Das Schwarze Auge
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
StartseiteNeueste BilderAnmeldenLogin

 

 Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken - Prolog

Nach unten 
AutorNachricht
Lynia
Erzmagus
Lynia


Anzahl der Beiträge : 390
Anmeldedatum : 03.10.12
Alter : 51
Ort : Nostria

Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken - Prolog Empty
BeitragThema: Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken - Prolog   Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken - Prolog EmptyMo Sep 15, 2014 5:34 pm

“Sed habeo adversus te pauca quia habes illic tenentes doctrinam Tyakra´mans qui docebat.”
“Aber ich habe etwas gegen dich: Bei dir gibt es Leute, die an der Lehre Tyakra´mans festhalten.“


Unwillkürlich musst ich an die Worte des Predigers denken, als ich vor den Säulen des Hesindetempel stand und meinen Blick über die Menge vor mir gleiten ließ. Natürlich waren solche Worte nicht aus dem Mund eines Hesindegeweihten gekommen, sondern aus denen eines Praiosgeweihten, die, seit die diesjährige große Verkündung des Orakels durch den Boten des Lichts selbst abgebrochen worden war, vermehrt unheilvolle Verkündungen äußerten. Leider war ich nur zu teilen an den Text der Verkündung gekommen, aber das wenige was ich in Erfahrung hatte bringen können hatte mir schon gereicht.

„Siehe den Tag! Er endet wenn die Nacht anbricht!“
Für mich war inzwischen das eine wie das andere, die Niederhölle auf Dere.
In vier Tagen sollte das kaiserliche Turnier beginnen aber schon jetzt schien die Stadt, die noch nie wirklich leer gewesen war, aus allen Nähten zu platzen. Die letzten Monate, welche wir schon hier in Gareth gewesen waren war es zumindest immer so gewesen, dass mit Einbruch der Dunkelheit auch die Straßen leerer wurden und da ich die meiste Zeit erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück zu uns nach Hause kam war es halbwegs erträglich für mich. Die anderen drei, Grauschnauz ließ ich einfach mal außen vor, verstanden das zwar nicht, aber es nun mal so. Selbst nach all dieser Zeit in der größten Stadt Aventuriens waren mir größere Menschenansammlungen oder gar ein richtige Menschengedränge unangenehm. Ich bekam keine Panik oder Angstzustände, mir war es einfach nur unangenehm, ich konnte mich nicht mehr richtig konzentrieren und war meistens nur noch darauf bedacht heil an mein Ziel zu kommen. So war es schon in Punin gewesen und da hatte sich, obwohl ich da über zwölf Götterläufe meines Lebens verbracht hatte, auch nichts daran geändert. Wobei, so ehrlich musste ich auch sein, ich in Punin in all den Zwölf Jahren zusammen so oft aus der Akademie gekommen war wie hier in knapp einem halben Götterlauf, aber das änderte trotzdem nichts. Inzwischen waren nach Einbruch der Dunkelheit immer noch so viele Menschen, und auch vereinzelt Zwerge, auf den Straße unterwegs, dass es keinen Unterschied machte, zumindest nicht für mich. So auch jetzt, auf den Straßen vor dem Hesindetempel. Für einen Moment war ich versucht mich einfach wieder umzudrehen und wieder zurück in den Tempel zu gehen.

Als ich an einem der vielen Parks und Gärten Gareths vorbeikam, er lag eigentlich gar nicht wirklich auf meinem Weg, aber die Lücken in den Massen der Menschen hatten mich mehr oder weniger hier her gelotst und da die Richtung zumindest noch grob die richtige war, war ich diesen Lücken eben auch gefolgt, hörte ich Flötenspiel. Nun war Flötenspiel an sich nichts ungewöhnliches, in diesen Tagen noch viel weniger, aber dieses Flötenspiel hatte etwas, ich konnte es nicht in Worte fassen, es war einfach nur ein Gefühl, aber es lenkte mich in Richtung des Parks, aus dem ich es vernahm. Die Quelle der Flötentöne war ein älterer, mit bunten Kleidern und Federn geschmückter Geweihter, der in einem Kreis von Kindern stand und immer wieder zum Himmel und zum Horizont wies. So wie es aussah handelte es sich bei dem Mann um einen der wenigen Geweihten des Aves, des Halbgottes der Reise und Entdeckung. Ich näherte mich dem Geweihten, warum konnte ich anfänglich selber nicht sagen, es war eine Art Neugier, die mich trieb. Etwas an diesem Avesgeweihten war mir ins Auge gefallen. Als ich näher kam erkannte ich, was mich gelockt hatte. Das Gesicht des Geweihten, ich erkannte in dem weißhaarigen Mann nun auch Euer Hochwürden Udilor, den Vorsteher des Garether Avestempel, war ernst und verschlossen, dabei galten Avesgeweihte doch eigentlich als unerschütterlich fröhlich. Zudem, und das erschreckte mich ein wenig, auch wenn es zumindest den Gesichtsausdruck des Geweihten erklärte, hielten die Kinder, die den Geweihten umstanden, tote Vögel in ihren Händen und hielten diese dem Geweihten entgegen, wobei ihre Gesichter zwischen traurig und fragend blickten. Ich bekam mit, dass Euer Hochwürden Udilor den Kindern erklärte, dass in den letzten Tagen ungewöhnlich viele tote Vögel unter Bäumen, auf Straßen und sogar zwei Turmfalken tot aufgefunden worden waren. Er bat die Kinder, alle toten Vögel, welcher sie habhaft werden konnten, zu ihm bringen sollten. Es wäre nicht recht, wenn sich irgendwelche Straßenköter an diesen laben würden und die Erwachsenen schienen sich dieser Sache nicht würdig genug, oder aber, was das schlimmere sei, es wäre ihnen egal. Er legte jedem Kind, dass ihm einen toten Vogel vor die Füße legte kurz die Hand aufs Haupt und bedankte sich im Namen der Zwölfe für diese traurige, aber ehrwürdige Tat, dann schickte er die Kinder, mit dem Hinweis, dass ihm nun wohl nicht mehr nach Flöte spielen sei, davon und nickte mir wohlwollend zu. Ich war zwar nicht wirklich oft im Avestempel gewesen, aber die meiste Zeit war der Tempel so leer, dass ich, vielleicht auch weil ich eben auch aufgrund meiner Gewandung als Magierin erkennbar war, wohl durchaus aufgefallen war. Schon bei meinem dritten Besuch hatte mich Euer Hochwürden mit meinem Namen begrüßt.
Auch jetzt ließ er ein melodisches „Die Zwölfe zum Gruße, Adepta Lynia“ erklingen. Bei Euer Hochwürden Udilor klang es immer wie wenn er statt normal zu sprechen leicht singen würde, so wie auch seinem gesamten Tun ein, seinem Gott bestimmt wohlgefällig, leichter Hauch von Unbeschwertheit zugrunde lag.
„Euer Hochwürden.“ Ich verbeugte mich tief vor Euer Hochwürden Udilor, auch wenn er anfänglich versucht hatte mich davon abzubringen. Aber Euer Hochwürden Udilor war ein Tempelvorsteher, wenn auch eines Halbgottes, der aber nichts desto trotz als der Sohn von Rahja und Phex zum Pantheon der Zwölfgötter gehörte und daher gebührte auch Euer Hochwürden Udilor die angemessene Ehrbezeugung, zu welcher die Verbeugung nun einmal gehörte, zumindest wenn man eine Aufrichtige Gläubige des Zwölfgötterpantheon war. „Ist es immer noch so schlimm?“ Tote Vögel, zumindest in dieser Zahl, waren ein Phänomen, welches seit ein paar Tagen auftrat und für das es bisher noch keine Erklärung gab, auch wenn ich Untersuchungen in diese Richtung unternommen hatte, zumindest soweit es meine Zeit zugelassen hatte. Das Ganze war eigentlich ein reiner Zufall gewesen. Ich war gerade zufällig in der Academia Armarorum Astralis Garethienses gewesen, als ein Gardist der Stadtgarde vorgesprochen und um Unterstützung gebeten hatte. Der Stadtgarde waren innerhalb von zwei Tagen etliche Fälle von toten Vögeln gemeldet worden, die überall lagen. Nun war überall übertrieben gewesen, aber alleine die Tatsache, dass sich diese Fälle wohl tatsächlich über die ganze Stadt zu verteilen schienen und wohl auch tatsächlich über das normalerweise übliche Maß, man fand in einer Stadt von der Größe Gareths jeden Tag tote Vögel, weit hinausging hatte die Stadtgarde nervös gemacht. Auch wenn die gespenstische Vision von Galottas Antlitz vor über zwei Jahren über der Stadt erschienen war um diese zu verspotten und herauszufordern war die Erinnerung daran immer noch in den Köpfen der Menschen und nun, wo all diese fliegenden Wesen tot vom Himmel fielen erinnerten sich noch mehr Menschen daran. Aber die Akademieleitung lehnte das Ansinnen ab, mit dem Hinweis, dass sie vollauf mit den Vorbereitungen zum Allaventurischen Konvent beschäftigt seien, welcher ja Ende Peraine ebenfalls hier in Gareth stattfinden sollte ab.
`Eine Dienerin des Reiches muss…´ war mir Angesichts Gardisten in den Sinn gekommen und war ich als Magierin der Kaiserlich Garethischen Informationsagentur nicht auch Dienerin Gareths, wie es ja das Garethischen implizierte? Also hatte ich kurzentschlossen diesen Gardisten abgefangen und ihm meine Hilfe angeboten. Eine für beide Seiten sehr Interessante Angelegenheit, bekam ich doch so auch Einsicht in die Schriftführung der Garether Stadtgarde, welche, sehr zu meiner Überraschung, äußerst akkurat geführt war. So fiel mir unter anderem auf, dass bei den toten Vögeln fast keine Sperlinge, Drosseln und Finken aufgeführt waren, obwohl es von diesen Arten äußert viele in Gareth gab. Es gelang mir, nach Einblick in die kaiserliche Bibliothek und nach Rücksprache mit meiner Freundin, der kaiserlichen Jägerin, meinen anfänglichen Verdacht zu bestätigen. Bei den so plötzlich in so großer Zahl auftretenden toten Vögeln handelte es sich hauptsächlich um solche Tiere, welche weit über den Dächern von Gareth ihre Kreise zogen.
Ich hatte Euer Hochwürden Udilor von meiner Kenntnis berichtet gehabt und er hatte mir versprochen, dieser Idee nachzugehen.
„Ja, meine Tochter, es wurde sogar noch schlimmer. Und bezüglich eurer Vermutung darüber, dass es hauptsächlich Vögel betrifft, welche weit über den Dächern unserer Stadt ihre Kreise ziehen muss ich euch zustimmen. Das was ich beobachten und erfahren konnte deckt sich mit eurer Aussage. Irgendetwas ist am Himmel. Am Aves-Tag, also heute, begrüßen wir traditionell die Zugvögel, die nach dem Winter aus Richtung Praios zurückkehren. Doch in diesem Frühling meiden sie Gareth. Ich sah, wie Kraniche und Stare weiterzogen.“ Euer Hochwürden Udilor schüttelte bedrückt den Kopf. „Ich halte das für ein schlechtes Omen. Wo Vögel nicht sein wollen, sollten Menschen nicht bleiben. Wir sollten von hier fortziehen und neue Horizonte entdecken. Ja, ganz Gareth sollte dies tun.“
