Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Bis auf die Knochen VI

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Lynia
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BeitragThema: Bis auf die Knochen VI   Bis auf die Knochen VI EmptyMi Aug 13, 2014 8:30 pm

Es war der Geruch von verbranntem Fleisch, der mich aufschrecken ließ. Hastig blickte ich an mir herab und suchte nach dem grausigen flackern von brennendem Stoff, aber zum einen erkannte ich, dass meine Robe gar nicht mehr allzu viel Stoff hatte, der hätte brennen können und zum anderen, was viel wichtiger war, dass selbst diese traurigen Überreste meiner Robe nicht brannten. Egal wie sehr ich mich drehte, wendete und meinen Hals verbog um so viel von mir selbst zu sehen, wie möglich war, ich sah kein Feuer an mir.
Als sich der erste Schock ein wenig gelegt hatte bemerkte ich auch, dass es eigentlich gar nicht so sehr nach verbranntem Fleisch roch sondern mehr allgemein der Geruch und Geschmack von Rauch in der Luft lag. Erleichtert ließ ich die Luft, welche ich unbewusst in meinem Körper gehalten hatte wieder durch meinen Mund entweichen und nahm einen tiefen Atemzug frischer Luft in mich auf. Nun da ich mir sicher war, dass meine Robe nicht brannte und es mir dadurch auch gelungen war, die Bilder aus meinem Kopf zu vertreiben schmeckte selbst dieser Atemzug wie purer Balsam.
An einen Balsam dachte ich auch, als ich versuchte mich zu erheben. Das mein Bauch schmerzte war mir durchaus noch verständlich, aber nun taten mir auch noch ganz andere Stellen meines Körpers weh und die wenigsten Schmerzen waren so, dass ich sie einfach ignorieren konnte. Insbesondere mein Rücken und über meinen Hintern bis zu den Beinen schmerzte ziemlich. Aber es war mir gelungen mich aufzurichten und ich konnte meine Beine, auch wenn ich für einen Moment leider dachte, noch spüren und bewegen, also schätzte ich meine Verletzungen als nicht so dramatisch ein, dass ich den kläglichen Rest von Madas Kraft, den ich noch in mir spürte, an mich selber hätte verbrauchen müssen. Erst wollte ich schauen, wie es den anderen ging.
Tela schien es auf alle Fälle noch ganz gut zu gehen, wie ich mit einem Blick erkannte, den sie lag nicht, wie eigentlich von mir erwartet, neben mir zwischen dem Geröll und den Felsen auf dem Kellerboden obwohl sie es gewesen sein musste, die mich oben weggezogen hatte so dass ich nun hier im Kellergewölbe auf dem Boden lag.
Nach einer gefühlten Ewigkeit, auch wenn es vermutlich nur ein kleiner Teil einer Stunde gewesen war, hatte ich meinen Körper die Treppe aus dem Kellergewölbe wieder nach oben in das Erdgeschoss des Burgfriedes gezwungen, aber all mein Selbstmitleid zerfloss, als ich oben angekommen war und mein Blick durch den Raum gleiten ließ, der einmal das Erdgeschoss des Bergfrieds gebildet hatte.
Geron, Hlutar, Leomar, selbst von Raul dem Großen, dem Begründer des Neuen Reiches und vielen anderen Helden der aventurischen Geschichte hieß es, dass sie alle Drachen erschlagen hatten. Manche alleine, manche mit Hilfe anderer, aber so sehr ich mich auch bemühte, mich an die Einzelheiten dieser Sagen und Legenden zu erinnern, in keiner davon wurde berichtet, was mit denen geschehen war, die es nicht geschafft hatten, gegen solch ein Ungetüm zu gewinnen. Es war auch nirgendwo erwähnt oder festgehalten worden, was mit den Gefährten geschehen war, welche diese heroische Tat mit dem Leben bezahlt hatten, außer natürlich, dass Golgari ihre Seelen unmittelbar, ob ihrer Tapferkeit, an Rondras lange Tafel verbracht hatte. Der Ort dieses titanischen Geschehens hatte natürlich auch nur wenig Einzug in diese Geschichten gefunden, meist beschränkt auf eine ungefähre Angabe darüber, welcher Landstrich nun nicht mehr unter solch einem Grauen zu leiden gehabt hatte.
Nun verstand ich, warum das so war. Selbst die glänzendste Rüstung wurde unansehnlicher, wenn ein Schmutzfleck auf dieser zu sehen war und ebenso konnte eine heldenhafte Geschichte nicht mehr gänzlich so heldenhaft erscheinen wenn in ihr ausführlicher beschrieben wurde, welche Opfer der Kampf wirklich gefordert hatte.
Das Erdgeschoss des Burgfried war nur noch ein einzelner, großer Raum voller verkohlter Wände, teils noch leicht rauchender Holztrümmer und wild verstreuter Steinbrocken, teils aus der Wand geschlagen, teils von der Decke herabgefallen. Erleuchtet wurde er vom ersten leuchten von Praios Auge, welches sich vor dem Burgfried wohl gerade über den Horizont hob. Durch das große Loch, welches nun an Stelle des schmalen Einlasses in der Wand klaffte drang genug Licht ein um fast alle Einzelheiten genau zu erkennen. Unter anderem mehrere Körper, welche reglos und wie weggeworfenen Puppen im Raum verteilt herum lagen.
Einzig der Sarg mit der präparierten Leiche war nirgendwo mehr zu sehen.
Bei Phex, hatte die List funktioniert?
Hatte Rhazzazor tatsächlich den Köder geschluckt und war mit seiner Beute abgezogen?
Es sah ganz danach aus. So mochten all die Opfer letztlich doch nicht umsonst gewesen sein.
Eher rein aus Instinkt den willentlich gelenkt, stolperte ich mehr, als ich bewusst ging, Richtung dem Loch in der Wand dem Licht und vermeintlich besserer Luft entgegen, während ich meinen Blick über die Körper gleiten ließ, immer leise und gedanklich zu Boron betend, es mögen nicht die Körper von Ghor…
Ghor! Mit einem Sprung, den ich mir gar nicht mehr zugetraut hätte, war ich beim Körper meines Gefährten. Sein husten war wie ein klares, perlendes lachen in meinen Ohren, bedeutete es doch, das er noch lebte, was mich angesichts seines äußeren fast schon ein wenig wunderte. Instinktiv und ohne bewusstes Nachdenken kniete ich mich neben ihn und legte eine Hand auf seine Brust, mehr als genug offene Haut war durch die zerfetzten Überreste seiner Rüstung ja zu erreichen, während ich Madas Kraft in die Form des Balsam Salabunde fließen ließ.
Erst als ich mir sicher war, dass Madas Kraft durch den Zauber geformt in Ghors Körper floss um dort ihr Werk zu verrichten, ließ ich meinen Blick weiter gleiten.
