Das Schwarze Auge
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Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Tage des Leids – 29. Peraine, Teil 2: Auf den Beinen

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Tela Reisigritt
Erzmagus
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BeitragThema: Tage des Leids – 29. Peraine, Teil 2: Auf den Beinen   Tage des Leids – 29. Peraine, Teil 2: Auf den Beinen EmptyFr Jul 11, 2014 9:20 pm

Um sie herum nahm die Welt Konturen an. Lynia, die sich um den verletzten Ghor kümmerte, Hakim, im Gespräch mit Leonardo. Nebel und Rauch, flackernde Feuer in der Entfernung, und überall Trümmer des Agrimothschen Ungetüms, das vor Stunden noch über dem Himmel von Gareth hing.

Niemand schien sie zu bemerken, und sie war froh, diese kurzen Augenblicke für sich zu haben. Das gab ihr Zeit, sich zu sammeln. Sie erinnerte sich, dass Hakim den einzigen echten Splitter aus der falschen Dämonenkrone gebrochen und in einen nassen Lumpen eingeschlagen hatte. Und sie erinnerte sich an Leonardos Blick, einer Mischung aus Verachtung und unterdrückter Geilheit, die über sein Gesicht gehuscht war, als er den Splitter zu Gesicht bekam. Der Splitter musste irgendwo hier sein, seine Präsenz war trotz aller anderen Umstände als leichter Druck im Hinterkopf spürbar. Wahrscheinlich hatte Hakim ihn bei sich – das würde zumindest das Interesse Leonardos am jungen Zahori erklären, die doch sonst nichts gemein hatten.

Von weit her wurden Schreie herangetragen – ob es Befehle, Angstschreie oder Todeslaute waren, war nicht auszumachen. Doch in ihrer Nähe rührte sich nichts. Sie waren in einem verlassenen Hinterhof eines angebrannten ländlichen Gebäudes gelandet, nicht weit von einem Löschteich, in dem die Stücke der Difarsmandel langsam zu öligem Brei zerflossen. Sie fragte sich, ob es das Wasser war, das das Gefährt auflöste, und wie es wohl bei Regen funktioniert hätte… sie musste kichern, und die anderen drehten sich zu ihr um.

Nachdem sie das erste große Umarmen hinter sich hatten, und die eigene Freude in den Gesichtern der Gefährten wiederspiegelte, suchten sie sich einen kleinen Bereich nahe des eingefallenen Hauses, der von den agrimothschen Trümmern weitgehend frei war. Leonardo schien zwischen verwirrten und glasklaren Geisteszuständen hin- und herzuwechseln. Oft begann er seine Sätze in festem Tonfall an die Gefährten gewandt, um sich dann in Details zu verlieren und murmelnd zu verstummen. Nur Lynia schien ihn zu verstehen und hakte an den richtigen Punkten nach, um seine Aufmerksamkeit wieder auf das Gespräch zu ziehen. „Meister Leonardo, das Spektrum der extraderischen Sphäralpräsenz, das schien ein guter Ansatz zu sein…“ „Ja, jaja, wahrlich, kein dummer Ansatz, Ausgangspunkt wohl eher, danke, junge Frau, jaja, nicht unklug, einen Versuch wert…“ Auch wenn das Fachvokabular völlig unverständlich war, so ließ doch der Tonfall der beiden Gelehrten die drei übrigen Gefährten erahnen, wohin sich das Gespräch entwickelte.

„Zum Ingerimm-Tempel, das soll unsere erste Adresse sein“, schlossen die beiden nickend ihren Dialog. Ghor schien, als ob er etwas erwidern wollte, aber nickte letzendlich nur. Tela, der immer noch etwas schummrig war, erhob sich blinzelnd.

Die Welt zerfloss in Licht wie die Malfarben eines Kindes, wenn zuviel Wasser dazugegeben wurde. Ihr Kopf blieb irgendwo kleben, als ob sie sich durch eine warme, zähe Masse drücken müsste. Sie hob ihre Hände, und Strom magischer Kraft durchfloss sie. Ein bitterer Geschmack auf ihrer Zunge intensivierte sich sekündlich, bis der Ekel sie übermannte und sie sich mit einem lauten „Wähhhh!“ schüttelte. Sie fiel rückwärts auf ihren Hintern, und die Welt setzte sich vor ihren Augen wieder zusammen.

Angewidert musste sich feststellen, dass ich die fremde magische Kraft, roh und ungerichtet, in sie ergossen hatte. Als ob man ihr Lebertran eingeflößt hätte, fühlte sie einen Druck auf dem Magen. Der bittere Geschmack auf der Zunge ließ sie sich schütteln. Den anderen schien es ähnlich zu gehen, alle waren verstummt. Sie blinzelte erneut – und dann sah sie es. Selbst ohne Hellsichtmagie waren die langen klebrigen Fäden als arkanes Schimmern zu erkennen, die wie geschmolzener Käse zwischen den Trümmern der Festung hingen. Das Exemplar, das die Gruppe getroffen hatte, war eines der größeren Streifen, der sich an einer Seite von seinem Trümmerteil gelöst und sich kontrahiert hatte, so dass er nun kringelförmig in der Nähe ihrer Sitzgelegenheiten zum liegen kam. An den erstaunten Gesichtern ihrer Gefährten konnte sie erkennen, dass auch die anderen dieses Phänomen begutachteten.

„Das ist der Kleber, der die Festung zusammenhält, und sich nun langsam auflöst und verflüchtigt. Unmengen roher magischer Energie, wie eine Drainage aus den Nodices unter Ysilia gezogen, und beim Bau der Festung von dämonischem Willen gewoben und gewalkt. Bis auf die dämonischen Substrukturen, die ihn in seiner Form gehalten haben, und die sich nun langsam auflösen, sollte er harmlos sein… Na ja, sollte, man weiss ja nie. Immerhin war es Agrimoths Macht, die diese Karft kanalisiert hat, da kann schonmal was reingeraten sein. Der Widersacher Ingerimms ist ja nicht als der Reinlichste bekannt…“ Der Monolog erklärte das Phänomen erstaunlich verständlich, so dass selbst Lynia nichts hinzufügen konnte. „Blinzelt, und ihr solltet in der Lage sein, die Fäden zu sehen", forderte Leonardo sie auf.

Tela blinzelte und erahnte die Fäden mehr, als sie sie sah. Mit bitterem Geschmack auf der Zunge nahm sie sich vor, ihnen nach Möglichkeit aus dem Weg zu gehen, als sie Ghor auf einen der Kringel zugehen sah. „Nein, Ghor, warte…“ Doch es war schon zu spät, der schimmernde Schein löste sich bei der Berührung durch Ghors ausgestreckte Hände langsam auf, während sich die vielen kleinen Verletzungen, die Lynias Heilzauber nicht hatte beseitigen können, zusehends schlossen. Tela hoffte, dass der Mechanikus recht hatte und die den Fäden innewohnende Magie größtenteils harmlos war.

Ein frohes „Auf auf, Ihr Helden“ vom wiedererstarkten Leonardo ließ den kleinen Trupp sich in Bewegung setzen, südwärts in Richtung des Stadtzentrums, auf die Begegnung mit all den Schrecken gefasst, die sie bei Wehrheim nur von Ferne gesehen hatten.
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