Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Schlacht in den Wolken – Tage von Angst und Hoffnung IV

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Lynia
Erzmagus
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BeitragThema: Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Schlacht in den Wolken – Tage von Angst und Hoffnung IV   Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Schlacht in den Wolken – Tage von Angst und Hoffnung IV EmptyFr Jan 01, 2016 9:31 pm

Die Dämmerung kam von Richtung Rahja auf die Stadt und in ein paar Stunden würde es Kholak-Kai von Richtung Firun ebenso tun.
Ich konnte es spüren.
Den Großteil der Nacht über war ich angenehm abgelenkt gewesen.
Sogar mehr als das.
Ich war für Stunden einfach ich selbst.
Das Buch aus dem Ingerimm-Tempel war tatsächlich eine Art Wörterbuch gewesen. Ein Wörterbuch in welchem erklärt wurde welche Begriffe des Rogolan was in Garethi bedeuteten. Das an sich war schon ein unglaublicher Schatz gewesen. Aber als ich erkannt hatte was die ganzen handschriftlichen Notizen über den Rogolanbegriffen und die Symbole unter diesen gewesen waren hatte ich unter Tränen Hesinde und Ingerimm für diesen Schatz gedankt.
Das Buch war ein Geschenk eines Vaters an seinen Sohn gewesen, damit dieser sich in der Welt der Menschen besser zurechtfinden mochte und sich gegenüber diesen auch mit Worten verständigen könnte.
Aber der Zwerg wäre wohl viel lieber ein Geweihter des Angrosch geworden, was ja der Name Ingerimms bei den Zwergen war und so wie wir Magier gerne Bosparano benutzten, wenn wir unter unseresgleichen waren, so benutzten die Geweihten des Angrosch das Angram, den Vorläufer des heutigen Rogolan.
Und so wie wir die Imperialen Zeichen als Vorläufer der heutigen Kusliker Zeichen kennen so nutzen die Geweihten des Angrosch eine Form der Bildschrift um die Sprache Angram schriftlich nieder zu halten.
Und der Sohn hatte sich hier sein eigenes Wörterbuch für diese alte Zwergensprache und die alte Zwergenschrift erstellt gehabt.
Warum er diesen Schatz letztlich im Ingerimm-Tempel gelassen hatte wusste ich nicht, ich fand keinen Hinweis darauf in diesem Buch, aber ich war froh dass er es getan hatte. Dieses Buch hatte mich bezüglich meines Rogolan ein deutliches Stück weiter gebracht, ja, war für mich gar die Grundlage für die zwergische Schrift an sich und für das Angram sogar in Sprache und Schrift gewesen, hatte mein unbekannter Gönner doch in einem eingelegten Pergament Hinweise und Übungen zur abweichenden Aussprache bei Rogolanbegriffen in Angram aufgeschrieben gehabt.
Leider war ich irgendwann doch mit dem Kopf auf diesem Kleinod aufgewacht, was mir zeigte dass ich doch irgendwann eingeschlafen war.
Aber eine neue Kerze war schnell gefunden und ich konnte meine Übungen fortsetzen. Natürlich machte ich dabei gleichzeitig eine Abschrift dieses Buches, sicher war sicher und wenn ich manche Sachen aufschrieb konnte ich sie mir besser merken als wenn ich sie einfach nur las oder hörte. Und dass meine Sprachübungen meine Freunde störten glaubte ich auch nicht, ich sprach ja immer extra leise vor mich hin und übte im Schwerpunkt die Betonung und nicht die Lautstärke.
Aber dies war nun, als ich das Praiosmal am Horizont und damit den Neunundzwanzigsten Peraine wusste leider hinfällig.
Manche Dinge ließen sich eben von uns Sterblichen nicht ändern und manche Pflichten nicht verdrängen, also klappte ich das Buch zu, packte meine Aufschriften weg und ging ein Stockwerk tiefer in den Haushaltsbereich, wo ich mir in der Küche etwas zum Frühstück zusammensuchte. Brot, Wasser, kaltes Fleisch und Gemüse war schnell gefunden, Nadel und Faden dauerte etwas länger. Zum Glück hatte ich während unserer Monate hier in Gareth ab und zu Zeit in diesen Räumen verbracht, so dass ich schließlich doch noch fündig wurde und so konnte ich während dem Frühstück zumindest die gröbsten Löcher in meiner Robe flicken und musste mir dabei selber durchaus eingestehen, dass sie es nötig hatte, aber für mehr als ein wenig Not vor Elend reichte es nicht.
Kurze Zeit später ging es an die Morgentoilette, zumindest ein wenig Wasser ins Gesicht und an die verschwitzen Stellen meines Körpers, natürlich erst nach dem Gang auf die Latrine, noch ein wenig mit dem Kamm durch die Haare, auf einen Blick in einen Spiegel verzichtete ich, ich wusste auch so wie ich aussah, dann machte ich mich auf den Weg.
Mein Pferd hatte ich den Bediensteten überlassen, mit der Auflage es jemandem zukommen zu lassen der es an diesem Tage besser brauchen konnte als ich. Bezüglich meiner Fähigkeiten auf einem Pferd inmitten einer Stadt die um ihren Fortbestand kämpfte, und da hatte ich die Auswirkungen des Magnum Opus Widharcals noch gar nicht berücksichtigt gehabt, gab ich mich keiner Illusionen hin und es einfach so in seinem Stall verrecken zu lassen, dafür war das Tier dann doch zu schade.
Also ging es zu Fuß in Richtung Alte Residenz, dem Ort von dem ich wusste dass dort in der Nähe am Wirselbach Meister Prahe am Werk war und die letzten Portionen Waffenbalsam herstellte, welche in den kommenden Stunden für unschätzbarem Wert für diese Stadt sein würden.
Ich erinnerte mich daran, wie Ghor seine gesammelten Greifenfedern, zumindest den Großteil davon, ein paar hatte er aus Nostalgiegründen, wie er es genannt hatte behalten, für diesen Zweck an Meister Prahe übergeben hatte, beziehungsweise sie hatte überbringen lassen, da gingen die Geschichten auseinander und da ich mitbekommen hatte das dieses Opfer für ihn nicht leicht gewesen war hatte ich auch nicht weiter nachgefragt.
Auch die Tatsache dass es noch mehrere solchen sogenannte Opfer für die Stadt gegeben hatte, hatte sein Leid wohl nicht gemildert.
Es war die Rede davon, dass sowohl Erzwissensbewahrer Yitskok vom Pentagon-Tempel der Hesinde als auch Museumsleiter Mallorn vom Reichsmuseum sich in die Behandlung von sowohl erfahrenen Medici als auch erfahrenen Seelenheilkundigen hatten begeben müssen, nachdem der erstere sich von der zur Hälfte erhaltenen Schuppenhaut eines, vor zweihundert Jahren am Schlund erlegten Höhlendrachen und der zweite sich von siebzehn Schuppen des Tuzakwurms, der vor Achthundert Jahren von Kaiser Gerbald auf Maraskan erlegt worden war hatten trennen müssen.
Die Geschichte über die Horuschenkerne, die Meister Prahe gefordert hatte war sogar noch unglaublicher und ein Stück weit auch fragwürdig, aber sie wurde überall so erzählt, also musste wohl etwas dran gewesen sein. Es hieß dass die Horusche nur im südlichen Maraskan wachsen würde und früher ein Teil der kaiserlichen Abgaben gewesen sei, welche die besetzte Insel hatte entrichten müssen. Seit der Entstehung der Fürst-Komturei und des Shikanydad auf dieser Insel waren Horuschen aber kaum noch erhältlich. Aber es war wohl ein offenes Geheimnis unter den Alchemisten der Stadt, dass die Unterweltbande der Almadaner Schmuggel mit maraskanischen Exotika betrieb und dazu gehörten eben auch Horuschen. Und tatsächlich, irgendwann war wohl Ragather persönlich, er sollte der Anführer der Alamadaner sein, auch wenn man ihm das nicht beweisen konnte, bei Meister Prahe erschienen sein und hatte wohl mit den Worten „Keine Stadt mehr, keine Geschäfte.“ an die Dreihundert Horuschenkerne abgeliefert.
