Das Schwarze Auge
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Die Abenteuer von Hakim, Lynia, Tela und Ghor
 
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 Gareth – die Schlacht in den Wolken – Teil 9: Emer und Rhazazzor, 29. Peraine

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Tela Reisigritt
Erzmagus
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BeitragThema: Gareth – die Schlacht in den Wolken – Teil 9: Emer und Rhazazzor, 29. Peraine   Gareth – die Schlacht in den Wolken – Teil 9: Emer und Rhazazzor,  29. Peraine EmptySo Jun 08, 2014 11:49 am

"Dein Menschenmann, Brin, war mir verwehrt. Aber da sind junge Knochen. Neue Knochen. Das Gerippe deiner Tochter reitet für mich. Knochenknirschend führt sie meine Legion der Untoten." In ihrem Inneren wusste Tela, dass es nicht stimmte, aber an Emers Miene konnte sie erkennen, dass der Satz Rhazazzors sie mitten ins Herz traf. Sie stockte. Ihr Gesicht verlor jeden Ausdruck. Tela konnte erkennen, dass Emer sich in diesem Moment selbst aufgab. Sie wurde zu einem Vehikel ihrer eigenen Rache. „Nicht gut“ sagte sie sich, denn sie selbst hatte den Weg, den Emer in diesem Moment betreten hatte, bereits selbst das ein- oder andere Mal beschritten, und eine Umkehr war immer sehr schwer gewesen. Letztlich waren es ihre Freunde, ihre Familie, die Schwestern, die Gefährten, die sie wieder zu sich selbst geführt hatten – und solche Personen gab es in Emers Leben nun nicht mehr. Anerkennend nahm sie den Erfolg des listigen Spiel Rhazazzors zur Kenntnis. Und rief sich ihre eigene Erkenntnis ins Gedächtnis zurück: Wer auf List und Tücke angewiesen ist, ist nicht unverwundbar.

Als sie das Tor der Nekropole durchschritten, blickte sie sich kurz um. Grauschnauz, ihr Stab und ihre Tasche waren dort zurückgeblieben. Ihre Hand schloss sich um das Jagdmesser, und sie musste über sich selbst lachen. Der Fluch, der darauf lag, von den kompetentesten Hexen gewoben, die sie kannte – „Erblinde, solange du nicht deinem dämonischen Herren abschwörst“ – würde er auch einen untoten Kaiserdrachen treffen, der einen Bund mit Targunitoth, der Widersacherin Borons, eingegangen war? Sie bezweifelte es. Und dann - dann war es nur ein Jagdmesser, gut genug, um einen Dachs zu erlegen oder ein Wildschwein zu verwunden. Mehr hatte sie dem Untier nicht entgegenzusetzen.

Der Ruf Emers riss sie aus ihren Gedanken: „Komm herbei, Schwarzer Drache, hier bin ich! Worauf wartest du? Wir werden dich fallen und an deiner Verdammnis ersticken sehen!“ Als die Antwort des untoten Wesens erklang und ein fauliger Regen aus Fleischbrocken auf sie niederging, schien jeder der kleinen Gruppe zusammenzuzucken. Einer der Soldaten, ein erfahrener Offizier, sank wimmernd auf die Knie und versuchte, seinen Kopf in den steinigen Boden zu bohren, während er den Schild mit beiden Händen wie eine Bettdecke über sich zog. Nur Emer, die Finsterfang fester packte, und Ghor, der eine Hand auf den Stab des Vergessens gelegt hatte, schienen unbeeinduckt.

Donnernd setzte der Drache auf. Seine Schwingen peitschten ihnen die Trümmer des Schlachfeldes, vermischt mit miasmatischen Dämpfen entgegen. Sein Kopf, groß wie ein Ochsenleib, fuhr nach vorne, und seine Stimme durchschnitt ihren Geist ein weiteres Mal: „Eure Waffen verletzen mich nicht, eure Leiber werden mir dienen, wie die Millionen Leichen der Schlachtfelder und Totenanger von Gareth. Hoffnung ist der jämmerliche Trost der Menschen. Emer. Lass es uns zu Ende bringen!“ Schrecklicher noch als auf Burg Aulebein war seine Präsenz, jetzt, wo er seiner Feindin, die ihn vor Zeiten auf Sankta Boronia herausgefordert hatte, Auge in Auge gegenüberstand – triumphierend inmitten der Toten und Sterbenden ihrer Heimatstadt und letzten Zuflucht. Er wusste, dass er bereits gewonnen hatte, und dieses Wissen ergoss sich wie dunkles Wasser in den Verstand alljener, die sich ihm entgegenstellten. Doch er wollte ihnen nicht die Gnade des schnellen Todes zukommen lassen, sondern zuerst ihren Mut, ihre Hoffnung sterben sehen, seine Widersacher brechen. Sie sollten ihr Vertrauen in die Götter und das Gute verloren haben und ihn aus Augen, so leer wie seine eigenen, ansehen, bevor er ihren Leib zermalmen und verbrennen würde, auf dass ihre Seelen sein Tribut an die Herrin des unheiligen Todes würden.

Tela duckte sich hinter ihren Schild, als die Walze aus schwarzem Feuer heranrollte und sie umfing. Sie hörte das Knistern und knacken der gehämmerten Metallplatten vor ihr, und dort, wo ihr Arm an der Rückseite des Schildes anlag, warf ihre Haut Brandblasen. Der Schmerz kam Sekundenbruchteile später, und sie biss sich auf die Zunge, als ihr die Tränen in die Augen traten. Neben ihr sah sie einen Gardisten schreiend in Flammen aufgehen – er hatte den Schild für eine Sekunde gelöst, um seinen Arm aus der Schlinge zu ziehen, und war sprichwörtlich umgeblasen worden.