Ich sah Hakim und erkannte sofort, dass ich Ghor vermutlich nicht gänzlich würde heilen können, um noch Reserven für meinen zweiten Gefährten übrig zu haben. Tela stand zum Glück, den Zwölfen sei gedankt, auf eigenen Beinen und sah nicht direkt so aus, wie wenn sie meiner Hilfe dringend bedürft hätte.
Ich erkannte auch die Überreste von dem, was die Panthergardisten gewesen waren, einzig, ohne ihre Wappenröcke wären sie als solche nicht zu erkennen gewesen. Welcher Körper aber mal welcher Seele Platz geboten hatte, dieses Wissen ließen die blutigen Überreste nicht mehr zu. Was mit Magister Stoerrebrandt oder dem Edlen von Wertlingen war konnte ich nicht erkennen. Dass es ihnen gut ging war, ob dem was der Untote Drache von manchen Körpern übrig gelassen hatte, nicht mit Sicherheit zu sagen, nur weil ich ihre Leichen nicht sah.
Erst geraume Zeit später, Praios Auge war nun ein gutes Halbrund über dem Horizont erschienen, nachdem ich auch Hakim soweit versorgt hatte, dass ich sicher war, dass er aus dem schlimmsten heraus war schaute ich mir, mehr flüchtig als bewusst, die herumliegenden Körper an. Es war unglaublich, welche Kraft und Gewalt selbst ein Untoter Drache noch entfesseln konnte und ich ertappte mich immer wieder dabei, wie ich Teile einer Leiche etwas genauer betrachtete, in der Hoffnung, das was wie ein Stein oder Trümmerstück aussah mochte vielleicht ein Teil einer Klause von Rhazzazor darstellen. An die Leichenteile traute ich mich nicht heran. Ich hatte gesehen, dass dem Untoten Drachen immer wieder ganze Brocken seines abgestorbenen Fleisches vom Körper gefallen waren, einzig, ich konnte nicht sagen, welche der überall herumliegenden Teile hatten mal zu dem Drachen gehört und auf geradewohl Fleischstücke auf ihre Herkunft untersuchen wollte ich dann doch nicht.
Nur bei zwei weiteren Roben blieb ich länger stehen. Nicht, um diese genauer zu betrachten, ein schneller Blick hatte mir alles gezeigt, was ich wissen musste, sondern um zu beten, nicht für die beiden Seelen, welche diese Körper verlassen hatten, diese waren nun bei ihrem Gott, da war ich mir sicher, sondern für mich und meine Gefährten, dass Golgari, der hier so reichlich beschäftigt war, uns nicht ebenfalls mit sich genommen hatte.
Als ich mein stilles Gebet an Boron beendet hatte blickte ich noch einmal auf die Überreste seiner beiden Diener. Beide hatten demselben Gott gedient, beide als seine Geweihten, aber sie hatten beide eine andere Vorstellung von ihm gehabt. Nun, da ihr Herr sie beide zu sich gerufen hatte, hatte er für alle anderen, deren Zeit auf Dere noch nicht beendet war, ein Zeichen dafür hinterlassen, dass es nur einen Herrn Boron gab, egal ob man seinen Ruf nun in Punin oder Al´Anfa vernommen hatte.
Von den Körpern der beiden Geweihten war nichts mehr zu sehen gewesen. Man konnte mutmaßen, dass ein Teil der Asche und des Schuttes unter und um die beiden Roben die Überreste der beiden Geweihten sein mochten, aber ich blieb lieber bei der Vorstellung, dass ihre Körper gänzlich durch die unheilige Flamme Rhazzazors vernichtet worden waren. Das eigentliche Wunder war die Tatsache, dass beide Roben der beiden Geweihten völlig unversehrt und sauber ausgebreitet da lagen, die Ärmel so ausgebreitet, wie wenn beide gemeinsam eine Gemeinschaft von Gläubigen segnen wollten. Aber damit nicht genug, den außer der schwarzen Farbe hatten die beiden Roben nicht viel gemein gehabt. Das hatte beim Stoff begonnen, war über den Schnitt gegangen und hatte seine deutlichste Aussage in den Symbolen Borons gefunden. Nun lagen hier zwei identische Roben, die wohl aus dem gleichen Material gemacht schienen, den gleichen Schnitt aufwiesen und beide als Symbol des stillen Gottes zwei identische Raben über einem Boronrad im gleichen neutralen, aber kräftig schimmernden Silber. Herr Boron hatte in beiden würdige und treue Diener gesehen und ließ alle anderen wissen, im Tod sind alle Menschen gleich.
Fröstelnd und die Fetzen meines Mantels so gut es ging um mich legend machte ich mich wieder auf den Weg in den Burghof, in der Hoffnung, dass dort die ersten Strahlen von Praios Auge auch ein wenig Wärme in meinen Körper bringen würden. Eine Nacht ohne Schlaf, die ersten Stunden des beginnenden Morgens, mehr Löcher als Stoff in der Kleidung und die abgefallene Anspannung der letzten Stunden zeigten nun ihre Folgen und eine davon war die Tatsache, dass mir plötzlich bewusst wurde, wie Kalt es zu dieser Jahreszeit in der Nacht und morgens schon war. Empfindungen, welche die letzten Stunden schlicht so weit in den Hintergrund gerückt waren, dass sie dort in Vergessenheit geraten waren. Und ich war Müde. Müde und Erschöpft. Mein Körper hatte inzwischen auch die letzten Reserven von Madas Kraft in die Körper meiner Gefährten fließen lassen und auch von Sumus Kraft fühlte ich einen nicht unbeträchtlichen Mangel in mir, der sich aber erfreulicherweise wohl noch in Grenzen zu halten schien, zumindest wenn ich in Betracht zog, dass ich noch all die Schmerzen und anderen Empfindungen spüren konnte, die meinen Körper durchzogen. Aber man sollte den Göttern gegenüber nicht zu gierig werden und ich bedankte mich bei Tsa und Rondra mit einem leisen Gebet, dass sie den Blick ihres Bruders Boron von uns weg gelenkt hatten.

Bei Hesinde. Das Erscheinen des so sehnsüchtig erwarteten Entsatzes wäre nun doch auch nicht mehr so dringend gewesen. Gerade hatte ich das für und wider erwogen, einen Teil von Sumus Kraft meines Körpers in einen Teil von Madas Kraft zu wandeln um zumindest einen Odem wirken zu können, vielleicht auch, wenn ich noch stark genug gewesen wäre, genug um einen Analys zu wagen. Immerhin hatte hier zum einen die Kraft Thargunitoths auf eine Art und Weise gewirkt, die mir bisher nicht bekannt gewesen war und Rhazzazor, ein Wesen das meines Wissens nach einmalig auf der Dere war, und mochte Boron fügen dass es tatsächlich kein zweites Wesen wie Rhazzazor gab, der wenn auch nicht direkt ein Diener im eigentlichen Sinne des Wortes in diesem Zusammenhang, ebenfalls von den Gaben der Herrin der Nekromanten im Übermaß profitierte hatte am gleichen Platz gewütet und einen Teil seiner Kräfte gebraucht. Vielleicht hätte ich doch einen brauchbaren Teil des Untoten Drachen gefunden um diesen für spätere Analysen an mich zu nehmen.