Aber all das würde die Verteidigung der Stadt in nicht unerheblichem Maße stärken, war eine der Wirkungen des Waffenbalsams doch die Eigenschaft die damit bestrichene Klinge mit einem magischen Effekt zu versehen, der sie damit auch für Gegner, welche durch normale Klingen weniger bis gar nicht verletzt werden konnten zu einer echten Gefahr machten.
Aber auch die Geweihten der an die Hundert Tempel, welche Gareth ja haben sollte, waren wieder unterwegs und verteilten Segen und Objektweihen an die Gläubigen und auch diesmal war ich von der Anzahl und dem verhalten der Praiosdiener mehr als angenehm überrascht.
Aber das ganze diente vermutlich nur der Ablenkung, ich hatte gestern sehr wohl die stark bewachten Wagen mit dem Wappen der Sonne gesehen, welche die Stadt des Lichtes Richtung Efferd verlassen hatten. Nicht nur der Adel schien seine Pfründe in Sicherheit zu bringen.
Da war es vielleicht ganz geschickt dass man Handlanger wie Meister Prahe hatte, die der Bevölkerung einen Hauch von Chance verliehen zumindest genug Zeit zu erstreiten bis der Abstand der Trosse zur Stadt groß genug war.
Und wer wusste schon, vielleicht gelang doch noch das unmögliche und man konnte Galotta und Kholak-Kai tatsächlich besiegen, dann würde sich bestimmt auch da eine Möglichkeit finden gut aus der Sache raus zu kommen, vielleicht gar als Held dastehen.
Greifenfedern waren da schon mal ein guter Anfang, immerhin war der Greif ja das Symboltier des Praios.
„Ah, junge Adepta. Es ist schön dass zumindest ihr noch Zeit für einen in die Jahre gekommenen Alchemisten habt. Alle anderen Magier sind schon in der Stadt unterwegs um sich auf die Ankunft Galottas vorzubereiten.“
`Nur ihr nicht. Ihr traut euch nicht unter die Leute weil euch aufgefallen ist dass sie euch heute noch kritischer mustern als gestern.´ Meister Prahe sprach diese Worte nicht, aber ich war mir sicher dass seine Aussage bezüglich meines Aufenthaltsortes genau darauf hinauslief. Er hielt mich für Feige, aber für nützlich genug mich trotzdem bei ihm zu behalten.
Na gut, wenn ich schon mal hier war dann musste ich einfach nur das Beste draus machen.
Der Meister hatte recht, er war eigentlich schon viel zu alt für einen Alchemisten, die erlagen meist schon lange vor ihrer Zeit ihren eigenen Kreationen, Meister Prahe hatte wohl einfach nicht so viel Glück gehabt und musste jetzt noch in diesem Körper dahinvegetieren. In einem Körper der aber noch Dinge über Alchemie wusste für die ich Tage, wenn nicht Wochenlang Bücher lesen müsste, wenn ich an diese Bücher überhaupt herankommen würde.
Nein, wenn ich schon mal hier war dann musste ich das nutzen und mir von Meister Prahe noch ein paar Geheimnisse der Alchemie zumindest erzählen lassen, bevor er endlich von Golgari erlöst werden würde.
Ich lächelte Meister Prahe entgegen und musste mich dabei noch nicht einmal wirklich anstrengen, immerhin freute ich mich wirklich auf das kommende, zumal der Meister mir tatsächlich erlaubte dass ich mir Aufschriebe machen durfte. Bei Phex, manchmal war das Glück mit den Tüchtigen.

Und Hochmut kam vor dem Fall.
Ich hatte mich gewehrt, wollte dies auf keinen Fall und hatte das dem Meister Prahe auch mehr oder weniger deutlich gesagt, auch wenn ich nicht auf alle Gründe für mein Verhalten genau einging.
Aber der Meister war unerbittlich gewesen und hatte mir angedroht die Tränke einfach stehen zu lassen, wenn ich sie nicht nehmen würde, dann wäre niemandem damit geholfen.
Immerhin erlaubte er mir schließlich den Ausweg, dass die Tränke zwar für mich gemacht worden waren, aber ich daher auch bestimmen durfte was mit ihnen geschah, auch wenn sich Meister Prahe eigentlich schon gedacht hatte dass ich sie für mich selber nutze und sie nicht, wie er damit unterschwellig angedeutet hatte einfach weiter verschenkte.
Also hatte ich sie genommen, immerhin hatte das Praiosmal seinen Zenit schon überschritten, an welchem wir zusammen mit Magister Stoerrebrandt etwas zu Mittag gegessen hatten, der Magister hatte gemeint, wenn er nicht kommen und bleiben würde wäre Meister Prahe vermutlich schon verhungert, weil er das essen vor lauter arbeiten einfach vergessen würde.
Diese Aussage war von Meister Prahe zwar bestritten worden aber dem lachen der beiden nach zu urteilen schien Magister Stoerrebrandt so unrecht nicht gehabt zu haben.
Es war schön gewesen zu sehen dass es noch ein wenig Humor in der Stadt gab.
Aber was sollte man auch angesichts des drohenden Unterganges sonst noch tun.
Die Götter schienen sich ja von Gareth abgewandt zu haben, wenn sie sich überhaupt je für die Stadt interessiert hatten, was blieb da einem einfachen Sterblichen sonst noch als seinem Schicksal zumindest anständig entgegen zu sehen.
Zur Mittagsstunde, das Praiosmal hatte kurz zuvor den Zenit erreicht war es soweit gewesen.
Kholak-Kai hatte sich Gareth soweit genähert dass die ersten Posten mit scharfen Augen den Koloss am Himmel hatten schweben sehen und von da an stieg die Zahl derer welche die fliegende Festung ebenfalls sehen konnten ebenso wie die Panik innerhalb der Stadt anstieg.
Man hatte fast den Eindruck wie wenn tatsächlich ein Großteil der Bevölkerung bis zum Schluss nicht daran geglaubt hatte, dass etwas wie Kholak-Kai möglich sei.
Aber so war es und nun schwebte es vor der Stadt und näherte sich dieser Unaufhaltsam.
Keine Drachen hatten es vom Himmel gefegt, kein Lichtstrahl verbrannt.
Aber meinen Berechnungen nach blieben uns für solcher Art Wunder ja noch ein paar Stunden.
Schließlich war der Zeitpunkt gekommen sich von Meister Prahe zu verabschieden. Ich wollte ein letztes mal in die Neue Residenz wo ich den Firun-Schrein wusste, angesichts des kommenden erschien mir ein Gebet am Schrein des gnadenlosesten der Zwölfe, wobei die letzten Tage die Unterschiede in dieser Hinsicht, einschließlich Tsa ziemlich verwaschen hatten, irgendwie noch am passendsten.

Anfänglich war ich kurz verwundert über die Sonnenlegionäre vor der Neuen Residenz, dann konnte ich mir nur noch schwer ein Lachen verkneifen als ich die verschiedenen Möglichkeiten im Geiste durchging, die zu diesem Anblick geführt hatten.
Zum einen stellte ich mir vor, dass die ganzen eigentlichen Wachen des Kaiserhauses benötigt wurden die ganzen Adligen auf ihrer Flucht nach Elenvina zu beschützen, und die Sonnenlegionäre nun die Reste bewachen sollten.
Die Alternative war genau anders herum.
Es gab schlicht nicht mehr genug Karren um alles was die Adligen und die Praioskirche aus der Stadt wegbringen wollten zu transportieren, also hatte die Praioskirche als erste gehandelt und die Adligen in der Neuen Residenz unter Hausarrest gestellt damit die Karren und damit die Transportfläche für die Güter der Praioskirche frei waren.
Die amüsanteste Variante war die dass sich die beiden Wachtrupps, die Panthergarde und die Sonnenlegion zusammen getan hatten um zu schützen was ihnen wichtig war, während das zu schützende Gut auf der Rückseite der Anwesen über die Mauern kletterte um heimlich zu verschwinden, während die ganzen Trottel in der Stadt sich dachten dass die Oberen auch noch ausharrten, sich ein Kampf also tatsächlich noch lohnte.
Beflügelt durch die Erkenntnis der Scheinheiligkeit der führenden Riege dieses Reiches setzte ich meinen Weg zum Haupttor der neuen Residenz festen Schrittes fort.
