Gute 500 Dukaten sind eine Summe von der die meisten Menschen Aventuriens nicht einmal zu träumen wagen, daher ist es nur verständlich, dass an einem ruhigen Abend, an einem kleinen, privaten Lagerfeuer irgendwo im Nirgendwo zwischen Havena und Nostria, wo niemand mitbekommt, dass man sich über solche Summen unterhält, diese Frage aufkommt.
Lynia erzählt, bis zu einem gewissen Punkt, recht offen und freiherzig davon, was sie mit ihrem Anteil gemacht hat.
Einen guten Teil der Metalle, ca. 200 Dukaten, hat sie über die Magierakademie in Nostria auf den Weg zu ihrer Heimatakademie in Punin gebracht. Sie hat ja gute 2000 Dukaten Schulden bei ihrer Akademie und damit hat sie schon die erste Jahresrate, inoffiziell erwartet die Akademie ein Zehntel der geliehenen Summe im Jahr zurück, bezahlt. Da die Akademie in Punin zur Weißen Gilde gehört hat sie keinen Zweifel daran, dass ihre Lieferung auf alle Fälle auf den Weg geht und, so es die Götter wollen, auch in Punin ankommt.
Einen etwas kleineren Teil der Metalle, etwa 100 Dukaten hat sie der Magierakademie in Nostria überlassen. Zu einem Teil aus Nationalstolz, sie ist nun mal Nostrierin und zum anderen als Aufwandsentschädigung für die Unterbringung innerhalb der Akademie und der uneingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten der dortigen Räumlichkeiten und Bücher. Das sei zwar eigentlich nicht üblich, aber sie fand es nur gerecht und wollte damit der Akademie auch nicht gänzlich das Gefühl geben, dass die ganzen Metalle eine Spende an Hilfsbedürftige sei.
Nach kurzem Nachfragen erklärt sie dann, dass sie sich schon ein wenig als Außenseiterin fühlt, hat sie doch an einer gänzlich anderen Akademie ihre Ausbildung absolviert, die einen ganz anderen Ruf genießt und ihre Spende, die sie gerne und aus Herzen gegeben hat, eben nicht als Almosen einer Jungmagierin erscheinen sollte, die es geschafft hat, sondern als Entschädigung für das was sie bekommen hat, zum Beispiel auch die Unterrichtung und Schulung neuer Zauber und vielleicht irgendwann noch in Anspruch nehmen wird, den eigentlich hat sie schon vor, irgendwann für länger nach Nostria zurückzukehren.
Die restlichen 200 Dukaten, soweit kann Ghor natürlich auch rechnen, hatte sie eigentlich auch schon vergeben gehabt, aber dann war ja die Sache mit dem Tod des Magisters Deoderich passiert und dann waren von diesen 200 Dukaten so viele nicht mehr übrig.
Aber dank Ghors überraschender Geste, wobei sie sich bei dieser Formulierung verstohlen die Tränen aus den Augen wischt, sie erläutert Ghors Geste auch nicht weiter sondern belässt es bei dieser Aussage, war es dann doch wieder genug um das zu tun, was sie eigentlich fest vorgehabt hatte.
Diesen letzten Punkt schluckt sie aber hinunter und erzählt auch auf Nachfragen nicht weiter.
Auf dem Schiff, das euch von Havena nach Kuslik bringt fängt sie plötzlich an zu erzählen. Sie schaut aber vorher noch ein wenig um sich, dass nicht allzu viele Matrosen in der Nähe sitzen und spricht auch noch leiser als sonst, bevor sie Kleinlaut erklärt, was sie mit dem restlichen Geld gemacht hat.
Sie hat die restlichen Metalle der Akademie in Nostria verkauft gehabt, und 100 Dukaten aus diesem Verkauf hat sie über Boten der Akademie an den Edlen geschickt, zu dessen Lehnsgut der Weiler gehörte, aus dem sie stammte. Sie hat in einem langen Brief darum gebeten, dass er das Geld nutzen möge diesen Weiler doch wieder aufzubauen oder diesen, wenn er schon wieder aufgebaut war, entsprechend zu unterstützen, sei es mit Werkzeug und Geräten oder vielleicht auch Waffen, um sich zukünftig besser gegen die Gefahren dieses Landstriches wehren zu können.
Sie erklärt diesen Punkt so ernsthaft und leidenschaftlich, dass ihr nicht ansatzweise auf die Idee kommt zu lachen oder zu prüfen, ob sie Fieber hat.
Lynia hat diese 100 Dukaten und ihr Schreiben mit Sicherheit irgendjemandem in der Akademie mit genau diesem Auftrag in die Hand gedrückt, in der für sie absoluten Gewissheit, dass dieser Edle nicht nur dieses Geld bekommen wird, sondern das er auch genau das mit dem Geld macht, worum sie ihn in diesem Brief bittet.
Unbewusst griffen Ghor und Hakim nach dem kleinen Beutel mit dem Handgeld und ließen verstohlenen Blicke in die Richtung gleiten, in der sie ihr restliches Geld hofften.
Wieder einmal wurde euch bewusst, wie Gutgläubig Lynia im Bezug auf Geld und die Ehrlichkeit anderer Menschen war.
Andererseits, wenn man mal selber knapp bei Kasse sein würde bräuchte man nur eine gute, rührselige Geschichte und würde bei ihr bestimmt welches bekommen. Ein Gedanke, den man sich im Hinterkopf behalten sollte.
Auf die Frage, wie sie denn nun eigentlich dazu kam, genau dass plötzlich zu erzählen erwidert sie Kleinlaut und rot werdend, dass sie irgendwie das Gefühl hatte, euch gegenüber offener sein zu müssen und da hat sie sich daran erinnert, dass sie euch vor ein paar Tagen diese Antwort noch schuldig gewesen sei.