Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Bis auf die Knochen IV

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Lynia
Erzmagus
Lynia


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BeitragThema: Bis auf die Knochen IV   Bis auf die Knochen IV EmptySo Jan 05, 2014 10:44 am

„Bei Tsa, es sind zum Glück nur Goblins.“ Magister Stoerrebrandt atmete erleichtert aus, als er seine Nachricht durch den Raum hindurch verkündet hatte. Sein fragender Blick glitt über die Gesichter der Anwesenden, das Wirtsehepaar klammerte sich aneinander, die Schankmagd hatte sich den zweiten, älteren Stallburschen als Anker für ihre Furcht ausgesucht und blieb schließlich bei mir hängen. „Versteht ihr nicht? Es sind nur Goblinleichen und Skelette, die da kommen. Auf die Entfernung sahen sie im ersten Moment, Tsa helf, wirklich aus wie…“ Magister Stoerrebrandt war so freundlich und führte seinen Satz nicht zu Ende. Jeder, der schon mal einen Goblin gesehen hatte, und sei es nur in einem Buch, wusste, dass diese, ähnlich wie die Zwerge, auch wenn man diesen Vergleich in Gegenwart eines Zwerges tunlichst nicht Aussprechen sollte, nicht wirklich groß wurden. Körpergrößen um ein, zwei Spann mehr als einen Schritt waren die Regel, daher konnte man sie auf den ersten Blick durchaus für jugendliche Orks oder eben, wenn man nur ihre Umrisse sah, für jugendliche Menschen halten.
Als ich meinen Blick, inzwischen war ich ebenfalls erleichtert, wurde mir doch die volle Tragweite der Worte des Magisters bewusst, über die anderen gleiten ließ sah ich darin immer noch nur Angst und Entsetzen. Das wiederrum verstand ich jetzt nicht. Was wäre das für einen Schlag für die Moral gewesen, gut, mit Ausnahme der Orks vielleicht, wenn unter den wandelnden Leichen plötzlich die Leichen von Kindern gewesen wären. Aber so. Ein paar Goblins unter den Untoten, das würde wohl eher weniger noch einen Unterschied ausmachen.
„Wo habt ihr die Goblins gesehen?“ Ich trat zu Magister Stoerrebrandt, der immer noch im Türrahmen des Kaminzimmers stand und ein wenig um Atem rang. Sein Zustand hatte sich nur unwesentlich gebessert.
Der Magister zeigte mir an, ihm zu folgen, während er sich wegdrehte und wieder in Richtung Treppe nach unten verschwand, diese aber nicht betrat. Stattdessen stellte er sich an ein Fenster, wobei es sich dabei eher um eine Schießscharte denn ein Fenster handelte, und deutete auf dieses.
Ich trat an die Schießscharte heran und ließ meinen Blick nach draußen gleiten. Es stürmte und regnete immer noch und das volle Madamal beleuchtete die Umgebung nur unzureichend. Der Blick ging Richtung Firunrahjawärts und war durch mehrere Bäume und Buschgruppen zusätzlich verdeckt, aber die Ansammlung an sich bewegenden Gestalten war trotzdem zu erkennen und im ersten Moment erschrak ich, auch wenn ich eigentlich ja schon wusste, dass es nur Goblins waren. Es sah tatsächlich so aus, wie wenn eine kleine Armee aus älteren Kindern auf die Burg zumarschierte und erst als ich genauer hinschaute, insbesondere in die vordersten Gesichter, beziehungsweise in das, was von diesen noch übrig war, erkannte ich, dass es sich um Goblins handelte, beziehungsweise um belebte Goblinleichen. Der Großteil von ihnen bewegte sich direkt auf den Bergfried zu und waren damit für geraume Zeit keine wirkliche Gefahr, da die Burg an dieser Seite mehrere Schritt abfiel. Trotzdem war es ein Zuwachs an Bedrohung, von dem die Kämpfer wissen sollten. Gleich nach einem schnellen Odem. Oder vielleicht doch einem Oculus? Immerhin stand die Frage im Raum, wo die Goblinleichen jetzt herkamen. Waren sie einen weiteren Weg gegangen, als die anderen Untoten und damit die Reichweite des Lockrufes größer als ich bisher angenommen hatte oder war der Lockruf stärker geworden und hatte nun auch Leichname erweckt, welche wohl schon länger tot waren? Eine einfache Analyse würde mir vieles erklären und die ein oder andere Wissenslücke schließen, die nicht nur ich, sondern auch das ein oder andere Schriftstück in der Bibliothek von…
„Lynia, ihr solltet Marschall von Wertlingen von dieser neuen Bedrohung berichten. Er und die anderen Kämpfer müssen darüber informiert werden.“ Magister Stoerrebrandts Worte rissen mich aus meinen Überlegungen.
