„Und du bist dir ganz sicher?“, fragte ich Tela noch einmal, nachdem wir die Burg durch den Ghulgang verlassen und in einem kleinen Wäldchen angekommen waren. „Ghor, Grauschnauz wird gleich hier sein und ich benötige dringend noch ein paar Kräuter für die kommenden Tage in Wehrheim. Geht schon voraus, ich kann gut auf mich selbst aufpassen.“ Ich schaute zu Hakim und dieser erwiderte gelassen meinen Blick mit einem Schulterzucken. „Na dann sehen wir uns in Wehrheim!“, sagte ich noch zu ihr und zu Hakim, als wir uns auf den Weg zurück nach Sonnenfelde machten: „Frauen... früher, als ich noch jung war, da konnte man noch Kavalier sein und war der starke Beschützer dieser zierlichen Wesen, aber heutzutage... Emanzipation Hakim, wo immer man auch hinschaut... Emanzipation!“ und Hakim stimmte nickend, wenn auch seltsam dreinschauend zu.
„Scheint mir verdammt nervös und unruhig das kleine Sonnenfelde“, sagte der Zahori, nach dem er einen Blick um die Ecke der kleinen Mauer am Dorfrand geworfen hatte. Ich stopfte mir währenddessen genüsslich ein Pfeifchen mit Rauschkraut, entzündete es, zog ein paar mal daran und sie Hakim. Das gefiel mir an meinem Gefährte, mit ihm konnte man ohne jegliche Hektik und Hysterie auch mal die 12e gute Männer oder Frauen sein lassen, mit ihm konnte man schweigen, genießen und abwarten. Ich nahm einen weiteren tiefen Zug und studierte die Szenerie die sich uns bot. Einige Bannstrahler standen in einer kleinen Gruppe zusammen, während ein paar andere den Stall untersuchten oder scheinbar ziellos über das kleine Plätzchen hetzten, salutierten, Bericht erstatteten und wieder davon eilten. Mit einem weiteren Zug spürte ich es dann tief in mir... unscheinbar klein, aber beständig wachsend... sich seinen Weg bahnend... sammelnd... suchend... bis es schließlich an die Oberfläche waberte. Gedanken... Gedanken aus, wie es mir schien, längst vergangenen Tagen. Ich sah keine Bannstrahler mehr, ich sah nur noch Schemen, Markierungen auf einer Karte... einen Weg, einen Plan... einen Hinterhalt... aufgeschlitzte Kehlen... Blut... Ruhig schloss ich meine Augen und nahm einen weiteren tiefen Zug. Ich hatte das alles hinter mir gelassen, früher ist nicht heute. Und so löste sich die Gruppe Bannstrahler gemächlich auf während wir abwarteten.
„H... H... Hakim? …. Das kann nicht sein, nicht Ihr, nicht der Held des Turniers! Dies sind nicht... nicht eure Pferde...?“. Fassungslos stand die junge Bannstrahlerin plötzlich hinter uns. „Greifpurga? Richtig?“, erwiderte Hakim beschwichtigend und jetzt erkannte auch ich die junge Turnierteilnehmerin ebenfalls wieder, „Ihr müsst mir zuhören! Dies ist nicht wie es scheint!“, begann er auf die junge Dienerin Borons einzureden und ihr die Situation zu erklären. „Früher ist also nicht heute?“, fragte ich mich zynisch, während ich mich mit der Hand am Dolch vorsichtig in ihre Flanke manövrierte. „Nein, früher ist nicht heute!“, waren meine letzten Gedanken, als wir Sonnenfelde den Rücken kehrten und eine schwer schluckende und eine im Geiste mit sich ringende Gfreipurga zwischen den Torangeln des Stalls zurückließen.
Wenig später sahen wir, wie sich der endlose Heerwurm weiter gen Wehrheim schlängelte. Wie eine dunkle Masse, die jegliches Licht in sich auf sog, wälzte er sich langsam aber beständig dem Mythraelsfeld und den Mauern der Stadt entgegen. Zahllose Lichter erleuchteten Wehrheim und die unzähligen kleinen Lagerfeuer funkelten wie Sterne am dunklen Firmament. Es schien, als hätte sich, in einer düsteren Vorahnung, der Himmel selbst wie ein Tuch über das letzte Bollwerk des Mittelreiches gelegt. War es richtig gewesen hier zu bleiben? War dies wirklich mein Kampf? Tief in mir antwortete diese andächtige, warme und jeden Zweifels erhabene Ruhe, die mir beständig zu jedem Zeitpunkt zu zeigen schien, wohin mich mein Weg führen sollte, mit nur einem Wort: „ja“. Und so sah ich nur wenig später in die hoch erfreuten Augen des Baron Dexter Nemrods.