Aber all diese Überlegungen und Hoffnungen hatten sich mit erscheinen der so herbeigesehnten Verstärkung zerschlagen. Das würde die Qualität meines Berichtes ein ganz erhebliches Maß schmälern und auch wenn ich mir um die Bewertung meiner abgegebenen Arbeit ja eigentlich wirklich keine Gedanken mehr machen musste, es erschien mir einfach nicht richtig. Ich schüttelte kurz meinen Kopf um diese Gedanken zu vertreiben, was dieser mit deutlichen Schmerzen quittierte. Vielleicht war es doch ganz gut so, dass ich nicht mehr in die Versuchung kommen konnte, noch mehr von Sumus Kraft zu verlieren.
Die ersten, welche den Hof vor dem Burgfried stürmten waren Panthergardisten, zumindest trugen sie die gleichen Wappenröcke. Aber auch die Robe eines Gildenmagiers und das Ornat eines Praiosgeweihten war unter den Menschen dabei. Ich war nur einen kurzen Moment erstaunt, dass der ein oder andere von ihnen seine Waffe in unsere Richtung hob und misstrauische Blicke in unsere Richtung geworfen wurden. Wenn ich ebenso wie meine Gefährten aussah, dann unterschied uns von den überall herumliegenden Leichen nur die Tatsache, dass wir nicht ebenfalls still und tot auf dem Boden lagen. Nach und nach kamen immer mehr Gardisten, Magier und Geweihte und ich begann schon zu überlegen, ob das jetzt tatsächlich noch Realität sein konnte oder ob es mir vielleicht doch nicht so gut ging, wie ich mich fühlte. Hier versammelte sich eine kleine Streitmacht die es, wenn die Geschichten über die Leibgarde des Kaiserhauses nicht alle gänzlich übertrieben gewesen waren, durchaus mit dem Untoten Drachen hätte aufnehmen können, wenn sie den rechtzeitig eingetroffen wären. Aber Satinav, wenn auch kein Diener Borons, war im Verlauf seiner Handlungen mindestens ebenso unnachgiebig wie der Stille Gott. Nur die mächtigsten Wesen auf Dere konnten auch nur daran denken es zu versuchen, einen Teil von Satinavs Macht in andere Bahnen zu lenken. Aber von denen war wohl keiner anwesend, sonst würde es diese Situation jetzt ja nicht geben und so blieb nur die Erkenntnis, dass diese Streitmacht zu spät gekommen war um uns zu unterstützen. Aber, wenn der von mir beschworene Luftdschinn seine Aufgabe ordnungsgemäß erfüllt hatte, und ich hatte keinen Grund daran zu zweifeln, dann spielte das, zumindest für uns, auch keine Rolle mehr und für die Gefallenen wohl auch nicht. Mindestens Zwei von ihnen waren für jedermann offensichtlich direkt in die Arme ihres Gottes gerufen worden und die anderen würden sicherlich nach der vergangenen Nacht und der Art, wie sie ihr Leben gegeben hatten, auf Rethon das rechte Gewicht finden um zeitig bei ihrer Gottheit zu sein. Ich maß mir nicht an, jedem zu wünschen, dass er an Rondras Tafel einen Platz finden würde. Vor allem bei den Söldnern war ich mir nicht sicher, ob die Leuin tatsächlich die am meisten verehrte der Zwölfe war und bei den Orks bezweifelte ich den Glauben an die Zwölfe sogar direkt, aber selbst für diese kam ich nicht umhin ihnen zu wünschen, dass ihre Seelen nun dort waren, wo sie selbst es sich gewünscht hätten, hatten sie doch tatsächlich an unserer Seite gestritten wie alle anderen. Ich sah Magister Stoerrebrandt im Gespräch mit einem anderen Magier und die zerschlagene Gestalt des Edlen von Wertlingen, der es trotz allem noch schaffte so aufrecht und gerade zu stehen, dass man ein Bücherregal hätte an ihn lehnen können. Plötzlich verstummen alle Gespräche und Rufe auf dem Burghof. Inzwischen wurden, zumindest nicht absichtlich, keine Waffen mehr auf uns gerichtet und auch die Blicke der Neuankömmlinge waren nun unverhohlenem erstaunen und Bewunderung gewichen. Ein Großteil der Neuankömmlinge richtete seinen Blick nun auf den, vor wenigen Stunden noch so heißumkämpften Treppenaufgang, nur wenige ließen ihre Blicke weiterhin über alle Leichen und deren Überreste sowie die Umgebung gleiten. Praios wärmende Strahlen, welche inzwischen den ganzen Hof bestrichen hatte das Grauen dessen, wie es um uns herum aussah nur wenig gemildert. Hesinde sei Dank hatte ich während meiner Ausbildung des Öfteren die Gelegenheit gehabt Leichen in verschiedenen Stadien ihrer Verwesung zu sehen und im Rahmen der Ausbildung der Invocation sogar noch Dinge die viel Schrecklicher waren, so dass dieses Bild dadurch zwar nicht angenehmer wurde, aber zumindest erträglich blieb. Ich wagte mir gar nicht erst es mir vorzustellen, wie die anderen empfinden mussten. Ghor würde vermutlich noch am ehesten damit zurechtkommen. Als Söldner hatte er sicherlich nach der einen oder anderen Schlacht schon ähnliches gesehen. Meinen Gedanken wurden zurück in das Hier und Jetzt gezogen, als ich die zwei Frauen sah, welche gerade die Treppe zum Burghof erklommen hatten. Auch wenn beide zum Krieg gerüstet waren erkannte ich die ältere der beiden beinahe augenblicklich. Man verbringt nicht den Großteil seines Lebens an einer Akademie des Neuen Reiches, auch wenn man an der Hohen Akademie stets Wert darauf gelegt hatte, dass man vom Reich unabhängig sei, und kommt nicht beinahe täglich an mindestens einem Bild der Reichsbehüterin vorbei. Selbst die größte, mächtigste, einflussreichste und, nach eigenen Aussagen, unabhängigste Akademie Aventuriens kam nicht umhin der herrschenden Schicht ihres Landes das ihr zustehende Maß an Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, was sicherlich auch das ein oder andere mal fördernd und wohlwollend zur Kenntnis genommen wurde. An der Seite von Reichsbehüterin Emer, und das erstaunte mich dann doch ein wenig, schritt, mindestens genauso forsch und Selbstbewusst, auch wenn sich ihre Augen bedeutend schneller zwischen den einzelnen Überresten von Körpern hin und her bewegten und ihr Gesicht deutlich blasser wirkte als das ihrer Mutter, Rohaja, die designierte Thronfolgerin des Neuen Reiches. Ich war mir sicher, dass es sich um Rohaja handelte, die Ähnlichkeit mit der Reichsbehüterin war viel zu groß und sie ähnelte den wenigen Bildern, die es von ihr in Punin gegeben hatte, als ich das letzte mal dort gewesen war. Zudem war ihre Zwillingsschwester Yppolita eine Magierin und würde daher vermutlich nicht einmal in Erwägung ziehen, so viel Metall so direkt am Körper zu tragen, wie Emers Tochter an ihrer Seite es gerade tat. Aber die Anwesenheit der beiden wohl mächtigsten Menschen des Neuen Reiches, wobei Macht hier eher nicht in der Möglichkeit der Frau an sich lag sondern vielmehr in der Position, die sie innehatte, erklärte auch das Truppenaufgebot, dass immer noch die einzelnen Leichen abschritt und sich zwischen den Verwüstungen umsah. Nur eine Gruppe von Magiern und Geweihten löste sich von den anderen und bewegte sich zielgerichtet in unsere Richtung. Magister Stoerrebrandt, oder war es der Edle von Wertlingen gewesen, war ja auch egal, hatte wohl die Anweisung erteilt, dass man sich unserer Annahm und sich um unsere Verletzungen kümmern sollte. Ich für meinen Teil wollte mich darüber nicht beschweren. In dem Wissen, dass ich bald wieder ausreichend von Sumus Kraft besitzen würde machte ich mir erneut Gedanken über die Möglichkeit einer genaueren Analyse der Hintergrundstrahlung dieses Ortes. Vielleicht konnte ich Magister Stoerrebrandt auch dazu bringen mir einen Zaubertrank, welche die hier erschienen Magier mit Sicherheit in mehrfacher Fertigung dabei hatten, zu überlassen, was meine Möglichkeiten bezüglich meiner Untersuchungen natürlich dramatisch potenzieren würde.
Meine Gedanken wurden durch eine laut schreiende Frauenstimme abgelenkt, die ich mit einem schnellen Blick der Reichsregentin zuordnen konnte. Ein Umstand, der mich ein wenig verblüffte, war die Reichsregentin doch noch mit am ehesten die Frau gewesen, der ich am wenigsten zugetraut hätte, dass sie zu Schreien anfangen würde. Aber ihre Schreie waren weder Panikerfüllt noch ängstlich. Vielmehr reckte sie drohend ihre Faust in Richtung Rahja und schrie dem Untoten Drachen Verwünschungen hinterher und schwor ihm Rache für das, was er getan hatte. Ob sie noch nicht wusste, dass der Leichnam ihres Mannes in Sicherheit sein sollte? So wie es aussah bewegte sich Magister Stoerrebrandt gerade in die Richtung der Reichsbehüterin um ihr die erfreuliche Nachricht zu überbringen. Ich ließ meinen Blick wieder von der Reichsregentin gleiten und suchte den Kontakt zu meinen Freunden. Erleichtert sah ich, dass jeder von ihnen ebenfalls von mindestens einem Magier und Geweihten betreut wurde. Vermutlich um sich Gegenseitig besser unterstützen zu können, sollte dies nötig sein, hatten diese meine Gefährten näher an mich herangeführt, so dass wir nun erfreulicherweise nun wenige Schritt beieinander waren.
„Ich denke nicht, dass wir von einem Makel befallen sind, aber ihr habt recht, sicher ist sicher.“ Ich versuchte dem Praiosgeweihten an meiner Seite ein lächeln zu schenken, aber dessen Blick ließ mich diesen Versuch wieder abbrechen. Ich hatte eigentlich erwartet, ein hartes, grimmiges Gesicht mit funkelnden Augen zu sehen, aber der Geweihte, er war noch erstaunlich jung wie mir auffiel, lächelte freundlich und gütig, wie es einem Perainegeweihten gut zu Gesicht gestanden hätte, während sein Blick direkt durch mich hindurch in meine Seele blicken zu schien.
„Ich bin mir der Peinlichkeit dieser Situation durchaus bewusst“, erklang seine tiefe, aber nicht unangenehme Stimme, „aber Anbetracht dessen was hier geschehen ist und der Tatsache, dass uns der Schutz der Reichsbehüterin und der Thronfolgerin anempfohlen wurde dürfen wir kein noch so kleines Risiko eingehen.“
„Ich verstehe.“ Ich überlegte für einen Moment, ob ich vielleicht anbieten sollte, dass ich, gestärkt durch einen entsprechenden Trunk, die Umgebung magisch würde analysieren können, verwarf aber diesen Gedanken sofort wieder, als mein Blick auf das Ornat des Geweihten fiel. Bei einem Hesindegeweihten hätte ich es vielleicht ja versuchen können aber einen Praiosgeweihten darum zu bitten, dass er einem die Möglichkeit gab magisch aktiv zu werden, es schien tatsächlich so, dass mir ein paar Stunden Schlaf gut tun würden.
„Praios sei gepriesen, eure Seele ist rein und ohne Makel, wenn man vom Fleck von Madas Frevel in euch absehen möge.“ Der Geweihte strahlte mich noch einmal kurz an und entfernte sich dann, zusammen mit dem Magier, der mich, wie ich nun fühlen konnte, wohl mit seinen Kräften geheilt hatte. Ich hatte auf eine Erwiderung verzichtet, mir war die Absurdität der Tatsache, dass ich von einem Praiosgeweihten auf einen Erzdämonischen Makel auf meiner Seele überprüft worden war, während mich ein Magier magisch geheilt hatte auch so bewusst.
Ein Mantel oder eine Decke wären noch schön gewesen, dachte ich noch bei mir, während ich mich wieder nach meinen Gefährten umschauen wollte, ein vertrauter Anker in einer Situation, die mir irgendwie immer mehr zu entgleiten schien, als sich plötzlich jemand hart auf mich warf.
Nun ja, eigentlich hatte sich nicht jemand hart auf mich geworfen sondern es war eher so, dass etwas hartes auf mich geprallt war. Unwillkürlich fragte ich mich, wie jemand freiwillig so etwas schweres als Kleidungsstück tragen konnte, als ich realisierte, dass es Prinzessin Rohaja, die designierte Kaiserin des Neuen Reiches war, die mich fest umarmt an sich drückte und mir wortreich aber äußerst herzlich dankte, dass ich den Diebstahl des Leichnam ihres Vaters verhindert hatte. Ich verstand nicht einmal die Hälfte der Worte der Prinzessin, zu sehr war ich zum einen geschockt und zum andern verwundert. Die angehende Herrscherin des größten und mächtigsten Reiches Aventuriens hatte sich vor den Augen ihrer Mutter und mehreren Dutzend ihrer engsten Begleiter einer wildfremden Magiern um den Hals geworfen. Sicher, wir hatten die Leiche ihres Vaters gerettet, aber diese war schließlich nur noch eine leere Hülle, die Seele Brins befand sich schon seit Jahren in einem der Zwölfgöttlichen Paradiese, zumindest ging ich fest davon aus, dass die Seele des verstorbenen Reichsbehüters vor Rethon bestanden hatte. Andererseits war die Alternative, die Leiche des verstorbenen Reichsbehüters in den Klauen eines der mächtigsten Zuträger Thargunitoths auch keine allzu angenehme Vorstellung, daher glaubte ich ein wenig Rohajas Verhalten zu verstehen. Sicher war ich mir aber nicht.