„Äh, ja. Ihr habt recht, Magister. Ich eile sofort los.“
„Äh, Lynia. Ihr solltet euch vielleicht erst noch ganz anziehen und auch euren Mantel mitnehmen, falls der Marschall nicht unten beim Sarg ist und ihr den Burgfried verlassen müsst.“
„Oh, ihr habt Recht. Danke.“ Ich rannte zurück ins Kaminzimmer, zog meine Socken, die erfreulich warm und trocken waren, ebenso wie meine Robe, wie ich freudig feststellte, an, bevor ich in meine Stiefel schlüpfte. Meinen Mantel warf ich mir nur über den Arm, mit dem ich auch meinen Stab griff und schon war ich wieder draußen. Die Wärme und Trockenheit in dem Kaminzimmer hatten mich schläfrig gemacht und ich war froh, dass diese Ablenkung dazwischen gekommen war. Ich hätte eigentlich draußen, bei meinen Freunden sein sollen, um mit diesen zusammen die Untoten abzuwehren, welche die Burg berannten, aber die Dschinnenherbeirufung in diesem dünnen Gewand hatte mir doch mehr zugesetzt, als ich gedacht hatte. Nicht nur, dass sie eben einen großen Teil von Madas Kraft aus meinem Körper verbraucht hatte, die Zeit im kalten Wind und Regen mit nur unzureichender Bekleidung waren ebenfalls nicht zuträglich gewesen. Selbst die Wirtsleute waren erschrocken, als mich der Edle von Wertlingen in das Kaminzimmer gebracht und bis direkt vor den Kamin geführt hatte. Aber das war Vergangenheit und ich fühlte mich, wenn auch nicht wieder völlig fit, ich spürte die Leere, welche die große Menge an verbrauchter Kraft hinterlassen hatte, immer noch deutlich in mir, bedeutend besser als noch vor, ich konnte gar nicht sagen, wie lange ich im Kaminzimmer gesessen war, aber es war eben auf alle Fälle lange genug gewesen.
Kurz darauf hatte ich den Edlen im Burghof gefunden, wo er einem der Söldner dabei half, die Pferde ein wenig zu beruhigen. Ich trat an den Edlen heran und erzählte ihm, was Magister Stoerrebrandt entdeckt hatte. Aber auf meine Ausführung, dass es sich nur um Goblins handelte, reagierte er nicht ganz so erleichtert, wie ich erwartet hatte.
„Wir haben zwei der Uhdenberger verloren.“ Flüsterte er mir ins Ohr, wie wenn der Regen und der Sturm eine Verständigung nicht eh schon schwer genug gemacht hätten. „Übermut. Sie haben die Brüchigkeit der Wehrgänge überschätzt und die Rutschgefahr durch die nassen Holzbohlen unterschätzt.“
„Und? Sind sie schon wieder auferstanden? Als Untote meine ich?“ Ich schaute den Edlen fragend an, aber sein Blick bohrte sich in mich, wie wenn ich gerade im Unterricht eine Frage zu einem völlig anderen Thema gestellt hätte. Mit erschrecken sah ich auch, dass seine Fäuste sich ballten, aber ein schneller Blick hinter mich zeigte mir keine unmittelbare Gefahr und als ich mich wieder dem Edlen zuwandte, hatte dieser schon fest die Zügel eines der Pferde gefasst und sprach beruhigend auf dieses ein. Ich überlegte gerade, ob ich meine Frage wiederholen sollte, immerhin war das ein durchaus wichtiges Detail, das Aufschlüsse über die Möglichkeiten der Gegenseite aufzeigen konnte, aber bevor ich meine durchaus wichtige Frage wiederholen konnte wurde mir durch einen lauten Ruf eine weiter Möglichkeit der Gegenseite aufgezeigt.
„Oger! Untote Oger!“

Ein Untoter Oger war eigentlich nichts anderes, als ein belebter Leichnam, wenn auch ein großer. Die anderen machten daraus so etwas wie ein eigenes Lehrthema. Binnen Minutenfrist waren die beiden monströsen Kreaturen, beeindruckend sahen sie alle mal aus und ich überlegte mir und begann zu berechnen, welchen Aufwand, welche Kraft dafür nötig sein musste, wurde aber wieder einmal, dass schien der Fluch dieser Nacht zu sein, abgelenkt.
Diesmal war es Tela, die sichtlich erschöpft an meine Seite trat. „Wir beide haben die ehrenvolle Aufgabe, die Treppe zu bewachen und dafür zu sorgen, dass nichts, was nicht hier hoch gehört, hier hoch kommt.“
Ich schaute kurz fragend, dann zweifelnd zu Tela. Ghor und Hakim waren gerade zusammen mit zweien der Panthergardisten und vieren der Söldner, zwei von ihnen waren Orks, wie ich mit Verwunderung feststellte, die schmale Treppe hinunter geritten, um in einem, sie nannten es Ausfall, die beiden Ogerleichname zu zerstören, bevor sie an die Burg herankommen konnten. Die Befürchtung war, dass die Oger die Mauer würden einreißen können, und das musste man verhindern. Ich hatte überlegt, ob ich den anderen sagen sollte, dass ich errechnet hatte, dass die Untoten, wenn ich mich nicht dramatisch vertan hatte, in ungefähr zwei Stunden eh von alleine in der Lage waren, halbwegs vernünftig über die Mauer zu kommen und zwar alle von ihnen, die noch die nötigen Gliedmaße dazu hatten. Aber dieser Ausfall schien auch eine Art Befreiungsschlag zu sein, wie, endlich selber einen Zauber sprechen zu dürfen und nicht nur ihn ständig trocken üben zu müssen. Es schien, als ob sie alle, die sie da ritten, das nun brauchten, dieses endlich selber Aktiv zu werden und nicht immer nur darauf zu warten, wo die Untoten die Mauer überwunden hatte um sie dort zurückzuschlagen. Aber deswegen gleich die schmale Treppe nach unten reiten. Immerhin waren ja schon Zwei der Söldner tot, weil sie die Stabilität der Anlage und die Rutschgefahr durch den stetigen Regen unterschätzt hatten. Aber zumindest dieser Teil war schon mal gut gegangen und die Acht waren auf dem Weg. Ich ließ meinen Blick wieder zu Tela schweifen, momentan gab es an der Treppe und auch in ein paar Meter Abstand wohl nichts, was in absehbarer Zeit dort hochkommen wollte. Ob sie sich darüber bewusst war, dass es sein konnte, dass wir eventuell gezwungen sein würden auch das, was von Ghor und oder Hakim übrig war ebenfalls daran zu hindern, hier hoch zu kommen? Ich atmete nochmal kurz tief ein und langsam wieder aus, während ich in meiner Manteltasche etwas suchte, dass ich vorsichtshalber aus meiner Umhängetasche heraus genommen und zu mir in den Mantel gesteckt hatte, wo es mir im Bedarfsfall schneller zur Verfügung stand, was durchaus notwendig werden konnte. „Hier, bitte.“
Tela schaute erst verwundert mich und dann meine Handfläche an, welche ich ihr offen entgegenstreckte. Auf dieser lag eine der kleinen Mooskugeln, welche ich damals, vor ein paar Monden von den Feen bekommen hatte. „Aber…“ setzte sie noch an, dann nickte sie dankend und nahm die Mooskugel an sich.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder der Treppe zu, ich war mir sicher, Tela war in der Lage, die Kugel zu essen, auch ohne dass ich ihr dabei zusah.

Plötzlich waren sie überall. Eigentlich war die Treppe noch frei, aber die Untoten waren an solche Gegebenheiten inzwischen nicht mehr gebunden. Auch die Innere Mauer zollte nun den Jahren der Vernachlässigung ihren Tribut und bröckelte unter dem Ansturm der Menge an belebten Leichen an immer mehr Stellen, welche die geschickteren unter diesen, hauptsächlich Humanoide Skelette und Leichen nutzen konnten, um sich über die Mauer zu arbeiten. Andere hatten eine ebenfalls sehr geschickte Art gefunden, in den Inneren Hof einzudringen. Sie waren, wie auch immer, auf das Dach der Scheune und des Stalls gelangt, welcher sich im äußeren Hof befand und von dort aus war es nur noch ein kurzes Stück bis zur Mauerkrone der Inneren Mauer und dadurch, dass uns Acht Kämpfer fehlten, konnte die ganze Mauer nicht mehr abgedeckt werden. Ob der Rest nun Zufall war oder Thargunitoth ihre fauligen Lippen zu einem lächeln zurückzog, die Fakten waren, dass die Untoten sowohl an einer Seite des Burgfriedes als auch vom Dach der Scheune aus begannen, in den Innenhof einzudringen. Auf der Firunwärts gelegenen Seite der Mauer wusste ich den Golgariten, den verbliebenen Panthergardisten und den Säufer, von dieser Seite aus kamen deutlich mehr Untote, als von den anderen vier Seiten, wobei ja eine Seite gänzlich durch die Rückseite des großen Wohngebäudes gebildet wurde und an einer Seite der mächtige Burgfried aufragte und von daher ja eigentlich keine Gefahr drohte. Auf der anderen Seite, eben da, wo auch das Scheunendach anschloss, sollten eigentlich die Streunerin und die zwei verbliebenen Söldner stehen, aber die Mauer war von hier unten zu lange, um sie gänzlich mit einem Blick zu erfassen und ich sah nur den verbliebenen Ork, wie er lachend, ich war mich sicher, dass ich ihn lachen hörte, die Untoten zurück über die Mauer trieb.
An der Treppe war es noch verhältnismäßig ruhig und Tela gab mir mit einem nicken zu verstehen, dass ich hier nicht gebraucht wurde.
Aber, wo wurde ich gebraucht und vor allem, wie sollte ich helfen?
Den Ork mit einem Attributo unterstützen schied aus, dazu hätte ich auf den Wehrgang müssen und wir hätten eine gute Minute Zeit gebraucht und ich wagte zu bezweifeln, dass diese die Untoten uns gelassen hätten. Dunkelheit würde auch nichts nutzen. Es war eh schon Dunkel und Untote waren, wie uns vor allem die Skelette bewiesen, auf diesen Sinn wohl nicht mehr angewiesen, also würde auch eine Nebelwand nur noch mehr Verwirrung stiften. Die Option, einen Zant zu beschwören gewann immer mehr an Reiz. Ein Zant war ein Niederer Dämon aus dem Gefolge des Belhalhar und damit war die Gefahr, dass der Herr dieser Untoten die Kontrolle über meinen Zant übernahm zwar immer noch gegeben, aber sie war unwahrscheinlicher. Ein Zant an unserer Seite würde das Gleichgewicht der Kräfte erheblich wieder in unsere Richtung schieben, hoffte ich. Alles was ich jetzt noch brauchte waren ein ruhiges Eck für mich alleine und ein bisschen Zeit. Während ich also begann, meinen Blick über den Innenhof gleiten zu lassen vernahm ich wieder einen Schrei. Diesmal aber jedoch ohne verbalen Inhalt und auch die Stimme kam mir nicht bekannt vor.
Aber ich hatte genug gehört um zu verstehen, dass jemand in Not geschrien hatte und dass der Schrei aus Richtung dem Burgfried gekommen war.