Emer stand in vorderster Reihe und schleuderte die rauchenden Trümmer ihres Schildes von sich. An vielen Stellen war ihre Rüstung versengt, doch sie und die Lanze hatten hinter dem Schutz sonst keinen nennenswerten Schaden genommen. Ohne zu zögern stürmte sie voran, die Lanze in einem großen Halbkreis von hinter ihrem Körper nach vorne reißend. Ein Prankenschlag aus dem Nichts holte sie von den Beinen und schleuderte sie einige Meter weiter gegen einen Trümmerhaufen. Doch sie ging nicht zu Boden. Ghors Enduriumklinge prallte wirkungslos am schuppenübersäten Fleisch des Drachen ab. Von irgendwoher fand eine magische Flammenlanze ihr Ziel, und Tela sah, wie sie ein kopfgroßes Loch in den Drachenleib schlug. Doch im selben Moment begann der Kopf der Halskette, die das Ungetüm trug, zu glühen. Es war das gleiche unheilige Licht, das von der Krone des untoten Heerführers auf dem Mythraelsfeld ausging, nur ungleich purer und intensiver.

Mit einem verächtlichen Schnauben zerquetschte er den Urheber des Flammenstrahls, einen jungen Magier in weißer Robe, mit einem einzigen Schwanzschlag. Als er den Schwanz hob, war das Weiß der Robe einen blutigen Rot gewichen, und der zerbrochene Magierstab stak schräg in den Überresten, bevor er unter einen erneuten schwarzen Flammenstrahl aus dem Maul des Drachen in Flammen aufging. Doch diese kleine Unachtsamkeit genügte Emer, sich von den Trümmern  abzudrücken und die Lanze ein weiteres Mal in einem kräftigen Stoß gegen den Drachen zu führen. Schier übermenschlich schien ihre Kraft und Geschwindigkeit – war es die Kraft der Verzweiflung oder die Hilfe der Götter, Tela vermochte es nicht zu sagen.

Diesmal sah Rhazazzor es zu spät. Vielleicht war er sich seiner Unverwundbarkeit zu sicher, dass er Emer für diesen Moment seine ungeschützte Brust dargeboten hatte. Diese Öffnung war jedoch alles, was sie brauchte, um Finsterfang ihrer Bestimmung zuzuführen. Eine zwergische Lanze, geschmiedet gegen untotes Drachengezücht. Tief bohrte sie sich ins untote Fleisch des Drachen, durchschnitt Schuppen, Muskeln und Knochen. Als ob ein glühendes Messer durch Butter fahren würde, schmolz der Drachenleib unter dem Schnitt förmlich weg. Und gleichzeitig durchschnitt der Schmerzensschrei Rhazazzors ihre Geister.

Die Szene, die sich dann in wenigen Sekunden abspielte, würde Tela nie vergessen. Mit einem Ruck drehte sich der Drachenkörper weg, so dass die Lanze und Emer hoch durch die Luft geschleudert wurden. Als ob sich alle geistigen Pforten unkontrollierte geöffnet hätten, erfüllten der Schmerz und die wilde Wut des Drachen die Köpfe der Umstehenden. Emer kam auf den Knien auf, Finsterfang scheppernd einige Meter weiter. Einen Sekundenbruchteil stand die Welt still, als sich die beiden Kontrahenten fixierten. Dann sprang Emer mit einem hasserfüllten Stöhnen rückwärts, um die Lanze erneut zu greifen, doch Rhazazzors Kopf war schneller, stieß vor und packte die Reichsregentin mit unterarmlangen Fangzähnen, ruckte hoch und verschluckte sie bei lebendigem Leib.

Mit offenem Mund betrachtete Tela das Spektakel. Finsterfang lag vor ihren Füßen. „Mach Dich irgendwie nützlich“, klangen Ghors Worte in ihr nach. Ihr Instinkt leitete ihre Handlungen, bevor sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Wie vielen gefährlichen Gegnern hatte sie bereits gegenübergestanden – Harpyen, Alben, Orks, Elfenvampiren? Sie führte die schwere Lanze wie einen Stab, als sie zum Schlag gegen das Ungetüm ausholte und es am vorderen Bein traf. Sehnen rissen mit einem dumpfen Knall, und der Drache sackte weg. Sein Kopf schlug, in der letzten Schluck- und Schlingbewegung befindlich, auf dem Pflaster neben ihr auf, und eine leere Augenhöhle funkelte sie an. Mit einem Stab hätte sie gegen den Kopf nachsetzen können, doch die in weitem Bogen geschwungene Lanze hing schwer an ihrem ausgestreckten Arm hinter ihr. Das wäre ihr Ende...

Ein Schatten huschte in ihr Blickfeld, wurde zu Ghor, der auf dem Kopf des Drachen zu landen kam und mit klarer Stimme die Worte sprach: „Meer des Schmerzes, leere dich!“ Die Explosion geistiger Kraft riss alle von den Füßen und ließ die Farben aus der Welt verschwinden. In ihrem Zentrum: Rhazazzor. „"Ein Jahr, ihr Würmer ... binnen eines Jahres wird alles Leben um euch herum ein Ende finden! Eure Toten werden aus den Gräbern kriechen und die Lebenden verschlingen. Das Leben wird euch von den Knochen fallen und stinkend in die Höllen fahren. In einem Jahr gehört ihr mir!"

Das Grau wurde zu schwarz, und die Stimmen erklangen wie durch Watte, bevor sie ganz verschwanden. Dunkelheit umfing sie.
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Gareth – die Schlacht in den Wolken – Teil 9: Emer und Rhazazzor, 29. Peraine
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