„Ich danke euch von ganzem Herzen.“ Mit diesen Worten löste sich die Prinzessin von mir, doch bevor ich etwas erwidern konnte, bemerkte ich, dass sich die Reichsbehüterin selbst nun in unsere Richtung aufgemacht hatte. Unwillkürlich sank ich auf ein Knie, noch bevor ich mir eine angemessene Antwort für Prinzessin Rohaja überlegt hatte.
„Erhebt euch, bitte.“ Die Worte Emers, so überrascht sie für mich kamen, klangen schwer und traurig aus ihrem Mund. „Für das, was ihr getan habt, habt ihr es mehr als nur verdient, vor mir auf Augenhöhe zu verweilen und ich würde es als Beleidigung empfinden, müsste ich auf euch herniederschauen.“
Nur zögerlich und verwundert erhob ich mich wieder. Etikette war nur in Grundlagen Teil der Ausbildung an der Akademie gewesen, aber ich hatte mir inzwischen in diesem Gebiet, wenn ich auch sonst in gesellschaftlichen Belangen doch eher unbeholfen war, doch einiges an Wissen und Verständnis aneignen können, so dass ich das, was hier gerade geschah noch viel weniger verstand.
„Der Edle von Wertlingen hat mir in Grundzügen erklärt, was ihr für das Reich, für meinen verstorbenen Mann und damit auch insbesondere für mich getan habt.“ Emer sprach langsam und fest, die schwere verflüchtigte sich aus ihrer Stimme wie der Nebel von Praios Strahlen vertrieben wurde, aber die Traurigkeit blieb. Schließlich blieb ihr Blick fest auf Ghor gerichtet, der ganz zu meiner Rechten stand. „Sagt, Edler Streiter, was kann ich, die Reichsbehüterin des Neuen Reiches euch als Dank für das was ihr getan habt über ein paar einfache Worte hinaus tun? Ein treues Ross? Einen Offiziersrang in meiner Armee mit entsprechender Entlohnung? Ein Haus in Gareth? Sprecht aus, was kann ich euch als Dank für eure Taten reichen?“
„Nichts.“ Ghors Stimme hallte fest, tief, erstaunlich überzeugt und überraschend nachhallend über den Burghof. Es dauerte ein paar Sekundenbruchteile, bis mir die Bedeutung dieses einen Wortes klar war, bevor ich meinen Blick unwillkürlich von der Reichsregentin löste und erschrocken und überrascht zu meinem Gefährten glitt. „Reichbehüterin, ich heiße Ghor Nirrano, ich komme aus dem ehrwürdigen Al´Anfa, der Perle des Südens und wir Al`Anfaner messen Boron einen anderen Platz im Pantheon der Zwölfe zu, als ihr es tut. Reichsbehüterin, es ist für mich Lohn genug, borongefällig einem Untoten entgegen zu treten, insbesondere wenn es sich dabei um solch ein Ungetüm wie einen Untoten Drachen handelt. Es ist für mich eine Selbstverständlichkeit, die Seelen der Toten vor dem Griff des Untotes zu schützen und für mich als Al´Anfaner ist es gar eine Pflicht, den Körper eines der unsrigen, die ehrenwerte Alara Paligan, die Mutter eures verstorbenen Gatten, Boron sei seiner Seele gnädig, ist eine Al´Anfanerin was euren Gatten Brin zur Hälfte zu einem von uns machte gerade hier, im Mittelreich vor jeglichem Frevel zu schützen. Allein dies war und ist mir Lohn genug.“
Es dauerte diesmal ein paar Sekunden, bis ich das volle Ausmaß von Ghors Worten realisiert und auch verstanden hatte.
„Wie ihr wünscht.“ Die Reichsbehüterin klang überrascht, aber nicht zornig oder enttäuscht. Es war die Überraschung der Verkündung einer bedeutend besseren Note als man erwartet hatte, nicht die einer Verkündung, dass man die Erwartungen nicht in vollem Umfang erfüllt hatte. Ein schneller Blick zeigte mir, dass sich ein leichtes lächeln auf die Lippen der Reichsbehüterin gelegt hatte, was ihr Gesicht schlagartig um Jahre jünger erscheinen ließ. Nun wurde die Ähnlichkeit zwischen ihr und ihrer Tochter wieder richtig deutlich.
Eine Bewegung ließ meinen Blick in Richtung Ghor zurück gleiten. Eine Bewegung und ein erschrockenes auf keuchen. Ghor fast sich ruckartig an die Brust und ließ sich ziemlich plötzlich und wohl auch unsanft auf seinen Hintern fallen. Aber schon den ersten erschrockenen Schritt der Reichsbehüterin in seine Richtung blockte er mit einer Handbewegung wieder ab. Aber ich glaube es war eher das leichte lächeln auf Ghors Zügen, dass die Reichsbehüterin wirklich zurück hielt und nicht seine ausgestreckte Handfläche.
„Und ihr, junge Dame, welchen Wunsch habt ihr?“ Reichsbehüterin Emer hatte sich vor Tela aufgestellt und ich war hin und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, nach Ghor zu schauen, der Neugier auf Telas Wunsch, die Frage nach Hakims Wunsch, der direkt neben mir sein übliches lächeln aufgesetzt hatte und meine eigenen Überlegungen, was genau ich mir nun von der Reichsbehüterin wünschen sollte. Ich hatte inzwischen zumindest schon mal die Bücher von meiner gedanklichen Liste gestrichen von denen ich mir ziemlich sicher war, dass sie im Mittelreich offiziell verboten waren. Zumindest wurden sie in Punin unter Verschluss gehalten, also wollte ich diesbezüglich mal kein Risiko eingehen, zumal ich mir der Anwesenheit der Praiosgeweihten und der Magier der Pfeile des Lichts, inzwischen war ich mir sicher, dass es sich um solche handelte, immer noch durchaus bewusst war. „Nun?“ Emers Stimme riss meine Aufmerksamkeit wieder in Richtung Tela, die immer noch da stand und Emer stumm anblickte. Ihrem Blick glaubte ich zu entnehmen, dass es nicht Furcht war, welche ihre Stimme unterdrückte. Tela schien mir eher, gelangweilt? Ich war mir nicht ganz sicher, aber normalerweise machte sie so ein Gesicht wenn sie sich mit Ghor über die Zubereitung von Kaninchen unterhielt. „Darf ich eurem Schweigen entnehmen, dass es nichts gibt, was ihr euch von mir wünscht?“ Wieder klang Emer eher angenehm überrascht als verärgert, was vermutlich auch an dem lächeln lag, welches sich über Telas Züge gelegt hatte. Ein leichtes Schulterzucken meiner Gefährtin tat ihr übriges. Ich wünschte mir in diesem Augenblick, dass ich nicht halb so schlimm aussah wie meine Gefährtin. Tiefe Augenringe, völlig verdreckt, wirres Haar und der Körper mit mehr mit einer Mischung aus Dreck und Blut als mit Kleidung bedeckt. Schließlich schüttelte Tela nur leicht den Kopf, wobei sie jedoch ihr offenen lächeln beibehielt und damit zu verstehen gab, dass sie tatsächlich keinen Wunsch hatte. Emer nickte stumm als Antwort, wobei sie Tela jedoch ebenfalls ein sehr offenes und freundliches Lächeln schenkte.
„Gibt es etwas, dass ich für euch tun kann, junger Streiter?“ Die Reichsbehüterin war vor Hakim getreten und ich war gerade dabei mir die Rüstung Emers etwas genauer zu betrachten, es gab Gerüchte darüber, dass die Reichsbehüterin auch durch magische Artefakte geschützt wurde und ich hatte mir dir Frage gestellt, wie sich das mit einer solchen Menge an verarbeitetem Metall vertrug, welches Emer ganz offensichtlich trug, als mich Hakims Stimme aus meiner Betrachtung holte.
„Bringt mir den Untoten Drachen zurück.“
Ein zucken der Augenbrauen Emers zeigte mir, dass sie diese Antwort ebenso überrascht hatte wie mich und vermutlich alle anderen umstehenden.
„Oder vielleicht zumindest ein paar seiner Diener. Wisst ihr, Reichsbehüterin, ich war gerade eben in Fahrt gekommen. Da kam dieses Skelett, einen rostige Streitkolben erhoben um mir den Schädel einzuschlagen, ich also bereit zu einer Riposte, da sehe ich dieses verwesende etwas mit einer rostigen Mistgabel zu einem tiefen Stoß ansetzend. Also doch keine Riposte, vielleicht ein gewagter Sprung, aber das Holz dieser Mistgabel wirkte gar zu morsch, dass hätte mich nicht gehalten. Also ein schneller, tiefer Beindreher…“ Hakim hatte seine Erzählung mit der ihm typischen Begleitung durch Großzügige Gesten unterstützt, nur das er diesmal so schlau gewesen war, seinen Säbel stecken zu lassen „aber ich schweife ab. Ja, also ich mitten im Gefecht mit diesem Untier, für einen Moment nicht ganz bei der Sache, dass lag vermutlich aber nur an diesem Felsblock der plötzlich von der Decke auf meinen Kopf gefallen war, man sollte doch meinen, hier im Mittelreich baut man stabiler, wie auch immer, ich komme wieder zu mir, da ist das Untier weg. Das stelle man sich mal vor. Man kann doch nicht mitten in einem Kampf einfach gehen. Was sind denn das für Sitten? Ich war, wie ich ja schon erwähnt hatte, gerade eben in Fahrt gekommen. Aber ich vermute das dies wohl eher einer unsittliche Bitte ist.“ Offenbar war unserem Zahori eingefallen, wer vor ihm Stand, den er trat wieder einen Schritt zurück zwischen Tela und mich und blickte verlegen zu Boden.
„Äh, ja, ein wenig.“ Die Reichsregentin bemühte sich, ihr lächeln ein wenig zurück zu halten. „Habt ihr vielleicht einen anderen Wunsch?“
Hakim ließ seinen Blick über den Burghof gleiten, von meiner Position aus hatte ich den Eindruck, dass er bei dem einen oder anderen Panthergardisten mit diesem kurz hängen blieb, war mir aber nicht sicher. Schließlich blickte er die Reichsregentin wieder direkt an und zuckte mit den Schultern. „Hm, ich schätze, dann wohl nicht. Aber seit herzlichst für das Angebot bedankt.“ Hakim verbeugte sich tief und Formvollendet, bevor er mit einem breiten Lächeln wieder seinen Kopf nach oben brachte. Es war kein hämisches grinsen sondern dieses, um bei einem Bild zu bleiben, grinsen, dass er immer auf hatte, wenn er sich, während Ghor und Tela über die Zubereitung von Kaninchen mehr oder weniger hitzig diskutierten für sich und Grauschnauz die besten Stücke von selbigem abschnitt. Es war sein, ich bin zufrieden Gesicht, also eben das, welches er meistens zeigte und bei Travia, das Gesicht für das ich ihn liebte. Wie viele Stunden auf einem Pferderücken, oder zu Fuß, in kalten Nächten an einem winzigen Lagerfeuer oder auf einem Flohverseuchten Strohsack in einer zugigen Dachkammer hatte mir dieses Gesicht schon gezeigt, dass es wahrlich schlimmer sein könnte. Die Schmerzen waren nie verschwunden, es war nicht wärmer geworden und auch nicht heller, dass ich zumindest hätte lesen oder schreiben können, die Flöhe waren nie plötzlich alle verendet und der Wind hatte meistens weiter gepfiffen, aber trotzdem war es nach einem Blick in dieses Gesicht auf einmal, mochten die Zwölfe wissen warum, ich tat es nicht, nicht mehr so schlimm.
Ein Blick in Emers Gesicht zeigte mir, dass sie es wohl ebenso sah und Verstand und wenn sie ihm auch sonst nichts geben konnte so schenkte sie dem jungen Zahori zumindest ein Lächeln das so unverblümt offen und ehrlich war das ich für einen Moment glaubte mein Herz würde stehen bleiben. Wie konnte eine so einfache Geste so viel ausdrücken? Unwillkürlich musste ich an Telas Aufnahme in ihren Hexenzirkel denken. Sie hatte damals diesen gleichen Gesichtsausdruck gehabt, das gleiche strahlende lächeln, dieses freudige strahlen in den Augen und dieses gewisse Etwas in den Zügen, dass man vermutlich wirklich nur an ganz besonderen Momenten zeigen konnte. Ob ich wohl bei der Verleihung meines Magierstabs und dem Rohalsmal bestimmt auch so gestrahlt hatte. Sicher war ich mir aber nicht, ich hatte niemanden gefunden, der mir später davon berichtet hatte.
