Das Schwarze Auge
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Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Tage des Leids – 30. Peraine, Teil 9: Die Knoten lösen sich

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Tela Reisigritt
Erzmagus
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BeitragThema: Tage des Leids – 30. Peraine, Teil 9: Die Knoten lösen sich   Tage des Leids – 30. Peraine, Teil 9: Die Knoten lösen sich EmptySo Nov 02, 2014 5:18 pm

Der Besuch bei Stygomar, dem Hochgeweihten der Boronkirche, war kurz und ernüchternd gewesen. Er hatte den Stab des Vergessens an sich genommen und uns mit wenigen Worten auf die nächsten Tage vertröstet. Er, wie alle hier in Gareth, hatten genug andere Dinge zu tun, die dringender waren, bei denen es um Leben und (wie in seinem Falle wohl hauptsächlich) Tod gingen. Tela konnte es ihm nicht verdenken, waren doch so viele Seelen im Magnum Opus des Weltenbrandes auf die letzte Reise geschickt worden, und lauerten doch so viele Gefahren auf ihrem Weg zurück in den Schoß der Urmutter (oder Borons Hallen, wer wusste das schon).

Kaum waren sie in der alten Residenz angekommen, fielen die Gefährten in einen tiefen Schlaf. Und wer auch immer der Herr der Träume war, er meinte es gut mit ihnen, denn trotz der vergangenen Schrecken war der Schlaf traumlos und erholsam. Am späten Vormittag, als eine warme Perainesonne sich mit dem Grau der Ascheberge abmühte, traten sie fast gleichzeitig auf den Hof des alten Herrscherhauses. Rauchfahnen, entfernte Schreie, gelegentlich begleitet von Krachen und Poltern, drangen von jenseits der Mauerreste herüber. Die vier Gefährten und Grauschnauz, der unter Telas weitem Umhang Platz gefunden hatte, schauten sich an. In ihren Augen stand das Glück geschrieben, überlebt zu haben, und gleichzeitig das Wissen, dass das Leid für viele nun erst beginnen würde.

Vor den Toren der alten Residenz verlief die große Reichstraße, die trotz all der Trümmer, die aus den umliegenden Gebäuden niedergegangen waren, bereits wieder für Fußgänger und schmale Fuhrwerke passierbar war, so dass sich nicht wenige Menschen auf der Suche nach Verwandten und Freunden, Essen und Trinken oder lediglich Werkzeug und Baumaterial auf ihr entlangbewegten. Die Blicke dieser Menschen waren verschlossen nach vorne gerichtet, ihre Lider schwer.

Da plötzlich fiel ihnen eine alte Frau auf, die zusammen mit ihrem Enkel vor der umgekippten und teilweise unter Trümmern begrabenen Statue Kaiser Hal stand. „Oma, ist der Kaiser jetzt auch tot, wie Mama und Papa?“, fragte der kleine Junge mit heller Stimme. Die Gefährten sahen die Frau schlucken. „Nein, Ardo, der Kaiser ist nicht tot. Guck doch, er lächelt ja noch. Er ist nur hingefallen.“ Mit flüchtiger Geste schob sie mit dem Fuß einen Stein beiseite, der auf der Hand der Statue lag. Sie schaute die Gefährten und wollte gerade die Hand auf die Schultern ihres Enkels legen, als sie bemerkte, dass er schon nicht mehr neben ihr stand, sondern mit aller Kraft an einem großen Trümmerbrocken zog, der den restlichen Arm der Statue bedeckte.

Unschlüssig, was sie machen sollte, schaute sie erneut zu der Gruppe. Tela lächelte – zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit – doch Lynia machte bereits einen Schritt auf den Jungen zu, um ihm bei seinem aussichtslosen Unterfangen zu helfen. Als der Brocken sich trotz vereinter Kräfte weiterhin keinen Millimeter bewegte, brachen die drei verbleibenden Gefährten in Lachen aus, und selbst die alte Frau musste ob der Bemühungen der schmächtigen Magierin, die kaum größer schien als ihr Enkel, schmunzeln.

Tela drückte die alte Frau kurz an sich, als sich die drei wie abgesprochen im selben Moment in Bewegung setzten, um Lynia und den Jungen zu unterstützen. Mit vereinten Kräften hatten sie die Trümmer bald beiseite geräumt, und bemerkten garnicht, dass sich ihnen immer mehr Menschen anschlossen, die Trümmerteile aus der kleinen Grünfläche an der Reichsstraße herausrollten oder –trugen. Als die ersten unter die Statue griffen, um sie wieder aufzurichten, setzte ihr irgendjemand den kleinen Jungen auf den Rücken, so dass seine dünnen Ärmchen sich um den steinernen Hals Hals schlangen, während dieser wieder zurück auf seine Füße fand.

In dem Moment, als die Statue wieder fest und aufrecht auf ihrem Sockel ruhte, brach von der Menschentraube, die sich auf der Straße gebildet hatte, wilder Jubel los! Als ob sie die Schrecken der letzten Tage wegschreien konnten, reckten die Leute ihre Fäuste in den Himmel, den der Klang einer guten Hundertschaft an Kehlen erfüllte.

„Kaiser Hal steht wieder! Die Statue an der alten Residenz ist wieder auf den Beinen. Hakim war dabei, der Sieger des diesjährigen Turniers, und die Leute, die ihn begleitet haben, seine Freunde wohl. Ja, genau, der andere Kämpfer, der schmale dunkle mit den beiden Klingen auf dem Rücken, und die beiden Frauen, die schöne Adepta mit dem schwarzen Haar und die andere mit den roten Haaren und dem Bernsteinblick. Das erste Stück Gareths steht wieder…“

Das Gerücht verbreitete sich durch die vielen Menschen, die an diesem kleinen Ort vorbeikamen, mit Windeseile, und Stunden später, als sie sich schon längst getrennt hatten, um jeder nach seinen Kräften zu helfen, kamen ihr solche und ähnliche Sätze wieder und wieder zu Ohren. Selbst die Kinder, mit deren Hilfe sie im Wald vor den Toren der Stadt nach Heilkräutern und Wurzeln suchte, wetteiferten irgendwann im Laufe des Tages darum, wer von ihnen nun Rohal, Hal oder Hakim sein durfte…
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BeitragThema: Tage ...   Tage des Leids – 30. Peraine, Teil 9: Die Knoten lösen sich EmptySo Nov 02, 2014 8:37 pm

Schön.

Eine wirklich ansprechende Szene, ein schönes Bild und schon während des lesen hatte ich ein halbes Dutzend Bilder und Gedanken bezüglich meiner Geschichte, wenn ich eines Tages mal soweit sein sollte.

Freu mich auf alle Fälle auf mehr.
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