Das Schwarze Auge
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Das Schwarze Auge

Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Quo Vadis - Hesinde

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Lynia
Erzmagus
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Quo Vadis - Hesinde Empty
BeitragThema: Quo Vadis - Hesinde   Quo Vadis - Hesinde EmptySo Aug 17, 2014 12:05 pm

Ich musste gestehen, dass ich schon ein wenig nervös war. Zwar hatte ich die Zeit und die Tatsache, dass wir Borons Monat hinter uns gelassen hatten und uns nun in Hesindes Monat befanden und ich mir selber auch wieder erlaubte etwas mehr und offener zu sprechen genutzt um die anderen ein wenig darüber in Kenntnis zu setzen, wie mich die letzten Wochen, insbesondere unsere Reise von den Salamandersteinen und die ersten Tage und Wochen hier in Gareth geprägt hatten, aber nun, da ich Alrik im Türrahmen stehen sah, was für ein glücklicher Zufall, dass er gerade in dem Augenblick gekommen war, an welchem ich mit meinen Ausführungen fertig war, beendete ich diese natürlich.
„Oh, Alrik ist schon da. Das war jetzt aber freundlich von ihm, dass er gewartet hat, bis ich mit meinen Ausführungen fertig bin. Na, dann bin ich ja mal gespannt, welche Person uns den so dringend sehen will, dass sie uns ein Gästehaus zur Verfügung stellt das wir auf alle Fälle in der Stadt bleiben bis sie Zeit für uns hat.“ Inzwischen hatten Ghor und Hakim herausgefunden, dass dieses Haus nicht direkt zu den Besitztümern der kaiserlichen Familie gehörten, sondern einem Edelmann oder Handelsherren, der jedoch nicht genannt werden wollte. Da uns diese Erkenntnis aber offenbar wurde, als wir schon über eine Woche lang in diesen Räumen gelebt, geschlafen und gegessen hatten konnten wir davon ausgehen, dass unser unbekannter Gönner keine schlechten Ideen bezüglich unserer Zukunft hatte, dafür hatte er ja inzwischen genug Möglichkeiten gehabt. Aber gespannt waren wir trotzdem, vor allem als Alrik plötzlich am gestrigen Abend zu uns gestoßen waren, geschickter weise waren wir vier an diesem Abend alle vereint im Haus gewesen, eine Tatsache, die in den letzten Abenden davor nie der Fall gewesen war, ja, mit manchen war einfach Phex, und uns offenbart hatte, dass wir doch am nächsten Tag alle im Hause verbleiben sollten bis er uns abholen würde, da unser uns noch unbekannter Gönner nun direkt uns persönlich treffen wollte. Das war natürlich eine Aufforderung, der man schlecht widersprechen konnte, also hatten wir gewartet und ich hatte die Zeit eben genutzt.
Vor dem Haus wartete eine große Kutsche auf uns, aber ein offizielles Wappen konnte ich an ihr nicht erkennen. Dafür hatte sie einen geschlossenen Aufbau, was sicherlich nicht schlecht wäre, immerhin waren die Temperaturen die letzten Tage merklich gesunken. Aber erst als wir in der Kutsche saßen bemerkte ich, dass sie keine Fenster hatte. Aber durch mehrere geschickt angebrachte Öffnungen an der Decke und am oberen Rand der Wände drang doch genügend Licht ein um gut genug sehen zu können. Zudem war Alrik mit uns in den Wagen gestiegen und hatte auch, kaum dass er die Türe geschlossen hatte auch gleich gezeigt, dass diese sich auch problemlos von innen wieder öffnen ließ, wir also keine Gefangenen waren. Vielmehr ging es seinem Herrn darum, dass nicht jeder sah, wenn dieser zu Besuch hatte, nicht das wir eine unschickliche Partie gewesen wären, vielmehr wäre es zu unserem eigenen Schutz das niemand sah, wenn wir besuchten. Ich musste zugeben, auch wenn ich es nicht aussprach, dass meine Nervosität langsam aber sicher meiner Neugier Platz machte. Wer mochte diese unbekannte, mysteriöse Herr von Alrik sein, dass er solch einen Einfluss und Besitztümer in Gareth hatte und zudem solche Feinde, dass sie gar eine Gefahr für seine Gäste darstellten?

„Bitte, mein Herr, Graf Nemrod erwartet sie.“ Alrik öffnete die schwere Holztür, die überraschend leicht nach innen zu schwingen schien und gab den Blick in ein gemütlich wirkendes Kaminzimmer frei gab, welches von einem schweren Schreibtisch beherrscht wurde, hinter welchem ein älterer Mann mit kurzen, weißen Haaren auf uns zu warten schien.
Alrik hatte uns erst erlaubt die Kutsche zu verlassen, als von außen auf dem Dach eine kleine Melodie auf selbiges geklopft worden war. Da war die Kutsche aber in einem völlig umschlossenen Innenhof eines Gebäudes gestanden. Dies war zwar nicht unser erster Halt gewesen, selbst ich wusste inzwischen, dass eine Kutsche dieser Größe zu dieser Tageszeit nicht durch Gareth fahren konnte ohne ein Dutzend mal anhalten zu müssen, weil die Straßen einfach blockiert waren, und jedes Mal hatte jemand eine kleine Melodie auf das Dach geklopft, aber offensichtlich war diese diesmal anders gewesen. Alrik hatte uns zielsicher durch das Anwesen geführt, es ging durch einen schmalen Eingang und einen schmalen Flur in ein überraschend geräumigen Empfangsraum, von dort aus einen Flügel einer Zweiflügeligen breiten Treppe nach oben über einen schlichten, aber doch edel wirkenden Flur, wie sehr sich hier Eleganz von dem unterschied, was Tante Tsaiane in Al´Anfa zur Schau stellte. Überraschenderweise schien uns Alrik fast einmal um den ganzen Innenhof zu führen und ich war mir sicher, als wir vor dieser Türe standen, dass wir nur ein paar Schritte von der oberen Empore des Empfangsraums entfernt waren. Warum waren wir dann einmal im Haus im Kreis gelaufen? Aber bevor ich Alrik hatte fragen können hatte er ebenfalls eine kleine Melodie an die Türe geklopft und diese geraume Zeit später, obwohl ich keine Stimme oder ein sonstiges Zeichen gehört oder gesehen hatte, dass die Zustimmung des Bewohners dieses Zimmers ausdrückte, geöffnet.
Graf Nemrod hatte sich hinter seinem Schreibtisch von dem dortigen Stuhl erhoben und deutete mit einer Hand auf eine Reihe Sessel, welche vor dem Schreibtisch in einem Kreis aufgestellt waren. Ich war nicht wirklich überrascht, als ich sah, dass es genau Fünf Sessel waren. Da die Geste des Grafen eindeutig war und er wohl keine Höflichkeitsfloskeln austauschen wollte betrat ich den Raum und setzte mich auf einen Sessel, während ich mir das Zimmer anschaute. Es war überraschend klein, es hätten vielleicht noch zwei Sessel vor den Schreibtisch gepasst, dann wäre der Raum voll gewesen. Es gab auch keine großartige Dekoration. An der Wand hinter dem Schreibtisch, zu beiden Seiten des Stuhls gab es zwei große Fenster, dazwischen, also an der Wand hinter dem Stuhl hing eine große und überraschend detaillierte Karte Aventuriens, die aber nur Landschaft und Bilder von Tieren und Pflanzen zeigte und nicht, wie ich eigentlich