielleicht sollten wir doch nur für einen Tag irgendwo hin reiten und einen Tag in der Neuen Residenz verweilen. Es gab noch so viele Bücher dort in die ich zumindest einen Blick werfen wollte, solange ich noch die Gelegenheit dazu hatte. Wer wusste schon wann es uns wohin verschlagen würde und wann wir wieder zurück nach Gareth kamen, da musste man seine Gelegenheit nutzen, wenn sie sich einem schon anbot.
Da war zum Beispiel dieser Reisebericht von diesem Ruban, der angeblich schon in den Riesländern gewesen sein wollte, oder die Aufzeichnungen über Retos Marasakanfeldzug, wobei hier eigentlich nur die Beschreibungen der Flora und Fauna interessant waren und auch von den Aufzeichnungen über die Sagenumwobenen Sieben Gezeichneten hatte ich bisher nur ein paar Fragmente und Ausschnitte zu Gesicht bekommen. Bei Hesinde, es gab also noch genug zu tun und wie immer, viel zu wenig Zeit dafür. Aber übermorgen, da ich morgen während des Balls ja schlecht für eine Weile in die Bibliothek entschlüpfen konnte, oder vielleicht auch erst in drei oder vier Tagen, je nachdem was die anderen von meinem Vorschlag bezüglich eines Ausrittes hielten, würde mich nichts mehr von vielen ruhigen Stunden inmitten vieler toller Schriften fernhalten.
Ein zufriedenstellender Gedanke, der mich lächelnd in Borons Arme treiben ließ, gepaart mit seinem Geschenk des Vergessens, welches die Erinnerungen an den Besuch in seinem Tempel sanft verblassen ließen.
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Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Das kaiserliche Turnier – der fünfte Turniertag
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