Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Quo Vadis - Firun II

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Lynia
Erzmagus
Lynia


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Quo Vadis - Firun II Empty
BeitragThema: Quo Vadis - Firun II   Quo Vadis - Firun II EmptyDo Aug 21, 2014 5:28 pm

Oh trügerische Selbstverliebtheit.
„Hochmut, beflügelt und gestützt von gelungenem sollte nie direkt zu weiteren, vorschnellen Taten führen. Eine jede Handlung für sich sollte stets wohl überlegt und durchdacht sein.“ Worte aus meiner Studienzeit in Punin, wie ich sie, vor allem in den ersten Jahren, beinahe so oft gehört hatte, wie dieser Tage „Eine Dienerin des Reiches muss…“.
Nun stand ich hier, bei einbrechender Dunkelheit, frierend an der steingefassten Quelle des Wirselbach und suchte einen kleinen Pfad, den es nicht zu geben schien, weil ihn entweder der immer dichter fallende Schnee verdeckte oder weil es einfach keinen gab, weil man sich mit mir einen Spaß erlaubt hatte, über den ich aber irgendwie nicht lachen konnte.
Es war ja schon ein Abenteuer für sich gewesen, überhaupt herauszufinden, wo der Firuntempel von Gareth lag. Es wusste zwar jeder Garether, dass es einen gab, natürlich hatte Gareth Tempel von jedem der Zwölfe, aber wo denn nun eigentlich der Firuntempel genau lag, dass konnte mir lange Zeit niemand so recht sagen. Schließlich, als die Mehrheit der Leute sicher war, dass der Tempel des Gottes der Jagd wohl nur außerhalb der eigentlich Stadtmauern zu finden sein könnte verdichteten sich die Hinweise in den Stadtteil Roßkuppel, welcher in Richtung Firun Rahjawärts der Inneren Stadt lag und eine Mischung aus lockerer Stadt mit Übergang ins ländliche und weiten Äckern mit Bauernhöfen darstellte. Je weiter ich mich vom eigentlichen Stadtmittelteil entfernte umso offener wurde die Bebauung. Aber umso offener die Bebauung wurde umso klarer wurden die Hinweise auf den Firuntempel und schließlich wiederholte sich beständig das Gerücht, wirklich sagen konnte es niemand, da wohl tatsächlich noch niemand auf die Idee gekommen war auch diesem Gott in seinem Haus die Aufwartung zu machen, dass von der Quelle des Wirselbach ein Pfad zum Tempel des Firun führen wurde. Der Wirselbach war natürlich schnell gefunden, war er hier in Roßkuppel doch mehr als ein Bach sondern eher ein Fluss, der auch in der herrschenden Kälte nicht gefror, so schnell floss sein Wasser, ihm Flussaufwärts zur Quelle zu folgen war ebenfalls nicht weiter schwer gewesen, anfänglich zumindest nicht. Auch als ich sah, dass ich mitten auf einen Wald zuhielt, ich war auf dem Weg zum Haus eines Gottes, natürlich gab es da einen vernünftigen Weg, die Pilger mussten dieses ja auch erreichen können. Irgendwann wurde jedoch auch mir klar, dass ich mein Pferd nicht mehr reiten konnte, sondern es führen musste, was aber eh die bessere Alternative war, da inzwischen aus dem Fluss tatsächlich ein Bach geworden war, der erst am Rande und schließlich gänzlich zugefroren war. Einzig eine Rinne im Schneebedeckten Boden zeigte mir, wo sich der Bach befand. Und schließlich hatte ich tatsächlich die, wie beschrieben, steinern eingefasste Quelle des Wirselbach gefunden. Hier war dieser wiederrum nicht eingefroren. Ein Zustand, den er aber nur an der Quelle hatte, was mir aber irgendwie nichts nutzte, den die Quelle stellte ja eben nur einen Wegpunkt dar und ein Pfad sollte mich von dieser aus zum eigentlichen Tempel führen. Ein Pfad, den es nicht zu geben schien und die sich senkende Scheibe des Praios hatte ich bisher gar nicht so richtig bemerkt, sondern das schwindende Licht den Bäumen zugedacht. Entmutigt tat ich das einzige, was mir in dieser Situation blieb. Ich nahm die Zügel meines Pferdes wieder in die Hand und machte mich auf den Rückweg, ich musste bei dem Licht von Praios so weit wie möglich kommen und anschließend konnte ich mit meinem Stab für ausreichend Licht sorgen um, wenn dann auch bedeutend langsamer, wieder zurück zu reiten.
Den ganzen Rückweg über schwankte ich zwischen Selbstzweifel und Selbstkritik. Hatten mich die Leute mit Absicht in den Wald geschickt, aber wenn ja, warum? Hatte ich mich selber in etwas verrannt? Mir war, als ich mein Gebet an dem Greifen geendet hatte klar geworden, dass ich in den Wochen in Gareth beinahe jeden Tempel eines der Zwölf Götter besucht hatte, es gab in Alt-Gareth einen prachtvollen Tempel des Praios, der für Besucher jederzeit offen stand, nur eben den Tempel des Firun nicht, schlicht, weil ich ihn gar nicht gefunden hatte.
Nein, das war falsch, wie ich mir eingestehen musste. Es lag einfach daran, dass ich ihn gar nicht gesucht hatte. Ich dachte immer, ebenso wie Hakim, dass ich schon an ihn heranlaufen würde. Aber das war nicht der Fall gewesen und konnte es ja auch gar nicht, wenn man bedachte, wie weit der Tempel außerhalb der eigentlichen Stadt lag. Wie auch immer, mir war an der Stadt des Lichtes klar geworden, dass ich nicht die Zwölfe als ganzes geehrt hatte, wie ich es mir selbst auferlegt hatte, sondern einfach einem bequemen Weg gefolgt war. Das musste so sein, sonst wäre ich ja schon viel früher auf diese Möglichkeit gestoßen, zumindest über diese Bittschreiben der Stadt des Lichtes nahe zu kommen. Und dann war mir diese, im nach hinein plötzlich doch nicht mehr so Großartige Idee gekommen, auch diesen letzten Mangel an wahrer Götterfrömmigkeit zu tilgen und dem grimmigen Gott direkt und ohne weiteren Aufschub meine Aufwartung zu machen. Ich hatte ja noch Goldstücke im Beutel, würde also auch nicht mit leeren Händen in seinem Tempel erscheinen, war eh schon mit dem Pferd unterwegs, falls es, wie ich nun ja wusste, länger dauern würde und der Weg weiter wäre, was ich ja nun auch wusste, sprich, es gab keine Gründe mehr, die gegen einen Besuch des Firuntempel sprachen. Keine außer die Tatsache, dass ich nicht einmal wusste, wo der Tempel überhaupt lag und ganz offensichtlich die Garether auch nicht. Als ich wieder links und rechts von mir nur noch Häuser hatte und wusste, das ich zurück im eigentlichen Gareth war wurde ich irgendwie das Gefühl nicht los, dass Gareth gar keinen Firuntempel hatte.
