Das Schwarze Auge
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
StartseiteNeueste BilderAnmeldenLogin

 

 Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 11: Rabe und Greif

Nach unten 
AutorNachricht
Tela Reisigritt
Erzmagus
Tela Reisigritt


Anzahl der Beiträge : 456
Anmeldedatum : 03.10.12
Alter : 45
Ort : Nordaventurien

Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 11: Rabe und Greif Empty
BeitragThema: Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 11: Rabe und Greif   Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 11: Rabe und Greif EmptyFr Nov 07, 2014 11:55 pm

Dieser Tag begann besser, als der letzte geendet hatte – aber das war auch nicht schwierig. Sie hatten gemeinsam am Rat der Helden teilgenommen, der beinahe im Eklat ausinandergegangen war. Nicht einmal in dieser Stunde des Leids konnten die Mächtigen des Reiches ihre Differenzen friedlich beilegen, und falscher Stolz schien mehr als die vielen Leben zu wiegen, die von ihnen abhingen. Sie war froh gewesen, dass die Männer und Frauen – zu wenige Frauen für ihren Geschmack - um Thorn Eisinger den großmäuligen Marschall der Stadtgarde, Boronian vom Rommilys, von seinem hohen Ross geholt hatten. Doch es hatte der ganzen Überzeugungskraft Hakims bedurft, den Streit zu schlichten, und die unverhohlenen Drohungen hatten trotz des glimpflichen Ausgangs einen bitteren Geschmack hinterlassen.

Doch nun war ein neuer Tag, die Sonne meinte es gut mit ihnen, und trotz allen Leids um sie herum war sie noch immer froh, dass Gareth und die freien Lande der Herrschaft des Dämonenkaisers entkommen waren. Doch ihre Freude sollte nicht lange anhalten.

„Gefehlt habt Ihr! Der Stab des Vergessens – nicht mehr als ein Stück Holz!“ Die gepresste Stimme Stygomars, des Boron-Hochgeweihten des Mittelreiches, passte so gar nicht zu seiner sonst würdevollen Erscheinung. Einen Moment lang schien es, als ob die Wut ihn überkommen und er den Stab von sich schleudern wollte, doch im selben Augenblick besann er sich wohl. Tela wusste seine Blicke nicht zu deuten, denn von Sekunde zu Sekunde schien den Boronpriester eine andere Regung zu übermannen.

Verlegen schauten sie in die Gesichter ihrer Gefährten. Lynia war offen erschrocken und schien den Tränen nahe, Hakims ewiges Lächeln war aus seinem nun bleichen Gesicht gewichen, und Ghor hielt seinen Kopf gesenkt, als ob er jeden Moment auf die Knie fallen würde. „Es waren für alle harte Tage, ausnahmslos, Hochwürden“, setzte Tela an, doch ein eisiger Blick brachte sie zum Schweigen. Stille senkte sich über die Gruppe herab, und nicht einmal der Atem der anderen war zu hören.

Dann sank Stygomar selbst auf die Knie, den Stab des Vergessens auf den offenen Handflächen. „Boron, es ist Dein Wille, Dein Weg. Wer bin ich, ihn zu hinterfragen. Gib mir die Kraft, ihn zu gehen. Gib mir die Kraft, Deinen Auserwählten ein zweites Mal zu vertrauen. Gib mir die Kraft, in Deinem Namen voranzugehen…“

„Dieser Stab“, Tränen traten in seine Augen, als er sich wieder aufgerichtet hatte, „dieser Stab ist lediglich ein Stück Holz. Einst war er ein Talisman Borons, den er an seine Gläubigen gesandt hat. Doch ich spüre das Göttliche darin nicht mehr. Ihr...“, und er blickte uns mit offen und ohne Hass, aber mit einer tiefen Traurigkeit an, „...Ihr habt ihn geführt. Doch es hat nicht gereicht.“ Erneut senkte sich Stille über die Gruppe.

„Doch auch ich habe gefehlt. Ich habe nicht erkannt, dass Ihr nicht stark genug seid. Ich hätte den Stab führen müssen, auch wenn es mein Leben gekostet hätte.“ Tela kratzte ich hinterm Ohr. Immer diese verhinderten Helden… erst Boronian, der Marschall der Stadtgarde, und nun Stygomar, der Oberste Hirte der Boronkirche (oder zumindest ihres nördlichen Asts, wie sie sich erinnerte) – beide haderten mit ihrer Rolle, unfähig, sich über ihr Leben und über das Überleben so vieler zu freuen. Sie schnaubte leise – Stygomar würde noch Zeit brauchen, darüber hinwegzukommen, und die Welt wieder in ihren echten Farben zu sehen, da war sie sicher.

„Ich werde Buße tun.“ Seine Stimme war nun tonlos, aber fest. „Und Ihre werdet den Stab des Vergessens erneut an Euch nehmen. Dies war das Wort Borons in meinem Traum. Ihr werde eine Wallfahrt unternehmen und in jedem Tempel des Gottes des Vergessens einkehren. Betet.“ Tela trat unwillkürlich einen kleinen Schritt zurück. „Vielleicht gelingt es Euch, zu enträtseln, wie es zur Vernichtung des Talismans kommen konnte. Folgt den Spuren, die Coran Grassberger hinterlassen hat. Seine Visionen sind der Schlüssel zu den gegenwärtigen Geschicken. Vielleicht könnt ihr so die Schuld von Euch waschen.“

Schuld verspürte Tela keine, als sie den Tempel verließen, doch das Gefühl, der Kirche des dunklen Gottes etwas schuldig zu sein, schon. Schließlich hatte er ihnen seinen Stab überlassen, und wer weiß, wo sie, wo ganz Gareth, das Mittelreich und die freie Welt nun stehen würden, wenn sie Rhazazzor nicht mit seiner Hilfe vertrieben hätten. Auch wenn sie kein inniges Verhältnis zum dunklen Gott pflegte, so musste sie seine Hilfe anerkennen, und würde sich ihrer dankbar erweisen. Die hängenden Köpfe Ghors und Lynias, die dem Herren der Träume und des Todes viel näher standen als sie, ließen erahnen, wie es ihnen gehen musste. Sie knuffte ihnen zart in die Seiten und sagte mit leiser Stimme: „Dann werden wir bald wieder reisen, denn in Gareth werden wir Bruder Cyriak sicher nicht suchen müssen. Aber noch nicht jetzt, es warten noch ganz andere Dinge auf uns. Lasst uns in die Alte Residenz zurückkehren und etwas essen, dann kommen wir sicher auf andere Gedanken.“

Und tatsächlich, als sie Graf Rondrigan begegneten, nahmen ihre Erinnerungen an den gestrigen Nachmittag wieder die Hauptrolle ein. Die Nachricht vom Tode Praiodans von Luring war noch nicht an sein Ohr gedrungen, so dass Fassungslosigkeit und echte Trauer sich in seinem Gesicht abwechselten. Die Männer hatten sich gekannt und waren sich offensichtlich nahe gestanden. Seine Augen verengten sich jedoch zu Schlitzen, als er der Waffe ansichtig wurde, die Hakim beim Anwesen aus dem Gebüsch geborgen hatte. „Esssslam“, zischte er, „dieser schmierige Almadaner!“ Sein Kopf ruckte hoch und fixierte den Mann in zerschlissener, aber teurer Kleidung, der am anderen Ende der großen Halle saß und an einem Hühnerknochen nagte. Eine verdutzte Lynia hinter sich lassend, bewegte sich die Gruppe auf den Almadaner Grafen zu, der sie mit schreckgeweiteten Augen ansah, aber sonst keine Anstalten machte, sich zu bewegen.

Tela legte schnell ihre Hand auf die Faust Rondrigans, die sich bereits um seinen Säbel geschlossen hatte, und hielt ihn zurück. „Stiefel!“ sagte sie im Befehlston und blickte Graf Eslam an. Ghor ließ den goldverzierten Reitersäbel über den Holztisch rutschen, so dass der Graf die Schüssel Hühnersuppe hastig an sich riss und sich bekleckerte. „Stiefel!“, wiederholte Tela lauter und zeigte auf das erdverkrustete Schuhwerk Eslams. Er verstand und hob das Bein, um ihn von seinem Fuß zu streifen. Doch Tela kam ihm zuvor und brach einen Klumpen Erde aus der profilierten Sohle, um ihn zwischen den Fingern zu zerreiben. Übrig blieben zwei Praiosblumenkerne, die sie dem Grafen auf ihrer ausgestreckten Hand darbot. In diesem Moment begriff er, und er stieß hervor: „Ich konnte nichts dafür. Er war schon tot, ich konnte nichts mehr tun!“

Eine halbe Stunde später entließen sie den Grafen aus ihrem Kreuzverhör, um eine wenig heldenhafte, aber offensichtlich wahre Geschichte reicher. Eine Geschichte, einen Namen („Ifirnia“) und ein paar rätselhafte letzte Worte: „Der Greif schützt das Siegel“. Doch der Greif war tot, vergangen in seinem letzten Kampf als Obaran. Wie konnte er noch das Siegel schützen - es sei denn, er hatte es nach Alveran mitgenommen, doch das bezweifelte selbst Tela. Doch dann schalt sie sich selbst, bevor sie es aussprach: „In dieser Stadt voller Greifen, welcher Greif ist damit gemeint? Und was genau ist das Siegel“. Mit einem Seufzer setzte Graf Rondrigan zu einer Erklärung an…
Nach oben Nach unten
 
Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 11: Rabe und Greif
Nach oben 
Seite 1 von 1
 Ähnliche Themen
-
» Tage des Leids – 1. Ingerimm, Teil 10: Rätsel
» Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 13: Gen Efferd!
» Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 12: Zu des Greifen Kern
» Tage des Leids – 2. Ingerimm, Teil 13: Die Helden der Bühne
» Tage des Leids – 6. Ingerimm, Teil 14: Auf dem großen Fluss

Befugnisse in diesem ForumSie können in diesem Forum nicht antworten
Das Schwarze Auge :: Die Abenteuer der Heldengruppe :: Telas Zeit in der Gruppe-
Gehe zu: