Gareth – die Schlacht in den Wolken – Teil 13: Zu spät! , 29. Peraine

Mit dem goldenen Leuchten der Greifen verschwand auch das umfassende Gefühl der Zuversicht, das sie bis dahin erfüllt hatte. Sie fragte sich, woher sie bisher den Mut genommen hatte, sich bis hierhin durchzuschlagen. Auf eine dämonenverseuchte Steinscheibe, mehrere tausend Schritt über dem inzwischen von der Dunkelheit der Nacht verschluckten Grund. Von Sumus Leib abgeschnitten fehlte ihr der Zugang zur Magie. Sie fühlte sich wie ein Reiter ohne Pferd, ein Schiffer ohne Schiff. Und es war lausig kalt.

Obaran hatte sich von ihnen verabschiedet. Er war zu schwer verwundet, als dass er nocheinmal in den Kampf würde zurückkehren können. So, wie sie den Herold der Kirche von Anfang an gemocht hatte, als er seine Geschichte an den Lagerfeuern des Kaiserturniers erzählt hatte, so fühlte sie sich ihm in seiner Greifengestalt verbunden, die Lynia auf ihren Schultern getragen hatte. Wie viel mehr musste es die tief gläubige Lynia berühren, als das Lichtwesen nun seine letzten Atemzüge tat – hatte sie doch seit Keranvor mit Araschar gekämpft, dem Greifenschwert, das einen Aspekt der Seele Obarans darstellte. Tela hatte Lynia in den Arm genommen und behutsam in eine der Öffnungen der Festung geführt, als sich das Schwert und der Greif in Licht aufgelöst hatten.

An den Weg durch die Festung konnte sich Tela nicht gut erinnern, zu sehr lastete der Druck des Agrimothschen Unheiligtums auf ihren Schläfen. Die meiste Zeit ließ sie sich führen – Hakim und Ghor übernahmen schnell die Initiative, die beiden Frauen trotteten hinterher. Ein Raum mit einer gigantischen wirbelnden Säule aus Erz, der Anblick Leonardos (und seinen Augen, die, blutunterlaufen, vom nahenden Wahnsinn kündeten). Die Zinnkugel, die sich in eine Schlange aus Rauch verwandelt, um ihnen den Weg zu zeigen (Tela fragte sich, mit welchen Mächten Leonardo wohl im Bunde stehen musste, um solches Zauberwerk zu schaffen). Beschwerliche Wege zehrten beständig an ihrer Lebenskraft. Sordulsäure fraß sich in ihre Rüstung (sie war froh, ihren Stab schützen zu können). Der Eingang zum Weg ohne Gnade, dessen Zauber ihn vor neugierigen Blicken verbarg (Ein Scharlatan in Gareth hatte ihr dessen Grundlagen gelehrt, doch sie hatte ihn noch nie angewandt. Hier sah sie ihn in tausendfacher Potenz, dämonischen Mächten dienend). Verschlungene Wege, die durch pervertierte Elemente führten (Der Ring der Flammen, den Lynia trug, schien einen Großteil der Auswirkungen abzufedern, doch das, was noch zu ihnen durchdrang, zermürbte sie langsam, aber sicher). Und überall dieser Druck auf ihrem Kopf, das Abgeschnittensein von der Allmutter Sumu.

Den Gefährten ging es nicht besser. Tiefe Augenringe zeichneten ihre Gesichter. Man half sich aus, wo man konnte, doch nach jedem Abschnitt, den man überwand, wartete bereits das nächste unelementare Schrecknis. Am schlimmsten aber waren die gelegentlichen Ausblicke auf die Stadt unter ihnen. Irgendwann war ihnen klar, dass sie zu spät waren. Das Opus Magnum des Weltenbrandes hatte ein zweites Mal eingesetzt, und diesmal wütete es über Gareth, der Stadt, die sie noch vor ein paar Stunden mit all ihrer Kraft verteidigt hatten.