Als ich mich zu diesem umgedreht hatte dauerte es ein paar Sekunden, bis mir auffiel, was nicht stimmte. Es war so offensichtlich, aber auch so unwahrscheinlich, dass mein Verstand es einfach ausgeblendet hatte. Ein gutes Stück, bestimmt bald Vier Schritt oder mehr, der Inneren Mauer war, in unmittelbarer Nähe zum Burgfried, einfach nicht mehr da. Die Mauer endete in einem abgebrochenen Stück und nach der großen Lücke, durch welche hindurch ich den Regen außerhalb der Anlage peitschen sah, kam nur noch ein wenig Mauerrest, welcher sich an den Burgfried zu klammern schien. Aber ebenso wie das Mauerstück fehlte auch der Säufer, der Panthergardist und der Golgarit. Ich rannte sofort, so gut es der rutschige Untergrund erlaubte, in Richtung der Lücke los, während ich alle Zwölfe nacheinander um Beistand anflehte. Keuchend kam ich an der Bruchkante zum stehen und blickte in die Tiefe. Ein paar Schritt unter mir sorgten die Untoten dafür, dass weder der Panthergardist noch der Golgarit sich ihren Reihen anschließen würden, zumindest nicht in einem brauchbaren Zustand, aber nicht einmal einen Schritt unter mir hing der Säufer und klammerte sich an einen Stein, welcher aus dem Erdreich ragte und zappelte dabei mit den Beinen, wie wenn er Angst hatte, dass die Untoten unter ihm sich daran hängen würden um ihn ebenfalls in die Tiefe zu ziehen. Ich wagte aber zu bezweifeln, dass die Leichname in der Lage waren, so hoch zu springen und die eingestürzte Seite sah auch nicht so aus, als ob irgendwelche Untote daran würden hochklettern können.
„Hilfe.“ Keuchte der Säufer und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn zurück. Durch den kurzen Sturz nach unten war sein Hemd aus seiner Hose und diese, wider aller Wahrscheinlichkeit ein wenig nach unten gerutscht und da mein Blick gerade auf die Leichen des Gardisten und des Golgariten geruht hatte, es hätte mich schon interessiert, ob und wenn ja, wie schnell sie sich ebenfalls als Untote erhoben hätten, streifte ich, als ich nach dem Säufer schauen wollte dessen halb entblößte Kehrseite und trotz all der Leichen in den verschiedensten Graden der Verwesung, keine von ihnen war ein Anblick, der angenehm war, das ließ mich ein wenig schaudernd zurückweichen und hoffen, dass nun, da diese Schlucht offen war, vielleicht ein wenig Wasser diese hinunterlaufen könnte um...
„Nicht, du musst mir helfen!“ hörte ich das verzweifelte jammern des Säufers. „Ich kann mich nicht mehr lange halten.“
Ich trat wieder ein wenig an den Rand des Abbruchs, dass der Säufer sah, dass ich noch da war und überlegte, was ich tun konnte. Selbst ein Attributo auf mich selbst, um meine Körperkraft zu steigern würde nicht reichen, damit ich ihn hochziehen konnte, es würde zu lange dauern, ich müsste mich auf den Boden legen und dann war immer noch nicht klar, ob ich stark genug sein würde, ihn hochzuziehen, er war ja, obwohl er noch nicht einmal eine Rüstung trug, ganz offensichtlich nicht der Leichteste. Hilfe konnte ich auch keine holen, es hing im wahrsten Sinne des Wortes einzig an mir. Wenn er nur ein paar Steine unter sich hätte, feste Punkte an der Wand, an welcher er hing, dann könnte er sich vielleicht selber hochbringen, nahe genug hing er dazu ja an dieser, aber immer wenn er mit den Füßen strampelte, bis diese an der Wand blieben und er sich mit seinen Armen nach oben ziehen wollte wurden seine Backen ganz dick und sein ganzer Kopf so rot wie seine Nase. Dann wären die festen Steine wohl auch keine Hilfe. Der würde ja gerade mal eine größere Stufe hoch kommen, aber auch nur, wenn an deren oberen Ende ein Weinschlauch liegen würde.
„Zieh die Beine hoch und press sie an die Wand und halte sie da, bis ich sage, dass du sie wieder runter nehmen kannst. Nur die Beine an die Wand, sonst nichts!“ schrie ich dem Trinker nach unten zu, während ich gedanklich schon die Matrix für den passenden Zauber aufrief. Der Zauber war anspruchsvoll, was seinen Bedarf an Madas Kraft anging, aber er war der einzige, der mir einfiel und in dieser Lage helfen konnte. Den Nihilogravo wollte man mir damals in Nostria ja nicht beibringen. Es wäre keine Kapazität mehr frei, welche mir private Lehrstunden geben könne, war die Begründung gewesen. Ich war mir sicher…
„Ich hab meine Füße fest!“ schrie mir der Säufer entgegen und riss mich zurück zur Regennacht in einer von Untoten belagerten und beinahe überrannten Burg.
Ich kreuzte meine Arme, mit den Handflächen nach außen vor meinem Gesicht, während ich nach unten schaute, den Säufer dabei wohlweißlich mit meinem Blick meidend, und sprach „Fortifex Arkane Wand.“ Ich spürte, wie der Zauber mir den Rest meiner Kraft aus dem Körper zog, aber es war die einzige Möglichkeit gewesen, die mir eingefallen war. „Stell dich hin!“ schrie ich nach unten, während ich versuchte, die Schlieren vor meinen Augen zu verdrängen. Ich war schon wieder Nass bis auf die Haut, mir war Kalt, ich war Müde, ich hatte Angst und nun spürte ich statt der vertrauten, wohltuenden Kraft Madas nur noch leere in mir.
„Ich soll was?“ klang es von unter der Bruchkante klagend hervor.