erwartet hatte, irgendwelche Ländergrenzen. Die restlichen Wände waren, bis auf zwei, drei kleinere Felle an jeder Wand und einem präparierten Kopf des dazugehörigen Tieres darüber leer. Inzwischen hatten sich die anderen ebenfalls gesetzt, wobei ich überrascht war, wie langsam und zögerlich Tela sich bewegte. Aber noch viel mehr überraschte mich die Tatsache, dass der Graf selber in dem fünften Sessel Platz nahm, während er Alrik los schickte uns etwas zu trinken zu bringen. Der Graf saß nur Stumm da und musterte uns still, was mich nicht sonderlich beruhigte. Ich kannte diesen Mann nicht, und auch bis zu dem Moment wo Alrik ihn vorgestellt hatte diesen Namen nicht, aber er schien wohl einen gewissen Einfluss zu haben, zumindest schien er Geld zu haben, auch wenn er es nicht, wie ich schon bemerkt hatte, in dem gleichen Ausmaß zur Schau stellte wie viele andere es gerne taten. Dies zeigte sich auch in dem Trinken, dass Alrik uns brachte. Jedem von uns wurde ein einfacher Messingbecher mit Wasser gereicht, worüber ich selber nicht wirklich traurig war, was ich von Ghor und Hakim nicht behaupten konnte. Tela hingegen schien den Becher in ihrer Hand gar nicht erst zu beachten.
„Es freut mich, dass ihr meiner Einladung gefolgt seid.“ Die Stimme des Grafen war trotz seines offensichtlichen Alters immer noch fest und klar und hatte einen Ton, der gut zu einem unserer Magister gepasst hätte. Dieser Mann hatte viel erreicht, aber immer noch die Glut im Herzen, welche sich für eine neue Aufgabe zu einem Feuer entfachen konnte. Ich war mir nur nicht sicher, ob es gut wäre, wenn man die brennbare Substanz zu dieser Glut war.
„Ehrenwerter Herr Graf,“ setzte Ghor im besten Plauderton an. „einem so großzügigen Gastgeber persönlich danken zu können gebietet mehr als nur der Gute Ton oder Travias Gebote.“ Sprach es und fuhr mit seiner Rede fort. Ghor sprach nicht, er plauderte mit einem Grafen, ich hatte keinen Grund an Alriks Bezeichnung des Titels des Mannes zu zweifeln, immerhin hatte Alrik zum engsten Kreis der Reichsbehüterin gehört, als diese auf Burg Aulebein eingetroffen war, also würde er auch wissen das dieser Nemrod tatsächlich ein Graf war, wie mit jedem beliebigen Menschen in jeder beliebigen Herberge, die wir auf unserer bisherigen gemeinsamen Reise aufgesucht hatten. Unwillkürlich wartete ich auf einen Aufschrei des Grafen und sah uns schon umringt von, wo immer diese auch herkommen mochten, einem Dutzend Gardisten, die uns in schweren Eisenketten abführten. Überraschenderweise kam kein Aufschrei und auch keine Gardisten sondern eine ebensolche ungezwungene, wenn auch nicht ganz so lockere Antwort des Grafen, welcher uns schlicht darüber aufklärte, dass für solch Ehrbare Streiter wie uns eine angemessene Unterkunft zu bieten das mindeste sei, was er hatte tun können.