Ein Bewegung vor mir ließ meine Gedanken zurück gleiten und ich konnte ein erschrockenes zucken nicht unterdrücken, als mir klar wurde, dass die Reichsbehüterin nun direkt vor mir stand, ihre Augen direkt in meine blickten und ihre helle Stimme fragte „Und ihr, gelehrte Dame, zumindest ihr müsstet doch einen Wunsch haben, den ich euch als Dank für eure Tapferkeit erfüllen kann, oder? Ich möchte nicht denjenigen, welche so viel für unser Reich und insbesondere für mich, getan haben, so gänzlich nur mit Worten meinen Dank ausdrücken müssen.“
Ich musste es nicht erst spüren um zu wissen, dass ich wieder genug von Sumus Kraft in mir hatte um mehr als genug Blut in mein Gesicht zu treiben damit es wohl wieder weit bis den Hals hinunter reichen musste. Mühsam versuchte ich, den Kloß in meinem Hals, ich war mir sicher, vor ein paar Sekunden war er noch nicht da gewesen, hinunter zu schlucken, bevor ich mit einem räuspern zu sprechen ansetzte. Zumindest versuchte ich es, aber irgendwie waren plötzlich alle Worte, die ich mir so sorgfältig zurecht gelegt hatte, immerhin stand die Reichsbehüterin vor mir, weg. Bei Hesinde, konnte das wahr sein? Ganz offensichtlich war es das und so brachte ich das erstbeste, was mir von meinen ursprünglichen Worten wieder einfiel einfach hervor. „Ich bin mir nicht sicher, Eure Kaiserliche Hoheit. Es gab ja schließlich einen guten Grund das man trennte, was nicht beisammen sein sollte.“
Die Züge der Reichsbehüterin, insbesondere ihr lächeln, verdunkelten sich für einen kurzen Moment, und sie ließ ihren Blick, wofür ich sehr dankbar war, von mir weggleiten und suchte, wenn ich es richtig interpretierte, ihre Tochter, die gerade bei dem Edlen von Wertlingen stand und sich mit diesem unterhielt. „Vielleicht sollten wir ein paar Schritte zusammen gehen.“
Es dauerte einen Moment und bedurfte des sanften Druckes der Hand der Reichsbehüterin an meiner Schulter bis ich erkannte, dass sie mich gemeint hatte. Erschrocken setzte ich ohne weiter nachzudenken einen Fuß vor den anderen, unschlüssig, was ich tun sollte. Hatte ich die Reichsbehüterin verärgert? Aber wenn ja, warum?
Nach wenigen Schritten blieben wir wieder stehen und sie bat mich, offen und frei heraus meine Bitte auszusprechen. Ich war mir nicht sicher, ob meine Idee die Beste war, die ich je gehabt hatte, aber ich hielt es auf alle Fälle erst einmal für angebracht die Reichsregentin über die wahre Bedeutung meiner zuvor getroffenen Aussage aufzuklären. Ich war in solchen Belangen eigentlich wirklich ziemlich unbeholfen, aber selbst mir war es aufgefallen, dass die Möglichkeit bestand, dass die Reichsbehüterin meine Worte falsch interpretiert hatte. Ihr helles auflachen, als ich ihr erläuterte, was meines Erachtens nach getrennt bleiben sollte deutete an, dass ich mit meiner Vermutung richtig gelegen hatte, was mich offen eingestanden mindestens genauso freute wie die das auflachen der Reichsbehüterin. Leider traf mich ihre Antwort auf meine Bitte dafür umso bitterer, obwohl ich mir eigentlich von Anfang an wenig Hoffnungen gemacht hatte. Was getrennt worden war, war eben genau aus diesem Grund getrennt worden, dass das Eine das Andere nicht beeinflusse.
Als ich mich enttäusch abwenden wollte, ich hätte es ja besser wissen müssen, hielt mich die Reichsbehüterin jedoch sanft zurück. „Gibt es nicht etwas anderes, das ich für euch tun kann? Etwas, was mehr in meinen Möglichkeiten liegt.“
„Na ja, vielleicht.“ Eigentlich hatte ich diese Möglichkeit gar nie in Erwägung gezogen, weil ich mir, im Gegensatz zum ersten Wunsch in dieser Hinsicht ziemlich sicher war, dass die Möglichkeiten der Reichsbehüterin in diesem Zusammenhang eher gering bis wahrscheinlich nicht vorhanden waren, aber ich konnte hinterher zumindest sagen, ich hätte meine Wünsche geäußert.
Zuerst schaute mich die Reichsbehüterin völlig verwundert an, als ich meinen Wunsch geäußert hatte. Ich beeilte mich daher, ihn zumindest zu erklären, im ersten Augenblick, ich hatte diese Möglichkeit gar nicht in Betracht gezogen, wie ich mir eingestehen musste, musste er ihr tatsächlich äußert Fragwürdig erscheinen, der Einflussnahme einer Frau mit der Macht der Reichsbehüterin nicht im geringsten würdig. Als ich meine Erläuterung beendet hatte schaute mich die Reichsbehüterin erst mit leicht zusammengekniffen Augen an, wenn ich es hätte beschreiben müssen hätte ich gesagt, sie musterte mich. Dann glaubte ich zu hören, dass sie Magister Stoerrebrandts Namen flüsterte, aber sicher war ich mir nicht. Ich hatte zwar gesehen, dass die Reichsbehüterin mit dem ehrenwerten Magister gesprochen hatte, aber ich war mir sicher dass die beiden wichtigere Dinge zu besprechen hatten als über eine Adepta Minor. Dann schüttelte die Reichsbehüterin leicht den Kopf und ich hoffte, sie würde mich nicht nochmal nach einer Alternative fragen, bevor sie mir mit lachendem Klang in ihrer Stimme erklärte, dass sie noch viel mehr als das für mich tun würde.

„Alrik.“ Der unscheinbare Mann, der mir eine Decke gebracht hatte, hatte sich mir gegenüber vorgestellt, während er aus einer Umhängetasche Brot zauberte, gut er zauberte es nicht aus der Tasche, er zog es einfach aus dieser heraus, aber für mich erschien es in diesem Moment wie zaubern. „Und in kürze bekommt ihr auch einen heißen Tee zu trinken, dass Feuer muss nur erst richtig in Gang kommen und das Wasser heiß werden. Aber bis dahin, gelehrte Dame, verzeiht die Frage, aber seid ihr Abgängerin einer Akademie oder hattet ihr einen privaten Lehrmeister?“
Alrik hatte eine angenehme Art, weder drängend noch bohrend, sondern offen, freundlich, er lachte auch offen, was in Anbetracht dessen, wie es um uns herum aussah ein wenig befremdlich wirkte, aber auch gut tat. Er war unmittelbar nachdem die Reichsregentin sich von mir entfernt hatte mit eben dieser Decke da gestanden, wie wenn er schon immer beinahe direkt hinter der Reichsregentin gestanden hätte. Ich konnte im nach hinein gar nicht mehr erklären, warum, aber ich hatte ihm so ziemlich alles über mich und meine Gefährten erzählt, was ich einem Fremden, den ich erst ein paar Minuten kannte über uns erzählen würde. Er wusste unsere Namen, woher wir kamen, aus dem Norden, aus den Salamandersteinen und wohin uns unsere Reise führte, nach Punin. Er wusste, dass ich Abgängerin der Puniner Akademie war, aber nicht, dass eine Grande aus Al´Anfa meine Tante war. Er wusste, dass Ghor aus Al´Anfa kam und ursprünglich einmal Söldner gewesen war, aber nichts von dem magischen Ring, den dieser bei sich hatte. Er wusste, dass Hakim ein gefeierter Schaukämpfer in Punin gewesen war und dass er ein Zahori war, aber wusste nicht, dass Hakim in Punin wohl Feinde hatte und nur mir zuliebe mit nach Punin reisen wollte. Er wusste, dass Tela meine Freundin war und eine echte Koryphäe im Bereich der Kräuterkunde, aber er wusste nicht, dass sie eine Hexe war und von Grauschnauz wusste er ebenfalls nichts. Er wusste über unsere Kampffertigkeiten, wobei meine ja eigentlich nicht erwähnenswert gewesen waren, aber auch sonst ein wenig über unsere Möglichkeiten in dieser kleinen Gruppe durch die Wildnis zu reisen. Er wusste auch, dass es reiner Zufall gewesen war, dass wir in der vergangenen Nacht in dieser Burg hatten übernachten wollen und wir daher wirklich nur durch Zufall oder Götterwirken an Ort und Stelle gewesen waren.