Irgendwie hatte ich plötzlich das Gefühl, dass es vielleicht doch keine so gute Idee sein könnte, wenn ich Euer Hochwürden Udilor nun von meinen Nachforschungen, bei denen mir Magister Voltan von Falkenhag freundlicherweise tatkräftig und mit viel Fachwissen zur Seite gestanden war, zu berichten. Wer konnte schon sagen wie er reagieren würde, wenn ich ihm davon erzählte, dass der Strick des Schwarzen Mannes, so wurde diese Kraftlinie in einschlägiger Literatur genannt, welche unter anderem genau durch oder über Gareth verlief, leicht pulsierte. Die Kraftlinie war schon immer als relativ breit bekannt gewesen, bezüglich dem ausgefransten Rand war die Literatur eher zurückhaltend bis nichtssagend, daher war es schwer zu sagen, ob dies ebenfalls eine ungewöhnliche Erscheinung war, das pulsieren einer Kraftlinie war es auf alle Fälle. Zusammen mit Magister von Falkenhag hatte ich die Theorie entwickelt, dass die Linie manipuliert oder für irgendwelche rituellen Zwecke genutzt wurde. Aber das Thema Kraftlinien war in den beiden Akademien in Gareth eher wenig bis gar nicht auf dem Lehrplan und auch bei den Magistern eher unbedacht bis uninteressant eingestuft. Eigentlich eine Schande für die Zunft, wusste man doch spätestens seit der Rückkehr des Sphärenschänders und dessen Ende lag nun auch schon gute sechs Götterläufe zurück, über diese, ganz Aventurien durchziehenden magischen Linien und ihre Möglichkeiten Bescheid. Aber, und ich hatte mich für meine Überheblichkeit und Anmaßung schon in tiefem Gebet im Tempel der Hesinde dafür entschuldigt, es stand mir nicht zu, die Lehrpläne der einzelnen Akademien zu beurteilen, von den Hunderten privaten Lehrmeistern, die nur ein oder zwei Schüler ausbildeten ganz zu schweigen. Zudem war es für einen einzelnen Menschen eh ein nicht zu bewältigende Aufgabe, sich in allen Arten und Formen der Magie so einzulesen, dass er über die Grundlegenden Kenntnisse hinaus kam, dafür waren die Möglichkeiten dieses Geschenkes der Götter, wie die Götter eben selber, viel zu allumfassend. In Gareth wurden dafür Ausbildungsthemen behandelt, ich dachte da nur an die Magica Combativa, welche in Punin auch nur am Rande, und das auch nur der Vollständigkeitshalber, behandelt wurden. So war es schließlich eine Erkenntnis, die außer mir und Magister von Falkenhag nur noch eine Handvoll Leute hatten, unter anderem hatten wir Magister Stoerrebrandt davon in Kenntnis gesetzt, der diese Information der Reichsregentin übermitteln wollte. Aber wir waren uns alle einig gewesen, dass eine weite Verbreitung dieser Informationen nur nach Anordnung durch das Kaiserhaus erfolgen sollte. Selbst gegenüber meinen Freunden hatte ich darüber nichts erwähnt, ich wollte sie nun, wenige Tage vor dem großen Turnier, mit meinen Vermutungen und Gedanken nicht unnötig belästigten. Sowohl Ghor als auch Hakim waren tatsächlich als Streiter für das Turnier eingetragen worden und auch wenn wohl alles nach strengen und kontrollierten Regeln ablaufen sollte, die Gefahr von schlimmen Verletzungen oder gar noch schlimmeren war dennoch gegeben.
Ich wechselte noch ein paar höfliche Worte mit Euer Hochwürden Udilor, der sich aber inzwischen fest in seiner Idee einer Räumung Gareths verloren hatte, bevor ich mich mit dem Hinweis, noch ein paar Nachforschungen anstellen zu müssen verabschiedete.