In unserem Haus angekommen hörte ich erfreut, dass zumindest Hakim gerade in einem Bottich mit heißem Wasser saß. Den Aussagen einer Magd nach wohl nicht alleine sondern mit weiblicher Begleitung von außerhalb, aber erst seit geraumer Zeit. Das erste störte mich inzwischen nur noch gering und das zweite freute mich aufrichtig. Ich bestellte einen heißen Tee und ging direkt vom Eingangsbereich, mein Pferd wusste ich im zum Haus gehörigen Stall gut versorgt, in die Badekammer. Schon von vor der Türe hörte ich, dass ich nicht stören würde. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Hakim gleich auf zweierleiweise gleichzeitig Rahja huldigen würde und da ich seine Laute vernahm war die Chance groß, dass ich zwar störte, aber zumindest nicht peinlich störte. Hakim war auch nur für einen kurzen Moment ein wenig aus dem Konzept, als er sah, dass ich die Badekammer betreten hatte und keine unserer Mägde. Aber als er meine, wohl blauen Lippen, die Magd, welche mir die Türe geöffnet hatte, hatte erschrocken etwas davon gesagt gehabt, sah und auch wie Nass mein Mantel war, den ich nun an einen Haken hing, wollte er schon aus dem Bottich steigen.
„Bei Tsa, bist du bei einem Firungefälligen Gebet eingeschlafen?“ Hakim klang so besorgt wie er aussah.
„Bitte, bleib sitzen.“ Ich gebot ihm mit einer Geste Einhalt, aber erst ein lächeln meinerseits ließ ihn wieder gänzlich zurück in das leicht dampfende Wasser gleiten.
„Äh…“ Er schaute kurz zu dem Frauenkopf an seiner Seite. Ich konnte durch den Dampf nur ein paar helle Haare an einem beinahe ebenso hellen Gesicht kleben sehen.
„Schon in Ordnung. Entschuldige, ich bin ja diejenige, welche eigentlich stört. Ich will mich auch nur ein paar Minuten aufwärmen, dann bin ich auch schon wieder weg.“ Ich entledigte mich nach und nach meiner Kleidung und war innerlich äußerst Dankbar dafür, dass Hakim seine Laute, welche er auf das Brett, welches über dem Bottich lag gelegt hatte wieder aufnahm und wieder zu spielen anfing. Er war noch nicht mal halb so gut wie schlechte Straßenmusikanten, die es in Gareth überall zu geben schien. Gut, in diesen Monaten waren sie seltener, aber es gab sie trotzdem. Aber wenn ich daran dachte wie er einmal angefangen hatte, so musste ich eine klare Verbesserung seiner Künste einräumen. Der jungen Frau an seiner Seite schien es, zumindest ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, zu gefallen. Vielleicht lag es auch an etwas anderem, aber darüber erlaubte ich mir kein Urteil. Ich war einfach nur froh, als meine ersten Zehen in das Wasser eintauchten und ich erkannte, dass es tatsächlich immer noch wirklich angenehm warm, ja fast noch heiß war. Aber letztere Empfindung mochte auch daran liegen, wie kalt ich mich fühlte.
„Ondwina, die gelehrte Dame Lynia, eine meiner treuen Gefährtinnen, Adepta Excelsior, bewandert in …“
„Lynia.“ Ich reichte der Dame an Hakims Seite, Ondwina, wenn ich richtig verstanden hatte, die Hand.
„Ondwina.“ Sie lächelte mir, während sie mir die Hand schüttelte, über das Holzbrett hinweg kurz zu, bevor sie sich wieder fest an Hakim drückte.
„Entschuldigt bitte nochmals, dass ich euch hier jetzt störe, aber ich...“ in diesem Moment brachte die Magd meinen Tee. „Ja, wie schon gesagt, ich will nur die Gunst der Götter nutzen, dass gerade zufällig warmes Wasser im Bottich war um mich zu wärmen und bin dann auch gleich wieder weg.“
„Das musst du aber nicht, dass weißt du.“ Hakim schaute mich besorgt an, wofür ich ihm ein dankbares lächeln schenkte. „Du darfst auch gerne länger sitzen bleiben, bis dir wirklich wieder gänzlich warm ist.“
Ich lehnte Hakims Angebot freundlich ab, er musste nicht für meine Verfehlungen mit einstehen, was ich ihm aber so nicht sagte und als ich meine Tasse Tee so zügig wie möglich getrunken hatte verabschiedete ich mich von den beiden um kurz darauf in einen wenig erholsamen, aber zumindest trotz schlechtem Gewissens Traumlosen Schlaf zu fallen.

„Eine Dienerin des Reiches muss…“ Ich hatte diesen Vormittag diesen Satz dreimal gehört. Jedes mal zu Beginn einer Neuen Unterrichtseinheit. Jedes mal war es der Aufruf zu einer Neuen Runde an Selbstbeherrschung und Konzentration gewesen. Diese Ausbildung war wichtig, sie war gut und sie bereitete mich auf meine Rolle als Streiterin für das Neue Reich vor. Man konnte also von mir verlangen, dass ich mit der nötigen Konzentration und Hingabe an der Ausbildung teilnahm um so viel wie möglich zu lernen. Aber in den freien Momenten ging mir die Angelegenheit mit dem Firuntempel nicht aus dem Kopf. Es waren einfach zu viele Menschen gewesen, die alle das gleiche gesagt hatten, was den Firuntempel anging. Zum einen, dass er außerhalb der eigentlich Stadt sei und dann die Ortsangabe mit der Quelle des Wirselbach und dem Pfad, der von dort wegführen sollte. Aber mir war jemand eingefallen, der es eigentlich wissen sollte, zumindest wenn mich mein Wissen über Firun nicht völlig verlassen hatte.