Ich hätte mich noch gerne weiter mit Alrik unterhalten, aber plötzlich hatte Prinzessin Rohaja unsere Aufmerksamkeit gewünscht. Sie hatte mehrmals „Bitte“ gesagt und betont, dass es schön wäre, wenn wir, also ich und meine Freund uns kurz bei ihr zusammenfinden könnten. Ghor schien sich inzwischen wieder ein wenig gefangen zu haben, auch wenn er mir immer noch überraschend wackelig erschien, während Tela so aussah, wie wenn sie im Moment überall anders lieber wäre, aber ich konnte sie verstehen. Würde ich irgendwo ein dunkles Eck finden, wo der Boden halbwegs trocken wäre, ich hätte mich auch da vermutlich einfach hingelegt und wäre direkt eingeschlafen.
„Meine Mutter, die Reichsbehüterin hat sich damit abgefunden, dass ihr, aus welchen Gründen auch immer, keine Belohnungen, oder doch eher merkwürdige“ Rohaja blickte kurz direkt zu mir, was mich wieder schlagartige erröten ließ, was der jungen Prinzessin ein befreites auflachen entlockte. „zu fordern. Die anderen Überlebenden waren da ein wenig pragmatischer und vielleicht auch vernünftiger, so ist die die weitere Nutzung dieser Anlage als Gaststätte an die Familie Wallninger übergegangen, zusammen mit dem Besitzrecht an dieser Anlage. Auch die Schankmagd und die Stallburschen wurden angemessen und Großzügig belohnt, da kam ich nicht umhin, mit meiner Mutter nochmals Rücksprache zu halten, ob sie euch, so Großzügig und Göttergefällig eure Worte auch waren, wirklich einfach so eurer Wege gehen lassen wollte. Meine Mutter wollte das, ich möchte das nicht.“ Rohaja hob abwehrend ihre Hände, als sie die Blicke meiner Gefährten sah. „Keine Angst, ihr seid und bleibt freie Menschen und es steht euch frei zu gehen wohin ihr wollte, aber es wäre mir ein Herzenswunsch, wenn ihr eure Pläne verschieben würdet und eure Schritte zuerst nach Gareth lenken würdet. Ich würde euch gerne, nachdem die, dank euch nun noch mögliche feierliche Bestattung meines Vaters vollzogen wurde, zumindest zu Ehrenrittern des Hauses Gareth ernennen und euch offiziell in die Edlenliste eintragen lassen. Das erscheint mir das mindeste, was wir euch schulden, auch wenn die meisten von euch anderer Meinung sind.“
Ich sah das leichte lächeln über die Gesichter meiner Gefährten huschen, insbesondere Hakim strahlte, aber ich konnte es ihm auch nicht verdenken. Einzig ich war mir unsicher. Wieder die Reise nach Punin verschieben, wieder meine Verpflichtungen gegenüber meiner Akademie anderen Umständen unterordnen. Ich würde mir noch einen offiziellen Verweis einholen, wenn nicht schlimmeres, aber konnte man der angehenden Herrscherin des Neuen Reiches einen Wunsch abschlagen? Konnte ich die strahlenden Gesichter von Ghor und Hakim, Tela schien es vermutlich gleich, ignorieren? Sollten wir uns trennen und ich alleine nach Punin weiterreisen und später nach Gareth nachkommen? Die Antwort war immer die gleiche. Nein. Ich konnte nicht. Stumm gab ich mit einem nicken meine Zustimmung.
Rohaja dankte uns nochmals allen mit einer festen Umarmung, wobei sie Hakim ein wenig länger drücken zu schien, aber das konnte auch täuschen.

„Euer Weg führt euch nun also doch nicht nach Punin, sondern nach Gareth.“ Alrik reichte mir einen tönernen Becher aus dessen Öffnung eine verlockende Dampffahne nach oben stieg und anzeigte, dass es eher unratsam war, sofort einen tiefen Schluck zu nehmen. Ich nickte stumm. Ich hatte plötzlich das Gefühl gehabt, zwischen all diesen Leichen und dem Wirken Borons, dessen Zeugen wir die letzten Stunden mit wurden schon viel zu viel gesprochen zu haben. „Schön. Ich wurde ebenfalls dem Tross zugeteilt, der direkt zurück nach Gareth verlegen soll, ich werde dafür sorgen, dass ihr und eure Gefährten dort eine angemessene Unterkunft erhalten werdet, bis die kaiserliche Familie ebenfalls wieder in der Stadt weilt und man einen Termin gefunden hat, an dem die Prinzessin ihr Versprechen erfüllen kann. Bitte entschuldigt, ich glaube, eure Gefährten würden sich ebenfalls über einen Becher heißen Tees freuen.“
Ich nickte Alrik zu und ein „Danke“ erschien mir durchaus angebracht, immerhin war ich ja keine Borongeweihte sondern stand dem Stillen Gott nur näher als seinen Elf Geschwistern. Ich blickte dem unscheinbaren Mann hinterher, der irgendwie so gar nicht zu den anderen Personen passen wollte, welche die Reichsbehüterin und ihre Tochter begleitet hatten, weder in seiner Gewandung noch in seinem Verhalten und irgendwo in meinem Kopf versuchte eine Frage sich zu formulieren. Aber in diesem Augenblick hörte ich einen der Gardisten rufen „Seht euch das mal an.“ Gut, er rief es nicht wirklich, er hatte es nur zwei anderen Gardisten in seiner Nähe gesagt, aber er war so nah bei mir, dass ich ihn ebenfalls verstanden hatte und ohne darüber nachzudenken bewegte ich meine Schritte ebenfalls zu ihm hin. Wer wusste schon, was er entdeckt hatte und nicht für alles musste man mittels Magie schauen um durchaus wissenswertes zu sehen. Die Frage in meinem Verstand hatte die sich bietende Gelegenheit jedoch genutzt um sich zu verflüchtigen, was aber nicht weiter tragisch war, sie schien ja nicht wirklich wichtig gewesen zu sein, sonst hätte sie sich ja zu klaren Gedanken geformt.
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BeitragThema: Re: Bis auf die Knochen VI   Bis auf die Knochen VI EmptyMi Aug 13, 2014 9:26 pm

Lynia ist zurück! Wie schön!
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