„uuuund er schluuuuug ihn toooooooot! Lalalal lalala lalalaaaaaaa!“
Ich musste gestehen, auch wenn ich nicht unbedingt gute Erinnerungen an diesen einen Abend vor zwei Wochen hatte, dass ich eigentlich Ghors Gesangskunst besser in Erinnerung hatte. Hier im Moment blieb er ganz offensichtlich weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Und damit meinte ich nicht die Lautstärke. Ich wusste nicht wirklich was mich mehr erschreckt hatte. Eben diese Lautstärke oder die doch fragwürdige Qualität seiner Künste.
„Was ist? Kennt ihr die letzten Worte aus der Oper „Der König und der Eber“ etwa nicht?“ fragte uns Ghor offen erstaunt.
„Wie mir scheint, du auch nicht Ghor.“ Entgegnete Tela fest.
„Mag sein, aber als ich damals…“ Ghor legte eine effektvolle Pause ein, „in Vinsalt an der Oper…“
Uhhhh, diese Geschichte wieder. Unwillkürliche musste ich mich wegdrehen und hoffte, Ghor war nicht aufgefallen, wie ich die Augen verzogen hatte. Beinahe jedes Lied an besagtem Abend war schon in Vinsalt aufgeführt worden, wenn man Ghors Worten Glauben schenken konnte.
Ich widmete mich wieder dem, was ich die letzte Zeit beständig getan hatte, ich versuchte möglichst zwischen meinen Gefährten zu bleiben, hatten die doch, warum auch immer, die Glorreiche Idee gehabt, auf dem Weg zum Turnierplatz, der wohl an der Alten Residenz sein sollte, so genau hatte ich mich damit nicht beschäftigt, beinahe jeden Platz zu besuchen der auf dem Weg dahin lag. Gerade eben bewegten wir uns auf eine riesige Kaiser Hal Statue zu und so sehr mich das Spiel der Gaukler und Spielleute normalerweise auch interessierte und erfreute, heute waren für mein Empfinden einfach viel zu viele Leute anwesend um es auch nur halbwegs genießen zu können. Aber das war ja auch kein Wunder, immerhin würde morgen das Kaiserliche Turnier beginnen und zu diesem Anlass waren nicht nur die Streiter, die dort ihre Künste vorführen wollten und deren Gefolge angereist. Die Stadt hatte die letzten Tage ausgiebig genutzt um sich für das anstehende Turnier fein zu machen. Überall sah man Händler, noch bedeutend mehr als die letzten Monate zuvor, Heiler priesen ihre Künste an, Schmiede ebenso, schweigsamen Borongeweihten wurde respektvoll Platz gemacht und natürlich sah man auch die Kämpfer, die meisten in prachtvoller Rüstung, die aus allen Ecken Aventuriens zu kommen schienen. Ghor und Hakim waren allerbester Laune und schritten pfeifend und lachend durch die Menge, wie wenn das alles hier ihnen zur Ehre stattfinden würde.
Ich für meinen Teil war schlicht froh, als wir endlich das von Löwengardisten bewachte Haupttor der Alten Residenz erreichten.
