Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 12: Zu des Greifen Kern

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Tela Reisigritt
Erzmagus
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BeitragThema: Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 12: Zu des Greifen Kern   Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 12: Zu des Greifen Kern EmptySa Nov 08, 2014 10:53 am

Tela schaute der gut einen Spann größeren Frau in ihre stahlblauen Augen, um die sich die ersten altersbedingten Fältchen gelegt hatten. Ihre Haltung war aufrecht, und nach den Jahren der Reise mit zwei professionellen Kämpfern wusste Tela, dass diese Frau ihren beiden Gefährten in dieser Hinsicht wahrscheinlich in nichts nachstand. In den Augen lagen nicht nur das Selbstbewusstsein aus jahrelangem intensiven Training, sondern auch der unverbrüchliche Glaube an ihren Herren, den Gott der Sonne und des Lichts (der Gott, in dessen Namen so viele ihrer Schwestern ihr Leben gelassen hatten, meldete sich eine leise Stimme in ihr). Und doch, noch etwas stand in ihren Augen, kaum lesbar hinter der disziplinierten Mimik der Greifenreiterin, aber umso stärker spürbar.

Tela wählte ihre Worte mit Bedacht. „Aurana, wir danken Euch für Eure Offenheit, auch wenn es in den Augen des Götterfürsten eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Vielleicht…“ und hier hielt Tela inne, „…vielleicht wird es Euch auch noch vergönnt sein, von einem Greifen getragen zu werden. Wer kennt schon Praios‘ Willen. Und ich möchte es Euch von ganzem Herzen gönnen, denn es ist ein Erlebnis, das man sein Leben nicht vergessen wird. Doch ich würde nicht nur den Greifenritt, sondern alles, was ich besitze, jede Freundschaft, jedes Stück Freiheit meiner eigenen Person dafür geben, dass es den Anlass für diesen Greifenritt nicht gegeben hätte. Und wenn es tatsächlich eines solchen Unheils bedarf, um sich mit einem Greifen in die Lüfte zu erheben, dann seid mir nicht böse, wenn ich Euch und uns allen wünsche, dass es nie wieder der Fall sein werde.“

Aurana ließ die Luft aus ihren Lungen entweichen und beugte sich zu der kleineren Frau mit den kupferroten Haaren hinab. Tela erwiderte ihre Umarmung und küsste sie kurz auf die Stirn, bevor sie sich wieder aufrichtete. Das Lächeln war auf ihr Gesicht zurückgekehrt, und Tela freute sich mit ihr darüber. „Wer nicht von den Greifen erwählt wurde, wir im Licht des Herrn Garafan sterben. Allein wer würdig und treu ist, soll sich dem Greifen stellen. So lautet die uralte Legende, und noch kein phexgefälliger Dieb ist je wieder gesehen worden.“ Sie lachte laut auf: „In welchen Zeiten leben wir, dass nun eine von Mada verfluchte den Weg der Treue gegenüber dem Götterfürsten wandelt. Doch all das soll mir recht sein, wenn nur keine zweite Steinscheibe über Gareth auftaucht“. Sie machte eine kurze Pause, in der sie sich zu sammeln schien. „Ich habe noch andere Aufgaben, so entschuldigt mich bitte. Möge das Licht des Götterfürsten mit Euch sein, Helden von Gareth!“ Sie drehte sich um und ließ die Helden vor dem Trümmerfeld stehen, das zwischen ihnen und der großen Greifenstatue lag.

Bis zur Hälfte waren sie bereits gekommen, als sich der Trümmerhaufen bewegte. Vielleicht nur Zufall, doch auch hier, in der Stadt des Lichts, war weiterhin zuviel dämonische Präsenz spürbar, um sorglos zu sein. Sofort gruppierten sich Hakim und Ghor mit gezogenen Waffen neben Lynia, während Tela im Hintergrund die Konzentration suchte, ihre Kraft zum Schutz ihres Körpers einzusetzen. Noch einmal würde sie sich nicht schutzlos den agrimothschen oder thargunitothschen Kräften aussetzen, die hier lauern mochten.