Was folgte war eine überraschend ungezwungene Gesprächsrunde, in welcher der Graf zwar ziemlich viel fragte, aber es waren jetzt eigentlich keine Fragen dabei, welche meinem Empfinden nach zu sehr in die Privatsphäre gingen so dass ich eigentlich mehr oder weniger offen und frei antworten konnte. Ein Beispiel, dem meine Gefährten weitestgehend folgten, auch wenn ihre Antworten meist etwas auf sich warten ließen oder nur zögerlich kamen. Das ein oder andere mal, vor allem wenn mir bewusst wurde, dass manche Antwort so eigentlich nicht richtig war oder stark beschönigt oder ziemlich lückenhaft ertappte ich mich dabei, wie ich kurz davor stand korrigierend einzugreifen, aber ich konnte diesen Impuls dann immer gleich wieder unterdrücken. Es mochte Gründe für das Verhalten meiner Freunde geben und es stand mir nicht zu diese vor diesem Grafen Bloßzustellen. Verständlicherweise waren immer wieder Fragen dabei, welche sich auf unser Verhältnis zum Kaiserhaus und zum Neuen Reich als Staat bezogen, immerhin kam ich ja eigentlich aus Nostria und Ghor aus Al´Anfa und Hakim als Zahori hatte wohl eher auch ein getrübtes Verhältnis zu einem Staatsgebilde und Tela hielt sich mit ihren Aussagen in dieser Richtung, wie eigentlich das ganze Gespräche über, überraschend zurück. Aber das machten Ghor und Hakim locker wett, so dass auch ich zwar auf die Fragen des Grafen antwortete, aber ansonsten eher zurückhaltend bleiben konnte. Ich fand diese ganze Situation immer noch ziemlich befremdlich, aber hätte der Graf uns in Ketten sehen wollen, er hätte es wohl schon längst befohlen, die Tatsache, dass wir noch frei waren sprach also wohl für uns. Aber schließlich führte uns der Graf, geschickt wie ein langjähriger Dozent, zum Ende des Gespräches, welches er, wenn auch nicht mit dem gefürchteten: „Und bis zur nächsten Unterrichtsstunde lesen sie / bereiten sie vor…“ aber doch mit einem ähnlichen Effekt, wenn diesmal auch in eher positiver Hinsicht einläutete.
„Kann das Neue Reich auch zukünftig auf ihre Hilfe, ihre Fähigkeiten, ihr Wissen und ihre Talente, ihre Kraft und ihren Waffenarm zählen? Wollt ihr nicht nur vom Titel Herr Ehrenritter werden sondern euch auch künftig tatsächlich für das Reich einbringen und für es streiten?“
„Ja.“ Es dauerte ein paar Sekunden bis ich merkte, dass es meine Stimme gewesen war, welche diese Antwort gegeben hatte. Bei den Zwölfen, mir fiel keine Einzelne Gottheit ein, welche ich in diesem Moment um Hilfe, Rat, Beistand oder einfach nur eine Eingebung hätte bitten können. Ja, meine Akademie gehörte nicht offiziell zu den Akademien des Reiches, im Gegenteil, man war dort Stolz darauf älter zu sein als das Neue Reich, ich hatte, wie ich nun wusste, Wurzeln in Al´Anfa, kam eigentlich aus Nostria und war von einem Thorwaler nach Punin geführt worden. Meine Gefährten und Freunde kamen ebenfalls aus Al´Anfa, waren ein Zahori, also ein Mensch der einer Bevölkerungsgruppe angehörte, die eigentlich kein Reich so richtig bei sich haben wollte, und meine beste Freundin war eine Hexe, obwohl das in diesem Raum außer mir keiner wusste und sie hatte einen geflügelten Kater, der sprechen konnte als Begleiter. Und nun hatte ich zugestimmt mich für das Neue Reich als Streiterin zur Verfügung zu stellen. Ausgerechnet ich, eine Magierin, die beim Reiten blasen an Stellen bekam, von denen ich gar nicht denken wollte, die nach einer Stunde Marsch mit Gepäck eine halbe Stunde Pause brauchte und nach mehr als Fünf Stunden Marsch am Tag kämpfen musste, dass sie während ihrer Zwei Stunden Nachtwache nicht einschlief, die bei einem Schwert mit Müh und Not wusste, wo