Unser Weg führte uns, nach dem Durchschreiten des Haupttores vorbei an einer, hier nur Lebensgroßen Statue von Kaiser Hal und anschließend vorbei an der sogenannten Raulsarena, eine etwas neunzig auf dreißig Schritt große, gezimmerte Arena, in welcher in den nächsten Tagen die meisten Turnierdisziplinen stattfinden sollten. Über dem Tor zur eigentlichen Arena thronte eine Rondra-Statue, die in jeder Hand ein Schwert hielt. Die Arena war direkt an das Hauptgebäude der alten Residenz angelehnt aufgebaut worden und als wir zwischen dieser und einem großen Lagergebäude mit integrierter Schmiede, welche den hämmernden Geräuschen nach schon voll in Nutzung war, hindurch dem Weg folgten sah ich vor uns schon das große Zeltlager, welches für die Turnierteilnehmer die nächsten Tage als Heimatstatt diente. Es war schwer, eine genaue Zahl der Zelte abzugeben, aber ich schätzte ihre Zahl auf gut über zwei Dutzend Zelte in allen denkbaren heraldischen Farben. Die Zeltbanner flackerten in merkwürdig anmutender Eintracht im Wind, wie um zu zeigen, dass es der Farbe egal war, wer sie als die seinigen für sich beanspruchte, ganz wie es der Jungen Göttin Tsa wohlgefällig sein mochte. Es wurden noch Pflöcke in den Boden getrieben, Fässer an uns vorbei gerollt, Waffenständer überall aufgestellt, Ritter gegürtet um, wie schon manche ihrer Standeskollegen, am Haukerl oder dem Flinken Ferdoker zu üben. Zumindest erwähnte Hakim die einzelnen Begriffe. Wenn ich mich richtig erinnerte hatte sich mein Freund die letzten Wochen intensiv auf dieses Turnier vorbeireitet. Mir fiel ein einzelnes, golden schimmerndes Zelt auf, welches, so Hakims Aussage auf Telas Frage nach dem Zelt, dem Greifen gehören sollte, dem Herold des Neuen Reiches.
Hakim führte uns zielsicher, wie wenn er diesen Weg jeden Tag gehen würde, zu einem Blau-gold-roten Fünf-Personen-Zelt, welches uns zugeteilt worden war. Wie er uns im Vorfeld erzählt hatte würden er und Ghor als gemeldete Turnierteilnehmer auf alle Fälle die nächsten Tage hier in diesem Zelt nächtigen, uns beiden Frauen war dies jedoch freigestellt.
Als wir unser Zelt betraten stellte ich überrascht fest, dass Ludolf von Wertlingen sich ebenfalls in diesem Aufhielt und nicht nur das, so wie es aussah würde er es auch mit meinen Freunden teilen. Aber das schien dem Streiter des Reiches kein Ungemach zu sein, zumindest nicht der Offenheit und Freude nach zu urteilen, mit der er uns, ja sogar mich, begrüßte. Sofort stieg der Lautstärkepegel im Zelt gehörig, schienen sich die Männer doch, wohl einem alten Ritual unter Männern folgend, beständig an Lautstärke überbieten zu wollen. Aber der Klang ihrer Stimmen blieb dabei freudig und herzlich, daher maß ich dem keine weitere Bedeutung zu. Auch den Geschichten, welche die Männer untereinander austauschten folgte ich nicht so wirklich, vielmehr versuchte ich ein paar der Wappen zuzuordnen, welche unser Zelt, ich dachte schon ganz automatisch von unserem, umgaben, aber die meisten Farbkombinationen und Wappen sagten mir schlichtweg nichts. Es gab eben einen guten Grund, warum die Heraldik ganze Berufszweige hervorgebracht hatte. Ganz unwillkürlich, ohne dass ich es jedoch festmachen konnte, schweifte mein Blick jedoch immer wieder zu dem goldenen Zelt des Greifen. Ob sich vielleicht die Tage des Turniers über die Gelegenheit ergeben würde, dem Herold des Reiches ein wenig näher zu kommen?