„Stell dich hin. Wenn du direkt unter dir einen Widerstand spürst, dann stell dich hin und klettere hoch, aber schnell, der Zauber hält nicht ewig. Wenn du nichts spürst, schrei nochmal um Hilfe.“ Ich taumelte ein paar Schritte zurück, in Richtung Burgfried und Eingang zu diesem. Zumindest ein wenig Schutz vor dem Regen, dass war besser als nichts. Da tauchte der Kopf des Säufers auf und schaute mich ungläubig an. „Ich meinte wirklich schnell. Dein Boden wird sich gleich wieder auflösen!“ schrie ich ihm zu, was er zum Anlass nahm, sich mit seinen Armen nach oben zu drücken und vornüber auf den Boden des Hofes fallen zu lassen. Als ich mir sicher war, dass er mit soviel Körper oben war, wie nötig um ein wieder hinunterfallen zu verhindern, trat ich zurück in den Regenschutz des Burgfrieds. Zumindest schienen die Geweihten nun erkannt zu haben, dass sich das ganze wohl gegen uns zu wenden schien, denn sie stritten sich gerade mal nicht.
Mit zitternden Händen kramte ich in meiner Manteltasche nach meiner zweiten Mooskugel und ohne nachzudenken oder zu zögern begann ich sie zu essen. Dann würde es eben keine genaue Analyse der Zusammensetzung dieser Kugel in den Laboren an der Akademie geben. Wenn ich hier nicht mit meiner Seele in meinem Körper zusammen heraus kam, dann würde ich nie wieder etwas analysieren. Aber weh tat es trotzdem ein bisschen. Aber vielleicht hatte Tela ihre Kugel ja doch nicht gegessen. Aber selbst wenn nicht, ich würde sie eh nie danach fragen. Wenn sie es nicht getan hatte, dann würde sie mir die Kugel zurückgeben und wenn sie die Kugel gegessen hatte, dann war das auch in Ordnung, so lange es dann geholfen hatte, dass wir zusammen, gesund an Körper und Geist hier heraus kamen. Zum Ausgleich versuchte ich, so viele Sinneseindrücke von der Wirkung der Kugel zu erfassen, wie möglich. Wie schmeckte sie? Wie fühlte sie sich im Mund an? Wie war ihre Konsistenz? War der Effekt der Regeneration spürbar? War der Effekt spürbar? Spürbar?
Ich spürte etwas, wenn auch nur fein und eher am Rande meines Bewusstseins. Hätte ich nicht gerade alle meine Sinne auf mein Innerstes gerichtet gehabt, ich hätte es wohl auch nicht gespürt, aber so merkte ich es sehr wohl, wenn auch schwach und eigentlich völlig falsch. Meine Fußsohlen vibrierten ein wenig. Wieso vibrierten meine Fußsohlen, wenn dieses Feengeschenk meine Astrale Kraft regenerierte?
Mit wenigen Sätzen war ich an der Bruchkannte, seitlich des Burgfried. Der Säufer war schon weg, aber bei all den Pferden, die hier im Hof immer mehr in Richtung Burgfried drängten, der Ort, der für ihre Sinne und Empfindungen wohl noch am sichersten war, konnte er genauso gut nur ein, zwei Schritt von mir weg stehen und ich hätte ihn nicht gesehen, aber das spielte jetzt ja auch überhaupt keine Rolle. Ich trat vorsichtig an den Rand der Bruchkante und blickte nach unten. Es war, wie ich es befürchtet hatte.

„Ghor! Im Keller geschieht etwas... ein Tunnel... sie kommen!“. Bei Rondra und ihren Elf Geschwistern, von den acht, die ausgeritten waren um was auch immer zu tun waren nur vier zurückgekehrt. Aber, Boron sei Dank, Ghor und Hakim waren mit dabei, ebenso die beiden Panthergardisten. Die vier Söldner sah ich nicht mehr, aber ein lautes „Tairach, ich komme auch bald!“ auf Ologhaijn ließ mich wissen, dass nicht nur ich wusste, dass unsere Verteidigung ein gutes Stück dünner geworden war. Ich war noch versucht, irgendjemandem zu sagen, dass wir noch zwei Kämpfer verloren hatten, aber der Säufer würde ja wohl hoffentlich nach diesem Schock nüchtern genug sein, klar sprechen konnte er ja nun, wie ich jetzt ja wusste, um die Information weiterzugeben.
Hakim hatte sich sofort auf zu den Pferden gemacht und deren aufkeimende Unruhe ein wenig eingedämmt. Bestimmt keine schlechte Idee. Zwischen nervösen und dabei vermutlich auskeilenden Pferden zu kämpfen konnte ich mir nicht wirklich zielführend vorstellen. Bei den Panthergardisten wusste ich nicht, ob sie auf mich hören würden, auch wenn meine Aussage unser aller Sicherheit betraf, also musste ich schweren Herzens, ich hätte Ghor wirklich ein paar Minuten durchschnaufen gegönnt, zu dem einzigen Menschen gehen, der zum einen auf mich hören würde und dem ich zum anderen zutraute, dass er vernünftig genug war den Rückzug anzutreten, wenn seine Position unhaltbar werden würde. Ich hatte auch Tela gesucht, aber Ghor eben zuerst gesehen und ich wusste nicht, wieviel Zeit noch blieb.
Ghor schaute mich kurz an und verschwand dann mit festen, schnellen Schritten Richtung Burgfried.

Ghor war, so hoffte ich, im Keller des Burgfrieds, die zwei überlebenden Panthergardisten hielten die Treppe, die beiden überlebenden Söldner kämpften inzwischen auf dem Hof und versuchten, den Panthergardisten die Flanke frei zu halten. Hakim, Tela, der Säufer und die Streunerin schienen überall und nirgends zu sein. Inzwischen schien es keinen Platz auf dem Hof mehr zu geben, an dem man sicher war. Aber noch kamen die Untoten nur vereinzelt durch, an der Treppe gab es kein Durchkommen für sie und über die Mauer kamen sie ebenfalls nur so vereinzelt, dass immer zwei Kämpfer zusammen schnell zu einem belebten Leichnam eilen konnten um diesem das Unleben wieder aus dem Leib zu schlagen. Meinen Berechnungen nach hatten wir noch eine gewisse Zeitspanne, bis die Untoten einen Neuen Grad an Intelligenz erreicht haben würden, was dann bedeuten würde, dass sie wohl beginnen würden, sich mit Hilfsmittel in größerer Zahl einen Weg über die Mauern zu bahnen.
Ich hatte mich geirrt. Nicht was die steigende Intelligenz der Untoten anging, sondern was die Wahl ihrer Mittel betraf. Sie hatten schon gezeigt, dass sie sehr wohl zwar immer noch mehr oder weniger damit beschäftigt waren, sich unmittelbar dem Burgfried zu nähern, aber inzwischen durchaus erkannt hatten, dass man nicht jedes Hindernis übersteigen oder umgehen musste. Plötzlich brach ein, wenn auch nur kleiner Teil der Mauer ein, welche an der Rückseite des Wohngebäudes entlangführte. Aber das Loch wurde schnell größer und die ersten Ratten strömten in den Hof. Ich brauchte mir die Tiere nicht über die Maßen lange anzuschauen um zu erkennen, dass man mit Gift bei diesen nichts mehr ausrichten könnte. Aber die Ratten waren nur die Vorhut, sie hatten sozusagen nur den Weg bereitet. Die ersten größeren Untoten, welche durch das Loch krochen konnten die beiden Söldner noch direkt beim rauskriechen erschlagen, aber die nachdrückende Masse war zu stark und das Loch wurde immer größer. Das schien auch der Ork zu erkennen.
„Rückzug. Dieses Loch wird zu groß, ich kann nicht alle erschlagen schnell genug.“ Sprach er in gebrochenem Garethi, aber während die Söldnerin an seiner Seite nur dreckig lachte und etwas von Sold erzählte, schauten sich die beiden Panthergardisten kurz an und während einer sich zügig von der Treppe löste, zog der andere sich nur langsam zurück, während er nach den Söldnern an seiner Seite schaute um diese ebenfalls darüber in Kenntnis zu setzen, was passierte.
Auch ich zog mich langsam zurück Richtung Burgfried, als ich die Streunerin sah, wie sie gerade einen Fuchskadaver aufspießte, was das Tier aber nicht wirklich beeindruckte. Erst als sie ihn mit ihrem Stiefel zu Boden presste und mit ihrem anderen Fuß seinen Schädel zertrümmerte hörten seine Bewegungen auf. Das die Streunerin immer noch nur mit einer Art Florett kämpfte war mir unerklärlich. Sogar sie musste doch inzwischen erkannt haben, wie nutzlos diese Waffe gegen diese Gegner war. Aber im Moment stand sie relativ alleine und so näherte ich mich ihr vorsichtig und gab mich mit einem kurzen Ruf zu erkennen.
„Oh, du bist es. Und, schon einen Zauber im Ärmel, der uns hier raus bringt?“ fragte sie gehetzt, mit einem verzerrten lächeln auf den Lippen.
„Äh, nein. Noch nicht. Aber vielleicht etwas anderes.“
„Na dann, mach mal hin. Inzwischen kämpfen der Ork und einer dieser Gardisten alleine und ich weiß nicht, wie lange diese noch darauf warten, zu ihrem jeweiligen Gott zu reisen.“
Ich schaute nicht in Richtung der Mauer. Die Aussage der Streunerin reichte mir völlig und es gab keinen Grund, warum ich daran zweifeln sollte, dass die Söldnerin nun ebenfalls gefallen war. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf den Burgfried. Wie die Streunerin gesagt hatte, es war Zeit, dass ich auch wieder etwas tat.
„Bei Boron. Sie ist wieder aufgestanden.“ Hörte ich die Streunerin keuchen. „Und jetzt greift sie ihren eigenen Kameraden an!“ schrie sie nun förmlich.
Also war es jetzt soweit. Die Kraft der Beeinflussung war nun so stark, oder vielleicht lag es auch einfach nur an der Nähe, ah Hesinde, man sollte das hier alles ruhiger und geordneter Betrachten und Analysieren können, dass frische Leichen, kaum dass die Seele den Leib verlassen hatte, erneut zum Untoten Leben erwachten.
„Oculus Astralis.“ Hier war mehr als ein einfacher Odem gefragt. Sollte eine markante Änderung in der Signatur des Lockrufes eingetreten sein, dann musste ich das wissen. Vielleicht ging die Verbesserung der belebten Leichen immer schneller vonstatten, und nicht, wie ich zuerst vermutet hatte, in einem festen Intervall Schubweise. Vielleicht ging dieser Kampf schneller seinem Ende entgegen, als wir alle zu hoffen gewagt hatten. „Bei Hesinde! Wie kann eine Magierin alleine so Dumm sein wie ich?“ Ich ließ meine Arme kraftlos nach unten fallen und schaute fasziniert, aber auch in stummer Verzweiflung nach oben in Richtung Burgfried. Das ganze hätte so vielleicht gar nie erst stattfinden müssen. Die Kraftfäden gingen zwar, wie ich ja schon wusste, zum Burgfried, aber nun, da ich direkt vor diesem stand, musste ich meinen Kopf in den Nacken legen und bis in den dritten Stock des Turmes schauen um zu sehen, wo die Quelle dieser Kraft sein musste. Der Sarg aber stand, es gab keinen Grund warum sich das geändert haben sollte, immer noch im Erdgeschoss. Es war also gar nicht der Sarg, oder etwas in seiner unmittelbaren nähe, das die ganzen Untoten anlockte. Es war etwas, dass sich in dem verfallenen dritten Stock oder höher befinden musste.
Ein kräftiger Rempler raubte meine Konzentration und schickte mich zu Boden. Mein erster Gedanke war an ein Pferd, aber dann sah ich beim hochschauen die Rückseite des Säufers, wie er hastig in den Burgfried stürmte. Seine Hose hatte immer noch nicht an ihren eigentlichen Platz gefunden und so schaute ich schnell wieder weg. Beim Aufstehen merkte ich, dass meine nasse Kapuze sich halb über meine Augen gelegt hatte und das Wasser nun direkt über mein Gesicht am Hals entlang nach unten laufen konnte. Nicht dass das noch was ausgemacht hätte. Als ich die Kapuze wieder aus meinen Augen hob sah ich die Streunerin direkt vor mir stehen. Bevor ich etwas sagen oder sonst wie reagieren konnte schob sie mich mit ihrer linken Hand unsanft nach hinten, bis ich mit dem Rücken gegen die Mauer des Burgfried stieß. Ein Schmerzenslaut entfuhr mir, wenn auch mehr aus Überraschung den als wirklichem Schmerz, obwohl der Aufprall doch ziemlich heftig gewesen war. Nun ja, die Streunerin war ja auch ein gutes Stück größer und breiter als ich. Ich wollte gerade Fragen, was ich ihr getan hatte, um so eine Behandlung zu verdienen, als sie mir ihr Florett geradewegs durch den Bauch stieß. Ich war überrascht, wie klar ich das Geräusch hörte, als die Spitze ihrer Waffe aus meine Rücken wieder austrat und auf den Fels des Burgfriedes stieß. Dem Klang nach zu urteilen hatte diese Behandlung der Waffe bestimmt nicht gut getan. Auch das Geräusch, mit dem sie die Waffe wieder aus mir herauszog hörte sich interessant an. Ich war erstaunt, wie wenig das prasseln des Regens, das schnauben der Pferde, das klackern der Hufeisen auf dem gepflasterten Hof und das heulen des Sturms manche Geräusche beeinträchtigten. Vielleicht lag es aber auch einfach nur daran, dass das Geräusch der Klinge, welche aus meinem Körper gezogen wurde, so nah war. Instinktiv blickte ich nach unten. Wie ich mir gedacht hatte. Der harte Stoß mit der Spitze gegen den Felsen hatte diese verbogen und so blieb sie nun an meiner Robe hängen und zog diese von meinem Bauch, an dem sie fast die ganze Nacht förmlich geklebt hatte, weg. Auch das war ein interessantes Geräusch, wie ich fand. Ich hob meinen Blick um in die Augen der Streunerin zu schauen. Ich hatte schon in die Augen eines Menschen geblickt, der erst kurz zuvor gestorben war, auch wenn ich kaum eine Nacht nicht wünschte, ich hätte es nie getan, die Augen der Streunerin sahen genauso aus. "Möge Golgari deine Seele schon lange von hier fortgetragen haben.“ Flüsterte ich der Streunerin zu, die endlich ihre Waffe von meiner Robe losreisen konnte, was sie einen Schritt nach hinten taumeln ließ. Ich wusste immer noch nicht, ob es die Zeit war, der wir indirekt der magischen Kraft ausgesetzt waren, ob es die Nähe zu der Quelle dieser Kraft war oder ob die Quelle dieser Kraft einfach mit der Zeit immer stärker wurde, was dafür verantwortlich war, dass jemand, der erst unmittelbar verstorben war, beziehungsweise, um genau zu sein, dass der Körper von jemand, der erst unmittelbar zuvor gestorben war so schnell zum Unleben erweckt konnte.
„Lynia!“ Telas Stimme riss mich aus meinen Überlegungen. Das die Streunerin tot war, beziehungsweise schon tot gewesen war, sah ich nun bestätigt. Ihr Kopf, den Hakim ihr abgeschlagen hatte, lag vor mir auf dem Boden und ich hatte nur einen Streich von Hakims Säbel gesehen und der war auf den Hals gezielt gewesen, während die Streunerin, beziehungsweise ihr Hinterkopf, ein großes Loch hatte. Ein Loch, das durchaus auch ein …
„Der Säufer ist der Paktierer.“ Plötzlich fielen alle einzelnen Informationen zu einer klaren Aussage zusammen, und er war auf dem Weg zu der Quelle seiner Macht.
„Lynia, vergiss den Trinker, was ist mit dir?“ Tela hatte mich an den Schultern gefasst und drückte mich langsam am Bergfried in eine sitzende Position.
Ich schüttelte Telas Hände von meinen Schultern, wobei ich versuchte mich so wenig wie möglich zu bewegen, packte dafür ihre Hände und schaute ihr direkt in die Augen. „Die Quelle für all die Untoten hier ist nicht der Sarg. Es ist etwas anderes und es befindet sich hier, im Bergfried, entweder im dritten Stock oder höher und der Säufer ist der Paktierer, der diese Macht entfesselt hat und er ist vor kurzem in den Bergfried gerannt.“
„Hakim, schnell, wir…“ Tela konnte sich ihre letzten Worte sparen. Der Zahori war schon an ihr vorbei in Richtung Eingang zum Burgfried unterwegs. Sie schaute mir nochmal in die Augen und obwohl ich zuversichtlich lächelte zögerte sie noch einem Moment, bevor sie Hakim folgte.
Nun stand ich alleine im strömenden Regen und ließ meinen Blick nach unten auf den Boden gleiten. Aber, was mich ein wenig enttäuschte, er färbte sich noch gar nicht rot. Ich versuchte, meine Hände weit genug unter meine Robe zu bekommen, dass ich mein Brusttuch nach unten ziehen konnte, aber oberhalb der Hüften klebte diese so an mir, dass ich meine Bemühungen einstellen musste. Also zog ich meinen Lendenschurz unter meiner Robe hervor rollte die beiden Tücher jeweils um das dünne Seil, dort wo sie daran befestigt waren und presste diese kleinen Rollen dann, beim Rücken musste ich mehr raten als es wirklich zu wissen, auf die Wunden, bevor ich das Seil festzog und zuband.
„Es tut gar nicht weh.“
„Das kommt noch. Das ist der Schock. Ich habe Männer gesehen, die haben einen Arm verloren und weitergekämpft, wie wenn nichts gewesen wäre, nur um am Ende des Kampfes überrascht zu fragen, wo den ihr Arm abgeblieben sei.“ Der Panthergardist, es war derjenige, welcher die Treppe verlassen hatte, nahm mich sanft am Arm und führte mich die wenigen Schritte zum Tor zum Burgfried.
„Sind wir die letzten?“
„Ja.“
„Na zumindest etwas. Dann können wir den Eingang ja verschließen.“
„Ja. Sie haben zwar Dutzende Untote Ratten, die werden sich durch dieses Tor innerhalb von Minuten durchgebissen haben, aber Hilfe ist unterwegs und jede Minute könnte sie eintreffen, also nutzen wir diese Chance.“ Ich schaute zu dem Gardisten, der mich um mindestens einen Kopf überragte hoch und lächelte. Ja, mit dieser Einstellung kam man zur Leibwache der kaiserlichen Familie.
„Wir haben mehr als ein paar Minuten.“ Ich schob den Gardisten ein wenig auf die Seite und stellte mich in den Torrahmen. Ich hatte gesehen, dass die beiden Borongeweihten leblos neben Brins Sarg lagen und ich hörte aus dem Keller Kampfgeräusche, aber das alles war jetzt nichts, mit dem ich mich beschäftigen musste. Ich hatte jetzt erst einmal einen anderen Auftrag, und der hieß, meinen Freunden Zeit erkaufen. Ich begann die Arme zu heben, was tatsächlich dazu führte, dass ich Schmerzen im Bauch spürte, mehr, desto weiter ich meine Arme heben wollte. Mit einem tiefen Durchatmen ließ ich die Arme wieder fallen, was mein Bauch aber nicht mehr zu würdigen wusste. Die Schmerzen blieben. Ein Balsam, zumindest für die oberflächlichen Verletzungen, damit mein Blut im Körper blieb, wäre sicherlich hilfreich gewesen, aber ich wusste, dass ich die dafür nötigen fünf Minuten nicht haben würde. Schon sah ich die ersten Untoten auf das Tor zu schwanken.
„Gelehrte Dame. Bitte. Wir müssen das Tor schließen, bevor es zu spät ist.“ Sprach mich der Gardist von der Seite her an.
„Das wird nicht nötig sein.“ Magister Stoerrebrandt stand plötzlich neben mir, lächelte mich an und hob meine Arme überkreuz vor mein Gesicht, die Handflächen von mir weggedreht.
Als ich ihm mit einem nicken zu verstehen gab, dass ich diese Position lange genug würde halten können, ließ er los und ich sprach die Formel „Fortifex Arkane Wand“, nur wenige Augenblicke, bevor meine Arme einfach nach unten fielen.
„Wie lange wird die Wand halten?“ fragte mich der Magister.
„Nicht lange genug, fürchte ich. Aber ich…“
„Ich kann diesen Zauber ebenfalls, Lynia, und als zweiter Hofmagier kann ich ihn sogar ziemlich gut, auch wenn ich euch nicht verraten werde, wozu ich ihn manchmal einsetzen muss. Wenn euer Zauber fällt werde ich die nächste Wand hochziehen. Verzeiht, Sindor.“ Magister Stoerrebrandt wandte sich dem Panthergardisten zu, während ich die Wand hinter mir als willkommene Stütze zu nutzen wusste. „Ich habe beobachtet, wie sich diese Ratten durch eine Mauer genagt haben, das Tor kann sie wirklich für ein paar Minuten aufhalten, bis das Loch groß genug ist, aber das sollte tatsächlich unsere letzte Verteidigungslinie bilden und bei Hesinde, ich hoffe, wir werden sie nicht brauchen.“
„Das hoffe ich auch, Magister, bei Rondra, das hoffe ich auch.“ Der Panthergardist salutierte vor dem Magister und wandte sich dann den beiden Borongeweihten zu. Wenige Momente später kam sein erleichtertes „Sie leben. Beide.“
Magister Stoerrebrandt antwortete zwar nicht direkt, aber man konnte sein „Fortifex Arkane Wand durchaus auch für die verbale Antwort halten, so passend war es aufgeklungen. Unmittelbar darauf kam jedoch ein noch viel erleichterteres „Die nicht mehr.“ von Magister Stoerrebrandt.
Ich öffnete zaghaft meine Augen und ließ sie dann wieder, nachdem ich mich einfach an der Mauer hatte auf den Boden sinken lassen, wieder zufallen. Wir hatten es geschafft. Die Untoten vor dem Tor waren alle in sich zusammengefallen und lagen nun so Regungslos und Tot über dem Hof verteilt, wie sie es sollten. Meine Freunde hatten es geschafft und in einem stillen Gebet dankte ich Boron dafür.
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