Kholak-Kai war nur noch wenige Stunden entfernt, ich konnte das Nähern spüren wie die wärmenden Strahlen des Praiosmal auf meiner Haut. Kholak-Kai kam und ließ sich nicht aufhalten, aber zumindest hatte man alles getan um wenigsten so zu tun als ob es möglich wäre.
Vielleicht war es auch besser so.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Seele von Golgari über das Nirgendmeer getragen wurde schätzte ich bei einem Tod durch einen Schergen der Dunklen Reiche, durch das Erschlagen durch Trümmerteile oder zumindest durch die indirekten Auswirkungen des Magnum Opus Widharcals, so wie bei den Kämpfern die durch den herumwirbelnden Baumstamm erschlagen worden waren, höher ein als wenn man sein Leben in einem dieser, Ghor hatte sie in Ermangelung einer vernünftigen, fundierten Bewertung und Analyse einfach Blutsärge genannt aushauchte.
Sollte Galotta die Kraft Kholak-Kais wirklich direkt über Gareth entfesseln würde er damit seinem Herrn eine nicht unbeträchtliche Zahl Seelen vorenthalten, aber das mussten die beiden unter sich ausmachen.
Ich hatte jetzt erst mal eine, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht ganz so interessante Zwiesprache mit einem der Zwölfe, wobei Zwiesprache ja auch nicht wirklich passte, ich dachte meinen Teil des Gebetes und die göttliche Seite würde es vermutlich schweigend ignorieren, aber dann hatte ich es zumindest getan und konnte dies, wenn ich es wirklich vor Rethon schaffen sollte zu meinen Gunsten in die Waagschale legen.
„Im Namen Praios, des Götterfürst. Halt. Nennt euren Namen und euer begehr innerhalb dieser Anlage.“
Die beiden Sonnenlegionäre vor dem Eingang hatten diesen mit ihren Hellebarden verschlossen, indem sie diese vor dem Eingang überkreuzt hatten, während ein Geweihter des Sonnengottes, ich konnte keine Sonnensphären oder sonstige Zeichen erkennen, die seinen Rang kennzeichneten mich angesprochen hatte.
Ich betrachtete kurz das einfache, strahlend weiße Gewand des Geweihten und fragte mich was das bezwecken sollte, bevor ich antwortete. „Lynia. Ich möchte den Schrein des Firun für ein letztes Gebet vor der Schlacht aufsuchen.“
Der merkwürdige Geweihte, alleine die Sonnenlegionäre, die im vollen Ornat und Bewaffnung dabeistanden zeigten mir dass er wohl tatsächlich das war was ich von ihm glaubte, betrachtete mich merkwürdig und musterte mich offen von oben bis unten. Schließlich nickte er und richtete sich noch aufrechter auf als er schon dagestanden war. „Gelehrte Dame Lynia, man wünscht euch in der Stadt des Lichtes zu sehen.“
Dere zerbrach und ich stand mitten drin.
Man wünscht war einfach nur eine, vermutlich der Umgebung und der Öffentlichkeit geschuldete Floskel, so wertlos wie der Dreck an meinen Stiefelsohlen.
Die Stadt des Lichtes, Hort des größten Tempel des Praios Aventuriens, vermutlich, zumindest in dieser Hinsicht glaubte ich den Schriften, aber auch versteck für einige der wichtigsten Einrichtungen der Inquisition.
Monatelang hatte ich auf die Erlaubnis gewartet, die Stadt des Lichtes zu betreten, ohne Erfolg, dann war ich durch puren Zufall, wenn auch leider erst zur späten Dämmerung in die Stadt hineingekommen, wenn auch die Umstände ein längeres Verweilen nicht ermöglicht hatten und nun plötzlich wünschte man dass ich sie betrat. Man schloss an der Akademie der Hohen Magie und Arcanes Institut zu Punin nicht als Jahrgangsbeste ihres Ausbildungszweiges ab und erkannte dann nicht wie man mit offenen Armen in sein Verderben lief.
Vermutlich gab es dafür zwei Möglichkeiten.
Entweder man hatte die Chance, dass ich bei der folgenden Schlacht tatsächlich ums Leben kam als zu gering eingestuft und wollte nun lieber auf Nummer sicher gehen oder, was ich für wahrscheinlicher hielt, die Idee das ich mit dem Feind zusammenarbeitete, ja eigentlich eine Gefolgsfrau Galottas war hatte sich endlich durchgesetzt und nun musste man mich, zumindest jetzt noch, so unauffällig wie möglich unschädlich machen.
Die dritte Möglichkeit, dass ich tatsächlich nur zu einem Gespräch mit wem auch immer warum auch immer über was auch immer in die Stadt des Lichtes kommen sollte hielt ich für so unwahrscheinlich dass ich beinahe darüber lachen musste, aber ansonsten eigentlich keinen Gedanken an sie verschwendete.
Aber da ich ja nun entdeckt worden war, um in der Glaubenswelt der Bürger dieser Stadt und ihrer wahren Herrscher, der Geweihtenschaft zu bleiben spielte mein folgendes handeln nun eh keine Rolle mehr und entschloss mich dazu, dass sie mich auf keinen Fall Kampflos bekommen sollten.
Ich zog Madas Kraft in die Matrix einer Beschwörung. Ein Zant war hier sicherlich für den Anfang eine ganz gute Wahl. Sonderlich viel schlimmer konnte es nicht mehr werden, also warum dann mit stumpfen Waffen kämpfen? Einzig, ich musste lange genug am Leben bleiben bis der Diener auch erschien um mir die vorläufige Flucht zu ermöglichen.
„Gelehrte Dame, ist alles in Ordnung mit euch?“ Der Geweihte hatte seine Hand auf meine Schulter gelegt, sanft, beinahe zärtlich. Kein Schlag, kein Druck, keine Waffen die in meine Richtung zeigten, keine Klingen die in meinen Körper eindrangen.
Kein Schmerz, wie auf Burg Aulebein, als… ich krümmte mich zusammen, als die Erinnerung und die Fassungslosigkeit dieses einen Momentes zurück kamen wie wenn die Streunerin mir gerade eben erst ihr Florett in den Bauch gestoßen hätte. Für einen Moment glaubte ich sogar das dumpfe Geräusch vernommen zu haben, mit welchem die Klinge damals als sie meinen Körper durchbohrt hatte auf die Mauer des Bergfriedes hinter mir gestoßen war.
Aber das dumpfe Geräusch war das aufschlagen meines Stabes auf dem Boden gewesen, welcher meiner kraftlosen Hand entglitten war. „Bei Praios und seinen Elf göttlichen Geschwistern, ich flehe euch an, bringt mich in die Stadt des Lichtes, egal was ich ab sofort sage oder tue und zögert nicht mich niederzuschlagen, wenn ihr es für nötig erachtet.“ Ich hob meinen Blick zu dem Geweihten und dieser nickte mir stumm zu.

Ich war innerhalb der Stadt des Lichtes.
Wir hatten sie durch das Greifentor betreten, die Sonnenlegionäre die dort als Wache standen hatten uns ohne weiteres einfach hineinmarschieren lassen, wobei, zu diesem Zeitpunkt war ich ja schon von zwei Sonnenlegionären flankiert gewesen, aber direkt innerhalb der Stadt war mein Blick direkt auf den Tempel der Sonne gefallen, jenen Sakralbau welchen zu betreten ich nie erhoffen durfte, aber der mir trotz allem eine Ehrfurcht bereitete, die es mir schwer machte nicht einfach auf die Knie zu fallen. Aber ein neues Gefühl verhinderte dies.
Ein Gefühl der Leichtigkeit, der Unbeschwertheit, der Freiheit
Ich fühlte mich plötzlich so frei, im Körper wie im Geist, wie seit Tagen nicht mehr.
Eigentlich nicht mehr wie seit dem Moment als wir Rahastes gebannt hatten und von Kholak-Kai noch nichts wussten.
Direkt zu meiner linken war ein kleiner Bau zu meiner rechten ein großer, mehrstöckiger und weiter rechts sah ich weitere große, helle Gebäude, eines prachtvoller als das andere.
Aber sie alle verblassten im Schatten des Tempels der Sonne oder auch einfach nur in seiner reinen Präsenz.
Mein Blick glitt unwillkürlich zur Kuppel und ich musste an die Geschichte denken, welche sich hier in der gestrigen Nacht ereignet haben soll und von der die ganze Stadt sprach.