der Griff war und das die Spitze zum Gegner zeigen sollte und deren Möglichkeiten bei einem Kampf zu unterstützen, auch mit magischen Mitteln, zwischen wenig ausgeprägt über wenig hilfreich bis ungeeignet reichten. Ich hatte nicht das Gefühl einen großen Fehler begangen zu haben. Nein, ich fühlte mich gut und stand zu meiner Entscheidung, ja zu dem Angebot Streiterin für das Neue Reich zu werden gesagt zu haben. Ich hatte Ja gesagt, weil ich einfach das Gefühl hatte, dass dies genau das war, was mir gefehlt hatte. Eine klare Aufgabe. Was hatte ich den Effektiv die letzten beiden Götterläufe für meine Akademie geleistet. Ich war von einer Aufgabe zur nächsten geschickt worden, hatte manchmal gewagt eigene Wege zu gehen und dabei eigentlich nur Berichte abgeliefert ohne auch nur einmal mehr zu bekommen als ein Schreiben in dem stand, was ich als nächstes tun sollte, wohin ich als nächstes reisen sollte. Es war kein Schreiben gekommen, in dem ich gebeten worden war, es war kein Schreiben gekommen, in dem gestanden hatte, dass ich zurück an die Akademie kommen sollte um meine schriftlichen Berichte in Persona und direkt zu erläutern, auszuführen und mit den Mitteln der Akademie mit Querverweisen verbundene abschließende Reiseberichte zu erstellen, wie ich sie zu Hunderten während meines Studiums gelesen hatte. Zu Hunderten, Abschriften von Reiseberichten von Collega aus anderen Akademien. In Punin galt es ja schon als Reise in die Wildnis, wenn man eine Nacht außerhalb der Stadtmauern verbrachte. Ich war mit dem Rohalsmal ausgezeichnet worden, ich war in meinem Fachbereich die Jahrgangsbeste gewesen, ich hätte einen Anspruch auf einen eigenen Forschungsposten haben sollen und sie hatten mich stattdessen als Anerkennung zurück in meine Heimat geschickt. Wie hätte ich ihnen auch erklären sollen, dass es in meiner Heimat nichts mehr gab, zu dem ich hätte zurückkehren können. Aber ich hatte die Akademieleitung nicht vor den Kopf stoßen wollen. Sie hatten es ja gut gemeint. Vielleicht waren meine ersten Berichte auch zu Euphorisch geschrieben, vielleicht hatte ich und hatten die Magister zu viel Enthusiasmus für das Reisen aus den Zeilen gezogen und hatten sich gedacht, sie würden mir damit Gutes tun. Vielleicht war ich auch geschockt gewesen als ich Tante Tsaiane getroffen hatte. Vielleicht hatte ich auch einfach nur zu viel von zu vielem und, außer meinen Freunden die auch meine Gefährten waren, keinen festen Punkt mehr in meinem Leben. Ich hatte eine entbehrungsreiche aber glückliche Kindheit in einem kleinen Waldweiler in Nostria, wo man jeden Tag für die kommenden Tage tätig sein musste und später für viele Jahre das Studium der Arkanen Künste, die Möglichkeit ein Geschenk der Götter in Göttergefällige Wege zu lenken als Fixpunkt meines Lebens, etwas, dass mir Tag für Tag Halt und Ziel geboten hatte. Vielleicht würde mir die Möglichkeit Streiterin für das Neue Reich zu sein diesen Halt und dieses Ziel, welches mir irgendwie abhandengekommen waren zurückgeben. Ich fühlte mich plötzlich gut, ich hatte nicht das Gefühl, einen großen Fehler begangen zu haben. Aber ich hatte ein Gefühl wie damals, als ich in Punin an der Akademie angenommen worden war. So sehr ich mich auf das kommende freute, so sehr hatte ich plötzlich Angst davor, und ich war froh als der Graf uns signalisierte, dass wir den Raum verlassen konnten, wo uns Alrik vor der Türe in Empfang nahm. Das Ghor und Tela erst geraume Zeit später zu Hakim und mir wieder in die Kutsche stiegen bekam ich nur am Rande mit, aber vielleicht waren die beiden ja noch wo gewesen, wo man eben ab und zu hin musste.

„Eine Dienerin des Reiches muss…“ Erschrocken richtete ich mich auf, verhedderte mich dabei in meiner Decke und fiel, bei dem Versuch mich schnell genug zu befreien und vor dem Bett Aufstellung zu nehmen aus diesem. Ich hatte keine Ahnung wie ich darauf gekommen war, vor dem Bett Aufstellung zu nehmen, das hier war nicht meine Novizenzeit in Punin und ich war auch nicht in Punin und es hatte auch niemand gerufen. Ich war alleine in meinem Zimmer in dem Haus in Gareth in welchem wir zur Zeit lebten und ich hatte heute meine ersten Unterrichtsstunden für die Kaiserlich Garethische Informationsagentur, deren Kommandant Graf Nemrod war und in deren Reihen wir unsere Funktion als Streiter des Reiches wahrnehmen sollten hinter mich gebracht.
„Eine Dienerin des Reiches muss…“ Ich hatte diesen Spruch nicht geträumt, ich war mir noch nicht einmal sicher, ob ich überhaupt schon geschlafen hatte, aber er war so plötzlich und klar in meinen Gedanken gestanden das ich wirklich den Eindruck gehabt hatte, jemand hätte ihn direkt neben mir zwar nicht geschrien, aber doch ziemlich laut gesagt, also so wie jede Unterrichtseinheit begonnen hatte. War das jetzt ein gutes Zeichen, weil ich mich so auf die ganze Sache einließ oder war das eher eine Vorahnung auf das, was kommen mochte? Wie auch immer, wenn die kommenden Unterrichtstage so aussahen wie der heutige freute ich mich darauf.

Die Einladung wurde von einem offiziellen Boten des Kaiserhauses überbracht. Wir wurden formell und offiziell zur Verleihung des Titels „Ehrenritter des Hauses Gareth“ in die Neue Residenz geladen. Das ganze sollte Anfang Firun stattfinden und es lag ein Schreiben bezüglich der gewünschten Gewandung und anderer Formalitäten bei. Alleine schon beim ersten kurzen durchlesen kamen mir erste Zweifel ob der Vernunft dieser Sache auf. Ich für meinen Teil kam ja noch ganz glimpflich davon, als Magierin das Festgewand, keine große Sache, aber die beiden Männer und Tela, uh, vielleicht sollte ich nicht da sein, wenn die anderen diesen Brief das erste mal lasen. Es war jetzt nicht unbedingt so, dass Tela sich in ein Ballkleid zwängen musste, das war auch so in diesem Brief erwähnt, aber sie würde auf alle Fälle nicht in ihrem normalen Stil erscheinen dürfen und so sehr ich auch nachdachte, ich hatte Tela noch nie in etwas Großartig anderem als ihrer Allerdereskleidung gesehen. Bezüglich Ghor und Hakim machte ich mir da weniger sorgen, außer vielleicht über die Tatsache, dass beide ohne Bewaffnung kommen mussten. Wenn man nur die Hälfte der Geschichten der beiden für bare Münze nahm wäre das für die beiden Männer ungefähr so wie wenn sie nackt vor die Reichsregentin treten müssten. Wobei das mit Sicherheit auch für einiges Aufsehen sorgen würde.
Andererseits, ich wusste nichts genaues, aber ich wusste auf alle Fälle, dass Tela und Ghor zusammen mit der Reichsregentin für mehrere Tage unterwegs gewesen waren. Nur diese Drei. Ich glaube, diese Geschichte war noch nicht einmal in der Neuen Residenz überall bekannt geworden. Weder Tela noch Ghor hatten davon oder darüber erzählt und weder ich noch Hakim hatten sie darüber befragt. Es war etwas persönliches gewesen, für beide und wenn die Zeit dafür gekommen war würden sie darüber sprechen. Aber bis dahin mussten sie nichts aufreißen, was besser geschlossen blieb. Ich selber hatte ja ebenfalls genug Dinge, die ich einfach mal von der Seele sprechen müsste, aber einerseits fehlte mir hierfür der Mut und andererseits war ich mir nicht sicher, ob ich Tela damit wirklich belasten musste, für mich ist sie die einzige Person die ich kenne, der ich, wenn überhaupt irgendjemand, so etwas anvertrauen würde. Ich war mir sicher, sie hatte ihre eigenen Sorgen und Nöte mit denen sie zurechtkommen musste, da musste ich ihr mein Seelenleid nicht auch noch auflasten. Ich ging auf mein Zimmer, holte meinen Pelzbesetzten Mantel, welchen Ghor mir gekauft hatte, ich hatte mir immer noch nicht überlegt wie ich ihm dafür danken konnte, dass er die Mehrkosten einfach übernommen hatte, die Summe die er zusätzlich hatte aufbringen müssen hatte er mir ebenso wenig genannt wie er einfach Geld von mir als Rückzahlung angenommen hatte, aber der Mantel war es wirklich wert, erklärte der Köchin, es war sonst niemand im Haus, dass ich in einen Tempel gehen würde und verließ das Haus. Ich hatte mit Absicht nicht gesagt in welchen Tempel ich gehen würde, weil ich einfach selber noch nicht wusste, welche Gottheit ich mit meinen Sorgen behelligen sollte. Sicher, eigentlich hatten die anderen Drei ebenfalls, von sich aus und mit freiem Willen der Frage des Grafen positiv zugestimmt und sich bereit erklärt künftig für das Neue Reich zu streiten, aber hatten sie gewusst was auf sie zukommen mochte. Waren sie auf so eine Veranstaltung vorbereitet? Sicher, ursprünglich waren wir von Prinzessin Rohaja geladen worden, aber wenn wir nun einfach statt in Gareth zu bleiben davongezogen wären? Wir hatten ja nichts Unrechtes getan. Ein Brief, Danke, aber uns doch einfach zu viel der Ehre und man hätte uns, außer dass wir der künftigen Kaiserin des Neuen Reiches eine Absage erteilt hatten keinen Vorwurf machen können. Aber nun hatten wir unser Wort gegeben, für das Neue Reich da zu sein und die Prinzessin war, wenn auch noch nicht direkt so aber doch in absehbarer Zeit die Verkörperung dieses Reiches. Ich war schon bei einem Allaventurischen Konvent dabei gewesen und hatte auch sonst schon die ein oder andere offizielle Zeremonie besucht, an ihr teilgenommen oder bei dieser Mitgewirkt und ich konnte nicht sagen das ich jedes mal davon begeistert gewesen war, aber Pflicht war Pflicht und manche Aufgaben gehörten einfach dazu. Aber ich hatte mich für diesen Weg entschieden und wenn die Götter wollten, dass angehende Anwender von Madas Kraft solchen Zeremonien teilwohnen sollten, dann war das so. Welchen Wegen und Idealen folgten meine Freunde und waren diese stark genug, diesen Weg ebenfalls zu gehen?

„Hättest du den ganzen Brief ausführlich gelesen hättest du dir vielleicht das ein oder andere ersparen können.“ Tela grinste über das Gesicht, bevor sie sich einen weiteren Schluck Tee gönnte.
Es war ihr stupsen mit ihrem Fuß an mein Schienbein, dass mich aus meinen Gedanken riss. Na ja, dass stupsen mit dem Fuß war auf alle Fälle besser als Wasser in mein Gesicht zu spritzen, wie sie es sonst tat, wenn wir zusammen im Badebottich saßen. Vielleicht hatte sie ihren Fuß auch nur benutzt, weil sie keine Hand frei hatte. Grauschnauz konnte ziemlich ungehalten werden, wenn Tela plötzlich und ohne Vorwarnung aufhörte ihn zu kraulen, vor allem wenn er so wohlig schnurrte wie gerade eben. „Ich weiß.“ Ich rang mir ein verkrampftes lächeln ab, was schließlich ungewollt zu einem offenen, herzhaften lachen führte. „Bei Hesinde. Ausgerechnet ich, verstehst du ausgerechnet ich, die kleine Büchermaus war nicht in der Lage zwei einfache Blatt Pergament richtig zu lesen.“ Ich schüttelte immer noch lachend den Kopf und dachte an die Szene zurück, als ich mich heimlich in Telas Zimmer geschlichen hatte um zu schauen, ob sie noch da war, so sehr hatte ich Angst gehabt, dass sie einfach verschwinden würde, obwohl mir eigentlich hätte klar sein müssen, dass sie das niemals getan hätte. Tela war noch da gewesen und hatte tief und fest geschlafen, im Gegensatz zu Grauschnauz, der mich natürlich trotz der Dunkelheit erkannt hatte und Tela am nächsten Morgen auch von meinen Besuch erzählt hatte. So war eines zum anderen gekommen und schließlich hatte ich Tela meine Befürchtungen offenbart, woraufhin diese in schallendes Gelächter ausgebrochen war. Anschließend hatte sie mir das offizielle Schreiben des Kaiserhauses gereicht, mit der klaren Anweisung, es zu lesen und zwar alles. Und da stand es dann auch, auf dem Begleitschreiben. Dort war aufgeführt, dass wir uns bezüglich der Kleidung für diesen Anlass bei der offiziellen Hofschneiderei einfinden sollten, wo nach unseren Maßgaben, aber natürlich in einem gewissen Maß der Etikette genügend Kleidung, dem Anlass würdig, auf Kosten des Kaiserhauses angefertigt werden würde. Rauschende Kleider seien keine Pflicht. Dies war extra erwähnt, wie wenn jemand diesen Brief speziell für Tela geschrieben hätte und das war dann auch irgendwie die einzige Stelle dieses Abschnitts gewesen, die ich bewusst zur Kenntnis genommen hatte. Den Teil mit dem gewissen Maß und nach eigenen Maßgaben hatte ich irgendwie völlig überlesen. Die beiden Männer waren natürlich sofort ein Fall für die Noioniten geworden, wie Tela mir erzählt hatte und hatten sich den ganzen Abend über, den ich in einem Tsatempel verbracht hatte, damit verbracht ihre Offenbarungen und Vorstellungen für eine angemessene Kleidung für diesen Anlass zu kreieren und sich gegenseitig zu beschreiben. Als die Brust schließlich doppelt so breit wie nötig und möglich geworden war, irgendwo mussten ja die ganzen Orden und Auszeichnungen hinkommen, die man noch für das Reich erstreiten wollte, hatte Tela die beiden Männer dann verlassen, wie sie erzählt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die Farbpalette auch schon von Borongefälligem Schwarz über Rot, Gold und Blau, die Farben des Reiches bis hin zu Tsagefälligem Bunt ausgereizt worden und von demütigem Barfuß bis hin zu Reiterstiefeln um die Einsatzbereitschaft zu signalisieren auch die Schuhwahl Thema gewesen.
Telas Wahl bezüglich der Gewandung für diesen Anlass war auch kein Geheimnis. Es gab keine. Sie war schlicht noch unschlüssig, was sie tragen wollte. Sie wollte erst einmal schauen was es bei dieser Schneiderei so an Kleidung für so einen Anlass zu betrachten gab und sich dann vor Ort von Fachkundigen Kräften beraten lassen um dann eine Entscheidung zu treffen.
„Hesinde sei Dank, dass ich Gildenmagierin bin.“ Nun gönnte auch ich mir einen tiefen Schluck Tee, bevor er Kalt werden würde. „Für mich legt der Codex Albyricus fest, was ich an diesem Tag zu tragen habe.“
Nun war es an Tela, lauthals loszulachen.
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