Burg Auraleth - Teil 3 - Wehrheim

Vorsichtig lenkten wir unsere Pferde durch das hektische Treiben des Heerlagers vor und um Wehrheim. Knappen bemühten sich Fässer voller Pfeile an die ihnen zugewiesenen Orte zu tragen und kreuzten öfters stolpernd unseren Weg. Überall sahen wir Handwerker Verteidigungsanlagen errichten, Kriegsmaschinen zusammenbauen oder rochen den schweren, metallischen Geruch neu geschmiedeter Waffen und Rüstungen. Auf unserem Weg zur Burg Karmaleith erblickte ich ein Meer aus Wappen und Bannern des ganzen Reiches. Der grüne Eber auf weißem Grund der Trollzacker Lanzer, der springende Fisch über 3 goldenen Wellen des Hauses Seebrand und zahlreicher anderer kleiner  Häuser, mischten sich unter die Banner der großen Adelshäuser und Einheiten wie der Eisengarde, dem schwarzen Bund des Kor oder der Einheiten der Kirchenorden. Kurz gesagt, hier hatte sich nicht nur alles was Rang und Namen hat versammelt, sonder das größte Heer, welches Satinav dem Mittelreich zugestand.

Ich spürte sofort die Unruhe, die Unsicherheit und Nervosität zwischen den Zelten des Heerlagers. In Anbetracht der Gerüchte und Schreckensmeldungen stand es verständlicherweise nicht gut um die Moral der Truppen und unserer Bericht würde nicht das geringste daran ändern, im Gegenteil. Ich sah in die Gesichter verängstigter Bürgerwehren und schätze das Alter einiger „Soldaten“ auf gerade mal 14 Götterläufe, wenn überhaupt. Viele von ihnen hatten sicherlich das erste mal in ihrem Leben die Heugabel gegen das Schwert getauscht. Ich lenkte mein Pferd an Hakims Seite und begegnete dem besorgen Blick des jungen Zahori und erkannte... es war auch ihm nicht entgangen.

Aber Hakim war eben Hakim und so richtete er sich im Sattel auf, schob die Brust noch weiter raus und warf zuerst sein Haar und dann den Mantel zurück um den Blick auf seinen Rüstung und sein Wappen frei zu geben. Stolz saß er auf seinem Ross und lenkte es äußerst elegant durch die Menge, während ich den Leuten am Wegesrand zuflüsterte „Das ist Hakim der Sieger des Kaiserturniers!“. Es dauerte nur wenig Sekunden bis die ersten Hakim Rufe zu hören waren und wenig später erhellte der Zahori auf seinem Pferd das Heerlager wie eine Leuchtkugel die Dunkelheit. Als nur wenig später die Panthergardisten das Eintreffen Königin Rohajas ankündigten, schien die Stimmung völlig gekippt zu sein und ich hoffte, dass dies nicht nur ein kleiner Funken war, der über Nacht wieder erlöschen würde, sonder dass er bis zur Schlacht anhielt.

Stunden später war ich froh den offiziellen Teil, das Gespräch mit Dexter Nemrod, bereits hinter mir zu haben und genoss nach einem warmen Bad den herzhaften Käse, das frisch gebackene Brot und ein kühles Bier in unseren Gemächern. Während der Baron und alle anderen schlauen und gebildeten Menschen, sich den Kopf über die dämonische Wolke und eine mögliche Lösung des Problems zerbrechen würden, hatte ich erst mal andere Pläne. Nach ausgiebiger Pflege meiner Rüstung und beider Haumesser, welche man zwar getrost den Bediensteten überlassen konnte, jedoch niemals ohne die letzten und wichtigsten Schritte selbst zu übernehmen, denn bei Rondra, ein Diener war eben ein Diener und kein Kämpfer,... nun, nach eben dieser ausgiebigen Pflege, wollte ich mich noch ein mal aufmachen „um die Moral der Truppe und ihre Einsatzbereitschaft zu prüfen“, wie ich meinen Gefährten mitteilte und mehr zu mir selbst „um mir die Zelte der edlen Damen am Westtor, welche sich üblicherweise am Hintern eines Heerlagers mit unzähligen männlichen Soldaten bildeten, noch einmal genauer zu inspizieren.“ Leider sollte es nicht so weit kommen, denn der Baron lies uns noch einmal zu sich ins Kaminzimmer rufen, wo wir ihn nach einem Streit mit dem Hochmeister der Bannstrahler, mit besorgter Mine antrafen.

Später zurück in unseren Gemächern betrachtete ich … „Ghor!“ … die tiefrote Färbung des Weines und schwenkte den Becher noch einmal um anschließend abermals daran zu riechen… „Ghor!!!“… Wahrlich ein herrlicher Tropfen, leicht herb und doch mit einer gewissen leichten Süße, wie der zarte Kuss einer Frau… „GHOR!!!“, vernahm ich Telas Stimme, kehrte zurück in die Realität unseres Gemachs und sagte einfach mal schnell „äh, ähm, ja, das seh ich auch so!“ - „Du siehst es auch so? Wir dringen also einfach unbemerkt in die Burg Auraleth ein und stehlen die Plagenknolle?“ - „Ja genau“, antwortete ich ihr unbekümmert. „DU WILLST SIE ALSO EINFACH SO, OHNE JEGLICHE GEWISSENSBISSE, STEHLEN?“. - „Äh, nein, ach her je NEIN. Also ich hab natürlich selbstverständlich sehr lange gehadert und... äh... mit meinem Gewissen gerungen... ja genau... das war ein Kampf, ich sags euch... und musste dann aber unter der schweren Last dieses bewussten Verbrechens feststellen, dass es wohl der beste und einzige Weg ist, Baron Nemrods Anweisung zu folgen... ja genau, so war das! Tja, also äh, ich fühl mich natürlich schrecklich dabei, zart beseelt wie ich bin, aber was will man machen?“. Zufrieden lehnte ich mich wieder zurück und nahm einen weiteren Schluck aus dem Becher... die Süße war vielleicht doch eher wie der Kuss einer Jungfrau...

Na ja, ob Tela so große Gewissensbisse hatte, als sie die Plagenknolle von den Bannstrahlern gestohlen hatten, wage ich zu bezweifeln. Ich unterstelle ihr eher ein inneres Jauchzen und Frohlocken... :-)

Von großen Bissen war ja auch nie die Rede ) eher von der Banalität im Umgang mit der Entscheidung bezüglich eines Einbruchs

Als "verschwiegene Schwester" sieht sie solche Dinge eher pragmatisch. Ihre Bedenken liegen eher darin, etwas Dämonisches freizusetzen, was in den Sekuritien der Bannstrahler grundsätzlich nicht falsch aufgehoben ist. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass sie den Satz spricht, um ihre harmlose und rechtschaffene Erscheinung vor den Gefährten aufrechtzuerhalten. Immerhin ist sie für den Rest der Welt eine reisende Kräuterhändlerin.

Reisende Kräuterfrau und mein schlechtes Gewissen

Du willst doch nur, dass sie dich beißt! ;-)

(Oder was man als schlechtes Gewissen so macht...)

Also wenn so ein schlechtes Gewissen einen beißt...
ich glaube, dann will ich doch keines.

Oh, Lynia, wie schade! Nicht mal knabbern?

Na ja, jetzt wo ich nach deiner Untersuchung weiß, dass die offensichtlichen, und vermutlich auch die weniger erkennbaren Änderungen meiner Selbst keiner Krankheit, wohl auch keinem Gift und auch keinem magischen Wirken zuzuschreiben sind, ich mir daher also mehr oder weniger deutlich bewusst bin, warum ich jetzt so Aussehe und diese Probleme habe...

Vielleicht hätte eine Prise schlechtes Gewissen und der ein oder andere Biss von selbigem zur Rechten Zeit doch nicht so schlecht getan?

Vielleicht.

Das mit dem Aussehen bekommen wir gemeinsam hin. Wir Hexen kennen da ein paar Tinkturen für eine gesündere Haar und Gesichtsfarbe (murmelt fast unhörbar: Es gibt da einige ältere Kolleginnen die kommen ohne schon nicht mehr aus). Und auf dem Abschlussfest des Reichskongresses hast du dich ja ganz gut geschlagen. Was das Beißen angeht, so übernimmt das Ghor sicherlich gerne, und Hakim und ich passen zusätzlich auf dich auf.