Ich selber hatte sie heute Morgen vom Gesinde vernommen.
Rhazzazor selbst war gestern über Gareth erschienen und hatte die Herausgabe der Toten gefordert. Anschließend hatte er nach mehreren Runden über der Stadt gedreht, zum Glück hatte sich niemand der Verteidigung dazu hinreißen lassen besonders wertvolle oder mächtige Verteidigungseinrichtungen zu nutzen und damit gegebenenfalls Wissen preiszugeben, welches dem Feind nützlich war, bevor er zur Stadt des Lichtes geflogen war.
Diese war, ganz ihrem Namen entsprechend auch gestern Nacht ein Fanal in der Dunkelheit gewesen und hatte hell gestrahlt, was der Untote Drache zum Anlass genommen hatte diese zu verspotten. Als Krönung seiner Häme hatte er sich selbstgefällig auf die goldene Kuppel des Tempels der Sonne niedergelassen, war aber von dieser beinahe sofort wieder aufgeflogen und hatte ärgerlich Flüche ausgestoßen, während deutlich sichtbar Rauchfahnen von seinen verbrannten Skelettpfoten aufgestiegen waren.
Meine Gedanken wurden abgelenkt, als mich der Geweihte mehrere Dutzend Schritte in Richtung des Tempels führte und ich für einen Moment lang wagte das unmöglich zu hoffen, dass er mich nicht nur zum, sondern auch in den Tempel der Sonne führen würde.
Aber vor dem großen Bogen welcher in das Tempelinnere führte lenkte er seine Schritte, und damit mich, nach links, wo der Weg entlang des Rundbaus weiterführte.
Für einen kurzen Moment kam die Unsicherheit zurück.
Die ganzen großen Prachtbauten lagen zur rechten des Tempels der Sonne, aber der Bau welcher quer zum Tempel an der linken Seite lag überstrahlte diese beinahe so einfach wie es der Tempel der Sonne selber tat. Ja, der Bau selber musste sich in seiner Pracht nur dem Tempel selber beugen und selbst diese Verbeugung war im bildlichen Sinne wohl eher ein leichtes nicken als eine so deutliche Verbeugung wie bei den anderen Bauten. Selbst die Neue Residenz konnte mit diesem Bau nicht mithalten.
Aber erneut führte mich der Geweihte an der nächsten nun weitaus offener, mehr einem Platz gleichenden Kreuzung nach links, wo eine helle Mauer den Bereich linkerhand des Prachtbaus bis zur eigentlich Umschließung der Stadt des Lichtes abtrennte.
Der Prachtbau vor mir musste der Wohnpalast des Boten des Lichtes sein was nichts anderes hieß als dass mich der Geweihte gerade eben in Richtung des Goldenen Garten führte, dem Privatgarten des Palastes des Boten des Lichts.
Einerseits ein beruhigender Gedanke, wusste ich doch aus Unterlagen welche ich bei der Kaiserlich Garethischen Agentur hatte einsehen können, dass sich die Räume der Inquisition und die Richtstätte auf welcher Urteile vollstreckt wurden am anderen Ende der Stadt des Lichtes befanden.
Andererseits vertiefte es die Frage nach dem Grund bezüglich meiner Anwesenheit in der Stadt des Lichts.
Man wünschte mich hier in der Stadt des Lichtes zu sehen, aber ich wusste immer noch nicht wer mich zu sehen wünschte. Ganz offensichtlich musste es sich um eine Hochgestellte Persönlichkeit handeln, ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen dass ein einfacher Geweihter veranlassen konnte dass einer Magierin Zutritt zur Stadt des Lichtes gestattet wurde. Eigentlich fiel mir niemand ein der das konnte, hatte ja sogar das direkte Schreiben der Reichsregentin in dieser Hinsicht nichts gebracht und ich zweifelte keine Sekunde daran dass die Reichsregentin dieses Schreiben aufgesetzt hatte.
Eine weitere Fragwürdigkeit waren die Personen innerhalb der Stadt des Lichtes.
Zum einen gab es von ihnen nur zwei Arten. Sonnenlegionäre, alle, den Umständen entsprechend in voller Rüstung und Bewaffnung und Geweihte, alle in der gleichen, schlichten, reinweißen Tracht wie mein Begleiter.
Ich konnte beim besten Willen nicht erkennen welcher von ihnen welchen Rang innehatte.
Zum anderen erschien mir die Stadt des Lichts, im Verhältnis zu ihrer Größe wie ausgestorben.
Sicher, die Sonnenlegionäre und ein guter Teil der Geweihten waren in Gareth unterwegs, aber seit ich die Stadt des Lichtes betreten hatte waren mir keine zwanzig Leute begegnet.
Letztlich stand ich vor einem goldenen Tor welche den Zutritt zum Goldenen Garten versperrte, aber die uns begleitenden Sonnenlegionäre öffneten es für uns.
Aber zu meinem Erstaunen betrat ich den Goldenen Garten alleine.
Erstaunt blickte ich zurück, aber der Geweihte nickte mir nur lächelnd zu bevor die Legionäre das Tor wieder schlossen.
Von außen.
Nun war ich an einem der Plätze die ich für mein Leben gerne einmal gesehen hätte, zudem an einem Platz von dem ich nie gedacht oder auch nur gehofft hätte dass ich ihn tatsächlich einmal sehen würde und konnte es trotzdem nicht genießen.
Aber warum denn eigentlich nicht?
Ich konnte mein restliches Leben vermutlich in Minuten messen, vielleicht auch in Stunden, länger würde Kholak-Kai der Inquisition für eine Befragung nicht lassen, also konnte ich diese auch nutzen, immerhin hatte ich mir auch die Auswirkungen des Magnum Opus des Widharcals auf meinem Weg zu Kholak-Kai mittels eines Memorans eingeprägt obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich hatte davon ausgehen können dass dieses Wissen irgendjemandem irgendwann nutzen könnte.
Ich hatte es einfach getan, also ging ich jetzt ebenso einfach los.
Ruhige, gemessene Schritte lenkten mich durch die Gartenanlage, die in ihrer Pracht, Vielfalt und Erscheinung wahrlich der Stadt des Lichtes würdig war. Die hier tätigen Gärtner waren wahrlich Meister ihres Handwerks. Schließlich blieb ich, ich hatte Zeit und Raum schlichtweg vergessen, vor einem zu einem Götterkreis angeordneten Beet Alveranien stehen, sank dort ehrfürchtig auf die Knie und begann zu beten.
Nicht für mich, dass hatte ich die letzten beiden Tage zu genüge, ich betete für die welche es nicht selber konnten oder wollten. Ich betete für meine Freunde, und dabei schloss ich Grauschnauz bewusst mit ein und für ihr Seelenheil, wobei ich bewusst die Hoffnung auf ein Überleben des kommenden in den Vordergrund setzte. Keiner von ihnen war alt genug und oder konnte offenen Herzens von sich behaupten dass er genug mit dieser Stadt oder auch nur dem Neuen Reich verband um dafür wirklich schon vor Rethon zu treten, aber wenn es soweit kommen sollte wollte ich dass ihre Seelen schwer genug für die Prüfung der Seelenwaage waren um in ein Paradies ihrer Wahl eingelassen zu werden.
Als ich mein Gebet beendet hatte wurde ich mir der Tatsache bewusst dass ich nicht mehr alleine war.
Gar nicht alleine.
Schon ein schneller Blick während ich mich erhob zeigte mir die Anwesenheit von gut zehn Sonnenlegionären, darunter ein hochrangiger Offizier, aber deren Rangbezeichnungen kannte ich nicht und fünf Geweihten, alle in der gleichen, schmucklosen weißen Tracht, von denen einer eine prachtvolle, große Schatulle auf beiden Armen trug.
Aber mein Blick blieb an dem Mann in ihrer Mitte hängen der zwar die gleiche Tracht trug wie die anderen, aber trotzdem etwas Besonderes ausstrahlte und auch wenn ich sein Gesicht sofort erkannte brauchte ich ein paar Sekunden um meinen Schrecken zu überwinden.
„Eure Erhabene Weisheit“ Presste ich so verständlich wie möglich durch meine Lippen, die ich so nahe über dem Boden hielt wie ich konnte und meinem Lippen trotzdem noch genug Freiheit zur Bewegung blieb, währen meine Stirn ebenso wie meine Hände und Knie diesen gänzlich berührten.