Langsam gingen sie weiter, ihren Weg in alle Richtungen absichernd. Noch wenige Schritte, dann wäre das Tor in der Brust der liegenden Greifenstatue erreicht. Doch bereits jetzt war erkennbar, dass sie es aufgrund der sich davor auftürmenden Schuttberge nicht würden erreichen können. „Das Loch im Hinterkopf. Vielleicht haben wir dort Glück.“ Tela fasste Lynia bei der Hand und zog sie über eine Spalte zwischen den Trümmern hin zum Rücken des Greifen. Seine Oberfläche würde der Magierin nicht viel Halt bieten, so dass sie wohl ihrer Hilfe bedurfte. Sie konzentrierte sich ein weiteres Mal und ließ Sumus Kräfte in ihre Füße und Hände fließen, die sofort für sichereren Halt auf den glatten Flächen sorgte. Sie spürte den bitteren Geschmack agrimothscher Kraft auf der Zunge und musste sich unwillkürlich schütteln. Dann stemmte sie sich zwischen zwei schwere Balken und zog die Magierin hoch, so dass sie mit einem Tritt über die Räuberleiter auf die flache Oberseite des Greifenrückens gelangte.

In diesem Moment brach der Stapel unter ihr zusammen und hätte sie sicher unter sich begraben, wenn sie nicht auf ihre Magie hätte zurückgreifen können. An einen Balken geklammert wurde sie weggeschleudert und kam einige Meter weiter unsanft zwischen Kopfgroßen Steinbrocken zu liegen. Über ihr türmte sich ein Monster aus Schutt auf, das zu einem weiteren Schlag ansetzte.

„Lynia!“ dachte sie, als sie unter dem herabsausenden Bruchstück eines Türrahmens durchtauchte und mit gezogenem Dolch in Richtung des liegenden Greifen sprintete. Sie sah, wie ein weiteres Tentakel die Magierin nur um Weniges verfehlte und krachend auf dem Rücken der Statue niederging. Lynia taumelte zurück, doch der nächste Schlag hätte sie sicher getroffen, wenn nicht ein heransausender Schatten (Ghor? Hakim?) dem Ungetüm ein Bein zertrümmert und es aus dem Gleichgewicht gebracht hätte. Ohne Mühe erklomm die Hexe die Flanken des Greifen und wandte sich erneut der Trümmerkrake zu – keine Sekunde zu früh, denn ein weiteres Tentakel aus Tauen und Bruchstücken von Holzmöbeln ging auf sie nieder. Mit einem Aufschrei hieb sie nach dem Ding und legte ihre ganzes Gewicht hinein, wohl wissend, wie wenig ihr Dolch würde ausrichten können. Doch vielleicht gelang es ihr so, die Aufmerksamkeit von Lynia weg auf sie selbst zu lenken und der Magierin die Zeit zu verschaffen, sich in den sicheren Innenraum des Greifen zu retten.

Das Tentakel, diesmal in einer langen, stechenden Bewegung, fuhr unter Kreischen und Reißen an ihr vorbei. Instinktiv packte sie es mit einer Hand und setzte den Dolch an die dünnste Stelle im Seilstrang an. Als der Arm des Kraken zurückschnellte, nutzte sie seine Kraft, um den Dolch zwischen die Taue zu hebeln, und sah, wie die Hanfbündel unter dem Druck ihrer Klinge zersprangen. Noch am Tentakel hängend ließ sie sich fallen, um noch mehr Druck auf die verkeilte Klinge zu geben, und ein Ruck ging durch den Kraken, als der abgetrennte Rest des Tentakels zu Boden fiel und die Hexe unter sich begrub.

Als sie sich wenige Sekunden später befreit hatte, war der Kampf bereits beendet. Ghor und Hakim standen schwitzend und aus kleineren Wunden blutend inmitten eines Berges aus Hanfseilen, Holzstücken, Steinen und Ziegeln, von dem außer einem miasmatischen Gestank kein weiteres Lebenszeichen ausging. Sie lächelte, als sie die beiden sah, und Hakims und Ghors Gesichter schienen zu sagen: „Sieh an, unsere Tela, wie immer unverwüstlich und mit einem unglaublichen Glück gesegnet.“ Ihrer aller Blick wandte sich dem Greifen zu, in dessen Öffnung Lynia rechtzeitig und unbeschadet verschwunden war. Während sie sich gegenseitig halfen, den Rücken des Greifen zu erklimmen, hoffte Tela, dass Lynias Zeit mit Obaran (in Form der Klinge Araschar) tatsächlich für eine ausreichende Verbundenheit mit dem Götterfürsten gesorgt hatte, dass sie Gnade vor dem finden würde, was sie im Innern des Heiligtums erwarten würde.
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