So ritt ich am Nachmittag, statt dem Selbststudium zu frönen zur Neuen Residenz, aber nicht um von der Gabe der Reichsbehüterin Gebrauch zu machen, auch wenn mich die Aussicht darauf durchaus in Aufregung versetzen konnte, sondern um jemand ganz speziellen zu suchen.
Es dauerte eine Weile, bis ich die gesuchte Person gefunden hatte. Das hineinkommen in die Neue Residenz war nicht weiter schwer gewesen, auch wenn ich dafür Phex vermutlich etwas schulden würde. Einer der diensthabenden Panthergardisten war bei dem Begleitkommando der Reichsbehüterin auf Burg Aulebein dabei gewesen und hatte mich erkannt. Als ich ihm mein Anliegen vorgetragen hatte ließ er gleich einen Bediensteten kommen, der mich in den Teil der Neuen Residenz führen sollte, wo ich fündig werden müsste. Ich hatte das Gelände der Neuen Residenz schon das ein oder andere mal gesehen. Im Rahmen meiner Ausbildung war ich schon ein oder zweimal hier gewesen, Schwerpunktthemen waren dabei Etikette und Rechtskunde gewesen, aber es gab in all dieser Pracht immer wieder Neues zu sehen und zu bestaunen. Auch die Neue Residenz schien, schon alleine durch ihre Größe, aber auch durch ihre Pracht, eine Stadt in der Stadt zu sein und der eigentliche Kaiserpalast überragte auch hier alles andere, aber einen direkten Vergleich zu der Stadt des Lichts mochte ich mir nicht erlauben. Schließlich stand ich vor dem, in diesem Fall der Gesuchten und trug ihr, Kleinlaut und beschämt, mein Anliegen vor. Lange musterte mich die Frau, sie schien noch jünger als ich zu sein, aber ihre Profession bedurfte auch keiner Jahrelangen Studien sondern vielmehr direkter, Jahrelanger Praxis, die, wie ich selber wusste, schon in jungen Jahren angegangen werden konnte. Schließlich lachte die junge Jägerin ein helles, klares lachen, welches gut zu ihrem äußeren passte und bot mir an, mich zu meinem gewünschten Ziel zu führen. Ein Angebot, welches ich dankend ablehnen musste. Einer Inneren Eingebung folgend war mir selber klar geworden, worin mein Fehl gelegen hatte und ich wollte dafür nun Buße tun, auch wenn es mich wertvolle Zeit kosten würde. Zeit, die ich auch dem Studium widmen könnte, aber mit den Zwölfen, von Phex vielleicht einmal abgesehen, feilschte man nicht und Firun war noch mit der Gott, welcher es am ehesten schätzte, wenn man zu sich selbst aufrichtig und ehrlich war und für seine Fehler einstand. Sicher, dass waren Tugenden, welche alle Zwölfe schätzten, aber ich war mir sicher, für Firun hatten sie eine besondere Bedeutung. Die junge Jägerin musterte mich noch eine ganze lange weile still, aber ihr Blick war nicht der des Wolfes auf das Kaninchen sondern erinnerte mich eher an Magister Stoerrebrandt am Abend unserer Ehrung. Ich wusste nicht warum aber ich hatte das Gefühl, diese Jägerin war ein wenig stolz auf mich, was mich, wie vor Magister Stoerrebrandt, wieder rot werden ließ, was ich an der Wärme in meinem Gesicht spürte. Und ebenso wie Magister Stoerrebrandt lächelte die Jägerin, als sie es sah. Schließlich nickte sie entschlossen und gab mir die nötigen Informationen um mein Anliegen zu einem angemessenen Ende zu führen.

Nun stand ich also wieder auf dieser kleinen, Schneebedeckten Lichtung, vor mir die steinumfasste Quelle des Wirselbach, hinter mir meine durch den Schnee führende Spur. Wieder war es inzwischen so spät geworden, dass sich Praios Auge schon bedenklich dem Horizont genähert hatte. Aber selbst wenn ich es gewollt hätte, und das tat ich nicht, wäre ich heute wohl nicht mehr nach Gareth zurückgekommen. Dieses mal war ich zu Fuß hier, trotz des Gepäcks, dass ich mit mir trug. Meine Robe und meinen Mantel trug ich über wärmender Unterkleidung, an meinen pelzgefütterten Stiefelen waren Schneeschuhe geschnallt und auf meinem Rücken zog mich ein Rucksack beständig, trotz der Schneeschuhe jeden Schritt Fingerweit in den Schnee hinein. Ganz davon abgesehen, dass ich Schmerzen an Körperstellen hatte, von denen ich zwar nicht schon wieder vergessen hatte, dass ich sie besaß, die sich aber schon erfreulich lange nicht mehr auf diese Art und Weise in mein Gedächtnis zurückgemeldet hatten. Dabei hatte mich die Vorbereitung auf diesen Tag zwei ganze Tage gekostet. Eigentlich nur zwei Nachmittage, Vormittags war ich immer bei der Ausbildung gewesen, aber an diesem Morgen war ich nicht zur Ausbildung, hatte aber daran gedacht, zu erklären, warum ich zwei freie Tage brauchen würde, sondern hatte mich von einer Kutsche so gut es ging bis an den äußeren Rand von Roßkuppel an den Wirselbach bringen lassen. Ich war nicht so vermessen zu glauben, dass ich die ganze Strecke von unserem Haus bis zum Tempel an einem Tag schaffen würde. Natürlich wäre es Firun wohlgefälliger gewesen und zwei Nächte im Freien, eine auf dem Hin- und eine auf dem Rückweg hätten ihm vermutlich auch gezeigt, wie ernst es mir war, aber zu dieser Jahreszeit, bei dem zur Zeit herrschenden Schneefall, mit meinen Fähigkeiten in diesem Bereich, ich weiß nicht ob ich überhaupt losmarschiert wäre und ich wollte ja nur dem Gott meine Aufwartung machen und nicht seine Geweihte werden. Nun, als ich endlich die Quelle erreicht hatte und sah wo das Auge des Praios stand, wurde mir wieder die Vernunft hinter meiner Entscheidung deutlich. Ich wusste ja noch nicht einmal, ob ich nicht doch vielleicht eine Nacht im Freien verbringen musste. Nun ja, für diesen Fall war ich gerüstet. Ich hatte nicht nur Decke, Felle, Plane, Fellschlafsack und etwas Brennholz für ein erstes Feuer, ausreichend Essen und einen kleinen Topf zum Schneeschmelzen für Wasser dabei, sondern auch ein paar Pergamente aus der Bibliothek, für die ich bisher noch keine Zeit zum Lesen gefunden hatte, sowie leeres Pergament und Kohlestifte, falls ich mir Notizen machen musste. Aber, mit Phexens Hilfe und Firuns wohlwollen war dies nicht nötig.
Die kaiserliche Jägerin, sie hatte darauf bestanden, dass sie nicht die Hofjägerin sei sondern nur eine von mehreren Gehilfen des eigentlichen Hofjägers, hatte mir erklärt, dass meine Grundsätzliche Richtung tatsächlich gestimmt hatte. Der Weg zum Firuntempel führte über diese kleine Lichtung mit der Quelle des Wirselbach. Von hier aus würde ein schmaler Pfad, für eine geübte Jägersfrau gut zu erkennen, weiter zu einem Blockhaus führen und dieses Blockhaus sei der Tempel des Firun. Nun war ich aber keine geübte Jägersfrau, was diese erfreulicherweise auch erkannt hatte und so hatte sie mir ein paar andere Erkennungspunkte und Richtungsangaben erläutert, an Hand derer ich mir schließlich sicher war, dass ich den Pfad finden würde.
Ob es an meiner Erschöpfung lag oder an den schlechten Lichtverhältnissen, es dauerte eine Weile, bis ich die richtige Stelle am Waldrand gefunden hatte, die alle Merkmale aufwies, welche mir die Jägerin aufgeführt hatte. Ob Absicht, Zufall oder warum auch immer, es gab mehrere Stellen am Waldrand, auf die viele der Merkmale passten, aber irgendwie war mir immer etwas falsch vorgekommen und bei genauerem betrachten war mir dann ein Fehler aufgefallen, oder hatte ein Merkmal gefehlt. Es hatte einiges an Geduld und Hingabe gefordert, schließlich doch noch die richtige Stelle zu finden, aber als ich mit festem Schritt den Wald an der von mir erwählten Stelle betrat fühlte es sich richtig an. Vor mir lag nicht plötzlich eine gut ausgebaute Reichsstraße, noch nicht einmal ein halbwegs vernünftiger Waldpfad, sondern einzig ein Streifen schneebedeckter Waldboden, an dem die Bäume und Büsche etwas mehr Platz ließen, aber es fühlte sich richtig an. Ich hatte alles was mir die Jägerin erzählt hatte ins Gedächtnis gerufen und verglichen, dies war die richtige Richtung und so setzte ich fest und selbstbewusst, und keuchend und zerrend einen Fuß vor den anderen. Die Ruhe und das wenige auf der Stelle treten und im Kreis drehen auf der kleinen Lichtung, dass abgelenkt sein von den Schmerzen durch die Konzentration auf spezielle Punkte an den Bäumen und der Steinumfassung der Quelle, all das hatte mich tatsächlich vergessen lassen, wie weh mir manche Körperstellen taten und wie anstrengend dieser Marsch bisher gewesen war. Aber es musste voran gehen, ich wollte nicht, dass Firun von mir dachte, dass ich ihn weniger achtete als seine Geschwister.
Und schließlich, schon im flackernden Licht meines Stabes, der mir nun zwar nicht mehr als Wanderstab zur Verfügung stand, aber trotzdem treue Dienste leistete, sah ich vor mir mitten im Wald eine überraschend kleine Blockhütte. Kein nach außen fallendes Licht zeigte ihre Position, in der Dunkelheit war auch nicht mehr zu sehen ob Rauch aus dem Kamin aufstieg. Aber selbst wenn die Hütte leer wäre, für eine Nacht wäre sie mehr als willkommen.
Ich klopfte, so fest ich konnte und mich traute, an die Türe der Hütte. Selbst wenn diese Hütte der Firuntempel war, so geziemte es sich nicht, einfach in ein Fremdes Haus einzutreten. Wenn ein Tempel seine Gäste offen willkommen hieß, dann hatte er die Türen geöffnet. Wenn nicht, dann geboten es die Sitten Travias, dass man sein kommen ankündigte und nicht einfach einstieg wie jemand, der nicht wollte, dass man bemerkte, dass er gekommen war. Ich wollte gerade erneut klopfen, als die Türe geöffnet wurde und ein, zwar kleiner, aber dafür bestimmt ebenso breiter Bär mit weißem Fell im Türrahmen stand, der sich zudem noch plötzlich bedrohlich vor mir aufrichtete.
Es dauerte ein paar Augenblicke bis mir klar war, dass der Bär sich nicht aufgerichtet hatte sondern ich beim zurückstolpern auf meinem Hintern gelandet war und das der Bär eigentlich gar kein Bär war, sondern eine ältere Frau, die in ein weißes Bärenfäll gekleidet war.
Ich versuchte mich aufzurichten, was mein Rucksack jedoch zu verhindern wusste und erst als ich diesen von meinem Rücken löste gelang es mir, meine eher unvorteilhafte Position wieder zu verlassen, vor die Frau zu treten, die sich das alles ohne Gefühlsregung angesehen hatte und mich tief zu verbeugen.
„Euer Gnaden. Sollte dies der Tempel des Firun sein, so bitte ich um Einlass um dem Alten Bär meine Aufwartung machen zu dürfen.“ Die Frau, ihrem Gesicht nach hatte sie schon mehrere Dutzend Winter kommen und gehen sehen, schaute mich aus fast weißscheinenden Augen stumm an und regte sich nicht. „Wenn nicht, so bitte ich in Travias Namen um Unterkunft für die Nacht.“ Schließlich, als ich noch mehrere Minuten lang in der einbrechenden Dunkelheit die Kälte, die nun, da sich mein Körper nicht mehr bewegte, langsam von den Füßen her von mir besitz ergriff, ertragen hatte gab ich auf. „Erlaubt ihr, dass ich eine Seite eurer Hütte als Schutz vor Wind und Wetter nutze, wenn ich hier draußen mein Nachtlager aufschlage?“ Diesmal wartete ich nur wenige Minuten auf eine Antwort. Ich rezitierte eine Geschichte aus meiner Kindheit über den Alten Bären, der durch die Wälder Nostrias streifte um Wilderer, Andergaster und anderes unheiliges Gezücht von den Ehrbaren Waldweilern fern zu halten und als diese endete und die Alte immer noch nur im Türrahmen stand, hinter ihr in der Hütte sah ich ein flackerndes Licht, dass von einem, wenn wohl auch kleinen Feuer zu stammen schien, gab ich auf. Das durch die offene Türe der Großteil der Wärme aus der Hütte in die Nachtluft entwich schien die alte Frau nicht zu stören. „Dann erlaubt mir zumindest drei Fragen. Der Tempel des Firun, mir wurde gesagt, er befinde sich hier in diesem Teil dieses Waldes. Ich habe Proviant für eine Nacht hier im Wald, Beeren und ähnliches findet sich um diese Jahreszeit nicht und für die Firungefällige Jagd habe ich weder die Ausrüstung noch die Kenntnis und mittels meiner mir von den Göttern gegeben Kraft will und werde ich keine Tiere jagen, so groß ist meine Not nicht. Meine Fragen. Wisst ihr wo der Tempel liegt? Erreiche ich ihn morgen von hier aus? Komme ich vom Tempel aus, wenn ich mindestens eine Stunde, mehr wäre natürlich schöner, Zeit im Gebet verbracht habe noch am selben Tag zurück an den Rand von Roßkuppel?“

Bei Firun, war mir Kalt. Ich hatte, Tela und den beiden Männern und deren unendlicher Geduld in Bezug auf meine Einweisung im Bereich überleben in der Wildnis sei Dank, einen halbwegs geschützten Unterstand an einem nahegelegenen umgestürzten Baum errichtet, was sich als schwerer als gedacht erwiesen hatte. Natürlich hatte mein Großartiger Plan einen Fehler gehabt. Dabei war ich noch so stolz gewesen, als ich beim, wie bekomme ich den Rucksack so leicht, dass ich ihn zumindest schon mal alleine vom Boden heben kann, entdeckt hatte, dass ich ja eigentlich gar keine Fackeln und Lampen brauchte, weil ich ja inzwischen mit dem Ritual Ewige Flamme meinen Stab als Fackel nutzen konnte. Dabei hatte ich aber klugerweise vergessen, dass ich dazu meinen Stab in der Hand halten musste und trotz der vielen Fortschritte, die ich bezüglich meiner Fähigkeiten in Bezug auf das grundlegende Verhalten in der Wildnis inzwischen erworben hatte, der Aufbau eines Lagerplatzes mit nur einer Hand war nicht dabei gewesen. Zweiter Fehler meiner Überlegungen war gewesen, in der Dunkelheit unter dem Schnee ausreichend Holz zu finden. Ich hatte ja einen kleinen Vorrat Holz mitgebracht, mit dem Hintergedanken, am Rand dieses Feuers das aufgesammelte Holz, dass sicherlich nass und kalt war, soweit zu trocknen, dass ich es ins Feuer legen konnte ohne das dieses dann durch Schmelzwasser gelöscht würde, beziehungsweise dass das Holz zu kalt wäre um überhaupt richtig zu brennen. Aber dazu hätte ich erst einmal eine ansprechende Menge Holz finden müssen. Irgendwie hatte ich mir vorgestellt, dass so herabgefallenes Holz bestimmt weit genug aus dem Schnee schauen würde oder zumindest im Schnee einen auffälligen Hügel hinterlassen würde, der einem aufzeigte, wo welches lag. Aber gänzlich ohne ging es auch nicht, zumindest für mich nicht. Ich hatte kurzzeitig die Überlegung, mein Feuerholz einfach aufzuheben und mir am nächsten Morgen ein kleines Feuer zu machen, um mich daran ein wenig aufzuwärmen und genug Schnee zu schmelzen um ausreichend warmes Wasser zum Trinken zu haben. Aber ich hatte auch die Überlegung mir verschiedene Elementare zu beschwören, die mir einfach wie auch immer helfen würden. Aber die Überlegung mit den Elementaren verwarf ich wieder, widersprach das doch irgendwie deutlich dem, weswegen ich eigentlich hier war. Aber die Überlegung mit dem Holz fand immer mehr Anklang, desto kälter es wurde, auch wenn mich die Bewegung ein wenig warm hielt. Schließlich gab ich dem Lockruf nach, mein Holz zu sparen. Feuer würde ich keines brauchen, die Gefahr von wilden Tieren dürfte sich so nahe einer Stadt wie Gareth deutlich in Grenzen halten und wenn ich ehrlich war, ein wenig hatte ich mit so etwas gerechnet.
Ich brachte die spärliche Ausbeute meiner dritten Suchrunde zurück an meinen Lagerplatz und versuchte so gut es ging einen Sehnsüchtigen Blick in Richtung der Blockhütte zu vermeiden. Es wäre mir vermutlich ein leichtes gewesen, die alte Frau. Ich schüttelte meinen Kopf um diese Gedanken zu vertreiben. Ich packte die Hölzer, die ich gesammelt hatte, zusammen und legte sie, so gut es ging, mit mir unter die Plane, die ich gespannt hatte. Auch wenn es erfreulicherweise schon länger nicht geschneit hatte, sollte es heute Nacht wieder anfangen und meine Beute, wie ich sie selber Scherzhaft nannte, morgen voller Schnee sein, würde es die eh schon schwierige Situation nicht einfacher machen. Ich begutachtete nochmals mein Werk, die Plane war schön straff und hatte fast keine Falten, in denen sich der Schnee, wenn einer fallen würde, würde sammeln und als Last auf meine Plane drücken können. Die Schneeschuhe hatte ich mit dazu benutzt, die Plane zu fixieren. Ich hatte den Schnee, der unter der Plane den Boden bedeckt hatte, so gut es gegangen war herausgeschaufelt und damit ein wenig den unteren Rand der Plane abgedeckt, dass dort der Wind nicht durch pfeifen konnte. Der Wind ließ es einen oft kälter erscheinen als es eigentlich war. Der von mir auserkorene Schlafplatz war der höchste Punkt unter der Plane, was in diesem Fall zwar nur ein paar Finger unterschied machten, aber sogar ich wusste inzwischen, dass das einen Unterschied machen konnte. Ich hatte eine Decke und eines der Felle als Unterlage auf den Boden gelegt und schlüpfte in den Schlafsack, wobei ich so gut es ging, das zweite Fell über mich drüber legte. Meine Stiefel hatte ich so gut als möglich gereinigt, bevor ich sie, in meinen Mantel gewickelt, im Schlafsack am Fußende neben meiner für Firun gedachten Opfergabe verpackt hatte. Im Schlafsack blieb ich eine Weile liegen und hielt meinen Stab als Fackel auf den Boden, möglichst weit weg von den Fellen und der Plane. Auch wenn mir klar war, dass die Fackel sofort ausgehen würde, wenn der Stab aus meiner Hand gleiten würde, ich wusste nicht, ob er es auch tat, wenn ich einschlief und der Stab dabei mit meiner Hand in Berührung blieb und wollte es nicht unbedingt unter diesen Umständen herausfinden, daher nahm ich eines der Pergamente zur Hand, die ich mitgenommen hatte und las dieses noch eine Weile, bis ich das Gefühl hatte, dass sowohl der Schlafsack innen als auch die Luft unter der Plane angenehm warm waren, wobei sich das Angenehm außerhalb des Schlafsackes deutlich von dem innerhalb des Schlafsackes unterschied. Ich löschte die Fackel in dem ich den Stab kurz los ließ, bevor ich ihn zwischen mich und den Baumstamm legte, dann versuchte ich mich so gut es ging im Schlafsack auszuziehen und meine Kleidung entlang meines Körpers zu verteilen, damit sie nach dem Aufwachen trocken und zumindest ein wenig warm waren. Ich gratulierte mir selber noch zu meiner Idee, vor dem in den Schlafsack kriechen nochmals Wasser gelassen zu haben, wenn ich jetzt noch mal raus müsste, ich wagte gar nicht erst daran zu denken, und widmete mich anschließend meinem Nachtgebet, in welchem ich, den Umständen entsprechend, Firun diesmal besonders bedachte. Ich überlegte noch, wie das ganze hier wohl für Ghor sein müsste, aber da mir schon bei den Gedanken daran wieder kalt wurde verscheuchte ich dieses Bild schnell wieder aus meinem Kopf, drehte mich nochmals in eine bessere Position, die ich natürlich nicht fand und mich dann irgendwann für die am wenigsten unangenehme Alternative entschied, versuchte die Geräusche des Waldes und die Kälte um mein Gesicht herum, was das einzige war, was noch aus dem Schlafsack schaute, zu ignorieren. Das Gesicht der Alten Frau, besser gesagt, ihr Kopf, als er nach, für ihre Verhältnisse, relativ schneller Zeit dreimal genickt hatte in Gedanken schlief ich tatsächlich irgendwann ein.

Es war vielleicht nicht gänzlich Firungefällig gewesen, aber Hesinde war seine göttliche Schwester und auch Firun als einer der Zwölfe hieß Madas Kraft als solche gut, daher konnte ihr Einsatz um seinen Widrigkeiten ein wenig die Schärfe zu nehmen ja nicht wirklich so schlecht sein. Es hatte in der Nacht, erfreulicherweise nicht mehr geschneit, dafür musste es ziemlich kalt gewesen sein, denn der Schnee hatte sich in eine ziemlich feste Decke verwandelt. Hier und unter diesen Umständen Brennholz zu suchen wäre mehr als eine Plackerei gewesen. Aber ich hatte ja noch meine trockenen Bestände und das gestrige gesammelte Holz und mit meiner Ewigen Flamme meines Zauberstabs als Anzünder hatte ich relativ schnell ein brauchbares, wenn auch kleines Feuer, dass zwar nicht wirklich so wärmte, wie ich es mir am Abend zuvor ausgemalt hatte, aber doch warm genug war um den Schnee, welchen ich immer wieder Stückweise in den Topf warf, zum Schmelzen zu bringen. Ein paar Kräuterblätter dazu und bis Praios sein Auge auf mich werfen würde wäre ich bereit. Wenn diese alte Frau nicht völlig aus dem mir bekannten verhalten alter Frauen ausbrach dann würde sie bei Zeiten wach sein und ich wollte so früh es ging losmarschieren um am Firuntempel ein vernünftiges Zeitpolster zu haben. Während das Feuer den Schnee schmolz packte ich schon mal alles soweit zusammen, dass ich nur noch meinen Becher und die Kelle in den Rucksack stopfen und die Plane und den Topf an den Rucksack schnallen musste um weitermarschieren zu können. Während dem packen aß ich immer wieder einen Bissen, aber so richtig Hunger hatte ich noch nicht. Ich plante später zu Essen, wenn ich auf dem Rückweg nach Gareth war und es sich vielleicht im Lichte und der Wärme von Praios Auge ein wenig besser ergeben würde.
Ob es Zufall war oder ob der Wind vielleicht den Duft des Kräutertees in die Hütte geweht hatte, die alte Frau stand, gehüllt in ihren Bärenpelzmantel vor der Türe ihrer Hütte, wie ich meinen Becher mit der ersten Kelle Tee gefüllt hatte.
„Euer Gnaden, ebenfalls einen Becher frisch aufgebrühter Tee?“ Ich zeigte mit meiner Schöpfkelle auf meinen kleinen Topf.
Die alte Frau nickte stumm, wobei ich glaubte, dass sie einen Moment gelächelt hatte, bevor sie im Haus verschwand. Sie kam sogleich mit einem kleinen Becher wieder und ließ sich von mir diesen mit dem Tee füllen, was sie mit einem nicken dankte. Wir tranken beide stumm unseren Tee, während jeder seinen eigenen Gedanken nachging.
Mir war die Erkenntnis gekommen, als ich nach dem Aufwachen mit Schnee mehr schlecht als recht eine Katzenwäsche durchgeführt hatte. Ich hatte versucht mich mit Geschichten über Firun ein wenig von der Kälte abzulenken, hieß es nicht auch, dass angehende Geweihte des weißen Gottes irgendwo weit in Richtung Firun, ungefähr da, wo wir damals während unserer zweiten Expedition für die Akademie von Nostria entlanggesegelt waren, einen Berg besteigen und einen Bären im direkten Zweikampf besiegen mussten? Und im Zusammenhang mit diesen Geschichten war mir eingefallen, dass es weitere Geschichten über Firun gab, über Firun und die ihm heiligen Tiere. Natürlich war eines davon der Bär, deswegen sprach man ja auch in Teilen von Nostria vom Alten Bären, wenn man den Wintergott meinte, aber es gab auch Geschichten, welche doch auch erst im Rahmen dieser zweiten Expedition von den uns dort begleitenden Nivesen bestätigt worden waren, dass es dort oben auch Bären gab, aber deren Fell war weiß, wie der Schnee, der fast beständig überall lag, was sie zu besonders gefährlichen Gegner machte, da man sie teils nur schwer sehen konnte. Weiß wie die Farbe ihres Gottes, dem sie wohlgefällig waren. Weiß, wie das Fell der Alten Frau aus der Hütte. Ich versuchte kurz zu errechnen, wie groß die Wahrscheinlichkeit gewesen war, dass diese Frau an ein Fell eines weißen Bären gekommen war, ohne dass sie es selber erstritten hätte um damit anschließend alleine in einer Hütte mitten im Wald zu leben, die an der Stelle sein sollte, wo der Beschreibung der Jägerin nach der Tempel des Firun sein sollte, der ja ein Blockhütte sein sollte. Nun war mir auch klar, warum die Jägerin mir keine Beschreibung der Geweihten des Firun gegeben hatte, noch nicht einmal der Hinweis, dass der hiesige Firungeweihte eine Frau war. Firun schätzte den leichten Weg nicht. Man musste sich verdienen, wessen man würdig sein sollte.
Wisst ihr wo der Tempel liegt? Erreiche ich ihn morgen von hier aus? Komme ich vom Tempel aus, wenn ich mindestens eine Stunde, mehr wäre natürlich schöner, Zeit im Gebet verbracht habe noch am selben Tag zurück an den Rand von Roßkuppel? Mir fielen meine drei Fragen vom gestrigen Abend wieder ein und auch, dass die Frau sie dreimal mit einem positiven nicken beantwortet hatte.
„Euer Gnaden. Wir stehen vor dem Tempel des Firun?“ Ich wagte es nicht, eine Aussage zu formulieren. Ich war mir sicher, aber ich wusste es nicht mit absoluter Sicherheit und für Überheblichkeiten hatte ich zu sehr gefroren.
Die alte Frau blickte zurück zu ihrer Hütte und nickte lächelnd.
„Dann sollte ich ihn wohl auch von hier aus erreichen können, oder?“
Wieder nickte die alte Frau lächelnd.
„Und von hier aus komme ich, nun da der Schnee fest gefroren ist und ich beim Marschieren nicht mehr so sehr einsinke, mein Rucksack leichter ist, weil ich kein Brennholz, weniger Essen und die Gaben an Firun nicht mehr tragen muss und den Weg ein bisschen besser kenne selbst dann heute noch nach Roßkuppel zurück, wenn ich erst zur Mittagszeit aufbreche?“
Diesmal schaute mich die Frau erst lange an, bevor sie lächelnd nickte. Dann gebot sie mir mit einer einladenden Geste, den Tempel zu betreten.
Der Tempel entsprach gänzlich dem, was ich von ihm erwartet hatte. Er sah aus, wie ich mir als kleines Mädchen immer die Hütte eines Jägers, also eines richtigen Jägers, der nichts anderes tat, vorgestellt hatte, nur das die Dekoration vielleicht nicht ganz so üppig gewesen wäre. Es gab nur einen Raum, mit einem offenen Kamin an der einen Seitenwand. Neben diesem gab es eine Schlafstatt aus einem Berg von Fellen, auf der anderen Seite des Kamins einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen und zu beiden Seiten des Kamins an den Wänden Regale mit dem notwendigsten Haushaltsmaterial, wie Geschirr, Pfanne, Topf und so weiter. In der Ecke wo der Tisch stand befand sich noch eine große, schwere Truhe. Damit war gut ein Drittel der Hütte belegt. Das mittlere Drittel war leer. Im anderen Drittel der Hütte hing ein kapitales Geweih eines Hirsches als Zentraler Blickfang in der Mitte der Seitenwand, genau dem Kamin gegenüber und um dieses herum waren die restliche Wand, die hintere Wand und die Wand neben der Türe bedeckt mit Fellen und anderen Trophäen von jagdbarem Wild. Der Boden vor der Seitenwand mit dem Geweih war Fingerdick ausgelegt mit Fellen und von der Decke hingen unterschiedliche Waffen, aber alle hatten gemein, dass sie zur Jagd geeignet waren. Manche sahen aus wie gerade eben hergestellt, andere ganz offensichtlich benutzt, wiederrum andere waren gar zerbrochen oder sonst wie unbrauchbar. Ich sah keinen Altar, kein Bild oder gar eine Statue des Alten Bären, keinen ausgestopften Bären, nichts was ein direktes Bildnis des Weißen Gottes trug und doch wusste ich, dieser Platz war dem Alten Bären heilig. Ich wusste und ich spürte es. Ich legte meine Schneeschuhe vor der Türe an die Hüttenwand, klopfte meine Schuhe so gut es ging ab, trat ehrfürchtig in die Hütte, legte meinen Rucksack und meinen Mantel, obwohl es in der Hütte nicht sonderlich viel wärmer war als vor der Hütte, auf die Wohnseite und kniete mich, nahe der Türe auf ein Fell, welches kleiner war als die anderen und auch nicht so prächtig aussah. Ich wusste auf die Schnelle nicht, zu welchem Tier es gehört hatte, aber ich fühlte mich einem zentralen Platz vor dem Geweih nicht würdig. Das war das Haus des Alten Bären, das Haus der Jäger und anderer Menschen, die sich völlig der Natur verschrieben hatten. Ich sah in Firun einen der Zwölf göttlichen Geschwister und damit hatte er sich den Anspruch auf meine Hingabe verdient, aber er war eben nicht mein am meisten verehrter oder geschätzter Gott. Er war Teil des Pantheons und ich bedachte ihn auch beständig in meinen Gebeten, aber so wie er nur ein kleiner Teil meines Glaubens war, so wollte ich auch nur einen kleinen Teil in seinem Tempel beanspruchen. Ich dankte dem Weißen Gott für das, was er mich in den letzten Tagen gelehrt hatte, ich war mir sicher, es war von dem Moment an, wo ich an der Stadt des Lichtes den Entschluss gefasst hatte, noch schnell zum Firuntempel zu reiten, sein Wille gewesen, der mich geführt und all das hatte erleben lassen, einschließlich der Nacht im Freien. Ich hätte gegenüber der Firungeweihten keine Fragen stellen sollen und damit meine Unsicherheit und mein Zögern zeigen dürfen sondern ich hätte mir meines Zieles sicher sein müssen, sagen müssen, dass ich den Firuntempel gefunden hatte und dem Weißen Gott meine Aufwartung zu machen wünschte. Ich hatte mich in Geduld geübt, hatte Zielstrebig und beharrlich meinen Weg verfolgt, hatte mich Selbst überwunden und die Beute gestellt. Aber dann hatte ich gezögert und das Wild war entkommen. Das war der Weg der Jagd, der Weg des Weißen Gottes. Ich wusste nicht, wie lange ich im stillen Gebet verharrt gewesen war, aber ich hatte weder Kälte noch Schmerzen gefühlt, als mich eine Hand sanft an der Schulter berührte. Ich blickte auf und in das Gesicht der Alten Geweihten. Sie zeigte auf die offene Türe, nicht um mich des Tempels zu verweisen, vielmehr zeigte ihr Arm in den Himmel. Ich verstand, auch ohne dass sie etwas sagte. Das Auge des Praios stand schon deutlich am Himmel. Es würde sich demnächst wieder in Richtung Efferd senken. Ich dankte der Geweihten mit einem stummen nicken und erhob mich, um aus meinem Rucksack die Opfergaben für Firun zu holen. Für einen kurzen Moment konnte ich ein auflachen nicht unterdrücken, als ich mir vorstellte, wie ich hier in dieser Hütte gestanden wäre und einen Platz für meinen Dukaten gesucht hätte, den ich als Opfergabe hatte darbringen wollen. Die Geweihte hatte meinen kurzen Lacher entweder nicht gehört, oder er hatte sie nicht gestört. Ich holte die Felle hervor, sie waren dünn und nun, da ich sie so im Vergleich mit den anderen Fellen sah kamen sie mir schäbig und unpassend vor. Dabei hatte ich dem Händler ausdrücklich gesagt, für was ich diese Fell benötigte, nämlich als Opfergaben für den Firuntempel hier in Gareth und er hatte mir lachend versichert, dies seien genau die Felle, die er als Magier auch dem weißen Gott überreichen würde. Vielleicht sollte ich ihm bei Gelegenheit einmal sagen, dass er, wenn er ebenfalls dem Weißen Gott gedenken wollte, vielleicht keine Felle für einen Magier sondern lieber welche für einen Pelzhändler mitbringen sollte. Ich konnte nur hoffen, dass Firun mir diese Zusatzgabe nicht übel nahm, ich hatte es einfach für eine gute Idee gehalten, zusätzlich zu meiner eigentlichen Gabe auch Felle mitzubringen, die ich ja auch, wie ich es ja auch getan hatte, noch anderweitig hatte nutzen können, was ja durchaus auch im Sinne Firuns war, hoffte ich.
Die Geweihte schaute mich verwundert an, als ich einen etwa Kindskopfgroßen Gegenstand aus meinem Rucksack zog, eingewickelt in ein schützendes Wolltuch, welches ich aber bestimmt nicht gedachte, dem Gott der Jagd als Opfergabe zu überreichen. Ich stellte den Gegenstand diesmal auf das größte, zentral liegende Fell und packte ihn langsam aus. Dies war meine eigentliche Gabe an Firun und sie verdiente in meinen Augen, die Idee dazu war aus meinem Herzen und der Erinnerung an eine glückliche Kindheit gekommen, daher auch einen zentralen Platz, so wie man in anderen Tempeln auch wichtige Gaben direkt auf den Altar legte.
Ich ging zurück zu meiner Ausrüstung und zog mich zum abmarschieren an. Als ich das Wolltuch und meine restliche Ausrüstung verpackt hatte war der Rucksack plötzlich wirklich angenehm leicht und gut zu tragen. Viel besser als am gestrigen Tag. Als ich mich aufrichtete und nach der Geweihten schaute, um mich zu verabschieden sah ich sie vor den Fellen im Tempelbereich, wie ich es für mich nannte, stehen und zwischen mir und dem Topf hin und her schauen. Ihr Blick war eine Mischung aus Frage, Unglaube und ich fürchtete, eine Spur Zorn.
„Oh.“ Ich spürte an der Wärme in meinem Gesicht, dass ich bestimmt gerade wieder völlig rot anlief. „Nun ja, euer Gnaden, wissen Sie, ich komme eigentlich nicht aus Gareth. Meine Ausbildung hatte ich in Punin, aber eigentlich komme ich aus Nostria, wo ich bis zu meinem siebten Tsatag auch lebte.“ In das Gesicht der Geweihten wich ein wenig der Zorn und machte etwas anderem Platz, dass ich aber nicht deuten konnte. Offenbar schien sie zu verstehen, was ich erklären wollte und sie schien tatsächlich auch Nostria als Land zu kennen. Ein Umstand, der im Mittelreich, wie ich inzwischen wusste, nicht unbedingt immer gegeben war.
Mit einem nicken gab sie mir zu verstehen, weiter zu erzählen.
„Nun ja“, ich senkte verlegen meinen Blick. „bei uns in Nostria wird Firun auch Alter Bär genannt und in Geschichten hat er viel öfter die Gestalt eines Bären als die eines Mannes und daher dachte ich, er würde sich ja vielleicht über“ ich hob leicht den Kopf und schaute der Geweihten vorsichtig von unten in die Augen. Inzwischen war es so neutral wie am gestrigen Abend. „einen Topf Honig freuen.“
Die Geweihte lachte los, auch wenn kein Ton über ihre Lippen kam. Erst war ich verblüfft, dann ein wenig überrascht und als sie sich die ersten Tränen aus den Augen wischte ein wenig empört.
„Wissen Sie eigentlich, wie schwer es ist, mitten im Firun anständigen Honig aufzutreiben?“
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Quo Vadis - Firun II
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