Bei Rahja, ich wusste dass die Anrufung der Heiteren Göttin hier mitten in der Stadt eigentlich eher unpassend war, aber in Bezug auf die Situation fiel mir keine andere passende Gottheit ein. Ich kniete direkt vor dem Boten des Lichts und trug eine Robe die nur noch dem Namen nach dem Codex Albyricus entsprach. Und heute Morgen war ich noch so stolz auf mich gewesen dass ich zumindest die Stellen zugenäht hatte die erkennen ließen dass ich zumindest einen Lendenschurz und ein Brusttuch trug, aber sonderlich viel mehr auch nicht. Im Gegenteil, ich konnte mich daran erinnern ein paar Stellen mit Absicht offen gelassen zu haben damit ein Aufmerksamer Beobachter durchaus die eine oder andere Narbe die ich trug erkennen konnte.
„Begebt euch in eine kniende Position, die Hände auf die Oberschenkel, den Oberkörper so weit nach vorne gebeugt wie ihr euch zutraut ohne das Gleichgewicht zu verlieren.“ Die Stimme, deren Klang überraschend angenehm war, kam von der Seite, von dort wo ich den Offizier der Sonnenlegionäre wusste und ich tat, wie mir geheißen.
Da ich meinen Blick gesenkt hielt erkannte ich nicht was sich vor mir tat, einzig der ein oder andere Schattenwurf zeigte mir dass sich die Personen um mich herum im Kreis aufstellten.
„Blickt auf.“ Dies war eine andere Stimme gewesen, aber auch ihr gehorchte ich.
Vor mir stand der, vom äußeren her älteste der Geweihten, es war nicht der Bote des Lichts, und direkt neben diesem stand der Offizier der Sonnenlegion und in seiner Hand hielt er Araschar.
Ich konnte ein keuchen nicht verhindern, als ich des Schwertes Obarans ansichtig wurde.
Ich hatte es leuchtender in Erinnerung, aber ich konnte mich auch auf Grund der Umstände täuschen. Worin ich mich nicht täuschte war die Tatsache dass ich bemerkte dass ich rot wurde, auf Grund der beinahe schon blasphemischen Gedanken dass Araschar in meinen Händen prächtiger geleuchtet hatte als in den Händen eines wahrhaft Würdigen.
Ich sah wie der Offizier vor mir auf Zeichen einer Person die sich hinter mir befinden musste auf mich zutrat und sich neben mich aufstellte.
„Senkt euren Kopf“ vernahm ich erneut seine angenehme Stimme, die ich ihm irgendwie gar nicht zugetraut hätte.
Ich tat wie mir geheißen, auch wenn ich mir im Klaren war was mir bevorstand.
Ein wenig war ich darüber enttäuscht dass meine letzten Gedanken sich wirklich darum drehten warum eine solche Hinrichtung, auch wenn mir die Ehre der Anwesenheit des Boten des Lichtes zuteilwurde, mitten in den Goldenen Gärten vollstreckt wurde und nicht auf dem Richtplatz. Ich hatte mir immer vorgestellt, meine letzten Gedanken wären Hoffnung darauf, dass meine Taten ausreichten um in Travias Heim einzugehen wo ich meine Familie wiedersehen würde.
Aber da hörte ich auch schon in einer beinahe befremdlichen Klarheit wie die Klinge Araschars die Luft über mir durchschnitt…
und wenige Zentimeter vor meinem Kopf vorbei an mir vorüberzischte und ebenso knapp über dem Boden zum abrupten Stillstand kam, wie wenn sie dort auf ein Hindernis gestoßen wäre.
„Bei Praios, Praiostreu, was habt ihr getan?“
„Was im Namen Praios war das?“
„Beim Götterfürsten, er hat sie verfehlt.“
„Himmlischer Richter stehe uns bei, die Saat des Verrates ist schon mitten unter uns.“
Diese und weitere Aussagen in dieser Art vernahm ich um mich herum, während Araschar vor mir sich um keinen Deut bewegte. Es schien als wäre die Klinge dem Fluss Satinavs entrissen und schwebte nun außerhalb der Zeit vor mir.
„Erhebt euch“ vernahm ich eine leise, aber angenehm volltönende Stimme von hinter mir, welche ihre Worte durch einen leichten Zug an meiner Robe unterstrich.
Ich folgte der Anweisung, wenn auch deutlich zögerlicher als den Anweisungen zuvor, unsicher was ich tun und wie ich mich verhalten sollte. Ich sah den Offizier der Sonnenlegion, sein Name war wohl Praiostreu immer noch leicht versetzt neben mir stehen, sein Oberkörper leicht nach vorne gebeugt, Araschar Beidhändig in seinen Händen haltend.
Unweigerlich musste ich an die Ordensmeisterin der Golgariten bei den Besprechungen vor der Schlacht von Wehrheim denken, die in gleicher Reglosigkeit hatte verharren können wie Praiostreu es gerade tat. Vermutlich lernte man das wenn man Jahre seines Lebens zu guten Teilen der Leuin verschrieb. Selbst sein Blick galt immer noch der Klinge in seinen Händen.
Seine Gefolgsleute, die ihn begleitenden Sonnenlegionäre, zumindest die die ich sehen konnte, waren immer noch Teil des mich und den Offizier umschließenden Kreises und im Gegensatz zu den vier Geweihten, die laut schimpften standen sie ruhig und still da.
„Eure Erhabene Weisheit, dass Götterurteil, es wurde verfälscht. Wir müssen es wiederholen.“ Der älteste der Geweihten hatte an mir vorbei gesprochen.
Ich sah vier Geweihte vor mir, den Boten des Lichtes sah ich nicht und da ich davon ausgehen konnte dass die Sonnenlegionäre hinter mir ebenso wie ihre Kameraden vor mir immer noch ruhig und still dastanden musste es er selber gewesen sein der mir die Erlaubnis gegeben hatte mich zu erheben.
Als mir klar wurde dass ich einer Anordnung des Boten des Lichtes nur so zögerlich gefolgt war wurde ich direkt noch röter und senkte meinen Blick beschämt zu Boden.
„Woher kommt eure Einsicht, dass das Urteil verfälscht wurde, Eminenz Yarum?“
„Das ist doch offensichtlich, Eure Erhabene Weisheit. Sonnenmarschall Praiostreu hat mit Absicht daneben geschlagen. Das war kein Götterurteil, wie es der Rat des Lichtes gefordert hat, das war Befehlsverweigerung.“
„Geehrte Eminenz Yarum, Sonnenmarschall Praiostreu erhält seine Befehle von wem?“
„Von euch, erhabene Weisheit. Direkt und einzig von euch.“
„Und von wem erhalte ich Befehle, wenn man es denn so nennen mag?“
„Ihr erhaltet keine Befehle, erhabene Weisheit. Ihr seid der Bote des Lichts, der direkte Gesandte des Praios, sein Sprecher auf Dere.“
„Dann war es ein Götterurteil, dass vollstreckt wurde.“
„Aber eure erhabene Weisheit. Sonnenmarschall Praiostreu hat ganz offensichtlich mit Absicht am Kopf der Magierin vorbeigeschlagen. Das Gottesurteil sah vor dass er ihren Hals mit Araschar trifft und wenn die Klinge diesen nicht durchschlägt, diesen gar erst gar nicht verletzt dann waren die Visionen richtig, aber wenn Sie ihren Kopf verloren hätte wäre Dere von einer weiteren Trägerin von Madas Fluch befreit worden.“
Ich wusste nicht wenn ich mehr bewundern sollte.
Sonnenmarschall Praiostreu, Araschar hatte sich die ganze Zeit über nicht bewegt oder mich selber, immerhin wurde hier über mich und meinen möglichen Tod gesprochen wie wenn ich gar nicht dabei wäre und ich nahm es einfach hin.
Sicher, die Umstände waren eindeutig gegen mich, aber ich wusste wie ich vor geraumer Zeit in einer ähnlichen Situation noch ganz anders gedacht hatte.
„Sonnenmarschall Praiostreu hat, wie es seine geheiligte Pflicht ist, getan was ihm befohlen wurde.“ Hörte ich den Boten des Lichts von hinter mir. Seine Stimme hatte etwas einnehmendes, angenehmes, dass es leicht machte ihr und den Worten die sie formte zu folgen. Ich stellte mir vor wie es wohl wäre diesem Mann einen Unterricht lang zuzuhören, was mich noch roter werden ließ.
„Aber dann habt ihr…“ ich konnte erkennen wie Eminenz Yarum, der fast direkt vor mir stand um Fassung rang.
„Das habt ihr gut erkannt, Eminenz Yarum. Ich habe Sonnenmarschall Praiostreu befohlen dass er am Kopf der Adepta Lynia aus Punin vorbeischlagen soll, und damit wurde das Gottesurteil vollstreckt.“
„Aber…“ Eminenz Yarum rang sichtlich um Luft.
„Der Sonnenmarschall soll mit dem heiligen Schwert Araschar zum Halse der beschriebenen Adepta Lynia aus Punin schlagen. So die Heilige Waffe den Kopf der genannten vom Halse trennt so ist Sie nicht die Gesuchte und Ihre Seele sei dem Fürst der Götter anempfohlen. So Araschar jedoch dem Halse in keiner Weise Schaden zufügt so ist Sie zu schonen und zu prüfen. Das waren eure Worte vor dem Rat des Lichtes, nicht meine. Der Sonnenmarschall hat mit Araschar zum Halse der Adepta geschlagen und Araschar hat diesem keinen Schaden zugefügt, das Gottesurteil wurde vollstreckt. Und nun geht und lasst uns alleine.“
Die Sonnenlegionäre drehten sich weg und marschierten los.
Ihr Sonnenmarschall bewegte sich ebenfalls wieder, er legte Araschar vorsichtig in die Schatulle, welche nun auf einer Bank lag, welche sich sanft in die Gartenanlage einfügte und weder durch Form noch durch Farbe die Harmonie des Ortes störte. Danach ging auch er und ließ mich, eine Magiebegabte tatsächlich mit dem Oberhaupt der Kirche des Praios und dessen vermutlich hochrangigen Beratern alleine.
„Eure Erhabene Weisheit“ begann Eminenz Yarum erneut.
„Nun geht und lasst uns alleine.“ Etwas hatte sich in der Stimme des Boten des Lichtes geändert.
Ich konnte es nicht greifen, nicht verstehen, aber etwas berührte mich für einen flüchtigen Moment, aber dann ging das Gefühl vorbei und ich blieb wo ich war, sicher dass diese Anweisung mir nicht gegolten, hatte.
Anders die vier Mitglieder des Rates des Lichts, ich ging inzwischen einfach davon aus das es sich um solche handelte. Selbst Eminenz Yarum drehte sich ohne ein weiteres Wort weg und ging gemessenen Schrittes davon.
„Nehmt doch Platz, Adepta Lynia.“ Der Bote des Lichts deutete auf die Bank in deren Mitte Araschar lag und nahm auf einer der freien Hälften der Bank Platz, zeigte aber unterstützend mit seiner freien Hand auf die andere Seite.
„Eure Erhabene Weisheit“ begann ich, und sank vorsichtig auf die Knie, darauf achtend dass meine Handflächen gut zu sehen waren, sowohl für den Boten des Lichtes als auch für eventuelle Beobachter.
„Adepta Lynia, wir sind alleine und wenn ich der Meinung wäre das von euch eine Gefahr für meine Person ausgehen würde dann würden wir uns hier nicht unterhalten. Also bitte, setzt euch zu mir.“
Erschrocken fuhr ich hoch und beeilte mich der Aufforderung des Boten des Lichts nachzukommen. Kaum saß ich legte ich meine Hände mit der Handfläche nach oben auf meine Oberschenkel, wagte es aber zumindest meinen Blick in Richtung des Boten des Lichtes zu drehen und blickte in die Hellblauen Augen desselbigen und schaffte es nicht mehr meinen Blick wieder beschämt zu senken.
Eine gefühlte Ewigkeit blickte ich in diese Augen und wusste mehr als ich es spürte dass ich geprüft wurde, auch wenn ich nicht erfassen konnte auf welche Weise dies geschah.
„Adepta Lynia. Woher wisst ihr wer ich bin? Ich trug die gleiche Kleidung wie meine Brüder im Glauben.“
„Eurer Akte liegt eine Zeichnung bei, die euch fürwahr trefflich wiedergibt. Ich habe euch sofort erkannt, kaum dass ich euer Gesicht sah.“
„Es gibt eine Akte über mich? Erzählt mir doch ein wenig von dieser Akte.“
In der Stimme klang nicht dieser feine Ton mit, welcher zuvor die wiederholte Anweisung an die Geweihten uns zu verlassen unterlegt hatte, aber das war auch gar nicht nötig.
„Im Archiv der Kaiserlich Garethischen Informationsagentur hier in Gareth gibt es ein Regal voller Akten über wichtige Persönlichkeiten der Zwölfgöttlichen Kirchen. Die meisten sind in Garethi, ein paar wenige in Bosparano gehalten. Eure ist die einzige, zumindest die einzige zu der ich Zugang erhalten hatte, die in Aurelian und Imperialen Zeichen geschrieben war und damit war es eine gute Möglichkeit sowohl die Sprache als auch die Schrift ein wenig besser zu lernen. Deswegen habe ich gelesen was ich verstanden habe, wobei ein guter Teil der Akte zusätzlich verschlüsselt war. Nicht verschlüsselt war, dass euer Name vor der Ernennung zum Boten des Lichtes Hilberian Grimm von Greifenstein und vom Großen Fluss war. Ihr seid ein Bastardsohn des Nordmärker Herzogs Hartuwal und damit ein Halbbruder des amtierenden Herzogs Jast Gorsam vom Großen Fluss. Im Jahre 1013 nach dem Fall Bosparans befandet ihr euch auf einer Reise im Orkland, wo euch Greifen erschienen, welche euch dazu brachten den Titel des Illuminatus von Elenvina anzunehmen, eines Erleuchteten. Die Visionen, welche euch die Greifen zuteilwerden ließen veranlassten euch jedoch im Jahre 1014 nach dem Fall Bosparans die Wahl von Jariel Praiotin XII. zum Boten des Lichtes nicht anzuerkennen und euch selbst zum Boten des Lichtes ausrufen zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt nanntet ihr euch Hilberian Praiofold III. und leitetet damit die zweite Spaltung der Praioskirche ein, unmittelbar vor der Rückkehr Borbarads. Ihr erkanntet euren Irrtum jedoch aus Euch selbst heraus und gabt all Eure Ansprüche auf und erkanntet Jariel Praiotin XII. zum alleinigen Boten des Lichtes an, bevor Ihr Euch für die nächsten Jahre von allen Ämtern zurückgezogen habt. Im Jahre 1021 nach Bosparans Fall schließlich wurdet ihr offiziell zum Boten des Lichtes erwählt und nahmt den Namen Hilberian Praiogriff II. Heliodan an, als welcher ihr seither die Geschicke der Praioskirche lenkt.“ Ich war überrascht darüber dass ich das ein oder andere mal den Eindruck hatte, dass der Bote des Lichtes ein Lächeln zu unterdrücken versuchte, aber sicher war ich mir nicht, musste ich doch bei manchen Angaben doch nochmals gründlich nachdenken um nichts falsches zu erzählen.
„So, die KGIA hat also eine Akte über mich. Das ist doch mal ein Lob. Ihr habt, sogar über die Reichsregentin Höchstselbst eine Bittschrift verfassen lassen in welcher ihr um die Erlaubnis bittet, die Stadt des Lichtes, so sie einer Magierin zugänglich ist, besuchen zu dürfen. Wie kommt eine Abgängerin der bekanntesten Magierakademie Aventuriens zu solch einer Idee?“
Diese Frage war einfach. „Weil Personen wie ich die Stadt des Lichtes offiziell nur betreten dürfen wenn es eine große Ankündigung der Praioskirche gibt, oder wenn eine öffentliche Hinrichtung stattfindet, aber in beiden Fällen ist die zu betretende Fläche ziemlich eingeschränkt und die Möglichkeit zur Beobachtung, Betrachtung und des Studiums ist dabei wahrscheinlich noch eingeschränkter. Ich kenne das absolute Verbot, welches für den Tempel der Sonne gilt, daher hatte ich diesen auch ausdrücklich aus der Bitte ausgenommen gehabt. Aber alleine die ganzen anderen Bauten und der Tempel der Sonne von außen, nicht nur oberhalb einer hohen Mauer zu sehen oder aus der Luft mit den Augen eines Raben, sie in Ruhe betrachten zu können, Teil zu sein des größten bekannten Tempels Aventuriens, seine Architektur bewundern zu können, seine Schönheit sehen zu können, schlicht eines der Wunder Aventuriens mit eigenen Augen in ganzer Pracht bewundern zu können…“ ich verlor mich ein wenig in Erinnerung an die wenigen Eindrücke die ich auf dem Weg in den Goldenen Garten sammeln konnte.
„Und?“
Ich blickte den Boten des Lichts fragend an und spürte die röte zurückkommen. „Und vielleicht zumindest am Rand, also immer noch außerhalb, aber eben zumindest an der Mauer des Tempels der Sonne Zeit für eine Gebet an den Fürsten der Götter zu haben. Aber der Bitte wurde ja nicht statt gegeben.“ Nun drehte ich meinen Blick doch weg und betrachtete den gepflegten Weg vor mir.
„Das ist so nicht ganz richtig.“
Ich hob meinen Blick zurück und sah den Boten des Lichtes direkt an, aber sein lächeln war verschwunden, wobei er immer noch weit davon entfernt war grimmig oder gar böse zu schauen.
„Verwaltung ist manchmal eine etwas langsame Sache, und Ordnung alleine sorgt noch lange nicht für schnellere Abläufe. Natürlich wird ein Schreiben der Reichsregentin ungeprüft an mich übergeben, eure Anfrage kam also bis zu mir und ich habe sie gelesen. Zum einen ist so eine Anfrage an sich schon recht ungewöhnlich, aber wenn sie dann auch noch von der Reichsbehüterin Höchstselbst kommt und diese für eine Magierin die Erlaubnis zum Betreten der Stadt des Lichtes erbittet, verzeiht, aber da wird sogar ein Bote des Lichtes Neugierig. Also habe ich Hintergründe zusammentragen lassen, was die Reichsbehüterin zu diesem Schritt bewogen haben mochte und dies hat dann leider etwas gedauert und die entsprechenden Informationen erreichten mich erst letzten Monat. Aber da hatten meine Rechtsberater eine Idee, die ich ganz ansprechend fand, denn auch mir hätte es nicht behagt den Leichnam unseres Reichsbehüters in den Klauen Rhazzazors zu wissen, und so dachte ich meine Idee wäre eine gute Möglichkeit Unseren Dank auszudrücken. Gemäß der Rechtsprechung des Neuen Reiches dürft Ihr als Magierin ja kein Lehen verwalten, werdet also bei der Belohnung für eure Taten beschnitten, obwohl euer Verdienst sicherlich nicht kleiner war als der eurer Gefährten. Ich meine mich gar zu erinnern gehört zu haben, dass es ein von euch beschworener Elementar war der letztlich den Leichnam Brins erst in Sicherheit gebracht hat. Also habt ihr das eigentliche Unglück verhindert, wurdet dafür aber als einzige im Dank beschnitten. Nun, so ist die Rechtsprechung in diesem Reich und wir werden uns in diese Belange nicht einmischen. Aber, so dachten wir, wäre es zumindest eine, wenn auch vermutlich nicht Gleichwertige, wobei ich nun, nach Euren Worten da nicht mehr so sicher bin, Entschädigung wenn euch im Anschluss an das Bankett zum Ende des großen Turniers die von euch erbetene Erlaubnis zum Betreten der Stadt des Lichtes zuteil geworden wäre. Aber die Umstände waren ja leider gegen Euch und ich fürchte in den Wirren der Tage seit ihr wieder in der Stadt seit hat an dieses Schreiben niemand mehr gedacht. Dann sprechen wir es eben mündlich aus, dass Ihr, Adepta Lynia aus Punin uneingeschränkten Zugang zur Stadt des Lichtes erhaltet, natürlich mit Ausnahme des Tempels der Sonne, so lange Ihr Euch an die Gepflogenheiten und Grenzen haltet, die auch anderen Gästen der Stadt des Lichtes auferlegt sind. Die Sonnenlegion ist diesbezüglich schon eingewiesen und eine Beschreibung von euch ging hinaus.“
„Ich danke Euch, Eure Erhabene Weisheit.“ Ich war vor dem Boten des Lichtes auf die Knie gesunken und hatte mein Haupt gesenkt. Das war mehr als alles was ich erwartet hatte. Bei Hesinde, was für Möglichkeiten sich mir da auftaten.
„Bitte, Adepta, nehmt doch wieder Platz. Ihr wisst doch sicherlich dass dies nur eine willkommene Gelegenheit war ein Versäumnis zu bereinigen, aber nicht der eigentliche Grund für dafür dass ich Euch hergebeten habe.“
Ich nickte stumm und blickte dem Boten des Lichts wieder in die Augen, wobei ich einen schnellen Blick auf Araschar nicht verkneifen konnte. Ich hatte immer noch den Eindruck dass die Waffe nicht so hell schimmerte wie ich sie in Erinnerung hatte, als ich sie vor zwei Tagen, bei den Zwölfen, war das wirklich erst zwei Tage her gewesen, im Praios-Tempel in Alt-Gareth abgegeben hatte.
„Ja, Araschar ist einer der Gründe, warum Ihr hier seid. Araschar und die Informationen welche Illuminata Lanzenschäfter bezüglich Eures Namens übermittelt hatte, was ob der Umstände unter denen sie es getan hatte mehr als ungewöhnlich war, aber das waren die Informationen auch. Aber bevor ich fortfahre. Nehmt Araschar an euch.“
Ich blickte den Boten des Lichtes Fassungslos an.
Die einzige sichtbare Waffe in Griffweite, meinen Stab und meine Umhängetasche hatte ich am Rand des Beetes mit den Alveranien auf dem Boden liegen lassen, wo ich sie für mein Gebet abgelegt hatte, ich alleine mit dem Boten des Lichtes und er wollte dass ich sie nahm.
Ich versuchte noch nicht einmal das Zittern meiner Hand zu unterdrücken, als ich diese in Richtung Araschar streckte, aber kaum berührte meine Handfläche den Griff Araschars war es wie wenn ich meinen Stab griff. Ein Band verband mich und Araschar, ich konnte es spüren und, im Gegensatz zu meinem Stab, auch sehen, denn Araschar nahm langsam aber stetig wieder den Glanz an welchen ich von ihm gewohnt war, auch wenn er diesen erst endgültig auf unserer Flucht von Wehrheim nach Gareth erlangt hatte.
Aber für mich war es gewesen wie wenn Araschar genauso schon immer gewesen war, weil es so erschaffen worden war.
Vorsichtig, aber bestimmt, nahm ich Araschar aus der Schatulle und legte es vorsichtig über meine Schenkel, während ich kurz mit beiden Händen die Klinge einmal auf und ab fuhr, einfach nur um es zu spüren. Als mein Blick wieder zum Boten des Lichtes glitt lag ein Lächeln auf seinen Zügen, was mich doch ein wenig verwunderte.
„Seit langem schon habe ich Visionen. Manche offenbaren sich Zeitnah, andere erst Götternamen oder gar Götterläufe später, andere haben sich bis heute nicht offenbart. Eine dieser Visionen betrifft Euch, da bin ich mir nun ganz sicher.“ Der Bote des Lichts klang immer noch ruhig und sicher, seiner Stimme haftete immer noch dieses besondere etwas an, aber nun glitt sein Blick immer wieder von mir weg und zu Araschar. „Ich sehe Licht, hell, golden, warm, strahlend, wie es Aventurien bedeckt und versucht, es so gut wie es eben geht vor der Dunkelheit zu beschützen. Aber die Dunkelheit ist, immer, unausweichlich, weil da wo Licht ist auch Dunkelheit sein muss. Mal wird das Licht heller, mal wird es schwächer, weil die Dunkelheit stärker wird, aber im Gesamten halten sie eine Art Gleichgewicht. Dann aber wächst die Dunkelheit. Nicht am Rand, wo sie auf das Licht trifft, sondern in ihrem Inneren, wo das Licht niemals hinkommt. Dort sammelt die Dunkelheit Kraft, gewinnt an Stärke und Macht und bereitet sich vor. Als dieser Kern dann soweit ist, beginnt er zu wachsen und seine Dunkelheit ergänzt die vorhandene Dunkelheit, und dieser Vereinigung ist das Licht nicht gewachsen und es wird immer mehr zurückgedrängt. Der Kern dieser Dunkelheit trägt das Mal Madas in sich und von ihm geht die Zerstörung des Lichtes aus. Dieser Kern gewinnt, ein jedes mal. Das Licht wird verdrängt, bis es gänzlich verschwindet. Ihr dürft weiteratmen Adepta. Wenn ich der Meinung wäre, dass ihr dieser Kern wäret wäre das Götterurteil ausgefallen wie Eminenz Yarum es im Sinn gehabt hatte. Ihr wäret gestorben, selbst wenn euch Araschar im Augenblick des direkten Kontaktes als Seine Trägerin erkannt hätte. Alleine die Wucht des Schlages hätte euch das Genick gebrochen. Aber auch wenn ich der Bote des Lichts, der Gesandte Praios auf Dere bin, so bin ich doch auch auf andere Diener des Götterfürsten angewiesen und kann mich nicht immer über alle Entscheidungen hinwegsetzen, beziehungsweise muss sie in manche Entscheidungen mit einbinden. Diese Visionen wurden nicht nur mir alleine zuteil. Illuminata Lanzenschäfter hatte sie unter anderem auch und sie war auch diejenige die fest davon überzeugt war, Luminifactus Greifax von Gratenfels pflichtet ihr in dieser Einschätzung übrigens bei, dass Ihr Teil der Vision seid. Wir sind uns sicher und einig dass einer der beiden Kerne Galotta darstellt, aber wir hatten, bis eben zur Kunde von Illuminata Lanzenschäfter, keinen Bezug zum zweiten Kern, ja noch nicht einmal die Vision als Ganzes entschlüsselt, dass gelang erst Luminifactus Greifax von Gratenfels, vor genau zwei Tagen, als Ihr ihm Araschar übergeben habt. Es gibt eine zweite Fassung dieser Vision. Auch sie endet damit dass die Dunkelheit siegt und das Licht verschwindet, aber diese Fassung hat zwei sehr entscheidende Änderungen, welche sich uns bis vor zwei Tagen nicht erschlossen haben. In dieser zweiten Fassung, und nur in dieser, schien es immer so wie wenn in diesem Kern der Dunkelheit mit dem Mal Madas immer wieder einmal für einen kurzen Moment ein goldener Schimmer aufblitzen würde. Da die Visionen nicht in einer bestimmten Reihenfolge kamen, ja noch nicht einmal nach einem erkennbaren Muster hat es etlicher Gespräche bedurft um diesen Punkt als tatsächlichen Teil der Vision zu erkennen. Die zweite Änderung ist die, auch hier bedurfte es etlicher Gespräche und der Unterstützung dritter, dass in der Vision mit dem, einfach ausgedrückt goldenen Dunklen Kern diese nicht mit dem Sieg der Dunkelheit beendet war sondern immer noch mal mehr mal weniger lang weiterging. Bei der Vision mit der reinen Dunkelheit endete diese mit dem Sieg der Dunkelheit, bei der Version mit dem goldenen Dunklen Kern geht sie nach dem Sieg der Dunkelheit weiter, auch wenn ich von niemandem weiß der in seiner Vision die Rückkehr des Lichtes gesehen hatte. Bis vor zwei Nächten. Seit zwei Nächten erlischt der goldene Funke im Dunklen Kern kurz vor dem Endgültigen Sieg der Dunkelheit, aber es kam auch, wenn auch nur für einen kurzen Moment und nur ganz schwach, am Rande, am Ende der Vision ein Hauch von Licht zurück.“
Irgendwann während der Worte des Boten des Lichtes war ich aufgestanden. Ich hatte es gar nicht wirklich realisiert, ich hatte nur erkannt wie sich die Blickwinkel änderten, der Bote des Lichts nahm den Kopf etwas zurück ich musste meinen etwas nach vorne sinken lassen.
Zumindest war Araschar meiner Hand entglitten und lehnte nun an der Bank, so dass ich zumindest kein irgendwie zu sehr falsch zu verstehendes Bild abgab.
Ich spürte auch wie meine Beine nur eines wollten, weg von hier, am besten gleich ganz aus der Stadt des Lichtes und anschließend direkt aus Gareth.
Aber ich konnte sie von dieser Idee, wie würde es aussehen wenn ich aus dem Goldenen Garten rennen würde, wo doch mit Sicherheit Sonnenlegionäre vor dem Tor standen die genau wussten mit wem ich hier alleine saß, wieder abbringen. Ich könnte auch als Rabe fliehen. Robe, Tasche, egal, meinen Stab könnte ich mir krallen und wenn ich erst mal über die Mauer vor uns war, auf deren anderer Seite ich das Villenviertel wusste könnte ich schon weitersehen.
Aber ich stand nur da und konnte die Tränen spüren, die meine Wangen hinabliefen. „Eure Erhabene Weisheit. Warum?“
„Adepta Lynia. Meinem Wissen nach können genau drei Menschen sagen dass sie zumindest glauben die wahre Bedeutung der beiden Visionen zu kennen. Luminifactus Greifax von Gratenfels, Ihr und Ich. Ich habe diese Erkenntnis noch nicht einmal dem Rat des Lichtes mitgeteilt, deshalb habe ich dem Sonnenmarschall Praiostreu auch den Befehl gegeben euch zu schonen, nachdem der Rat des Lichtes sich sicher war das Euer Tod die Vision nichtig machen würde, oder sie zumindest zu teilen auflösen würde. Sie interpretierten das Auftauchen Araschars aus der Hand der Magierin welche so sehnlichst in die Stadt des Lichtes wollte dahingehend, dass die Dunkelheit aus euch selbst kommt. Aber auch wenn ich Dunkelheit in euch sehe, ich erkenne auch Licht und nicht nur das des Herren Praios. Ihr seid mehr als eine einfache Adepta, auch wenn ihr durch eure Leistungen, sowohl an der Akademie als auch für das Neue Reich schon auffällig geworden seid. Ihr seid, so euch die Götter weiter wohlgesonnen sind, ich habe erfahren dass ihr in dieser Hinsicht ebenfalls ein überraschendes Maß an Hingabe besitzt, zu Höherem bestimmt, aber, und da bin ich wie ihr ja wisst ein gutes Beispiel dafür, auf dem Weg zu dieser Bestimmung muss man auch lernen mit Rückschlägen und Fehlinterpretationen zurecht zu kommen und zu versuchen aus diesen gestärkt hervor zu gehen.“
Der Bote des Lichtes hatte sich langsam erhoben und hatte beide Hände vorsichtig auf meine Schultern gelegt. Nun musste er seinen Kopf wieder leicht senken während ich meinen leicht in meinen Nacken legen musste um in die Augen des Boten des Lichtes zu blicken, auch wenn ich diese durch die Tränen nur noch verschwommen sah.
„Eure Erhabene Weisheit. Ihr verlangt von mir dass ich die Dunkelheit bringe welche das Licht verschlingen wird. Das kann ich nicht. Das widerspricht allem woran ich glaube, allem, wofür ich lebe, allem wofür ich mich vorbereitet habe. Ich will Licht in die Dunkelheit bringen, nicht das Licht mit der Dunkelheit vertreiben. Verzeiht, aber das kann ich nicht.“ Ich ließ meinen Blick beschämt zu Boden sinken.
„Lynia. Ich verlange das nicht von Dir, Ich bitte Dich darum.“
Vorsichtig hob ich meinen Kopf wieder nach oben, während ich meine Tränen immer noch nicht unter Kontrolle hatte. „Ja, Eure Erhabene Weisheit. Aber warum?“ Ich kannte die Antwort und ich hatte Angst vor ihr, aber sie würde kommen, so wie das Praiosmal morgens am Horizont Richtung Rahja erschien.
„Weil auf die Dunkelheit die Du bringst zumindest die Hoffnung auf die Rückkehr des Lichtes besteht.“
„Eure Erhabene Weisheit, seid Ihr Euch da sicher?“
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