„Ja, und das überall in der ganzen Stadt.“
Nun war es also doch noch bekannt geworden.
„Aber ich finde, dass wir deswegen gleich Gareth den Rücken zukehren sollen dann doch ein wenig übertrieben. Sicher, ein Avesgeweihter hat einen anderen Bezug zu diesen Tieren, aber trotzdem, das finde ich dann schon unnötige Panikmache.“
Ja, auch ich hatte davon gehört, das Euer Hochwürden Udilor seit unserem Gespräch im Park vor zwei Tagen in ganz Gareth seine Idee vom verlassen der Stadt verkündete.
Dies an sich war schon schlimm genug, aber dass nun nicht nur bekannt war, dass überall in der Stadt tote Vögel vom Himmel fielen sondern das diese Nachricht auch so offen weitererzählt wurde, das war schlimm.
„Lynia? Lynia? Ist dir nicht gut. Du bist ganz blass.“ Ghors Stimme riss mich aus meinen Gedanken.
„Das sind keine guten Nachrichten.“ Wandte ich mich an Ghor, dessen aufrichtige Sorge mir ein wenig schmeichelte, auch wenn sie eigentlich eher fehl am Platz war, zumindest mir gegenüber, wie ich fand. „Das sind ganz und gar keine guten Nachrichten.“ Ich blickte Ghor und anschließend meine Gefährten fest an, aber mehr wollte ich nicht kundtun. Die ganze Geschichte an sich war schon schlimm genug, da wollte ich nicht auch noch eingestehen, dass es mir, wenn auch aus verschiedenen Gründen, nicht möglich gewesen war, genaueres, vor allem in Bezug auf das pulsieren der Kraftlinie herauszufinden. Aber zum Glück und meiner Erleichterung, Phex sei Dank, hakte keiner von ihnen weiter nach, ganz im Gegenteil.
Ghors lachendes „Na die wird es heute Abend beim Festessen ja schon nicht als Hauptgang geben.“ Lenkte alle Aufmerksamkeit wieder von mir ab und ich tat auch nichts um sie wieder zu erlangen. Schade war nur, dass ich heute Nacht dann wohl nicht mit im Zelt schlafen würde, aber das Risiko, dass jemandem die Geschichte mit den Vögeln doch noch einfiel und auch die Idee kam, mich darüber zu befragen war mir zu hoch. Lieber eine Nacht alleine, die Hausbediensteten einmal außeracht lassend, bei uns Zuhause verbringen als einen Abend lang versuchen meinen Freunden gegenüber nichts zu sagen ohne ihnen das Gefühl zu geben vor ihnen etwas zu verheimlichen, den belügen würde ich sie nicht.
Für einen kurzen Moment musste ich lächeln, hatte es doch die Sorge um die Beziehung zu meinen Freunden tatsächlich geschafft mich für einen Moment von meinen anderen Gedanken wieder abzulenken. Ich hoffte sehr, dass würde ihnen die kommenden Tage auch gelingen, immerhin hatte die abgebrochene Prophezeiung des Jahresorakels noch weitere, sehr interessant anmutende Sätze von sich gegeben, bevor es auf direkten Befehl des Boten des Lichts unterbrochen worden war.
Als ich an den Boten des Lichts dachte musste ich an die Stadt des Lichts denken und dabei unweigerlich an Praios, dem unter anderem auch die Wahrheit ein zugeschriebener Aspekt war und der die Lüge verachtete. Wenn ich mir überlegte, in was für Schwierigkeiten es mich schon gebracht hatte, dass ich dieses Gebot des Götterfürsten stetig so achtete und nie die Unwahrheit sagte, und dann in beinahe einem halben Götterlauf nicht einmal die Gelegenheit erhalten hatte, seinen größten Tempel auf Aventurien zu betreten. Natürlich waren die Wege der Götter für uns Sterbliche Menschen nicht nachvollziehbar, aber dafür hatten sie uns die Möglichkeit gewährt, Freundschaften zu entwickeln, Menschen zu finden, die einem in Zeiten wie diesen den Halt gaben, den man, außer bei den Göttern, sonst nirgends mehr fand.
Dafür war ich dankbar und die Tatsache, wie sehr ich mir manchmal Gedanken über meine Freunde machte, zeigte mir, dass dieser Dank gerechtfertigt war, auch wenn manchmal, ebenso wie heute, Opfer nötig waren. Aber die Bibliothek in der Neuen Residenz war für mich ja ständig frei zugänglich und auch im Hesindetempel wurde ein Wissenssuchender, egal zu welche Tageszeit, nicht zurückgewiesen, solange er sich an die gebotene Ruhe innerhalb der Tempeleigenen Schriftensammlungen hielt. Vielleicht könnte ich ja auf dem Rückweg zu unserem Haus, je nachdem wann ich hier weg kam, noch ein, zwei Querverweise, auf die ich in Schriften in der Neuen Residenz gestoßen war, im Hesindetempel überprüfen.
Und wenn nicht, dann hatte ich zumindest Zeit mit meinen Freunden verbracht und das war sicherlich genauso gut, meistens, Hesinde verzeih meine Gedanken, sogar besser.
Nach oben Nach unten
 
Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken - Prolog
Nach oben 
Seite 1 von 1
 Ähnliche Themen
-
» Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Schlacht in den Wolken – Tage von Angst und Hoffnung I
» Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Schlacht in den Wolken – Tage von Angst und Hoffnung II
» Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Schlacht in den Wolken – Tage von Angst und Hoffnung III
» Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Schlacht in den Wolken – Tage von Angst und Hoffnung IV
» Das Jahr des Feuers – Schlacht in den Wolken – Schlacht in den Wolken – Am Rande des Abgrunds

Befugnisse in diesem ForumSie können in diesem Forum nicht antworten
Das Schwarze Auge :: Die Abenteuer der Heldengruppe :: Lynias Zeit in der Gruppe-
Gehe zu: