Rohalstag, 28. Peraine 1027 BF, irgendwann nach Sonnenuntergang irgendwo in Gareth

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich muss gestehen, dass ich keine Ahnung habe was wir morgen Abend, wenn dieses fliegende Ungetüm Gareth erreicht, machen sollen.
Mal ganz davon abgesehen, dass ich, zumindest nicht ohne extreme magische Hilfsmittel oder in einer anderen Gestalt, mit der ich mich morgen Abend aber bestimmt nicht in der Luft aufhalten will, fliegen kann, ganz ehrlich, in dieses Gefährt von diesem Leonardo setz ich mich nur, wenn alle anderen Möglichkeiten gescheitert sind, wissen wir noch nicht einmal, wie wir in diese fliegende Stadt hinein kommen sollen, was wir ja wohl irgendwie sollten, wenn wir Galotta aufhalten wollen.
(Die Arme vor der Brust verschränk und fest an den Oberkörper drück, während mein Blick sorgenvoll in Richtung Firun geht.)
(Ganz leise flüster)
Ich weiß noch nicht einmal, warum ausgerechnet wir diejenigen sein sollen, die es überhaupt versuchen. Diese Stadt ist voller Helden und Magier, die schon länger Magie aktiv praktizieren, als ich überhaupt auf Dere bin.

Lynia, warum so verzagt? Es gibt vielleicht tausende andere Zauberer auf Dere, aber warum sollen wir ihnen überlassen, dieses Ungetüm zu zerstören? Oder von mir aus sollen sie es doch selbst versuchen! Wenn sie es schaffen, um so besser! Aber wir können ihnen nicht das Feld überlassen! Wie sollten wir weiterleben, wenn wir nichts unternehmen? Niemand gibt uns die Garantie, dass wir Erfolg haben, aber wer wären wir, wenn wir uns entschließen würden, es nicht zu versuchen? Was würde von uns übrigbleiben, an Mensch und an Seele, wenn wir nach den schrecklichen Stunden auf dem Mythraelsfeld aufgeben würden!

Wir müssen in das Gerät steigen, oder einen Dschinn beschwören. Und vielleicht kann einer der hier anwesenden Magier diesen Levitationszauber, den wir in Nostria über dem Teich der Akademie gesehen haben, in ein Artefakt sprechen, so dass wir nicht gleich sterben, wenn es schief gehen sollte. Wir müssen es versuchen und auf unser Glück vertrauen! Oder auf Praios, oder Boron, oder Phex, oder Hesinde oder welchen der Götter oder der Göttinen auch immer - jede und jeder ist mir recht, wenn er oder sie mir hilft, dem Skrupellosen Schlächter einen Dolch zwischen die Rippen zu treiben.

Kommen Dir nicht die Tränen, wenn Du an das Mytraelsfeld zurückdenkst? All die strahelnden, bedrückten, besorgten, mutigen und furchtsamen Gesichter vor der Schlacht - einfach wie von einer riesigen dämonischen Hand weggewischt. Die armen Bewohner Wehrheims, Frauen, Kinder, Greise - erschlagen, verbrannt, zerschmettert. Und dann das Innere des Ungetüms, das die Körper und Seelen der Lebenden leersaugt. Es ist alles so falsch, Lynia, falscher als der falscheste Mensch je sein könnte. Wir dürfen nicht aufgeben, wir sind nicht gemeinsam so weit gekommen, um nun einfach aufzugeben!

Macht euch keine Sorgen! Solange Ghor bei euch ist, kann euch nichts geschehen! Und du hast völlig Recht Tela, man kann diesem untoten Frevel Borons nicht das Feld überlassen. Sollte die Festung nicht hier und jetzt aufgehalten werden... dann ist eh kein lebenswertes Leben auf Dere mehr möglich. So gesehen habe wir eigentlich nichts zu verlieren.

Und stellt euch nur einmal vor was für ein Spaß es sein kann zu fliegen! Hattet ihr jemals die Möglichkeit? Lynia... mehr ein paar Meter über dem Boden schweben! Und Tela... fliegen! Kannst du dir das denn auch nur im entferntesten vorstellen???

Und denkt an den Ruhm! Wir werden diejenigen sein, die Garlotta ein für alle mal besiegt haben, die, die seine fliegende Festung betraten und die, die wie Vögel durch die Lüfte geflogen sind! Man wird Lieder über uns singen, Frauen werden uns zu Füßen liegen... äh, nun ja, gut, in eurem Fall vielleicht der ein oder andere Mann... und denkt mal darüber nach was wir in solch einem Meisterwerk finden können! Gold und Schätze und wertvollste Mechanik, die man uns mit noch mehr Gold abkaufen wird!

Ghor schaut in die Ferne, kratzt sich am Kinn und murmelt leise vor sich hin: Ghor, fliegender Retter des Mittelreiches und Bezwinger Garlottas... nein, der REICHE Ghor, fliegender Retter des Mittelreiches und Bezwinger Garlottas... nein, noch besser, der reiche unglaubliche Ghor, der...

Gut, dass ihr beiden starken Männer dabei seid, um uns schwache Frauen zu beschützen! Dann kann ja nichts Schlimmes mehr passieren!

Und was das Fliegen angeht... Grauschnauz erzählt manchmal davon, und oft genug habe ich Kessi und Hanni hinterhergeschaut. Aber ich glaube, man kann Fliegen nur dann wirklich begreifen, wenn man selbst geflogen ist. Und hinterher erfolgreich gelandet, würde ich schätzen...

Ja, fliegen ist tatsächlich eine gänzlich neue Erfahrung, die, auch wenn die Götter es ja eigentlich für uns Menschen anders gedacht haben, eigentlich jeder einmal gemacht haben sollte. (Verträumt in den Himmel schau, bevor mit einem Schaudern der Blick wieder auf den Boden gleitet).
Aber ich weiß nicht, ob ich morgen wirklich in irgendeiner Form am Himmel unterwegs sein möchte und dabei denke ich noch nicht einmal an die Gargyle, welche dieses fliegende Unding begleiten.
Und ich bin auch schon in dieser Gestalt hier (mit den Armen einmal den Körper auf und ab fahr) mehr oder weniger geflogen, und wie das beim fliegen nun mal so ist, man muss auch wieder landen und ich muss gestehen, dass ist mir weder wirklich geglückt noch hat es mir gefallen, und dabei bin ich da noch auf einigermaßen weichem Boden gelandet und nicht auf vielleicht irgendeinem Hausdach oder gar einem Zaun oder einem gepflasterten Platz.

Oh, und keine Angst, Tela. Ich vergesse weder die Armee, welche auf Wehrheim marschiert ist, noch was vor Wehrheim geschah, noch was mit Wehrheim geschah. Und das was im Inneren dieses Gebildes ist vergesse ich bestimmt auch nicht mehr.

Ich bin mir darüber im klaren, dass ich am 30. Peraine 1027 BF nicht Mutter werde, aber ich eigentlich wollte ich das eines Tages schon werden, hoffte ich zumindest.
Nun bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob ich in Zwei Tagen überhaupt noch Praios Auge aufgehen sehe.

(Lynia dreht sich einmal langsam um die eigene Achse, lässt ihren Blick über alles gleiten, Himmel, Boden, die Häuser, die Menschen, bevor sie sich direkt in eine Richtung dreht und langsam los geht.)
Wäre diese Stadt, warum auch immer, nicht immer noch voller Kinder, wäre ich vermutlich schon auf der Straße nach Nostria. So bleibt mir nur ein Gang in den Borontempel, auch wenn uns Hesinde, Rondra oder sogar Praios morgen sicherlich mehr helfen könnten.
Ruht heute Nacht gut, ich weiß, wir werden morgen jegliche Kraft brauchen, die wir haben.